Normen
Abschußrichtlinien Krnt 1988;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
JagdG Krnt 1978 §57 Abs2;
JagdRallg;
Abschußrichtlinien Krnt 1988;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
JagdG Krnt 1978 §57 Abs2;
JagdRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Kärnten hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.710,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Pächter des Eigenjagdgebietes "X" der Österreichischen Bundesforste mit einer Größe von 467,2555 ha. In dem für das Jagdjahr 1988 vorgelegten Abschußplan gab er den zu erwartenden Wildstand hinsichtlich des Gamswildes mit 2 Böcken der Klasse I, je 3 Böcken der Klassen IIa und IIb, 8 Böcken der Klasse III, 19 Geißen und 13 Kitzen, insgesamt somit mit 48 Stück, an und beantragte den Abschuß von je 1 Bock der Klassen I und IIb, 2 Böcken der Klasse III, 5 Geißen und 2 Kitzen, insgesamt daher von 11 Stück.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Hermagor vom 18. Mai 1988 wurde der Abschußplan für das genannte Eigenjagdgebiet gemäß § 57 Abs. 2 des Kärntner Jagdgesetzes 1978, LGBl. Nr. 76 (JG), in Verbindung mit den Abschußrichtlinien für das Jagdjahr 1988, LGBl. Nr. 63/1987, für das Jagdjahr 1988 festgesetzt. Beim Gamswild wurde der Abschuß mit 1 Bock der Klasse III, 3 Geißen und 1 Kitz festgesetzt und das Mehrbegehren von je 1 Bock der Klassen I und IIb, 2 Geißen und 1 Kitz abgewiesen. (Bei dieser Aufzählung fehlt ein vom Beschwerdeführer beantragter Bock der Klasse III).) Im Spruch dieses Bescheides findet sich folgender "Hinweis": "Über das Mehrbegehren hinsichtlich des Gamsabschusses findet zu gegebener Zeit eine Gamswildzählung statt, von deren Ergebnis die endgültige Abschußfreigabe abhängt."
In der Begründung heißt es, daß vom Bezirksjagdbeirat aufgezeigt worden sei, daß der vom Jagdausübungsberechtigten angeführte Wildstand von 48 Stück Gemsen nicht glaubwürdig scheine. Es sei daher auch der beantragte Abschuß von 11 Stück Gamswild für unrealistisch gehalten worden. In Anlehnung an den Wildstand der Vorjahre (ca. 30 Stück) sei vom Bezirksjagdbeirat der Abschuß eines Gamsbockes der Klasse III, 3 Geißen und einem Kitz für das Jagdjahr 1988 vorgeschlagen worden. Hinsichtlich des begehrten Abschusses sei angeregt worden, daß im besagten Jagdgebiet auf alle Fälle eine Wildstandsaufnahme betreffend das Gamswild stattfinden sollte, um eine entsprechende Ausgangsbasis für die endgültige Festsetzung des Abschusses zu schaffen. Seitens des Jagdausübungsberechtigten sei dieser Vorschlag zur Kenntnis genommen worden. Die Behörde habe sich der Auffassung des Bezirksjagdbeirates, daß der vom Jagdausübungsberechtigten angeführte Gamswildbestand nicht der Realität entspreche, angeschlossen, weshalb die vorgeschlagene Gamswildzählung ebenfalls für notwendig erachtet worden sei. Die Einsparung des Gamsbockes der Klasse I für das Jagdjahr 1988 beruhe auf dem Fehlabschuß des Vorjahres (Gamsbock der Klasse IIa) und stehe somit im Einklang mit den Abschußrichtlinien für das Jagdjahr 1988.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung. Darin machte er geltend, daß es in dem von ihm gepachteten Jagdrevier zu Waldschäden gekommen sei, die durch Sommer- und Winterverbiß, vorwiegend durch Waldgemsen und zum Teil auch durch Rehwild, entstanden seien. Der enorme Verbißdruck sei auf einen Überbestand zurückzuführen. Eine Zählung seinerseits im Beisein von sieben Jägern im Herbst 1987 habe einen Bestand von insgesamt 39 bzw. 42 Stück Gamswild ergeben. Im Jahre 1988 seien auf Grund des Überbestandes neuerliche Sommerverbißschäden zu erwarten. In Anbetracht dieses Umstandes habe er daher für das Jagdjahr 1988 einen Abschuß von insgesamt 11 Stück Gamswild, das sei ein Viertel des Bestandes, beantragt.