VwGH 88/01/0223

VwGH88/01/02237.12.1988

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Hoffmann, Dr. Herberth, Dr. Kremla und Dr. Steiner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hadaier, über die Beschwerde der A in W, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 5. Juli 1988, Zl. SD 289/88, betreffend Entziehung einer Waffenbesitzkarte, zu Recht erkannt:

Normen

WaffG 1986 §20 Abs1
WaffG 1986 §6 Abs1 Z2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1988:1988010223.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin einer am 10. Oktober 1985 von der Bundespolizeidirektion Wien ausgestellten Waffenbesitzkarte für zwei Stück Faustfeuerwaffen. Anläßlich einer am 11. April 1987 vorgenommenen Durchsuchung der Wohnung der Beschwerdeführerin in Wien, X‑Gasse, die sie seit 7. April 1987 mit ihrem Freund PZ bewohnt, gegen den ein Waffenverbot gemäß § 12 Waffengesetz 1986 verhängt ist, wurde festgestellt, daß die Beschwerdeführerin zwei Faustfeuerwaffen samt Munition unter ihrer Bettmatratze versteckt hat. Weiters wurde ein Gewehr im Wohnzimmer abgestellt vorgefunden. Im Pkw der Beschwerdeführerin wurde eine geladene Gaspistole, ein Gummiknüppel und ein Militärmesser gefunden. Nach einem Ermittlungsverfahren hat die Bundespolizeidirektion Wien mit Bescheid vom 24. März 1988 gemäß § 20 Abs. 1 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Z. 2 und 3 Waffengesetz 1986, BGBl. Nr. 443, der Beschwerdeführerin die Waffenbesitzkarte entzogen. In der Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, die Beschwerdeführerin besitze wegen mangelnder Verwahrung von Waffen nicht mehr die in § 6 Waffengesetz 1986 geforderte Verläßlichkeit, weil ihr Freund in der nunmehr gemeinsamen Wohnung offensichtlich auch alleine aufhältig sei und zu den Waffen Zugriff habe, obwohl gegen ihn, wie der Beschwerdeführerin bekannt sein müsse, ein Waffenverbot bestehe. Der Freund der Beschwerdeführerin selbst habe bei seiner Einvernahme am 11. April 1987 angegeben, den sichergestellten Gasrevolver nach Erlassung des Waffenverbotes der Beschwerdeführerin geschenkt zu haben und mit ihr vor ca. 2 Jahren eine Lebensgemeinschaft eingegangen zu sein. Weiters habe der Freund der Beschwerdeführerin angegeben, die beiden Faustfeuerwaffen samt Munition unter der Matratze versteckt zu haben, damit diese bei einer eventuellen Hausdurchsuchung von Polizeibeamten nicht gleich gefunden werden könnten. Der Behauptung der Beschwerdeführerin, die Verwahrung der Waffen in der Wohnung lasse durchaus die gebotene Sorgfalt erkennen, sei entgegenzuhalten, daß die Gefährlichkeit von Waffen erfordere, diese so sorgfältig zu verwahren, daß sie nicht unbefugten Personen zugänglich seien, daher bilde die sorgfältige Verwahrung von Waffen ein weiteres Kriterium für die Verläßlichkeit einer Person.

Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin im wesentlichen mit der Begründung berufen, es könne von ihr nicht verlangt werden, daß sie ihren Lebensgefährten nach einem Waffenverbot befrage. Die Lebensgemeinschaft mit ihrem Freund sei kurz vor dem 11. April 1987 „aufgenommen“ worden. Vorher hätten nur lose Beziehungen bestanden. Die Beschwerdeführerin habe in ihrer früheren Wohnung im 12. Bezirk die Waffen in einem versperrbaren Schrank verwahrt gehabt. Dieser Schrank sei noch nicht übersiedelt. Schließlich beantragte die Beschwerdeführerin eine ergänzende Vernehmung ihres Lebensgefährten zum Beweis dafür, daß die Lebensgemeinschaft mit der Beschwerdeführerin unmittelbar vor dem 11. April „aufgenommen“ worden sei und der Beschwerdeführerin nicht Gründe bekannt gewesen seien, die die Annahme des Bestehens eines Waffenverbotes gegen ihren Lebensgefährten indizierten.

Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. In der Begründung führte sie im wesentlichen aus: Die Beschwerdeführerin behaupte nicht, sich vergewissert zu haben, ob ihr Lebensgefährte überhaupt eine waffenrechtliche Urkunde besitze. Sie hätte auch in Betracht ziehen müssen, daß sich jemand ungehindert zu den Waffen, die lediglich unter der Matratze ihres Doppelbettes verwahrt gewesen seien, Zutritt verschaffen hätte können. Bei entsprechender Sorgfalt hätte die Beschwerdeführerin mit einer solchen Möglichkeit rechnen müssen. Ihre Vorkehrungen zur Sicherung der Waffe seien daher ungenügend gewesen. Auch die Argumentation, sie wäre gerade im „Übersiedlungsstadium“ gewesen, gehe ins Leere, zumal es ihre Pflicht als Inhaberin einer waffenrechtlichen Urkunde gewesen wäre, die Waffe jederzeit, also auch während einer Übersiedlung, so zu verwahren, daß der Zugriff Unbefugter weitestgehend unmöglich gemacht werde, dies umsomehr in der neuen Wohnung, solange der versperrbare Schrank nicht vorhanden sei. Unter Zugrundelegung der Verhaltensweisen der Beschwerdeführerin erscheine daher die Annahme der waffenrechtlichen Verläßlichkeit, und zwar konkret die Annahme, daß sie mit Waffen vorsichtig und sachgemäß umgehen und diese sorgfältig verwahren werde, bzw. diese Waffen nicht Personen überlassen werde, die zum Besitz von Waffen nicht berechtigt seien, nicht mehr gegeben. Daß die Beschwerdeführerin vom Vorwurf einer Übertretung gemäß § 36 Waffengesetz 1986 freigesprochen worden sei, vermöge an der geforderten waffenrechtlichen Verläßlichkeit nichts zu ändern, weil das Verfahren nicht das Überlassen einer Faustfeuerwaffe, sondern deren mangelhafte Verwahrung zum Gegenstand habe. Ebenso habe die belangte Behörde keine Veranlassung gesehen, dem Antrag der Beschwerdeführerin, ihren Lebensgefährten über das Bestehen der Lebensgemeinschaft ergänzend zu vernehmen, stattzugeben, zumal die Beschwerdeführerin im Zuge der niederschriftlichen Vernehmung am 11. April 1987 vorgebracht habe, ihren jetzigen Freund bereits seit Mai 1985 zu kennen und bereits kurz nach diesem Zeitpunkt gemeinsam mit ihm in ihrer Wohnung im 12. Bezirk gewohnt zu haben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Nichtentzug ihrer Waffenbesitzkarte verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 20 Abs. 1 Waffengesetz 1986, BGBl. Nr. 443 (WaffG), hat die Behörde spätestens alle fünf Jahre die Verläßlichkeit des Inhabers eines Waffenpasses oder einer Waffenbesitzkarte zu überprüfen. Ergibt sich hiebei oder aus anderem Anlaß, daß er nicht mehr verläßlich ist, so hat die Behörde diese Urkunde zu entziehen.

Gemäß § 6 Abs. 1 Z. 2 und 3 leg. cit. ist eine Person als verläßlich im Sinne dieses Bundesgesetzes anzusehen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie mit Waffen vorsichtig und sachgemäß umgehen und diese sorgfältig verwahren wird und Waffen nicht an Personen überlassen wird, die zum Besitz von Waffen nicht berechtigt sind. Hiebei ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes angesichts des mit dem Waffenbesitz von Privatpersonen verbundenen Sicherheitsbedürfnisses nach Sinn und Zweck der Regelung des Waffengesetz ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. hiezu unter anderem die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes Slg. N.F. Nr. 7804/A, Slg. N.F. Nr. 9094/A und vom 11. Februar 1987, Zl. 86/01/0218).

Ausgehend von dieser Rechtslage hat die Behörde unbedenklich und von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten als erwiesen angenommen, daß die Beschwerdeführerin ihre Faustfeuerwaffen samt Munition unter ihrer Bettmatratze versteckt hat. Unbestritten blieb auch die Feststellung der belangten Behörde, daß sich der Lebensgefährte der Beschwerdeführerin, gegen den ein Waffenverbot gemäß § 12 Waffengesetz 1986 besteht, laufend und allein in der gemeinsamen Wohnung im 2. Bezirk aufhält. Bei dieser Sachlage konnte aber die Beschwerdeführerin nicht mit Recht davon ausgehen, ihre Waffen seien vor dem Zugriff unbefugter Dritter hinreichend gesichert. Die Beschwerdeführerin hätte sohin nicht darauf vertrauen dürfen, daß ihr Lebensgefährte zum Besitz von Waffen berechtigt wäre, zumal dieser nach seinen eigenen Angaben die Faustfeuerwaffen samt Munition unter die Matratze gelegt hat. Der belangten Behörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie aus der Unterlassung entsprechender Maßnahmen für die sorgfältige Verwahrung der Faustfeuerwaffen anläßlich der Übersiedlung auf eine mangelnde Sorgfalt der Beschwerdeführerin geschlossen hat, hat doch die Beschwerdeführerin selbst in ihrer Einvernahme am 11. April 1987 angegeben, die Übersiedlung habe vor dem 7. April 1987 stattgefunden.

Unterstellt man das solcherart festgestellte Verhalten der Beschwerdeführerin bei der Verwahrung ihrer Faustfeuerwaffen und die in diesem Verhalten zum Ausdruck kommende Einschätzung der mit dem Besitz von Waffen verbundenen Pflicht, Waffen sorgfältig zu verwahren (§ 6 Abs. 1 Z. 2 WaffG) ergebenden Verwahrungsgebot, so folgt schon aus der angeführten Gesetzesstelle und der gebotenen strengen Auslegung, daß die Behörde keineswegs einem Rechtsirrtum unterlegen ist, wenn sie die Verhaltensweise der Beschwerdeführerin in bezug auf den Umgang mit Waffen als einen Verstoß gegen das Gebot, Waffen mit Sorgfalt zu verwahren, gewertet hat. Bei der von der Beschwerdeführerin nicht bestrittenen Sachlage und der dargestellten Rechtslage haftet somit der ausgesprochenen Entziehung der waffenrechtlichen Urkunde keine inhaltliche Rechtswidrigkeit an.

Auf Grund des aufgezeigten unbestritten gebliebenen Sachverhaltes kann aber somit auch nicht ersehen werden, warum die belangte Behörde zusätzlich zu einer Einvernahme des Lebensgefährten der Beschwerdeführerin über die Dauer und Intensität der Lebensgemeinschaft zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Freund Z. hätte verpflichtet sein sollen, zumal es auf solche Umstände bei der Prüfung der waffenrechtlichen Verläßlichkeit der Beschwerdeführerin nach § 6 Abs. 1 WaffG nicht ankommt. Ein die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nach sich ziehender Verfahrensmangel kann sohin nicht festgestellt werden.

Die demnach unbegründete Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.

Wien, am 7. Dezember 1988

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