VwGH 88/03/0196

VwGH88/03/019620.9.1989

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Weiss und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Regierungskommissär Dr. Schmidt, über die Beschwerde des EG in S, vertreten durch Dr. Gerold Hirn, Rechtsanwalt in Feldkirch, Gilmstraße 2, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 8. September 1988, Zl. Va-207-5/1988, betreffend Übertretungen des Vorarlberger Jagdgesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

JagdG Vlbg 1948 §4 Abs1 Z3;
JagdRallg;
VStG §5 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Vorarlberg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.530,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft vom 15. Juli 1988 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 2. Dezember 1987 um 18.52 Uhr in dem namentlich angeführten Jagdrevier im Bereich des 300 m breiten Streifens zwischen zwei namentlich angeführten benachbarten Jagdrevieren

1.) die Jagd auf Schalenwild zur Nachtzeit - bei Mondschein - ausgeübt, indem er versucht habe, einen Hirsch zu schießen,

2.) Schalenwild in der Zeit der Wildfütterung in der Nähe der Futterstelle beschossen, indem er versucht habe, einen Hirsch, welcher sich unmittelbar an einer aus Trester, Zuckerrüben und Maissilage bestehenden Futterstelle befunden habe, zu schießen. Er habe dadurch zu 1.) eine Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 1 Z.3, erster Satz, in Verbindung mit § 100 Abs. 1 des Vorarlberger Jagdgesetzes (1948) und in Verbindung mit § 8 VStG 1950 und zu 2.) eine Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 1 Z. 3, zweiter Satz, in Verbindung mit § 100 Abs. 1 des Jagdgesetzes und in Verbindung mit § 8 VStG 1950 begangen. Zu 1.) und zu 2.) wurde eine Geldstrafe in der Höhe von je S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe je 60 Stunden) verhängt.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung keine Folge gegeben und das erstbehördliche Straferkenntnis bestätigt.

