VwGH 88/18/0067

VwGH88/18/006725.4.1988

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Präsidentin Dr. Petrik und die Hofräte Dr. Pichler und Dr. Domittner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Böhler, über die Beschwerde des HA in B, vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in Bregenz, Kirchstraße 2, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 15. Oktober 1987, Zl. IVb-79-14/1987, betreffend Übertretung des Bazillenausscheidergesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §58 Abs2;
AVG §67;
BazillenausscheiderG §1;
BazillenausscheiderG §3;
BazillenausscheiderGDV 01te §1;
BazillenausscheiderGDV 01te §2;
BazillenausscheiderGDV 01te §3;
B-VG Art10 Abs1 Z8;
GewO 1973 §370 Abs2;
GewO 1973 §375 Abs1;
GewO 1973 §87 Abs1 Z2 lita;
VStG §24;
VStG §9;
VwGG §42 Abs2 litc Z3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc impl;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Mit dem gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 (§ 24 VStG 1950) ergangenen Berufungsbescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 15. Oktober 1987 wurde der Beschwerdeführer im Instanzenzug unter anderem schuldig erkannt, er habe, wie anläßlich einer Überprüfung durch den Gendarmerieposten Bludenz am 2. November 1986 um 0.30 Uhr festgestellt worden sei, als verantwortlicher Geschäftsführer "bzw." satzungsgemäß nach außen vertretungsbefugtes Organ der Firma "M Gesellschaft m.b.H.", B, im Kaffee "M" in B, die Ausländerin JI "mit" der Erzeugung, Herstellung und Abgabe von zum unmittelbar menschlichen Genuß dienenden Nahrungsmitteln verwendet, obwohl diese nicht vom zuständigen Amtsarzt nach dem Bazillenausscheidergesetz untersucht worden sei. Er habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 9 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 des Bazillenausscheidergesetzes, StGBl. Nr. 153/1945, in der geltenden Fassung begangen; gemäß § 9 Bazillenausscheidergesetz wurde eine Geldstrafe von S 500,-- (Ersatzarreststrafe 30 Stunden) verhängt. In der Bescheidbegründung wurde unter anderem ausgeführt, es sei wegen der vorliegenden Verwaltungsübertretung nicht nach dem "gewerberechtlich verantwortlichen Geschäftsführer" im Sinne der §§ 39, 370 GewO 1973 zu suchen, da das Bazillenausscheidergesetz keine gewerberechtliche Vorschrift im Sinne des Kompetenzartikels Art. 10 Abs. 1 Z. 8 B-VG "Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie" sei. Daher sei die Ansicht des Beschwerdeführers, die Behörde möge sich an den gewerberechtlichen Geschäftsführer MD halten, unbegründet. Im übrigen werde auf die Begründung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses verwiesen. In dieser erstinstanzlichen Begründung wurde unter anderem festgestellt, MD sei vom 31. Dezember 1985 bis 9. Dezember 1986 gewerberechtlich verantwortlich für das Kaffeehaus "M" gewesen. Der Beschwerdeführer sei jedoch mit der Führung des Geschäftes beauftragt und der verantwortliche Gastwirt gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde hat die Rechtsfrage frei von Rechtsirrtum gelöst.

