Normen
AVG §37;
B-VG Art12 Abs1 Z1;
B-VG Art130 Abs2;
B-VG Art135 Abs4;
B-VG Art139 Abs1;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art144 Abs3;
B-VG Art7 Abs1;
B-VG Art89 Abs2;
B-VG Art89 Abs3;
KAG 1957 §1 Abs1 litc;
KAG 1957 §2 Abs1 Z7;
KAG 1957 §3 Abs1;
KAG 1957 §8 Abs1;
KAG Tir 1957 §1 Abs1 litc;
KAG Tir 1957 §1 Abs3 litg;
KAG Tir 1957 §12 Abs1;
KAG Tir 1957 §3 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1988:1988180035.X00
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben zu gleichen Teilen dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 460,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Auf die Sachverhaltsdarstellung sowie die rechtlichen Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 27. März 1985, Zl. 85/09/0027- 5, wird hingewiesen. Nach Einlangen des aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes ergänzte die belangte Behörde das Ermittlungsverfahren, insbesondere durch Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 9. Oktober 1985. Die Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Tirol - Sektion Fremdenverkehr - erklärte mit Schreiben vom 22. Oktober 1985, daß ihrer Ansicht nach der Bedarf für das beantragte Ambulatorium gegeben sei. Der Landessanitätsrat für Tirol lehnte in seiner Sitzung vom 5. November 1985 die beantragte Errichtungsbewilligung mangels Bedarfes, mangels Präsenz eines Arztes und mangels der Eignung der Betriebsanlagen ab. Die Ärztekammer für Tirol erklärte in ihrem Schreiben vom 29. November 1985, daß die Bedarfsfrage zu verneinen sei. Ferner entsprächen "derartige" Krankenanstalten nicht den Forderungen des Tiroler Krankenanstaltengesetzes; die ärztliche Aufsicht in einer privaten Krankenanstalt setze die dauernde Präsenz eines Arztes voraus, so daß in fachlicher Hinsicht ernstliche Bedenken bestünden.
Den Beschwerdeführern wurde sodann Parteiengehör gewährt; eine Stellungnahme wurde nicht erstattet.
Mit Bescheid vom 24. November 1986 gab die Tiroler Landesregierung abermals gemäß § 3 im Zusammenhalt mit § 1 Abs. 1 und Abs. 3 lit. g und h, § 11 Abs. 3 und § 12 TirKAG dem Ansuchen der Beschwerdeführer auf Erteilung der Errichtungsbewilligung für eine private Krankenanstalt in der Rechtsform eines selbständigen Ambulatoriums zur Durchführung bestimmter Heilmethoden auf dem Gebiete der physikalischen Therapie mit der Bezeichnung "Massage-Heilzentrum" mit dem Standort in K keine Folge. In der Bescheidbegründung wurde unter anderem folgender Sachverhalt festgestellt:
Das Haus K stehe im Eigentum des Erstbeschwerdeführers. Sowohl dieser als auch seine Ehefrau, die Zweitbeschwerdeführerin, besäßen die Berechtigung zur Ausübung des Berufes eines Heilbademeisters und eines Heilmasseurs nach den Bestimmungen des Krankenpflegegesetzes. In fachlicher und charakterlicher Hinsicht bestünden gegen die Beschwerdeführer im Hinblick auf die beantragte Errichtung keine Bedenken. Der Bedarf nach einer solchen Anstalt werde von der Ärztekammer für Tirol und dem Landessanitätsrat verneint, von der Kammer der gewerblichen Wirtschaft aber bejaht. Die Tiroler Gebietskrankenkasse für Arbeiter und Angestellte habe durch ihr Verhalten, nämlich den Abschluß eines Vertrages mit den Beschwerdeführern, zu erkennen gegeben, daß sie den Bedarf für gegeben erachte. Dies nehme auch die belangte Behörde an.
Es folgt eine ins einzelne gehende Beschreibung der für die beantragte Krankenanstalt gewidmeten Räumlichkeiten samt ihren Einrichtungen. Nach dem Gutachten des sanitätspolizeilichen Sachverständigen sei der für die zwei vorgesehenen Massageliegen zur Verfügung stehende Raum in den Abmessungen zu klein und höchstens für eine Liege ausreichend. Für eine ausreichende Lüftung sei die bestehende Raumhöhe von knapp 2,50 m zu gering. Für die bestehende Badewanne wären zwei Ruheräume vorzusehen, wofür aber das vorhandene Platzangebot nicht ausreiche. Zwischen dem Naßbehandlungsraum und dem Trockenbehandlungsraum fehle eine feste Trennwand, die so anzubringen wäre, daß das bei der Wanne befindliche Fenster noch zur Gänze dem Naßraum zukomme. Der kombinierte WC- und Duschraum sei für die Durchführung der Kneippanwendungen ungeeignet. Eine feste bauliche Trennung zwischen der Dusche und dem WC mit jeweils eigenem Eingang sei erforderlich. Die derzeit zur Verfügung stehende Duschecke sei zu klein. Der als Fangoraum bezeichnete Zusatzraum sei mit einer Raumhöhe von 2,50 m zu niedrig. Aus hochbautechnischer Sicht und aus der Sicht des Arbeitsinspektorates sei die Betriebsanlage bei Einhaltung bestimmter Auflagen als geeignet anzusehen.