Zur Begründung wurde ausgeführt, der Anzeigeerstatter habe auch als Zeuge bekräftigt, daß ihm der Beschwerdeführer und sein Begleiter unmittelbar nach der Abgabe des Schusses erklärt hätten, sie hätten beabsichtigt, einen Hirsch zu schießen. Dazu komme, daß nach den unwidersprochen gebliebenen Wahrnehmungen des Anzeigeerstatters die Futterstelle am 2. Dezember 1987 während des Tages frisch angelegt worden sei. Der Begleiter des Beschwerdeführers habe bei seiner Vernehmung ausdrücklich angegeben, es sei geplant gewesen, jenen Hirsch zu erlegen, den sie an den Vortagen bei der offenen Fütterung gesehen und auch entsprechend angesprochen hätten. Sie seien am 2. Dezember 1987 gegen 17.00 Uhr im Revier angekommen, seien dann bis zum Ansitz weitergegangen und hätten sich dort niedergelassen. Gegen 17.45 Uhr sei zwar das erste Rotwild an der Lockfütterung ausgetreten, der betreffende Hirsch sei jedoch nicht dabei gewesen und sie hätten deshalb zuwarten müssen. Erst gegen 18.40 Uhr sei dann das "gewünschte Tier" gekommen. Daraufhin hätten sie beschlossen, dieses zu erlegen. Als der Beschwerdeführer dazu in Schußposition gehen habe wollen, habe sich der Schuß durch Unvorsichtigkeit zu früh gelöst. Dies hätten sie dann auch dem Anzeigeerstatter wahrheitsgetreu erklärt. Der Gendarmeriebeamte, der den Begleiter des Beschwerdeführers einvernommen gehabt habe, habe als Zeuge ausdrücklich erklärt, daß ihm der Begleiter des Beschwerdeführers angegeben habe, zu der im Straferkenntnis angeführten Zeit sei beabsichtigt gewesen, einen Hirsch zu schießen. Der Begleiter des Beschwerdeführers habe die mit ihm aufgenommene Niederschrift mindestens 10 Minuten lang durchgelesen und dann unterschrieben. Der Beschwerdeführer selbst habe bei seiner Vernehmung am 1. Februar 1988 zugegeben, daß sie am 2. Dezember 1987 in das Jagdrevier gefahren seien, um einem Hirsch anzusitzen. Im Hinblick auf die eindeutigen und widerspruchsfreien Angaben des Anzeigeerstatters und des Begleiters des Beschwerdeführers, welche beide Jagdschutzorgane seien, in der Niederschrift vom 3. Dezember 1987 und in jener vom 1. Februar 1988 und im Hinblick auf die am 2. Dezember 1987 frisch angelegte Futterstelle nehme auch die belangte Behörde die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen als erwiesen an. Daß entgegen diesen Angaben zweier Jagdschutzorgane von vornherein nicht beabsichtigt gewesen sei, einen Hirsch zu schießen, sei aus mehreren Gründen unglaubwürdig. Zwar sei es - wie in der Berufung angeführt werde - wohl möglich, in Schußposition zu gehen, ohne einen Schuß abgeben zu wollen. Der Beschwerdeführer sei allerdings eine glaubwürdige Erklärung dafür schuldig geblieben, aus welchen Gründen er mit geladenem und offenbar entsichertem Gewehr nach Anlegung einer frischen Fütterung und nach längerem Zuwarten, bis der bereits am Vortag angesprochene Hirsch zur frisch angelegten Futterstelle gekommen sei, nicht die Absicht gehabt hätte, diesen Hirsch zu erlegen. Der als Zeuge angebotene Bruder des Beschwerdeführers sei am 2. Dezember 1987 nicht mit im Jagdrevier gewesen und könne deshalb über den entscheidungswesentlichen Sachverhalt auch keine näheren Angaben machen, sodaß dessen Einvernahme nicht erforderlich gewesen sei. Die Angaben des Begleiters des Beschwerdeführers in der Niederschrift vom 1. Februar 1988 stimmten mit denen des Anzeigeerstatters in den entscheidungswesentlichen Punkten überein. Konkrete Anhaltspunkte, die die Glaubwürdigkeit der Angaben des Begleiters des Beschwerdeführers in dieser Niederschrift erschüttern könnten, habe der Beschwerdeführer nicht vorgebracht, sodaß sich an der Richtigkeit der Angaben der beiden Jagdschutzorgane keine Bedenken ergeben hätten. Der Gendarmeriebeamte, der den Begleiter des Beschwerdeführers einvernommen gehabt habe, habe jedenfalls auch als Zeuge bestätigt, daß der Begleiter des Beschwerdeführers bei seiner Einvernahme am 1. Februar 1988 ausdrücklich die in der mit ihm aufgenommenen Niederschrift