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde auf Grund dieser Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 57 Abs. 1 JG im Rahmen des Abschußplanes 1988 für das Eigenjagdgebiet Österreichische Bundesforste - "X" zusätzlich zu dem mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 18. Mai 1988 festgesetzten Gamswildabschuß ein Gamsbock der Klasse III, eine Gamsgeiß und ein Gamskitz zum Abschuß freigegeben. Das Mehrbegehren wurde abgewiesen. In der Begründung wurde darauf hingewiesen, daß der Beschwerdeführer laut vorliegendem Abschußplan für das Jagdjahr 1986 einen zu erwartenden Gamswildbestand von 30 Stück und für das Jagdjahr 1987 einen solchen von 32 Stück angegeben habe. In der Berufung habe er angeführt, daß eine Zählung seinerseits im Beisein von sieben Jägern im Herbst 1987 einen Bestand von insgesamt 39 bzw. 42 Stück Gamswild ergeben habe. Damit erscheine aber die Ansicht des Bezirksjagdbeirates, die Annahme eines für 1988 zu erwartenden Gamswildbestandes von 48 Stück sei unrealistisch, nicht widerlegt. Da aber der Beschwerdeführer in seiner Berufung glaubhaft angeführt habe, daß in seinem Jagdgebiet Verbißschäden durch Wild aufgetreten seien und er erhebliche Mittel für Schutzmaßnahmen zur Sicherung der Kulturen aufzuwenden gehabt habe, habe die belangte Behörde auf Grund der Stellungnahme des ihr zur fachlichen Beratung beigegebenen Landesjagdbeirates die im Spruch ihres Bescheides angeführten Gamswildstücke zusätzlich zum Abschuß freigegeben. Die Freigabe eines Gamsbockes der Klasse I habe jedoch nicht in Erwägung gezogen werden können, da die Auswirkungen eines Fehlabschusses (Gamsbock der Klasse IIa) im Jahr 1987 im Rahmen des Abschußplanes 1988 auszugleichen gewesen seien. Ebenso habe auch der Freigabe eines Gamsbockes der Klasse IIb nicht näher getreten werden können, da nach Pkt. II. 2. der Abschußrichtlinien die optimale Altersstruktur des Wildes durch stärkeren Abschuß des Jungwildes und durch möglichste Schonung der Stücke mittleren Alters als der Hauptträger der Population erreicht werden soll. Nach den Abschußrichtlinien sei beim Gamswild ferner ein Geschlechterverhältnis von 1 : 1,3 anzustreben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 57 Abs. 2 JG hat die Bezirksverwaltungsbehörde auf Grund der Abschußrichtlinien für jedes Jagdgebiet den Abschußplan bis spätestens 15. Mai jedes Jahres festzusetzen. Dabei ist auf den sich über die Grenzen eines Jagdgebietes hinaus erstreckenden Lebensraum des der Abschußplanung unterliegenden Wildes Bedacht zu nehmen. Mit Verordnung der Kärntner Landesregierung vom 17. November 1987, LGBl. Nr. 63, wurden die mit Verordnung vom 2. Dezember 1986, LGBl. Nr. 86, für das Jagdjahr 1987 festgelegten Abschußrichtlinien auch für das Jagdjahr 1988 in Geltung gesetzt.
Sie enthalten unter anderem folgende Regelungen:
"A)
I. Der Abschußplan ist derart zu erstellen, daß
1. für jedes Jagdgebiet mit Rücksicht auf seine Größe und Lage, auf die natürlichen Äsungsverhältnisse und die Interessen der Land- und Forstwirtschaft der zulässige Wildstand erreicht und erhalten, jedoch nicht überschritten wird;
2. unter Berücksichtigung der wildbiologischen Gesetzmäßigkeiten eine optimale Wilddichte und ein günstiger Altersklassenaufbau erreicht sowie gesundes, starkes Wild herangehegt wird und insgesamt ein biologisch gesunder Wildstand erhalten bleibt;
3. die jagdlichen Aufgaben, die Wildhege und Wildbewirtschaftung unter Bedachtnahme auf die Interessen der Land- und Forstwirtschaft erfüllt werden können.
II. Zur Erreichung der Zielsetzung nach I. sind bei Erstellung des Abschußplanes und bei seiner Erfüllung folgende Grundsätze einzuhalten:
1. Das Geschlechterverhältnis des Wildes soll seiner biologischen Natur entsprechend hergestellt werden (1:1 bei Rot- und Rehwild, 1:1,3 bei Gamswild);
2. die optimale Altersstruktur des Wildes soll durch stärkeren Abschuß des Jungwildes und durch möglichste Schonung der Stücke mittleren Alters als der Hauptträger der Populationen erreicht werden;
………….".
