VwGH 87/01/0186

VwGH87/01/018622.2.1989

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Hoffmann, Dr. Herberth, Dr. Kremla und Dr. Steiner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hadaier, über die Beschwerde des HK in E, vertreten durch DDr. Rolf R. Schlegl, Rechtsanwalt in Ebensee, Hauptstraße 21, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich von 16. Juni 1987, Zl. Wa-112/3/87, betreffend Entziehung einer Waffenbesitzkarte, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §59 Abs1;
AVG §62 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
WaffG 1986 §20 Abs1;
WaffG 1986 §6 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1989:1987010186.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 17. Februar 1987 "gemäß § 66 Abs. 4" in Verbindung mit § 20 Abs. 1 und § 6 Abs. 1 Z. 1 und 2 Waffengesetz 1986, BGBl. Nr. 443, keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. Mit diesem war gemäß § 20 Abs. 1 und § 6 Abs. 1 Waffengesetz dem Beschwerdeführer die ihm von der Bezirkshauptmannschaft Gmunden am 24. Februar 1975 ausgestellte Waffenbesitzkarte für drei Faustfeuerwaffen entzogen und verfügt worden, die Waffenbesitzkarte spätestens zwei Wochen nach Rechtskraft bei der Behörde abzugeben.

Während die Verwaltungsbehörde erster Instanz ihren Bescheid darauf gegründet hatte, daß der Beschwerdeführer mit Urteil des Kreisgerichtes Wels als Geschworenengericht vom 14. November 1986 (vgl. OZl. 43 der Verwaltungsakten) schuldig erkannt worden sei, am 21. September 1985 in E fahrlässig eine verbotene Waffe, nämlich eine Stahlrute unbefugt besessen und zu einem unbekannten Zeitpunkt vor dem 21. September 1985 Kriegsmaterial, nämlich den Lauf für ein italienisches MG Breda unbefugt erworben und besessen zu haben, stützte sich die belangte Behörde u.a. auf folgenden Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer lebe zusammen mit seiner Gattin und zwei damals 10 bzw. 11 Jahre alten Kindern und habe eine große Anzahl von Waffen und Munition angesammelt. Dreiviertel der mehrere hundert Schuß umfassenden Pistolenmunition vom Kaliber 45 bzw. 9 mm habe er in einer Munitionskiste aus Blech in einem unversperrten Schrank im versperrten zweiten Wohnzimmer aufbewahrt, zu dem nach den eigenen Angaben des Beschwerdeführers seine Familienangehörigen und somit auch die Kinder Zutritt gehabt hätten, und zwar auch bei Abwesenheit des Beschwerdeführers. Ein Teil der Munition sei in unversperrten Laden des Wohnzimmerschrankes im Parterre frei zugänglich gelagert gewesen. Am 21. September 1985 habe ein Erhebungsbeamter festgestellt, daß am Waffenschrank, in dem sich u.a. fünf Gewehre befunden hätten, der Schlüssel gesteckt sei (vgl. OZl. 58 der Verwaltungsakten). Der Beschwerdeführer selbst habe dies in seiner Stellungnahme vom 9. Mai 1987 (vgl. OZl. 61 der Verwaltungsakten) ausdrücklich als möglich bezeichnet.

Die belangte Behörde vertrat dazu in rechtlicher Sicht die Auffassung, daß der Umfang der Waffensammlung sowie die Anwesenheit zweier Kinder im selben Haushalt den Beschwerdeführer zur erhöhter Sorgfalt bei der Verwahrung von Waffen und Munition veranlassen hätten müssen. Den beiden Kindern gegenüber sei eine ausreichende Sicherung von Waffen und Munition gegen unbefugten Zugriff nicht gegeben gewesen. Da der Schutzzweck des Waffengesetzes auch in der Verhütung von Unfällen liege, wie sie immer wieder durch mit Waffen und Munition spielende Kinder erfolgten, sei bei Anlegung des gebotenen strengen Maßstabes die waffenrechtliche Verläßlichkeit des Beschwerdeführers nicht mehr gegeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinen Rechten nach "§§ 37 ff AVG, § 20 Abs. 1 und § 6 Abs. 1 Z. 1 und 2 Waffengesetz", also erkennbar in seinem Recht darauf, daß ihm seine Waffenbesitzkarte nicht entzogen wird, verletzt.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 20 Abs. 1 Waffengesetz hat die Behörde spätestens alle fünf Jahre die Verläßlichkeit des Inhabers eines Waffenpasses oder einer Waffenbesitzkarte zu überprüfen. Ergibt sich hiebei oder aus anderem Anlaß, daß er nicht mehr verläßlich ist, so hat die Behörde diese Urkunden zu entziehen.

§ 6 Abs. 1 leg. cit. normiert, daß eine Person als verläßlich im Sinne dieses Bundesgesetzes anzusehen ist, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie 1.) Waffen nicht mißbräuchlich oder leichtfertig verwenden wird; 2.) mit Waffen vorsichtig und sachgemäß umgehen und diese sorgfältig verwahren wird ...

Gemäß § 59 Abs. 1 AVG 1950 hat der Spruch die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteianträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen ...

Die letztzitierte Gesetzesstelle gilt gemäß § 67 AVG 1950 auch für die Bescheide der Berufungsbehörde.

Gemäß § 66 Abs. 4 leg. cit. hat die Berufungsbehörde außer dem im Abs. 2 erwähnten Fall, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochten Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

In Ausführung des Beschwerdegrundes der inhaltlichen Rechtswidrigkeit rügt der Beschwerdeführer zunächst, daß sich die belangte Behörde auf "§ 66 Abs. 4" Waffengesetz gestützt habe, eine gar nicht existente Gesetzesstelle. Der Beschwerdeführer übersieht dabei, daß die belangte Behörde im Wege der Zitierung des "§ 66 Abs. 4" ganz offenbar und unzweifelhaft die entsprechende Gesetzesstelle des AVG 1950 gemeint hat, was ihrem Bescheid angesichts der hg. Judikatur (vgl. Ringhofer, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I, ENr. 34 und 36 zu § 59 AVG bzw. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens3, ENr. 2 und 3 zu § 59 Abs. 1 AVG) nicht zu schaden vermag, weil jedenfalls zu erkennen ist, auf welche Gesetzesstelle der Bescheid sich damit gestützt hat. In der fehlerhaft unvollständigen Zitierung ist somit die behauptete inhaltliche Rechtswidrigkeit nicht gelegen.

Insoweit der Beschwerdeführer in seiner Rechtsrüge des weiteren darzutun sucht, die belangte Behörde habe zu Unrecht seine waffenrechtliche Verläßlichkeit verneint, ist ihm entgegenzuhalten, daß er nicht einmal in der Beschwerde den oben auszugsweise wiedergegebenen, von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt bestreitet. Danach konnte die belangte Behörde aber allein schon wegen der mangelhaften Verwahrung von Waffen und Munition im Zusammenhang damit, daß zwei Kinder von damals 10 und 11 Jahren im Haushalt des Beschwerdeführers lebten und auch in seiner Abwesenheit zu Waffen und Munition Zugang hatten, frei von Rechtsirrtum im Einklang mit der hg. Judikatur die weitere waffenrechtliche Verläßlichkeit des Beschwerdeführers verneinen. Der Verwaltungsgerichtshof hat dies nämlich in einer Reihe von durchaus ähnlich gelagerten Fällen unter Hinweis auf den anzulegenden strengen Maßstab wiederholt so ausgesprochen (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 11. Februar 1987, Zl. 86/01/0218, vom 17. September 1986, Zl. 85/01/0055, vom 28. März 1985, Zl. 85/01/0072, und vom 17. März 1982, Zl. 01/1270/80, worauf gemäß § 43 Abs. 2 VwGG in Verbindung mit Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen wird).

Damit erübrigt sich aber ein Eingehen auf die weiteren Beschwerdeausführungen, die einen Verfahrensmangel im Zusammenhang mit anderen, von der belangten Behörde ihrer Entscheidung zu Grunde gelegten Verhaltensweisen des Beschwerdeführers (unsachgemäßes und unvorsichtiges Umgehen mit Waffen, Schießen in einer Schottergrube bzw. vom Balkon des Wohnhauses) darzutun versuchen, weil es auf dieses Verhalten des Beschwerdeführers gar nicht mehr entscheidend ankommt. Auch die von der Behörde erster Instanz zu Recht herangezogene Verurteilung des Beschwerdeführers wegen des Besitzes von verbotenen Waffen bzw. des Erwerbs und Besitzes von Kriegsmaterial (vgl. dazu z.B. die hg. Erkenntnisse vom 14. März 1984, Zl. 84/01/0038, vom 27. April 1983, Zl. 83/01/0123, bzw. vom heutigen Tag, Zl. 89/01/0027) brauchte die belangte Behörde zur Begründung ihres Bescheides damit nicht weiter heranzuziehen.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am 22. Februar 1989

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