VwGH 88/04/0235

VwGH88/04/023518.4.1989

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Füszl, über die Beschwerde des JS in B, vertreten durch Dr. Heribert Schar und Dr. Andreas Oberhofer, Rechtsanwälte in Innsbruck, Maria-Theresien-Straße 4, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 2. September 1988, Zl. 310.566/6‑III/5/88, betreffend Ansuchen um Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis zur Ausübung des Immobilienmaklergewerbes, zu Recht erkannt:

Normen

BefNwV Immobilienmakler Immobilienverwaltung 1982 §15
GewO 1973 §259 Abs1
GewO 1973 §260
GewO 1973 §28 Abs1
GewO 1973 §28 Abs1 Z1 lita

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1989:1988040235.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten wurde dem Ansuchen des Beschwerdeführers um Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis zur Ausübung des Immobilienmaklergewerbes, beschränkt auf einen Standort im politischen Bezirk Lienz, gemäß § 28 Abs. 1 GewO 1973 nicht stattgegeben. Zur Begründung wurde ausgeführt, gemäß § 28 Abs. 1 GewO 1973 setzte die Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis neben dem Vorliegen eines Ausnahmegrundes (§ 28 Abs. 1 Z. 1 leg. cit) und dem Nichtvorliegen von Gewerbeausschließungsgründen (§ 28 Abs. 1 Z. 2 leg. cit.) voraus, daß nach dem Bildungsgang und der bisherigen Tätigkeit des Nachsichtswerbers angenommen werden könne, daß er die für die Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen besitze. Dies bedeute, daß die Nachsicht vom Befähigungsnachweis nur erteilt werden dürfe, wenn der Nachsichtswerber die volle Befähigung besitze, ohne formal den Befähigungsnachweis, der für das (konzessionierte) Immobilienmaklergewerbe gemäß § 1 der Verordnung des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 1. Februar 1982, BGBl. Nr. 72, über den Befähigungsnachweis für die konzessionierten Gewerbe der Immobilienmakler und Immobilienverwaltung, in dem Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Konzessionsprüfung bestehe, erbringen zu können. Der im 39. Lebensjahr stehende Beschwerdeführer führe in seinem Ansuchen vom 22. Oktober 1986 zu seiner bisherigen Tätigkeit aus, daß er hauptberuflich als Bezirksdirektor bei der Interunfall‑Versicherungs‑Aktiengesellschaft tätig und im Rahmen der innerbetrieblichen Weiterbildung in diese Position aufgestiegen sei. Auf Grund seiner bundesweit erfolgreichen Tätigkeit sei ihm auch mehrmals der Wettbewerbspreis „Ring der Erfolgreichen“ verliehen worden. Auf Grund seiner Gewerbeberechtigung für Versicherungsmakler sowie der leitenden Tätigkeit in dem Versicherungsunternehmen lägen die erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen im Sinne des § 28 Abs. 1 GewO 1973 vor. Der Beschwerdeführer habe seinem Ansuchen einen (dem Verwaltungsakt nicht mehr beiliegenden) Gewerbeschein angeschlossen, demzufolge er 1980 das Versicherungsmaklergewerbe angemeldet habe. In dem über dieses Ansuchen eingeleiteten Ermittlungsverfahren sei dem Beschwerdeführer mit Schreiben des Bürgermeisters der Gemeinde A vom 16. Dezember 1986 bestätigt worden, daß er seit 1980 Mitglied des Gemeinderates, der Forsttagsatzungskommission und des Überprüfungsausschusses der Gemeinde A, seit 1979 Besitzer des elterlichen Erbhofes „vulgo H“ in B und seit 1985 Inhaber der Gewerbeberechtigung für den Holzhandel sei. Laut diesem Schreiben sei der Beschwerdeführer 1976 zum Beisitzer des Arbeitsgerichtes Lienz ernannt und 1985 zum Obmann‑Stellvertreter der Agrargemeinschaft Nachbarschaft B gewählt worden. In einem vom Beschwerdeführer vorgelegten Schreiben des Generaldirektors der Internationalen Unfall- und Schadensversicherung Aktengesellschaft Dr. JC vom 17. Dezember 1986 werde ihm bestätigt, daß er am 1. Jänner 1975 in den Dienst der Gesellschaft eingetreten sei. Wie in diesem Schreiben ferner festgehalten werde, sei der Beschwerdeführer auf Grund seines außerordentlichen Erfolges mit Wirkung vom 1. Jänner 1978 zum Bezirksdirektor und Leiter der Geschäftsstelle L ernannt worden. Seit Beginn seines Dienstverhältnisses sei der Beschwerdeführer durch zahlreiche innerbetriebliche Schulungen auf seinen Aufgabenbereich vorbereitet worden. Durch seinen großen Kundenstock und seine Vermittlungstätigkeit habe er sich sehr umfangreiche Kenntnisse in der fachlichen Vorbereitung des Vertragsabschlusses erworben. Im Fachversicherungsbereich: Risikobeurteilung, Verkehrs-, Neuwert- und Zeitwertermittlung von Liegenschaften (Wohnobjekte sowie landwirtschaftliche und gewerbliche Objekte). Im Kapitalversicherungsbereich: