VwGH 87/03/0157

VwGH87/03/015721.9.1988

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Baumgartner, Dr. Weiss, Dr. Leukauf und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Regierungskommissär Dr. Schmidt, über die Beschwerde der S S Gesellschaft m.b.H. in G, vertreten durch Dr. Heimo Hofstätter, Rechtsanwalt in Graz, Marburgerkai 47, gegen den Bescheid des Gemeindesrates der Landeshauptstadt Graz vom 5. Februar 1987, Zl. A 17‑K‑976/1986‑3, betreffend Kostenvorschreibung gemäß § 89a Straßenverkehrsordnung, zu Recht erkannt:

Normen

StVO 1960 §43 Abs2 litc
StVO 1960 §62 Abs1
StVO 1960 §87a Abs2a litc
StVO 1960 §89a Abs2
StVO 1960 §89a Abs2a litc
StVO 1960 §89a Abs7
StVO 1960 §89a Abs7a

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1988:1987030157.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,‑‑ binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Mandatsbescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 17. Oktober 1985 wurde die Beschwerdeführerin zur Bezahlung von Kosten von S 1.960,‑‑ gemäß § 89a Abs. 7a StVO 1960 (in Verbindung mit der Verordnung des Stadtsenates vom 26. April 1985) verpflichtet, weil ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Fahrzeug, dessen Zulassungsbesitzerin die Beschwerdeführerin ist, am 25. September 1985 vom Abstellort T habe entfernt werden müssen, zumal es dort verkehrsbehindernd im Halte‑ und Parkverbot ‑ ausgenommen Ladetätigkeit ‑ abgestellt gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin rechtzeitig Vorstellung, in der sie ausführte, das Fahrzeug sei nicht verkehrsbehindernd abgestellt gewesen, sondern vielmehr für die Dauer einer erlaubten Ladetätigkeit dort gestanden.

Der einschreitende Polizeibeamte führte im Bericht vom 1. Februar 1986 aus, die Ladezone sei von 11.00 bis 11.27 Uhr (Abschleppung) blockiert gewesen, wie er selbst beobachtet habe. Es sei in dieser Zeit keine Ladetätigkeit erfolgt. Andere LKW hätten deshalb in zweiter Spur eine Ladetätigkeit ausführen müssen, wodurch der Fließverkehr ebenfalls beeinträchtigt gewesen sei.

Die Beschwerdeführerin brachte mit Schreiben vom 1. April 1986 weiters vor, es seien vom genannten Fahrzeug Silbergegenstände ausgeladen und in das Silbergeschäft der Beschwerdeführerin, H Gasse 4, gebracht worden. Die Silbergegenstände stünden im Eigentum der Firma und seien von gemieteten Räumlichkeiten der Firma in Hausmannstätten nach Graz gebracht worden, weshalb auch keine Belege oder Rechnungen existierten, welche den Transport bestätigen könnten. Die in Kartons verpackte Ware sei in Ermangelung eines Parkplatzes vor dem Geschäft von Angestellten von dem am T abgestellten Fahrzeug ins Geschäft verbracht worden. Das Fahrzeug hätte nicht abgeschleppt werden dürfen, weil Ladetätigkeiten in diesem Bereich gestattet seien.

Der Lenker des Fahrzeuges der Beschwerdeführerin bestätigte in seiner Zeugenaussage vom 25. April 1986 diese Ausführungen der Beschwerdeführerin und ergänzte: „Überwiegend handelte es sich um Silberbesteck und Kaffee‑ sowie Teeservice. Diese waren in Kartons verpackt und repräsentierten einen hohen finanziellen Wert. Deshalb mußte das Transportgut von mir und Herrn L. beaufsichtigt werden. Die Ware wird nach erfolgter Ladetätigkeit sofort kontrolliert und innerhalb dieser Zeit ist anzunehmen, daß das Fahrzeug abgeschleppt wurde bzw. war es bereits hochgehoben und fix am Abschleppwagen montiert. Ich bemerkte die erfolgte Abschleppung und bin zum Fahrzeug gerannt. Der Lenker des Abschleppfahrzeuges hat über mein Ersuchen das Fahrzeug wieder herabgelassen und ich bin in weiterer Folge selbst weggefahren.“

Mit Bescheid des Stadtsenates vom 1. Oktober 1986 wurde die Beschwerdeführerin neuerlich zur Bezahlung der Kosten in der Höhe von S 1.960,‑‑ verpflichtet, wobei der Verantwortung der Beschwerdeführerin entgegengesetzt wurde, daß von dem einschreitenden Sicherheitswachebeamten angegeben worden sei, daß in der Zeit von 11.00 bis 11.27 Uhr (Zeitpunkt der Abschleppung) keine Ladetätigkeit am gegenständlichen Fahrzeug festgestellt worden sei. Diese Angabe stimme genau mit der Angabe des Zeugen überein, wonach die Ware nach erfolgter Ladetätigkeit kontrolliert worden und anzunehmen sei, daß das Fahrzeug innerhalb dieser Zeit abgeschleppt worden sei, bzw. es bereits hochgehoben gewesen und fix am Schleppwagen montiert gewesen sei. Es möge den Tatsachen entsprechen, daß Ladetätigkeit durchgeführt worden sei, jedoch sei als erwiesen anzunehmen, daß diese Tätigkeit entweder unterbrochen oder bei Eintreffen des Sicherheitswachebeamten bereits vollendet gewesen sei.