Der Beschwerdeführer ist im Recht, wenn er geltend macht, daß Grundlage für jeden Abschußplan vor allem der tatsächliche Wildstand in einem Jagdgebiet ist. Vermeint die Jagdbehörde, daß ein vom Jagdinhaber beantragter Abschuß zu hoch sei, so hat sie sich Gewißheit darüber zu verschaffen, wie hoch für das betreffende Jagdgebiet einerseits die wünschenswerte Wilddichte und andererseits der tatsächliche Wildstand ist. Weiters ist zu prüfen, welches Wild unter Berücksichtigung der für das Schalenwild nach den Abschußrichtlinien festgesetzten Klassen bzw. des dort genannten erstrebenswerten Geschlechterverhältnisses zum Abschuß bestimmt werden soll (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. November 1983, Zl. 83/03/0215, ergangen zum Salzburger Jagdgesetz 1977, und vom 10. September 1986, Zl. 84/03/0283, ergangen zum Oberösterreichischen Jagdgesetz). Für die verläßliche Ermittlung des tatsächlichen Wildstandes sind in erster Linie die Ergebnisse von umfassenden und gewissenhaft durchgeführten Wildzählungen maßgebend (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. April 1986, Zl. 85/03/0180). Auch die Behörde erster Instanz erachtete nach der Begründung ihres Bescheides eine "Gamswildzählung" für notwendig und sah sich deshalb veranlaßt, dem Spruch des Bescheides den "Hinweis" beizusetzen, daß über das Mehrbegehren hinsichtlich des Gamsabschusses zu gegebener Zeit eine Gamswildzählung stattfinde, von deren Ergebnis die endgültige Abschußfreigabe abhänge.
Die belangte Behörde, die mit dem angefochtenen Bescheid den Abschußplan für das Jagdjahr 1988 endgültig festsetzte, nahm von der Zählung des Gamswildbestandes im Jagdgebiet des Beschwerdeführers Abstand. Auf Grund der Angaben des Beschwerdeführers in den Abschußplänen über den zu erwartenden Gamswildbestand von 30 Stück für das Jagdjahr 1986 und von 32 Stück für das Jagdjahr 1987 sowie der in der Berufung aufgestellten Behauptung, daß eine Zählung im Herbst 1987 einen Bestand von insgesamt 39 bzw. 42 Stück Gamswild ergeben habe, hielt sie die Ansicht des Bezirksjagdbeirates, die Annahme eines für 1988 zu erwartenden Gamswildbestandes von 48 Stück sei unrealistisch, für nicht widerlegt. Diese Begründung ist zum einen unschlüssig, weil nicht klar zum Ausdruck kommt, ob die Behörde von der Richtigkeit des vom Beschwerdeführer behaupteten Zählergebnisses vom Herbst 1987 ausging, in welchem Falle in nachvollziehbarer Weise darzulegen gewesen wäre, warum bei einem solchen Zählergebnis nicht im nächsten Jahr unter Berücksichtigung des Nachwuchses ein Wildstand von 48 Stück in Betracht kommen könnte, oder ob sie dieses Zählergebnis nicht als richtig ansah, in welchem Falle die hiefür maßgebenden Erwägungen anzuführen gewesen wären. Zum anderen läßt die Begründung des angefochtenen Bescheides die für die Überprüfung der Festsetzung des Abschlußplanes wesentlichen Fragen offen, wie hoch der im Sinne der Abschußrichtlinien für das Jagdgebiet des Beschwerdeführers wünschenswerte Gamswildstand sein soll und von welchem tatsächlichen Wildstand (Anzahl der Böcke der verschiedenen Klassen, Geißen und Kitze) die belangte Behörde bei der Festsetzung des Abschußplanes ausgegangen ist.
Aus diesen Gründen ist der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, weil der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkte einer Ergänzung bedarf und Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 243/1985. Das auf den Ersatz nichterforderlicher Stempelgebühren gerichtete Mehrbegehren war abzuweisen. Die Beschwerde war nämlich nur in zweifacher Ausfertigung beizubringen, ferner genügte die Vorlage einer Ausfertigung oder Abschrift des angefochtenen Bescheides.
Wien, am 29. März 1989
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