Beurteilung von Vermögensanlagen auf den Gebieten der Sach- und Geldkapitalbildung unter verschiedenen Aspekten. Im Finanzierungsbereich: herkömmliche Formen der Unternehmensfinanzierung sowie Sonderformen, z.B. Leasing. In einer zum Gutachten der Innung der Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der Sektion Gewerbe der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Tirol - welche Kammergliederung sich darin gegen die vom Beschwerdeführer beantragte Nachsicht ausgesprochen habe - erstatteten Stellungnahme habe der Beschwerdeführer am 5. März 1987 ausgeführt, daß die Innung seine tatsächliche Befähigung zur Ausübung der angestrebten Konzession praktisch ausschließlich deshalb in Zweifel stelle, weil er nie bei einem Immobilienmakler gearbeitet habe. Er sei sich aber dessen sicher, daß er sich im Laufe seiner erfolgreichen beruflichen Tätigkeit sehr wohl jene Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen habe aneignen können, die weitestgehend jenen entsprächen, die zur Ausübung der angestrebten Konzession notwendig seien. Er kenne die Anforderungen der Konzessionsprüfung für das Immobilienmaklergewerbe und könne dazu nur erklären, daß er die einschlägigen Rechts- und Wissensgebiete im Zuge seiner Ausbildung und seiner langjährigen beruflichen Tätigkeit sehr wohl kennengelernt und daß er diese Kenntnisse größtenteils auch bei seiner derzeitigen Tätigkeit laufend anzuwenden habe. In seiner Berufung gegen den erstbehördlichen Bescheid zur Frage seiner vollen tatsächlichen Befähigung zur Ausübung des angestrebten Gewerbes habe der Beschwerdeführer ausgeführt, daß er auf Grund seiner Tätigkeit als Versicherungsmakler sämtliche Sparten, die auch für die Ausbildung als Immobilienmakler notwendig seien, beherrschen müsse, weshalb sehr wohl diese Praxis als Praxis anerkannt werden könne. So müsse ein Versicherungsmakler auch Schätzungen durchführen, da er die Höhe einer Gebäudeversicherung bemessen müsse; andererseits müsse ein Versicherungsmakler auch hinsichtlich Mietrecht, Wohnbauförderungsrecht, Eigentumsrecht und dgl. Kenntnisse haben, da er diese in seiner Tätigkeit als Versicherungsmakler unbedingt benötige. Im Zuge des Berufungsverfahrens sei der Beschwerdeführer mit Schreiben des Bundesministers vom 29. Februar 1988 aufgefordert worden, ergänzende Unterlagen über seinen Bildungsgang (Schulen, Kurse, usw.) und seine bisherige Tätigkeit, insbesondere über Art und Umfang sowie die genaue Dauer der von ihm bisher in bezug auf die Vermittlung von Immobilien geleisteten Tätigkeiten, vorzulegen. Hierauf habe der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 14. März 1988 eine Reihe von Unterlagen in Ablichtung vorgelegt, denenzufolge er vom 10. September 1956 bis 30. Juni 1964 die Volksschule in B besucht, dort danach die landwirtschaftliche Berufsschule erfolgreich absolviert und in der Folge an verschiedenen Kursen bzw. Lehrgängen der Landwirtschaftskammer für Tirol und der Landes-Feuerwehr-Schule Tirol teilgenommen habe. Der Beschwerdeführer habe in dem Schreiben bekanntgegeben, daß er auf Grund seiner Tätigkeit als Bezirksdirektor der Internationalen Unfall- und Schadensversicherung Aktiengesellschaft natürlich sehr viele Fort- und Weiterbildungskurse, Zusatzprüfungen und dgl. besucht bzw. abgelegt habe. In der Folge sei der Beschwerdeführer aufgefordert worden, Unterlagen über die genau Art und Dauer der von ihm absolvierten Kurse vorzulegen. Er habe daraufhin ein mit 9. Mai 1988 datiertes Schreiben des Dr. JC beigelegt, in welchem ihm bestätigt werde, daß er eine Reihe von hausinternen Seminaren zum Themenkreis der in der Verordnung des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 1. Februar 1982, BGBl. Nr. 72, über den Befähigungsnachweis für die konzessionierten Gewerbe der Immobilienmakler und Immobilienverwaltung genannt sei, bei der Internationalen Unfall- und Schadenversicherung Aktiengesellschaft nicht nur absolviert, sondern auch mit großem Erfolg bestanden habe. Dem Beschwerdeführer werde in diesem Schreiben bescheinigt, daß die speziell auf die Versicherungsbranche abgerichteten Schulungen, die er seit Anfang 1975 besucht habe, für ihn sicherlich von Vorteil gewesen seien. In einem vom Beschwerdeführer hiezu ergänzend beigebrachten Schreiben der Internationalen Unfall- und Schadensversicherung Aktiengesellschaft vom 27. Juni 1988 würden die Schwerpunkte der innerbetrieblichen Schulungsbereiche mit Relevanz für eine allfällige Immobilientätigkeit wie folgt dargelegt: Vermögensveranlagungen (Kapitalversicherung, Rentenfonds, hypothekarische Darlehen); Vertriebswege für Versicherungsverträge; Grundsätze des Versicherungsvertragsrechtes, Konsumentschutzrecht, jedoch nur insoweit, als dies für die unmittelbare Versicherungstätigkeit von Bedeutung sei; Grundbegriffe aus dem Steuer-, Sozial- und Wirtschaftsrecht, jedoch nur insoweit, als dies für die Versicherungsvermittlung von Bedeutung sei; EDV; Versicherungsrecht einschließlich Datenschutzrecht; Finanzierungsinstrumente; Vor- und Nachteile der einzelnen Finanzierungsformen unter besonderer Berücksichtigung von Leasingfinanzierungen und Bewertungsverfahren im Zusammenhang mit der Ermittlung der optimalen Versicherungssumme der Feuerversicherung (Verkehrswert, Neuwert, Bauwert von Wohngebäuden, gewerblich genutzten Liegenschaften und landwirtschaftlichen Objekten). Dazu vertritt der Bundesminister die Auffassung für die Beurteilung, ob ein Nachsichtswerber die für die Ausübung des Immobilienmaklergewerbes erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen, das sei die volle Befähigung, besitze, seien die Bestimmungen der §§ 2 bis 5 und 15 der vorzitierten Verordnung. Zufolge § 15 Abs. 1 der zitierten Verordnung sei zur Konzessionsprüfung für das Immobilienmaklergewerbe u.a. zuzulassen, wer eine mindestens sechsjährige fachliche Tätigkeit durch Zeugnisse nachweise (Z. 3). Nach Abs. 2 dieses Paragraphen müsse die fachliche Tätigkeit eine hauptberufliche Tätigkeit als Arbeitnehmer, als Gesellschafter oder als mittätiger Ehegatte sein, welche zufolge Abs. 3 dieses Paragraphen bei einem zur Ausübung des Immobilienmaklergewerbes berechtigten Gewerbetreibenden zurückgelegt worden sein müsse. Im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer in Würdigung der von ihm vorgelegten Beweismittel und seines Vorbringens nachgewiesenermaßen nach Absolvierung der Volksschule und der landwirtschaftlichen Berufsschule in B seit 1975 neben der Führung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes bei einem Versicherungsunternehmen - seit 1978 als Bezirksdirektor - unselbständig tätig sei und darüber hinaus seit 1980 das Versicherungsmaklergewerbe selbständig betreibe, könne mit Rücksicht auf die von ihm in bezug auf seine Tätigkeit für das genannte Versicherungsunternehmen erfahrene innerbetriebliche Ausbildung angenommen werden, daß er alle zur selbständigen Ausübung des von ihm angestrebten Immobilienmaklergewerbes erforderlichen Kenntnisse auf den im § 4 der den Befähigungsnachweis für dieses Gewerbe regelnden Verordnung genannten betriebswirtschaftlichen bzw. rechtlichen Gebieten und in einem bestimmten Umfang auch die für den ordnungsgemäßen Betrieb eines solchen Gewerbes notwendigen, im § 3 näher angeführten fachspezifischen Kenntnisse besitze. Im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer weder eine der selbständigen Ausübung des Immobilienmaklergewerbes dienliche Ausbildung, noch eine fachliche Tätigkeit bei einem dieses Gewerbe ausführenden Gewerbetreibenden aufzuweisen vermöge, könne in Übereinstimmung mit der hiezu von der Innung der Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der Sektion Gewerbe der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Tirol in ihrem zum Ansuchen des Beschwerdeführers erstatteten Gutachten vertretenen Auffassung nicht angenommen werden, daß er alle nach § 3 der genannten Verordnung für die selbständige Ausübung des von ihm angestrebten Gewerbes erforderlichen fachspezifischen Kenntnisse, wie insbesondere auf den im Z. 2 dieses Paragraphen angeführten Gebieten, sowie auch die hiefür notwendigen Erfahrungen besitze. Dem Beschwerdeführer fehle somit die Nachsichtsvoraussetzung der vollen tatsächlichen Befähigung. Daran vermöge das Vorbringen des Beschwerdeführers, daß er die einschlägigen Rechts- und Wissensgebiete im Zuge seiner Ausbildung und seiner langjährigen beruflichen Tätigkeit kennengelernt und er diese Kenntnisse großteils auch bei seiner derzeitigen Tätigkeit laufend anzuwenden habe, nichts zu ändern, zumal nach den Bestimmungen der den Befähigungsnachweis für das Immobilienmaklergewerbe regelnden Verordnung der Erwerb der für die Erfüllung der in Rede stehenden Nachsichtsvoraussetzung fehlenden Kenntnisse und Erfahrungen eine entsprechende Tätigkeit bei einem dieses Gewerbe ausübenden Gewerbetreibenden zur Voraussetzung habe und diese durch die auf die Abwicklung von Versicherungsgeschäften bezogene Ausbildung bzw. Tätigkeit allein keinesfalls ersetzt werden könne. Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage habe daher, ohne daß es eines Eingehens auf die weiteren Nachsichtsvoraussetzungen des Vorliegens eines Ausnahmefalles (§ 28 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973) und des Nichtvorliegens von Gewerbeausschließungsgründen gemäß § 13 GewO 1973 (§ 28 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973) bedurft hätte, spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Seinem Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht auf Erteilung der in Rede stehenden Nachsicht als verletzt. Er bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, auch nach Ansicht der belangten Behörde erfülle er abgesehen von den Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 und des § 15 sämtliche Voraussetzungen der Verordnung BGBl. Nr. 72/1982. In diesem Zusammenhang sei aber auch der Abs. 2 des § 3 der zitierten Verordnung interessant, wonach die Prüfung vier Stunden zu dauern habe, wobei für den ersten Teil - § 3 Abs. 1, den er erfülle - drei Stunden veranschlagt seien, während für den in Rede stehenden zweiten Teil nur eine Stunde angesetzt werde. Die belangte Behörde übersehe, daß die Prüfungsvoraussetzungen des § 3 Abs. 2 sich mit den Prüfungsvoraussetzungen des § 3 Abs. 1 bzw. 4 Abs. 1 teilweise überschnitten. Insbesondere sei die Voraussetzung hinsichtlich des § 3 Abs. 2 lit. a und lit. c der zitierten Verordnung für einen Versicherungsmakler, der auf Provisionsbasis arbeite, absolute Berufsvoraussetzung, da er ja ansonst kein Geschäft machen würde. Was nunmehr § 15 der zitierten Verordnung anlange, so sei zu sagen, daß es sich bei der Tätigkeit des Versicherungsmaklers und der Tätigkeit des Immobilienmaklers um artverwandte Tätigkeiten handle und daß dies im Gesetz seinen Niederschlag finde, da Versicherungsmakler Handelsmakler im Sinne der §§ 93 ff HGB seien; auch Immobilienmakler seien Handelsmakler. Beide Berufszweige berieten also ihre Klientel und es sei für die Beratung des Versicherungsmaklers u.a. auch der § 120 GewO 1973 maßgebend, wo die Beratungstätigkeit ausdrücklich normiert sei. Der angefochtene Bescheid stehe mit sich selbst im Widerspruch, wenn die belangte Behörde darin vermeine, daß er die fachspezifischen Kenntnisse besitze, andererseits aber wiederum annehme, daß ihm die entsprechende Praxistätigkeit fehle. Tatsächlich übe er aber seine fachspezifischen Kenntnisse aus, und zwar seit 1. Jänner 1975, als er in die Gesellschaft seines Dienstgebers eingetreten sei. Darüber hinaus dürfe nicht übersehen werden, daß er zumindest seit 1980 selbständiger Versicherungsmakler sei, also zumindest seit acht Jahren die fachspezifischen Kenntnisse in der Praxis besitze. Weiters dürfe nicht übersehen werden, daß auf Grund seiner nebenberuflichen Tätigkeiten - Gemeinderatsmitglied, Mitglied der Forsttagsatzungskommission und des Überprüfungsausschusses der Gemeinde A, Erbhofbauer, Holzhändler, Beisitzer des Arbeitsgerichtes Lienz, Obmann‑Stellvertreter der Agrargemeinschaft Nachbarschaft B - ein derart umfangreiches Wissen und praktische Kenntnisse habe, daß hier wohl seitens der belangte Behörde davon ausgegangen hätte werden können, daß er die Nachsichtsvoraussetzungen erfüllt habe. Abgesehen davon wäre die belangte Behörde aber verhalten gewesen, von ihm eine nähere Präzisierung hinsichtlich der Erfordernisse des § 3 Abs. 2 der zitierten Verordnung anzufordern, da sich ja die von der belangten Behörde zugestandenen Kenntnisse des § 3 Abs. 1 bzw. § 4 Abs. 1 der zitierten Verordnung mit den Kenntnissen des § 3 Abs. 2 teilweise überschnitten. Hätte die belangte Behörde dies von ihm aber angefordert, so hätte sie einen mangelfreien Bescheid erlassen und seinem Nachsichtsansuchen stattgeben können. Hinsichtlich des § 3 Abs. 2 lit. a der zitierten Verordnung sei es wohl amtsbekannt, daß auch ein Versicherungsmakler eine detaillierte Objektbeschreibung samt Kostenerstellung und Provisionsermittlung einschließlich des erforderlichen Schriftverkehrs mit Auftraggebern zu machen habe, da er ja als Versicherungsmakler für seine Kunden die beste Versicherung mit den besten Konditionen anzufordern habe. Hinsichtlich der „Zl. 2 lit. b“ dürfe auf seine Bestätigung vom 17. Dezember 1986 verwiesen werden, in der er wortwörtlich das Erfordernis der „Zif. 2b“ enthalten sei. Hinsichtlich des „Pkt. 2 lit. c“ der zitierten Verordnung dürfe ebenfalls darauf hingewiesen werden, daß es wohl amtsbekannt sei, daß ein selbständiger Versicherungsmakler eine gewisse Kauf- oder Verkaufsstrategie zu entwickeln habe, um ein Geschäft machen zu können.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.

