VwGH 88/18/0317

VwGH88/18/031728.10.1988

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Präsident Dr. Petrik und die Hofräte Dr. Degischer und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hollinger, über die Beschwerde des EW in W, vertreten durch Dr. Walter Jahnel, Rechtsanwalt in Wels, Ringstraße 6, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 27. Mai 1988, Zl. VerkR-7495/2-1988-II/Fra, betreffend Übertretungen des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §45 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §46;
KDV 1967 §4 Abs4;
KFG 1967 §1 Abs1;
KFG 1967 §102 Abs1 Satz3;
KFG 1967 §102 Abs1;
KFG 1967 §27 Abs2;
KFG 1967 §49 Abs6;
KFG 1967 §64 Abs1;
VStG §25 Abs1;
VStG §44a lita;
VStG §44a litb;
VStG §44a Z1 impl;
VStG §44a Z2 impl;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1988:1988180317.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird, insoweit der Beschwerdeführer

a) einer Verwaltungsübertretung nach § 102 Abs. 1 KFG 1967 in Verbindung mit § 4 Abs. 4 der KDV sowie b) einer Verwaltungsübertretung des § 102 Abs. 1 in Verbindung mit § 27 Abs. 2 KFG 1967 für schuldig befunden und hiefür bestraft worden ist, einschließlich des diesbezüglichen Ausspruches über die Kosten des Strafverfahrens zu a) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und zu b) wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben; im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.270,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 27. Mai 1988 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, am 25. März 1987 um

16.12 Uhr "den Lkw mit dem Wechselkennzeichen ... in Wels, vom Hause Dr. Groß Straße 40 bis zum Hause Reitschulgasse 3 gelenkt" zu haben, "1) ohne im Besitz einer für diese Gruppe gültigen Lenkerberechtigung zu sein, 2) obwohl am Lkw die dafür vorgesehenen Wechselkennzeichen nicht angebracht waren, 3) obwohl die Reifen nicht mehr die gesetzliche Mindestprofiltiefe (bei einigen Reifen fehlten Teile des Profiles) sowie mit freiem Auge sichtbare bis zum Unterbau des Reifens reichende Risse aufwiesen (bei einigen Reifen waren Schnitte in der Seitenwand vorhanden oder es kam das Gewebe des Reifens zum Vorschein), 4) obwohl der Lkw ein Eigengewicht von mehr als 3500 kg hatte, kein

ordnungsgemäßes Schaublatt eingelegt war, ... 6) sich vor Antritt

der Fahrt nicht in zumutbarer Weise überzeugt hat, ob das Kraftfahrzeug den gesetzlichen Vorschriften entspricht, da am Lkw auf der linken Seite die Firmenaufschrift nicht vorhanden war,

7) den Zulassungsschein nicht mitgeführt, bzw. den Organen der Straßenaufsicht auf Verlangen nicht ausgehändigt", und "8) während der Fahrt keine geeignete Warnvorrichtung mitgeführt". Der Beschwerdeführer habe dadurch Verwaltungsübertretungen zu 1) nach § 64 Abs. 1 KFG 1967, zu 2) nach § 102 Abs. 1 in Verbindung mit § 49 Abs. 6 leg. cit., zu 3) nach § 102 Abs. 1 leg. cit. in Verbindung mit § 4 Abs. 4 KDV, zu 4) nach § 102 Abs. 1 dritter Satz KFG 1967, zu 6) nach § 102 Abs. 1 in Verbindung mit § 27 Abs. 2 leg. cit., zu 7) nach § 102 Abs. 5 lit. b leg. cit. und zu

8) nach § 103 Abs. 10 lit. b KFG 1967, begangen, weshalb über ihn Geld- und Ersatzarreststrafen verhängt worden sind.

 

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Zur Übertretung des § 64 Abs. 1 KFG 1967:

Der Beschwerdeführer bestreitet, das in Rede stehende Kfz zur Tatzeit am Tatort gelenkt zu haben und wendet sich damit gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde.