In der dagegen rechtzeitig erhobenen Berufung vertrat die Beschwerdeführerin neuerlich den Standpunkt, daß auch die nachfolgende Kontrolle der entladenen Waren noch Teil der Ladetätigkeit gewesen sei. Desweiteren bestritt sie die Höhe der Abschleppkosten, weil eine Abschleppung durch Hinzutreten ihres Geschäftsführers verhindert worden sei und außerdem zwei weitere Pkw entfernt worden seien, sodaß es zweifelhaft sei, daß Kosten in dieser Höhe für die Abschleppung aufgewendet werden mußten.

Der einschreitende Polizeibeamte wiederholte am 28. November 1986 als Zeuge die in seinem schriftlichen Bericht vom 1. Februar 1986 enthaltenen Angaben.

Der Angestellte der Abschleppfirma gab am 26. Jänner 1987 als Zeuge an, er könne sich an den Vorfall wegen der Teilnahme des bekannten Geschäftsführers der Firma erinnern. Das Fahrzeug sei bereits verladen und aus der Ladezone entfernt gewesen, als es dem Lenker auf sein Ersuchen wieder ausgefolgt worden sei.

Dies wurde auch vom schon genannten Polizeibeamten in seiner ergänzenden Vernehmung vom 26. Jänner 1987 bestätigt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 5. Februar 1987 wurde der Berufung lediglich insoweit stattgegeben, als ausgesprochen wurde, daß die Kosten nicht S 1.960,‑‑ sondern nur S 1.959,60 zu betragen haben. Im übrigen wurde der erstinstanzliche Bescheid bestätigt. In der Begründung wurde die Auffassung vertreten, daß ebenso wie Vorbereitungshandlungen für eine Ladetätigkeit, wie das Bereitstellen und Verpacken von Waren (es folgt die Zitierung von diesbezüglicher Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes), auch Nachbereitungshandlungen, etwa das Auspacken der Ware, nicht zur „Ladetätigkeit“ zu zählen seien. Daher sei die nach dem Transport und dem Abstellen der Silbergegenstände vorgenommene Kontrolltätigkeit, die nach den glaubwürdigen Angaben des Polizeibeamten immerhin mindestens 27 Minuten in Anspruch genommen haben müsse, keine Ladetätigkeit. Die Herabsetzung der Kosten wurde mit einer von der Unterbehörde ohne normative Ermächtigung vorgenommenen Aufrundung des tarifmäßigen Betrages begründet.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluß vom 15. Juni 1987, Zl. B 285/87‑3, deren Behandlung ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur weiteren Entscheidung abtrat.

In der an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 89a Abs. 2 StVO hat die Behörde, wenn durch einen Gegenstand auf der Straße, insbesondere durch ein stehendes Fahrzeug.... der Verkehr beeinträchtigt wird, die Entfernung dieses Gegenstandes ohne weiteres Verfahren zu veranlassen. Eine derartige Verkehrsbeeinträchtigung liegt zufolge § 89a Abs. 2a lit. c unter anderem dann vor, wenn der Lenker eines Fahrzeuges am Zufahren zu einer Ladezone gehindert ist.

Gemäß § 89a Abs. 7 leg. cit. erfolgt das Entfernen und Aufbewahren des Gegenstandes auf Kosten desjenigen, der im Zeitpunkt des Aufstellens oder Lagerns des Gegenstandes dessen Inhaber, bei zum Verkehr zugelassenen Kfz oder Anhängern dessen Zulassungsbesitzer war.

Abs. 7a der zitierten Bestimmung gibt der Behörde die Möglichkeit, die Höhe der zu bezahlenden Kosten durch Verordnung in Bauschbeträgen (Tarifen) gestaffelt, bei Fahrzeugen nach der Art, auf Grund einer Ausschreibung nach dem kostengünstigsten Angebot festzusetzen.

Wie aus den vorgelegten Akten ersichtlich ist, wurde die Abschleppung des gegenständlichen Fahrzeuges deshalb veranlaßt, weil dadurch andere Fahrzeuge, deren Lenker eine Ladetätigkeit durchzuführen hatten, die Ladezone nicht befahren konnten und ihre Ladetätigkeit in zweiter Spur vornehmen mußten, was eine arge Beeinträchtigung des Fließverkehrs darstellte.