Gemäß § 28 Abs. 1 GewO 1973 ist - sofern eine Verordnung gemäß § 22 Abs. 4 nicht Gegenteiliges bestimmt - die Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis - ausgenommen vom Erfordernis der Zusatzprüfung gemäß § 99 oder § 102 - zu erteilen, wenn nach dem Bildungsgang und der bisherigen Tätigkeit des Nachsichtswerbers angenommen werden kann, daß er die für die Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen besitzt und Z. 1 a) ihm die Erbringung des vorgeschriebenen Befähigungsnachweises wegen seines Alters, seiner mangelnden Gesundheit oder aus sonstigen, in seiner Person gelegenen wichtigen Gründen nicht zuzumuten ist, oder b) wenn besondere örtliche Verhältnisse für die Erteilung der Nachsicht sprechen und Z. 2 keine Ausschließungsgründe gemäß § 13 vorliegen.

Nach § 259 Abs. 1 GewO 1973 unterliegt die Vermittlung des Kaufes, Verkaufes und Tausches von bebauten und unbebauten Grundstücken einschließlich der Vermittlung des Kaufes, Verkaufes und Tausches von Wohnungen, Geschäftsräumen und Unternehmen, ferner die Vermittlung von Bestandverträgen über Immobilien einschließlich der Vermittlung von Bestandverträgen über Wohnungen, Geschäftsräume und Unternehmen, die Vermittlung von Hypothekardarlehen sowie der Handel mit Immobilien der Konzessionspflicht.