enthaltenen Angaben von sich aus und ohne jede Beeinflussung gemacht habe und daß der Gendarmeriebeamte nicht auf zu erwartende Schwierigkeiten nach dem Waffengesetz wegen eines unwillkürlichen Lösens eines Schusses hingewiesen habe. Der Begleiter des Beschwerdeführers habe diese niederschriftlichen Angaben mit seiner Unterschrift nach eingehender Prüfung bestätigt. Die belangte Behörde schenke aus diesen Gründen den bei der ersten Vernehmung des Begleiters des Beschwerdeführers gemachten Angaben mehr Beweiskraft als dem erst nach anwaltschaftlicher Beratung und Einleitung eines Strafverfahrens erfolgten Vorbringen des Beschwerdeführers. Begründete Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Angaben in dieser Niederschrift hätten sich jedenfalls nicht ergeben. Die Erstbehörde habe sich auf Grund der ihr vorgelegenen Beweise ein klares Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen können. Überdies hätte der Beschwerdeführer ausreichend Möglichkeit gehabt, die Widersprüche zwischen seiner Verantwortung und den Angaben seines Begleiters und des Anzeigeerstatters aufzuklären. Die Abgabe des Schusses durch den Beschwerdeführer sei nach den Angaben des Anzeigeerstatters um 18.52 Uhr erfolgt. Die Zeitangaben hierüber vom Beschwerdeführer mit "ungefähr 18.50 Uhr" und von seinem Begleiter mit "so gegen 18.40 Uhr" stimmten damit im wesentlichen überein. Die Abgabe des Schusses sei unter Berücksichtigung des Sonnenunterganges Anfang Dezember erheblich über eine Stunde nach Sonnenuntergang erfolgt. Nach den Angaben des Begleiters des Beschwerdeführers sei es fast dunkel gewesen und die Abgabe des Schusses sei bei Mondschein erfolgt. In der Rechtfertigung vom 24. Februar 1988 sei auch zugegeben worden, daß es fast dunkel und daß das Gelände auf Grund des Mondscheines ausgeleuchtet gewesen sei. Zwar definiere § 4 des Jagdgesetzes den Begriff "zur Nachtzeit" nicht näher. Der Hinweis in der Berufung, der Begriff Nachtzeit sei in Analogie zu zivilrechtlichen Bestimmungen frühestens mit 22.00 Uhr anzunehmen, sei verfehlt. Vielmehr sei auf § 10 Abs. 4 der Abschußplanverordnung, LGB1. Nr. 15/1984, zu verweisen, nach dem der Abschuß von Rotwild lediglich bis zu einer Stunde nach Sonnenuntergang zulässig sei. Die Jagd auf Rotwild über eine Stunde nach Sonnenuntergang bei Mondschein sei auch deshalb im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 3 des Jagdgesetzes als verboten anzusehen. Der Hinweis in der Berufung auf die Sicht- und Lichtverhältnisse um 22.00 Uhr zur Sommerzeit sowie, daß auch bei hellichtem Tag teilweise der Mond wahrzunehmen sei, gehe daher ins Leere. Entgegen dem Berufungsvorbringen sei dem Beschwerdeführer im erstbehördlichen Straferkenntnis ausdrücklich zur Last gelegt worden, versucht zu haben, einen Hirsch, der sich unmittelbar an einer Futterstelle befunden habe, zu schießen. Das in § 4 Abs. 1 Z. 3 des Jagdgesetzes umschriebene Tatbestandselement "in der Nähe einer Futterstelle" sei damit hinreichend konkretisiert. Der Begriff "Futterstelle" sei im Jagdgesetz nicht näher umschrieben, sodaß hiefür auch keine besonderen baulichen Anlagen erforderlich seien. Zudem habe die Erstbehörde im einzelnen die zur Fütterung ausgelegten Mittel angeführt und diese Feststellung stütze sich auf die diesbezüglich vom Beschwerdeführer unwidersprochen gebliebene Zeugenaussage des Anzeigeerstatters, nach der an der Futterstelle zum Tatzeitpunkt ca. 150 kg Maissilage, ca. 50 kg Apfeltrester und ca. 50 kg Rüben auf einer Fläche von ca. 20 m2 frisch ausgelegt gewesen seien.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Sowohl der Tag der Tat, nämlich der 2. Dezember 1987, als auch die Erlassung des angefochtenen Bescheides durch dessen Zustellung am 16. Dezember 1988 fallen in den zeitlichen Anwendungsbereich des Vorarlberger Jagdgesetzes von 1948. Im vorliegenden Beschwerdefall ist somit auf das am 1. Oktober 1988 in Kraft getretene Jagdgesetz, Vorarlberger LGBl. Nr. 32/1988, nicht Bedacht zu nehmen.