Gemäß § 45 Abs. 2 AVG 1950 (§ 24 VStG 1950) hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Zufolge § 46 AVG 1950 (§ 24 VStG 1950) kommt als Beweismittel alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) steht dem Gerichtshof eine Kontrolle der Beweiswürdigung nur insoweit zu, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, also den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen, nicht aber, ob der Akt der Beweiswürdigung in dem Sinne richtig ist, daß z.B. eine den Beschwerdeführer belastende und nicht dessen Verantwortung den Tatsachen entspricht.

Es ist dem Beschwerdeführer zwar zuzugestehen, daß ihn die Gendarmeriebeamten nicht beim Lenken des Fahrzeuges beobachtet haben, doch hat der Beschwerdeführer entsprechend den Ausführungen in der Anzeige sowie in der Stellungnahme des Meldungslegers vom 25. August 1967 beiden Beamten gegenüber zugegeben, den Lkw "vom Haus Dr. Groß Straße Nr. 40 bis zur Firma B gelenkt" zu. haben. Außerdem geht sowohl aus der Anzeige als auch aus der erwähnten Stellungnahme des Meldungslegers hervor, daß der Filialleiter der Firma B dem Meldungsleger gegenüber fernmündlich bestätigt hat, daß der Beschwerdeführer den Lkw zur Tatzeit "auf das Firmengelände der Firma B gelenkt" hat. Der Gerichtshof sieht im Unterbleiben der entsprechend dem hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1978, Slg. N.F. Nr. 9602/A, an sich gebotenen zeugenschaftlichen Vernehmung der beiden Gendarmeriebeamten keinen zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führenden Verfahrensmangel, weil sich der Beschwerdeführer während des Verwaltungsstrafverfahrens nicht widerspruchsfrei verantwortet hat, da er zunächst das Lenken des Fahrzeuges zugegeben und erstmals anläßlich seiner Vernehmung als Beschuldigter behauptet hat, einen "deutschen Staatsbürger ersucht" zu haben, "den Lkw zur Firma B zu lenken", ohne allerdings jemals dessen Namen genannt zu haben. Unter diesen Umständen kann der belangten Behörde im Rahmen der dem Gerichtshof entsprechend der dargestellten Rechtsprechung zustehenden beschränkten Prüfungsbefugnis nicht entgegengetreten werden, wenn sie sich zur Begründung der Beweiswürdigung einerseits darauf berufen hat, daß nach allgemeiner Lebenserfahrung eine kurz nach einem Vorfall abgegebene Rechtfertigung eher der Wahrheit entspricht als eine einige Zeit danach abgegebene Erklärung, und andererseits darauf hingewiesen hat, daß "durch eine vorsätzlich falsche Anzeige die Sicherheitswachebeamten die Amtspflicht nach dem 22. Abschnitt des Besonderen Teiles des StGB verletzt würde, während der Beschuldigte im Verwaltungsstrafverfahren dadurch, daß er sich bei seiner Anhörung ohne förmliche Vernehmung nicht an die Wahrheit hält, keinerlei Rechtsnachteil zu befürchten hat".

Wenn der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt des Konkretisierungsgebotes des § 44 a lit. a VStG 1950 eine unrichtige Angabe der Tatzeit releviert, so ist ihm zu erwidern, daß dieser Vorschrift dann entsprochen ist, wenn a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Nach diesen, aber auch nur nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch eines Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit dem § 44 a lit. a VStG 1950 genügt oder nicht, mithin, ob die erfolgte Tatort- und Tatzeitangabe im konkreten Fall das Straferkenntnis als rechtmäßig oder als rechtswidrig erscheinen läßt (siehe auch dazu das schon erwähnte hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985).

Wenngleich sich aus der Anzeige ergibt, daß der Beschwerdeführer das in Rede stehende Fahrzeug wohl schon einige Minuten vor der in der Tatumschreibung des angefochtenen Bescheides angeführten Uhrzeit auf der angegebenen Strecke gelenkt haben muß, so bedeutet dies nicht, daß der Beschwerdeführer deshalb etwa in seinen Verteidigungsrechten in bezug auf die ihm im vorliegenden Fall angelastete Verwaltungsübertretung beeinträchtigt wäre oder gar die Gefahr der Doppelbestrafung bestünde, zumal der Beschwerdeführer selbst keine derartigen Befürchtungen geäußert hat. Der Gerichtshof sieht daher in der der belangten Behörde unterlaufenen Ungenauigkeit bei der Angabe der Tatzeit unter den gegebenen Umständen keinen eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des diesbezüglichen Teiles des Schuldspruches begründenden Mangel. Die Beschwerde wegen der in Rede stehenden Übertretung ist sohin unbegründet.