Was die vom Fahrzeug der Beschwerdeführerin aus durchgeführte Ladetätigkeit anlangt, so vermag der Verwaltungsgerichtshof die Ansicht der Beschwerdeführerin, dazu gehöre auch noch die Kontrolle, ob die entladenen Gegenstände, namentlich Silbergegenstände, auch vollzählig seien, nicht zu teilen. Gemäß § 62 Abs. 1 StVO ist eine Ladetätigkeit das Be‑ oder Entladen von Fahrzeugen sowie das Abschlauchen von Flüssigkeiten aus Fahrzeugen oder in Fahrzeuge. Durch Errichtung von Ladezonen gemäß § 43 Abs. 2 lit. c StVO soll ermöglicht werden, derartige Ladetätigkeiten an Stellen durchzuführen, wo dies nicht besonders umständlich ist, sondern im Gegenteil die Ladetätigkeit durch einen möglichst geringen Transportweg einfach und zeitsparend durchgeführt werden kann. Folge dieser Zweckwidmung eines Teiles einer Straße mit öffentlichem Verkehr zugunsten bestimmter Verkehrsteilnehmer ist eine Zweckgebundenheit dahingehend, daß zu der erlaubten Tätigkeit nur all jene Handlungen zählen, für deren leichtere Durchführung die Zweckwidmung notwendig wurde. Bei der Widmung zum Zwecke der Ladetätigkeit gehört zu diesen erlaubten Handlungen beim Entladen von Gegenständen zweifellos nicht mehr die von der Beschwerdeführerin angesprochene Vollständigkeitskontrolle eines in Behältnissen verpackten Transportgutes, weil diese Tätigkeit auch durchgeführt werden kann, wenn bzw. nachdem das Transportfahrzeug von der Ladezone zu einem anderen (weiter entfernten) Abstellort gefahren wurde. Im vorliegenden Fall dauerte die Kontrolltätigkeit sogar mindestens 27 Minuten. Das Abstellen in der Ladezone während der Kontrolltätigkeit kann nicht mehr als „Ladetätigkeit“ gewertet werden. Es war daher die Abschleppung rechtmäßig. Für den Lenker des für die Beschwerdeführerin zugelassenen Fahrzeugs war vorhersehbar, daß das Abstellen in der Ladezone während der Geschäftszeit am Vormittag in einem Geschäftsgebiet durch mindestens 27 Minuten (ohne Ausübung einer Ladetätigkeit) geeignet war, insofern eine Verkehrsbeeinträchtigung zu verursachen, als durch das Fahrzeug andere Fahrzeuge an der Zufahrt zur Vornahme einer Ladetätigkeit im Sinne des Gesetzes gehindert werden, wie dies auch tatsächlich eingetroffen ist. Die Beschwerdeführerin trifft daher auch die Kostenersatzpflicht.

Aber auch mit dem Einwand, es hätten ihr, da das Fahrzeug noch nicht wegtransportiert gewesen sei, nicht die vollen pauschalierten Abschleppkosten auferlegt werden dürfen, vermag die Beschwerdeführerin ihrer Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Mag auch das Fahrzeug dem Lenker wieder ausgefolgt worden sein, so durfte die Behörde dennoch davon ausgehen, daß bereits ein die Auferlegung der Kosten im Sinne des § 89a Abs. 7 StVO rechtfertigendes Entfernen des Fahrzeuges stattgefunden hatte, zumal nach den übereinstimmenden Angaben des Polizeibeamten und des Lenkers des Abschleppwagens das Fahrzeug der Beschwerdeführerin bereits hochgehoben und am Abschleppwagen fix montiert und einige Meter aus der Ladezone herausgezogen worden war. Die Behörde war somit zur Auferlegung der Abschleppkosten berechtigt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 3. April 1985, Zl. 83/03/0313). Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin bestand für die belangte Behörde angesichts dieses Abschleppvorganges keine Verpflichtung, Abstriche bei den vorzuschreibenden tarifmäßig durch Verordnung bestimmten Kosten vorzunehmen. Wie der Verwaltungsgerichtshof unter anderem in seinem Erkenntnis vom 22. Mai 1985, Zl. 84/03/0064, ausgeführt hat, ist es für die Höhe der vorzuschreibenden Kosten ohne Bedeutung, wieweit die Abschleppung tatsächlich erfolgt ist, wenn die Höhe der Kosten mit Verordnung in Bauschbeträgen festgesetzt wurde, da es sich bei diesen Bauschbeträgen um durchschnittliche Kosten handelt. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß gleichzeitig auch andere Fahrzeuge abgeschleppt wurden.

Da die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, 21. September 1988

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