Nach § 4 Abs. 1 Z. 3 des Jagdgesetzes (1948) ist die Jagd auf Schalenwild zur Nachtzeit - auch bei Mondschein - verboten. Ebenso ist das Beschießen von Schalenwild in der Zeit der Wildfütterung in der Nähe der Futterstellen untersagt.

Wer unter anderem den Bestimmungen des Jagdgesetzes (1948) zuwiderhandelt, begeht nach dessen § 100 Abs. 1 eine Verwaltungsübertretung. Der Versuch ist strafbar.

Nach § 5 Abs. 1, erster Satz, VStG 1950 genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten.

Sofern jedoch eine Verwaltungsvorschrift den Versuch einer Verwaltungsübertretung ausdrücklich für strafbar erklärt, unterliegt nach § 8 Abs. 1 VStG 1950 der Strafe, wer vorsätzlich eine zur wirklichen Ausübung führende Handlung unternimmt.

Zur Rechtslage sei zunächst allgemein bemerkt, daß eine Jagd auf Schalenwild bzw. ein Beschießen von Schalenwild im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 3 des Jagdgesetzes auch dann vorliegt, wenn in Richtung auf Schalenwild geschossen, das Schalenwild jedoch nicht getroffen wird. Dies ergibt sich aus dem Sinngehalt der Verbotsnorm des § 4 Abs. 1 Z. 3 leg. cit., nämlich, was das Verbot der Jagd auf Schalenwild zur Nachtzeit anlangt, aus der Bedachtnahme auf das Erfordernis eines der Weidgerechtigkeit entsprechenden genauen Ansprechens unter der Voraussetzung der hiezu notwendigen Sichtbedingungen und der Unerheblichkeit des Erfolges der Schußabgabe auf Schalenwild im Einzelfall für die Gewährleistung dieses Erfordernisses durch die Beachtung des aufgestellten Verbotes, und ferner, was das Verbot des Beschießens in der Zeit der Wildfütterung in der Nähe von Futterstellen anlangt, aus dem Ziel der Vermeidung einer Beunruhigung des Wildes im Bereich von Futterstellen in der Zeit der Wildfütterung. Ein in Richtung auf Schalenwild abgegebener Schuß kann somit, auch wenn er sein Ziel verfehlt, nach den Verbotsnormen des ersten und zweiten Satzes des § 4 Abs. 1 Z. 3 leg. cit. ein vollendetes Delikt darstellen.

Zur Rechtslage sei ferner vorab allgemein bemerkt, daß eine (vollendete) Verwirklichung von Verwaltungsübertretungen nach dem ersten und zweiten Satz des § 4 Abs. 1 Z. 3 leg. cit. im Hinblick auf den ersten Satz des § 5 Abs. 1 VStG 1950 auch fahrlässig erfolgen kann.

Im vorliegenden Fall rechtfertigte sich der Beschwerdeführer im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens, nämlich in seinen Anbringen vom 24. Februar 1988 und vom 5. April 1988, damit, daß "niemals" die Absicht bestanden habe, "Tiere" zu erlegen, er habe sich vielmehr, als mehrere "Tiere" (im weiteren Text des Anbringens vom 24. Februar 1988 ist von Mittelklassehirschen die Rede) ausgetreten seien, des auf dem Gewehr montierten Fernrohres bedienen wollen. Dabei habe sich ungewollt ein Schuß gelöst.