Im Erkenntnis vom 18. April 1974, Slg. N.F. Nr. 8596/A, wurde ausgesprochen und im einzelnen begründet, daß es sich beim Bazillenausscheidergesetz um Bestimmungen sanitätspolizeilicher Natur handle, daß für die Einhaltung seiner Bestimmungen bei Gesellschaften das gemäß § 9 VStG 1950 zur Vertretung nach außen berufene Organ verantwortlich ist und nicht der gewerberechtlich bestellte Geschäftsführer. Diese Rechtsansicht wurde auch in anderen Erkenntnissen vertreten, so z.B. in jenem vom 19. Februar 1986, Slg. N.F. Nr. 12.031/A. Daß der gewerberechtliche Geschäftsführer im Sinne des § 370 GewO 1973 nur für die Einhaltung gewerberechtlicher Vorschriften verantwortlich ist und daß unter diesen auch bei weiter Auslegung nur Regelungen zu verstehen sind, die auf dem Kompetenztatbestand "Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie" im Art. 10 Abs. 1 Z. 8 B-VG fußen, hat z.B. das Erkenntnis vom 23. September 1983, Slg. N.F. Nr. 11.160/A, in Übereinstimmung mit der Lehre (Mache-Kinscher, Die Gewerbeordnung5, Anmerkung 2 zu § 370) ausgesprochen. Die Behauptung der Beschwerde, das Bazillenausscheidergesetz sehe die "Mitwirkung des obersten Organes in Gewerbeangelegenheiten, des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten" vor, ist unrichtig: Nach dem die Vollzugsklausel enthaltenden § 11 leg. cit. war mit der Vollziehung dieses Gesetzes das Bundesministerium für soziale Verwaltung im Einvernehmen mit den Bundesministerien für Verkehr und Elektrizitätswirtschaft, Handel und Wiederaufbau, Inneres sowie für Land- und Forstwirtschaft betraut. Nach der heutigen Kompetenzverteilung gehört das Bazillenausscheidergesetz zur Materie der Überwachung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten (vgl. Walter-Mayer, Grundriß des besonderen Verwaltungsrechts2, Seite 554); diese Materie gehört nach dem Teil 2 der Anlage zum Bundesministeriengesetz in der Fassung BGBl. Nr. 78/1987, A Z. 13, zu den Angelegenheiten des Gesundheitswesens, somit zum Zuständigkeitsbereich des Bundesministers für Gesundheit und öffentlichen Dienst.

Aber auch die Verfahrensrüge der Beschwerde ist nicht gerechtfertigt.

Die von der Beschwerde gerügten "apodiktischen Behauptungen" über die Rechtslage sind durchaus nachvollziehbar, da sie durch Zitate aus Lehre und Rechtsprechung erläutert werden.

Es war auch nicht rechtswidrig, daß sich der angefochtene Bescheid zum Teil auf die erstinstanzliche Begründung berief. Der Begründungspflicht wird nämlich durch die Oberbehörde, die auf die Begründung der Unterinstanz verweist, dann entsprochen, wenn diese Begründung auf alle in dem Rechtsmittel vorgebrachten Tatsachen und Rechtsausführungen eingegangen ist und der Oberinstanz keine durch die Begründung der Unterinstanz offengelassene Frage vorgelegt wurde (Erkenntnis vom 17. November 1966, Zl. 1111/66). Nun wurde in der Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis keineswegs bestritten, daß der Beschwerdeführer nach seinen eigenen Angaben in erster Instanz geschäftsführender Gesellschafter der "M" Gesellschaft m.b.H. sei - welche Tatsache auch durch den von der belangten Behörde beigeschafften Handelsregisterauszug untermauert wurde -, sondern nur behauptet, die Behörde dürfe sich nicht an den Beschwerdeführer, sondern an den gewerberechtlichen Geschäftsführer halten. Die belangte Behörde durfte daher, was die Verantwortung nach § 9 VStG 1950 anlangt, auf den diesbezüglich unbestrittenen Feststellungen der Erstbehörde, ergänzt durch die eigenen Erhebungen (Handelsregisterauszug) aufbauen (vgl. § 18 Abs. 1 GmbHG), zumal der Beschwerdeführer sich mit Schriftsatz vom 2. Oktober 1987 geweigert hat, den von der belangten Behörde abverlangten "Geschäftsführervertrag" zwischen ihm und MD vorzulegen, und zwar unter ausdrücklicher Berufung auf seine Rechtsansicht, es könne nur der gewerberechtliche Geschäftsführer zur verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung gezogen werden.

Da es der Beschwerde somit nicht gelungen ist, die von ihr behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, soweit dieser die Übertretung nach dem Bazillenausscheidergesetz betrifft, darzutun, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 59 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.

Soweit sich die Beschwerde gegen die Bestrafung des Beschwerdeführers nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz richtet, wird über sie zur hg. Zl. 87/09/0293 entschieden werden.

Wien, am 25. April 1988

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