Als Personen stünden dem Ambulatorium die beiden Beschwerdeführer zur Verfügung. Eine Untersuchung der Patienten durch einen Arzt finde im Ambulatorium nicht statt. Der ärztliche Dienst sei derart eingerichtet, daß ärztliche Hilfe durch die über Postfunk ständig erreichbaren frei praktizierenden Ärzte Dr. K - der als ärztlicher Leiter der Anstalt vorgesehen sei - und Dr. T geleistet werden solle.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde nach Zitierung der in Frage kommenden Gesetzesbestimmungen aus, zunächst stelle sich die Frage nach der rechtlichen Qualität der beantragten Einrichtung. Der Begriff der Krankenanstalt setze eine Reihe von Komponenten, insbesondere ein beträchtliches Ausmaß an sachlicher und organisatorischer Ausstattung voraus. Diese Wesenselemente von Anstalten (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes Slg. 3296/1957) seien nicht nur in den bereits zitierten Bestimmungen des TirKAG, sondern auch in einer Reihe weiterer grundsatz- und ausführungsgesetzlicher Vorschriften enthalten, z.B. in den §§ 13a, 13c und 16 TirKAG. Im Hinblick auf die personelle Ausstattung der beantragten Einrichtung sowie im Hinblick auf das Fehlen eines Ordinationsraumes für den behandelnden Arzt sei das erforderliche "beträchtliche Ausmaß" an sachlicher und organisatorischer Ausstattung, wie es für eine Krankenanstalt erforderlich sei, nicht gegeben. Die Frage, ob ein geeigneter Arzt als ärztlicher Leiter im Sinne des § 11 Abs. 3 TirKAG vorhanden sei, sei zwar grundsätzlich erst im Betriebsbewilligungsverfahren zu prüfen, doch komme dieser Frage auch im Verfahren über die Errichtungsbewilligung Bedeutung zu, weil zu klären sei, ob die beantragte Einrichtung überhaupt als Krankenanstalt zu qualifizieren sei. Nach dem Ansuchen der Beschwerdeführer solle sich die Tätigkeit des ärztlichen Leiters auf die ärztliche Aufsicht beschränken; die Einrichtung eines ärztlichen Dienstes werde darin gesehen, daß der ärztliche Leiter oder sein Stellvertreter über Postfunk erreichbar sei. Damit sei dem § 11 Abs. 3 und dem § 12 TirKAG nicht entsprochen. Unter ärztlichem Dienst sei die Einbindung eines Arztes in den Arbeitsablauf der Krankenanstalt zu verstehen. Nur damit erhalte § 11 Abs. 3 TirKAG einen Sinn. Der Abs. 4 dieses Paragraphen unterscheide vom ärztlichen Leiter die ärztliche Aufsicht. Demnach genüge bei Genesungsheimen und Pflegeanstalten für chronisch Kranke bloße ärztliche Aufsicht (ohne Bestellung eines ärztlichen Leiters). Bei allen anderen Typen von Krankenanstalten sei aber eine ärztliche Aufsicht notwendig, somit auch in der beantragten Einrichtung der Beschwerdeführer. Daher entspreche diese in wesentlichen Punkten nicht dem Begriff einer Krankenanstalt. Aber auch in sanitätspolizeilicher Hinsicht erfülle die Einrichtung nicht die Erfordernisse, die für Behandlungsräume der beantragten Art notwendig sei. Der sanitätspolizeiliche Sachverständige habe die Anlage von ihrer Gesamtkonzeption her als ungeeignet für die Durchführung der beantragten Therapie angesehen.
Bestimmte zu erteilende Auflagen könnten wohl Mängel in hochbautechnischer Hinsicht und hinsichtlich des Arbeitsschutzes beseitigen, doch ergäben sich aus sanitätspolizeilicher Sicht derartige Mängel, die in ihrer Gesamtheit eine Genehmigung der Betriebsanlage in der beantragten Form ausschlössen. Daher seien die Erfordernisse des § 3 Abs. 1 (richtig: Abs. 2) lit. d TirKAG ebenfalls nicht gegeben.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Ferner wird der im Spruch erwähnte Abtretungsantrag gestellt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Antrag der Beschwerdeführer auf "Abtretung der Rechtssache" an den Verfassungsgerichtshof zur Normenkontrolle, insbesondere zur Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit des Tiroler Krankenanstaltengesetzes, ferner, ob die belangte Behörde den Gleichheitsgrundsatz verletzt habe, war zurückzuweisen, weil eine solche Abtretung weder im Bundesverfassungsgesetz noch im Verwaltungsgerichtshofgesetz noch im Verfassungsgerichtshofgesetz vorgesehen ist.