Diese (objektive) Tatsache der Schußabgabe im Zusammenhang mit dem Austreten von "Tieren" und deren beabsichtigten Beobachtung durch das auf dem Gewehr montierten Fernrohr wurde vom Beschwerdeführer somit nicht bestritten. Zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes standen der belangten Behörde weiters die eigenen Ausführungen des Beschwerdeführers in der vor dem Gendarmeriepostenkommando aufgenommenen Niederschrift vom 1. Februar 1988, ferner die Ausführungen seines Begleiters in der vor dem Gendarmeriepostenkommando aufgenommenen Niederschrift ebenfalls vom 1. Februar 1988 und die Ausführungen des am 17. Februar 1988 und am 19. April 1988 auch als Zeuge einvernommenen Anzeigeerstatters zur Verfügung. Die auf dem Boden dieser Beweismittel in der Begründung des angefochtenen Bescheides angestellten Überlegungen vermag der Verwaltungsgerichtshof, was die im Schuldspruch hinsichtlich der Schußabgabe des Beschwerdeführers enthaltene Sachverhaltsfeststellung, der Beschwerdeführer habe versucht, einen Hirsch zu schießen, anlangt, nicht als unschlüssig zu erkennen. Die Aufnahme der vom Beschwerdeführer in der Stellungnahme vom 20. Mai 1988 beantragten Beweise erübrigte sich, weil diese nicht das als Tatverhalten angelastete Geschehen vom 2. Dezember 1987 unmittelbar zum Gegenstand hatten. Eine Klärung der dem Beweisantrag vom 20. Mai 1988 zugrunde liegenden Fragen, ob der Beschwerdeführer seinen Begleiter gedrängt habe, mit ihm zur Nachtzeit auf die Jagd zu gehen, oder nicht, und ob hierüber ein Gespräch mit dem Onkel des Begleiters des Beschwerdeführers stattgefunden habe, war im vorliegenden Verwaltungsstrafverfahren, welches sich auf das Verhalten des Beschwerdeführers am bezeichneten Ort im Jagdgebiet zur festgestellten Tatzeit und die Beurteilung dieses Verhaltens am Maßstab des § 4 Abs. 1 Z. 3 des Jagdgesetzes bezog, unerheblich. Im übrigen bezogen sich weder der von der belangten Behörde im Verwaltungsrechtszug bestätigte Schuldspruch noch die von der belangten Behörde zur Beweiswürdigung angestellten Überlegungen auf das im Anbringen des Beschwerdeführers vom 5. Juli 1988 erwähnte Stück Fallwild. Es ist auch nicht ersichtlich, daß hinsichtlich dieses Stückes Fallwild Sachverhaltsfeststellungen zur Aufklärung des Geschehens vom 2. Dezember 1988 erforderlich gewesen wären. Der angefochtene Bescheid ist somit auch im Hinblick darauf, daß die belangte Behörde auf dieses Anbringen vom 5. Juli 1988 und die darin enthaltenen Beweisanträge nicht einging, nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Dem Beschwerdeführer wurde nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens und vor Erlassung des erstbehördlichen Straferkenntnisses mit Schreiben der Erstbehörde vom 16. Mai 1988 ausdrücklich Gelegenheit zur Akteneinsicht gegeben, worauf der Beschwerdeführer seine Stellungnahmen vom 20. Mai 1988 und vom 5. Juli 1988 abgab. Der Verwaltungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, daß im vorliegenden Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschwerdeführer dessen Recht auf Parteiengehör verletzt worden wäre. Auch was die Frage einer Teilnahme des Vertreters des Beschwerdeführers bei Einvernahmen anlangt, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen, daß ein Verfahrensmangel unterlaufen wäre, da einerseits eine Verletzung der Verfahrensvorschrift des § 43 Abs. 3 VStG 1950 über die Beiziehung einer Vertrauensperson zu einer mündlichen Verhandlung vom Beschwerdeführer nicht behauptet wurde und andererseits ein Recht des Beschuldigten oder seines Vertreters auf Anwesenheit bei der Einvernahme von Zeugen nicht besteht.

Der Begriff "Nachtzeit" in § 4 Abs. 1 Z. 3 des Jagdgesetzes stellt, wie sich aus dem Sinngehalt der Bestimmung, nämlich dem Erfordernis eines der Weidgerechtigkeit entsprechenden genauen Ansprechens unter der Voraussetzung der hiezu notwendigen Sichtbarkeitsbedingungen, und aus der in dieser gesetzlichen, Bestimmung selbst enthaltenen Beifügung, daß die Jagd zur Nachtzeit insbesondere auch bei Mondschein verboten sei, ergibt und wie der Beschwerdeführer in seiner vorliegenden Beschwerde selbst erkennt, auf die Licht- und Sichtverhältnisse ab. Im Hinblick auf die jahreszeitlichen Verschiedenheiten erledigt sich der in der Beschwerde enthaltene Hinweis auf die Licht- und Sichtverhältnisse im Hochsommer für den festgestellten Tag der Tat, nämlich einen 2. Dezember, von selbst. Als Tatzeit wurde der 2. Dezember 1987, um 18.52 Uhr, festgestellt. Es handelt sich um einen Tag, an dem die Sonne nach der Aktenlage an einem in der Nähe des Tatortes, wenn auch tiefer als dieser gelegenen Ort um

16.30 Uhr unterging. Der Verwaltungsgerichtshof vermag daraus, daß die belangte Behörde die Verhältnisse in dem, wenn auch höher gelegenen Jagdgebiet um 18.52 Uhr der Nachtzeit zuordnete, keine Rechtswidrigkeit zu erblicken.