Zur Übertretung des § 102 Abs. 1 in Verbindung mit § 49 Abs. 6 KFG 1967:

Im Zusammenhang mit dieser Übertretung macht der Beschwerdeführer im wesentlichen geltend, es stelle sich die Frage, ob im Fall einer zwecks Durchführung einer Reparatur erfolgenden Überstellung eines Kfz. zum unmittelbaren Nachbarn tatsächlich die Montage der Wechselkennzeichen erforderlich sei.

Zu diesem Vorbringen ist zu bemerken, daß die Bestimmungen des KFG 1967 zufolge dessen § 1 Abs. 1 auf Kraftfahrzeuge und Anhänger anzuwenden sind, die auf Straßen mit öffentlichem Verkehr verwendet werden, sofern im Abs. 2 nichts anderes festgesetzt ist. Da sich der Beschwerdeführer auf keine der Ausnahmen dieses Absatzes berufen kann, muß davon ausgegangen werden, daß an dem von ihm gelenkten Lkw zufolge § 49 Abs. 6 leg. cit. vorne und hinten die vorgesehene Kennzeichentafel mit dem für das Kfz zugewiesenen Kennzeichen angebracht sein mußte, zumal kein Zweifel besteht, daß es sich bei der vom Beschwerdeführer mit diesem Fahrzeug befahrenen Strecke, mag sie auch nur wenige hundert Meter betragen haben, um eine Straße mit öffentlichem Verkehr gehandelt hat. Mit dem erwähnten Argument vermag der Beschwerdeführer daher keine Rechtswidrigkeit des diesbezüglichen Teiles des Schuldspruches des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Zur Übertretung des § 102 Abs. 1 KFG 1967 in Verbindung mit § 4 Abs. 4 der KDV:

Wie schon in der vorstehenden Sachverhaltsdarstellung ausgeführt worden ist, wurde der Beschwerdeführer unter Punkt 3) des Schuldspruches des angefochtenen Bescheides wegen Übertretung des § 102 Abs. 1 KFG 1967 in Verbindung mit § 4 Abs. 4 KDV

bestraft, weil er zur Tatzeit am Tatort "den Lkw ... gelenkt hat,

obwohl die Reifen nicht mehr die gesetzliche Mindestprofiltiefe (bei einigen Reifen fehlten Teile des Profiles) sowie mit freiem Auge sichtbare bis zum Unterbau des Reifens reichende Risse aufwiesen (bei einigen Reifen waren Schnitte in der Seitenwand vorhanden oder es kam das Gewerbe des Reifens zum Vorschein)".

Den dieser Übertretung gewidmeten Ausführungen in der Gendarmerieanzeige ist Nachstehendes zu entnehmen: "Die auf dem Lkw montierten Reifen (insgesamt acht Stück) wiesen erhebliche Beschädigungen auf. Bei einigen Reifen fehlten Teile des Profiles, bei anderen waren Schnitte in der Seitenwand oder es kam das Gewebe des Reifens zum Vorschein. Die Reifenmarke bzw. die Reifennummer konnte wegen der Abnützung und des desolaten Zustandes nicht mehr abgelesen werden." In der Stellungnahme des Meldungslegers vom 25. August 1987 wurde zu diesem Thema unter Bezugnahme auf eine vom Meldungsleger am 2. Juni 1987 vorgenommene Besichtigung des in Rede stehenden Fahrzeuges ergänzend ausgeführt, es sei "auf Grund der Beschädigungen der beiden Vorderreifen festgestellt" worden, "daß es sich noch immer um die gleichen Reifen handelt, die schon am 25. 3. 1987 beanstandet worden waren. EW gab an, daß die beiden Reifen noch nicht durch andere ersetzt worden waren. Vom VUK wurden von den beiden Vorderreifen Lichtbilder angefertigt. Auf diesen Lichtbildern sind die ärgsten Beschädigungen mittels weißer Kreide gekennzeichnet. Die Reifen der beiden Hinterachsen waren ausgewechselt worden und entsprachen den gesetzlichen Bestimmungen. Die Beschädigungen sind auf den beiden Lichtbildern 2 - 4 zu erkennen."