Der Anregung der Beschwerdeführer, ein Gesetzesprüfungsverfahren im Sinne der Art. 89 Abs. 2, 135 Abs. 4 B-VG einzuleiten, war aus nachstehenden Gründen nicht zu folgen:
Es ist nicht zu erkennen, warum die Gleichstellung der Erfordernisse von physikalisch-therapeutischen Ambulatorien mit den Erfordernissen einer allgemeinen Krankenanstalt den Gleichheitsgrundsatz verletzen soll; fehlt es doch an jeder Darlegung über die Gleichheit oder Ungleichheit einerseits des Oberbegriffes Krankenanstalt, andererseits des Unterbegriffes Ambulatorium. Der - auch an anderer Stelle der Beschwerde zum Ausdruck kommende - Wunsch, Ambulatorien im allgemeinen und das von den Beschwerdeführern beabsichtigte selbständige Ambulatorium zur Durchführung bestimmter Heilmethoden auf dem Gebiete der physikalischen Therapie im besonderen mögen von den Bestimmungen des Tiroler Krankenanstaltengesetzes ausgenommen werden, ist einerseits auf die Grundsatzbestimmungen des § 1 Abs. 1 lit. c und des § 2 Abs. 1 Z. 7 des (Bundes‑)Krankenanstaltengesetzes 1956, BGBl. Nr. 1/1957, andererseits auf § 1 Abs. 3 lit. g TirKAG zu verweisen. Der Verwaltungsgerichtshof vermag keine verfassungsgesetzlichen Grundsätze zu erkennen, die es dem einfachen Gesetzgeber verböten, Ambulatorien dem Begriff und den Anforderungen von Krankenanstalten zu unterstellen.
Für eine Unterscheidung einerseits von Krankenanstalten im eigentlichen Sinn, das seien, so die Beschwerdeführer, die im § 1 Abs. 3 lit. a bis f TirKAG genannten Einrichtungen, und andererseits von Ambulatorien, bietet das Gesetz keine Grundlage; auf eine andere Unterscheidung, nämlich in der Frage des Erfordernisses der Bestellung eines ärztlichen Leiters, hat die belangte Behörde selbst hingewiesen und zutreffend unter Berufung auf § 11 Abs. 4 TirKAG ausgeführt, daß dieses Erfordernis bei Ambulatorien sehr wohl bestehe, weil diese weder Genesungsheime noch Pflegeanstalten für chronisch Kranke seien. Auf die Behauptung, die Bestimmungen des TirKAG über Krankenanstalten seien deshalb auf Ambulatorien nicht anzuwenden, "weil dies auch gar nicht möglich" sei, war nicht einzugehen, weil es sich dabei um eine rechtsfremde Argumentation handelt. Aus demselben Grund war nicht zu erwägen, ob ein vergleichbares Ambulatorium die von der belangten Behörde aufgestellten strengen Bedingungen erfüllen könne oder nicht.
Der Verwaltungsgerichtshof versteht, diesbezüglich in Übereinstimmung mit der belangten Behörde, die Anordnung des § 12 Abs. 1 TirKAG so, daß ärztliche Hilfe in der Krankenanstalt jederzeit sofort erreichbar sein muß. Damit scheidet eine ärztliche Hilfe, die erst durch Postfunk in die Anstalt herbeigerufen werden muß, als solche im Sinne des § 12 Abs. 1 TirKAG aus.
Den Beschwerdeführern ist zuzugeben, daß sie die Errichtung eines wie oben näher umschriebenen Ambulatoriums beabsichtigen; die belangte Behörde hat ihr Begehren im wesentlichen gerade deshalb abgewiesen, weil die von den Beschwerdeführern beabsichtigte Einrichtung nicht den gesetzlichen Vorschriften für ein Ambulatorium entspricht.
Unter dem Gesichtspunkt eines Verfahrensmangels wird gerügt, der sanitätspolizeiliche Sachverständige habe keine Begründung dafür gegeben, warum eine Raumhöhe von 2,50 m zu gering sei. Dies ist aktenwidrig, weil der Sachverständige in diesem Zusammenhang auf den Mangel einer ausreichenden Lüftung hingewiesen hat. Der belangten Behörde unterlief daher kein Verfahrensmangel, wenn sie dieser Ansicht des Sachverständigen folgte.
Angebliche Mängel in anderen Krankenanstalten des Landes Tirol können keinen Grund darstellen, bei der Frage der gegenständlichen Errichtungsbewilligung vom gesetzlichen Maßstab abzuweichen.
Die ganz allgemein gebliebenen und nicht näher konkretisierten Behauptungen, die belangte Behörde erteile Bewilligungen für die Errichtung und den Betrieb anderer Ambulatorien, die ebenfalls den gesetzlichen Voraussetzungen nicht entsprächen, veranlaßt den Verwaltungsgerichtshof nicht, Nachforschungen in der Richtung anzustellen, ob die belangte Behörde allenfalls Willkür geübt hat.
Da es der Beschwerde somit nicht gelungen ist, die von ihr behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 53 Abs. 1 letzter Satz VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.
Wien, am 25. April 1988
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