Gemäß § 260 GewO 1973 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl. Nr. 399, erfordert die Erteilung der Konzession für das Gewerbe der Immobilienmakler neben der Erfüllung der im § 25 Abs. 1 Z. 1 angeführten Voraussetzungen die Erbringung des Befähigungsnachweises.

Ausgehend von dieser Gesetzeslage ist Voraussetzung für die Erteilung der Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis u.a. das Vorliegen der vollen (nicht etwa nur einer „hinreichenden“) Befähigung (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 1988, Zl. 88/04/0184, u.a.). In diesem Sinne umfaßt die Nachsicht nicht die Befähigung (die für die Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen), sondern allein den - normativ - geforderten Nachweis dieser Befähigung (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 13. September 1988, Zl. 87/04/0031, und die dort weiter zitierte hg. Rechtsprechung). Hiebei bilden die den Befähigungsnachweis festlegenden Vorschriften den Maßstab dafür, ob die (kumulative) Nachsichtsvoraussetzung des § 28 Abs. 1 erster Satzteil GewO 1973 vorliegt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1980, Zl. 2260/79, u.a.). Des weiteren hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 9. Juli 1980, Zl. 2384/79, dargelegt, daß das erforderliche Vorhandensein gewerblich orientierter Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen durch nicht auf eine Gewerbeausübung oder eine sonstige, den Bestimmungen der Befähigungsnachweisverordnung entsprechenden Tätigkeit bezogene Erfahrungen des täglichen Lebens allein nicht ersetzt werden kann.

Daraus folgt aber für den Beschwerdefall, daß die Annahme der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid nicht als rechtswidrig erkannt werden kann, wenn sie unter Hinweis auf die angeführten Bestimmungen des § 15 der Verordnung des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 1. Februar 1982, BGBl. Nr. 72, über den Befähigungsnachweis für die konzessionierten Gewerbe der Immobilienmakler und Immobilienverwaltung vom Fehlen einer entsprechenden fachspezifischen Tätigkeit des Beschwerdeführers in dem von ihm angestrebten Gewerbe ausging und schon im Hinblick darauf die mangelnde Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 28 Abs. 1 GewO 1973 durch ihn annahm.

Im Hinblick auf die dargestellte Gesetzeslage kommt daher dem Beschwerdevorbringen in Ansehung der dort geltend gemachten inhaltlichen Überschneidung der vom Beschwerdeführer bisher ausgeübten Tätigkeiten als selbständiger Versicherungsmakler bzw. seiner sonstigen bisherigen beruflichen und außerberuflichen Tätigkeiten mit denen eines Immobilienmaklers keine entscheidungsrelevante Bedeutung zu, aus welchem Grund eine weitere Erörterung in diesem Zusammenhang entbehrlich war.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am 18. April 1989

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