Unter diesen Umständen kann nun nicht davon ausgegangen werden, daß, wie im Schuldspruch ausgeführt, "die Reifen", also alle acht in der Anzeige erwähnten, auf dem vom Beschwerdeführer gelenkten Lkw montierten Reifen "nicht mehr die gesetzliche

Mindestprofiltiefe ... aufwiesen". Eine derartige Annahme wäre auf

Grund der geschilderten Angaben des Meldungslegers nur in bezug auf jene Reifen gerechtfertigt gewesen, bei denen "Teile des Profiles fehlten", da bei Fehlen des Profiles zwangsläufig die vorgeschriebene Mindestprofiltiefe unterschritten wird, was aber nicht bei allen, sondern nur bei "einigen" Reifen der Fall gewesen ist. Der diesbezügliche Teil des Schuldspruches wegen der in Rede stehenden Übertretung ist daher ebenso aktenwidrig, wie der

Vorwurf, daß "die Reifen ... mit freiem Auge sichtbare bis zum

Unterbau des Reifens reichende Risse aufwiesen", weil derartige Mängel entsprechend den Feststellungen der Gendarmerie ebenfalls nicht bei allen Reifen festgestellt worden sind. Im übrigen fällt auf, daß die der Stellungnahme des Meldungslegers vom 25. August 1987 angeschlossenen Lichtbilder, welche nur den rechten, nicht aber auch den linken Vorderreifen des Lkws darstellen, zwar jeweils einen Riß an diesem Reifen, aber keinen Schnitt in der Seitenwand des Reifens erkennen lassen.

Der Schuldspruch wegen der vorliegenden Übertretung war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a VwGG aufzuheben, wobei der Vollständigkeit halber nicht unerwähnt bleiben soll, daß der Gerichtshof ungeachtet des Fehlens der Umschreibung der Art des Fahrzeuges in diesem Spruchteil keinen Verstoß gegen das Konkretisierungsgebot des § 44 a lit. a VStG 1950 annimmt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 1986, Zl. 86/18/0176, und die darin zitierte Vorjudikatur), weil sich aus dem Punkt 4) des Schuldspruches des angefochtenen Bescheides ergibt, daß der in Rede stehende Lkw "ein Eigengewicht von mehr als 3500 kg hatte", womit klargestellt ist, daß es sich dabei um ein Kraftfahrzeug mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3500 kg im Sinne des § 4 Abs. 4 KDV gehandelt hat.

Zur Übertretung des § 102 Abs. 1 dritter Satz KFG 1967:

Gegen die Bestrafung wegen dieser Übertretung wendet sich der Beschwerdeführer mit dem Argument, in der erwähnten gesetzlichen Bestimmung sei von "Fahrten" die Rede, es werde also die Mehrzahl verwendet; im übrigen sei das Fahrzeug "von vornherein abgestellt" gewesen und sollte bei der "Firma B zu Zwecken einer Reparatur ebenfalls abgestellt bleiben". Es habe also keine Absicht bestanden, Fahrten durchzuführen.

Entsprechend den vorstehenden Ausführungen hat der Beschwerdeführer das Fahrzeug auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gelenkt, weshalb er entsprechend der zitierten kraftfahrrechtlichen Vorschrift dafür zu sorgen hatte, daß im Fahrtschreiber ein geeignetes, ordnungsgemäß ausgefülltes Schaublatt eingelegt ist. In Ermangelung irgendwelcher Ausnahmeregelungen kann auch nicht davon ausgegangen werden, daß diese Bestimmung nicht bei jeder einzelnen Fahrt einzuhalten ist, also etwa bei den wegen einer Reparatur des Fahrzeuges erforderlichen Fahrten, mögen sich auch auf einer noch so kurzen Strecke einer Straße mit öffentlichem Verkehr stattfinden, nicht gelten soll.