Die Verbotsnorm des ersten Satzes des § 4 Abs. 1 Z. 3 des Jagdgesetzes bezieht sich auf die Nachtzeit unabhängig davon, ob Mondschein herrscht oder nicht. Die im Schuldspruch des von der belangten Behörde bestätigten Straferkenntnisses enthaltene Bezugnahme auf den Mondschein hat demnach für die Tatbestandsverwirklichung keine Bedeutung. Auch unter diesem Gesichtspunkt vermag der Verwaltungsgerichtshof keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erkennen.

Im Schuldspruch findet sich weiters die Feststellung des Bestehens einer Futterstelle mit Trester, Zuckerrüben und Maissilage. Im angefochtenen Bescheid findet sich hiezu die in der Aktenlage (siehe hiezu etwa die Zeugenaussage des Anzeigeerstatters vom 19. April 1988) gedeckte Sachverhaltsfeststellung der Auslegung der angeführten Futtermittel zur Fütterung. In der rechtlichen Beurteilung als "Futterstelle" im Sinne des zweiten Satzes des § 4 Abs. 1 Z. 3 des Jagdgesetzes vermag der Verwaltungsgerichtshof keine Rechtswidrigkeit zu erblicken.

Das in Punkt 2 des Schuldspruches den Worten "an einer .... Futterstelle" vorangesetzte Wort "unmittelbar" ist ebenfalls durch die Aktenlage gedeckt, wie sich aus der mit dem Begleiter des Beschwerdeführers aufgenommenen Niederschrift vom 1. Februar 1988, wonach sich der Hirsch unweit der Lockfütterung befunden und die Schußdistanz ca. 80 bis 100 m betragen habe, und ferner aus der Zeugenaussage des Anzeigeerstatters vom 19. April 1988, wonach dem Anzeigeerstatter gesagt worden sei, daß sich der Hirsch an der Futterstelle befunden habe, ergibt. In Ansehung des in § 4 Abs. 1 Z. 3 des Jagdgesetzes mit den Worten "in der Nähe der Futterstelle" ausgedrückten Tatbestandselementes bedurfte es keiner genaueren Feststellung, wie weit der Beschwerdeführer bei Abgabe des Schusses entfernt gewesen sei.

Der vorliegenden Beschwerde kommt gleichwohl insoweit Berechtigung zu, als darin die Frage nach Versuch und Vorsatz angeschnitten wurde. Im Schuldspruch wurde dem Beschwerdeführer im Spruchteil nach § 44 a lit. a VStG 1950 unter Konkretisierung des Verhaltens des Beschwerdeführers nach der objektiven Tatseite vorgeworfen, die Jagd auf Schalenwild zur Nachtzeit ausgeübt zu haben und Schalenwild in der Zeit der Wildfütterung in der Nähe der Futterstelle beschossen zu haben, d.h. es wurde ihm, ohne Feststellung vorsätzlichen Handelns die Vollendung der betreffenden Verwaltungsübertretungen zur Last gelegt. Im Spruchteil nach § 44 a lit. b VStG 1950 wurde die Angabe der verletzten Verwaltungsvorschrift jedoch mit der Anführung des den Versuch betreffenden § 8 VStG 1950 verbunden. Der angefochtene Bescheid, mit dem dieser Schuldspruch im Verwaltungsrechtszug bestätigt wurde, leidet daher an Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den geltend gemachten Schriftsatzaufwand, soweit er über die Pauschalierung hinausgeht, und nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.

Wien, am 20. September 1989

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