Zur Übertretung des § 102 Abs. 1 in Verbindung mit § 27 Abs. 2 KFG 1967:

Im Zusammenhang mit dieser Übertretung weist der Beschwerdeführer mit Recht darauf hin, daß das Fehlen der Firmenaufschrift auf der linken Seite des Fahrzeuges nicht gegen § 27 Abs. 2 KFG 1967 verstößt. Nach dieser Bestimmung müssen nämlich an Omnibussen, Lastkraftwagen und Zugmaschinen und an Anhängern außer Wohnanhängern an der rechten Außenseite vollständig sichtbar und dauernd gut lesbar und unverwischbar das Eigengewicht, das höchste zulässige Gesamtgewicht, die höchsten zulässigen Achslasten bei Lastkraftwagen und Anhängern, außerdem die höchste zulässige Nutzlast angeschrieben sein. Unter diese Vorschrift läßt sich daher die dem Beschwerdeführer vorgeworfene Übertretung, wonach er sich vor Antritt der Fahrt nicht in zumutbarer Weise überzeugt habe, ob das Kfz den gesetzlichen Vorschriften entspricht, "da am Lkw auf der linken Seite die Firmenaufschrift nicht vorhanden war", nicht subsumieren, weshalb in dieser Beziehung eine den Schuldspruch des angefochtenen Bescheides wegen eines Verstoßes gegen § 44 a lit. b VStG 1950 belastende Rechtswidrigkeit des Inhaltes vorliegt, die zur Aufhebung dieses Teiles des Schuldspruches führen muß.

Wenn die belangte Behörde in der Gegenschrift die Auffassung vertritt, ein Fahrzeuglenker, der ein Kfz in Betrieb nehme, ohne sich in zumutbarer Weise davon überzeugt zu haben, daß die Firmenaufschrift am Kfz angebracht ist, verstoße gegen § 102 Abs. 1 in Verbindung mit § 27 Abs. 2 KFG 1967, weil eine andere Auslegung zu dem Ergebnis führen würde, daß ein Kfz-Lenker zwar verpflichtet sei, sich vor Inbetriebnahme eines Kfz in zumutbarer Weise davon zu überzeugen, daß die Gewichtsangaben gemäß § 27 Abs. 2 KFG 1967 angeschrieben sind, nicht jedoch die Anschriften gemäß § 103 Abs. 5 KFG 1967, so muß ihr entgegengehalten werden, daß sich die Verpflichtung zum Anschreiben der ",Firmenaufschrift" jedenfalls weder unmittelbar aus § 102 Abs. 1 noch aus §27 Abs. 2 leg. cit. ableiten läßt, weshalb dem Beschwerdeführer nicht vorgeworfen werden durfte, diese Bestimmungen im Sinne des § 44 a lit. b VStG 1950 verletzt zu haben. Warum ein Fahrzeuglenker im Falle der Richtigkeit der von der belangten Behörde vertretenen Auffassung nicht verpflichtet sein soll, sich davon zu überzeugen, daß das Fahrzeug die Anschriften im Sinne des § 103 Abs. 5 leg. cit. aufweist, bleibt angesichts der klaren Regelungen des § 102 Abs. 1 in Verbindung mit § 103 Abs. 5 leg. cit. unerfindlich.

Der angefochtene Bescheid war daher hinsichtlich der dem Beschwerdeführer unter Punkt 6) des Schuldspruches zur Last gelegten Übertretung gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Zu den Übertretungen einerseits des § 102 Abs. 5 lit. b und andererseits des § 103 Abs. 10 lit. b KFG 1967:

Da der Beschwerdeführer hinsichtlich dieser Übertretungen lediglich auf seine Ausführungen zu den Übertretungen des § 102 Abs. 1 in Verbindung mit § 49 Abs. 6 KFG 1967 und andererseits des § 102 Abs. 1 dritter Satz leg. cit. Bezug nimmt, genügt der Hinweis auf die dazu angestellten Erwägungen des Gerichtshofes, aus denen sich ergibt, daß der Beschwerdeführer damit keine Rechtswidrigkeit aufzuzeigen vermochte.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, daß der angefochtene Bescheid hinsichtlich der Übertretung des § 102 Abs. 1 KFG 1967 in Verbindung mit § 4 Abs. 4 KDV gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a VwGG und hinsichtlich der Übertretung des § 102 Abs. 1 in Verbindung mit § 27 Abs. 2 KFG 1967 gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, im übrigen aber die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 leg. cit. als unbegründet abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 2 sowie § 50 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am 28. Oktober 1988

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte