Normen
BAO §115 Abs1 impl;
FremdenverkehrsabgabeG Krnt 1976 §4 Abs1 idF 1986/002;
LAO Krnt 1983 §89;
BAO §115 Abs1 impl;
FremdenverkehrsabgabeG Krnt 1976 §4 Abs1 idF 1986/002;
LAO Krnt 1983 §89;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Bundesland Kärnten hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9.720,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Magistrates der Stadtgemeinde Villach-Steueramt vom 13. August 1984 wurde die Beschwerdeführerin gemäß den §§ 3, 4 und 9 des Kärntner Fremdenverkehrsabgabegesetzes, LGBl. Nr. 100/1976, "in der geltenden Fassung" (in der Folge kurz: FrVAG), in Verbindung mit der "Villacher Fremdenverkehrsabgabeverordnung vom 27.6.1975 für die selbständige Erwerbstätigkeit Bauunternehmung" in die Abgabengruppe C eingestuft und ihr gegenüber die für das Jahr 1984 zu entrichtende Fremdenverkehrsabgabe gemäß den §§ 5 und 6 leg. cit. in Verbindung mit § 2 der genannten Verordnung auf Grund des abgabepflichtigen Umsatzes von S 14,676.178,-- mit 0,60 %o, das ist mit einem Betrag von S 8.806,--, festgesetzt.
Der gegen diesen Bescheid von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung wurde mit Bescheid des Stadtsenates der Stadtgemeinde Villach vom 5. Dezember 1984 keine Folge gegeben.
Die gegen diesen Bescheid von der Beschwerdeführerin erhobene Vorstellung wurde mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Dies - soweit für das vorliegende Beschwerdeverfahren noch von Bedeutung - im wesentlichen mit der Begründung, daß die Beschwerdeführerin durch ihre Beteiligung an der Errichtung eines Autobahnbauloses (erg.: im Ortsbereich der Stadtgemeinde Villach) eine Betriebsstätte im Sinne der §§ 27 und 28 der Kärntner Landesabgabenordnung - LAO, LGBl. Nr. 36/1983, unterhalten habe und daß ihr insofern aus dem Fremdenverkehr zumindest ein mittelbarer Nutzen erwachsen sei.
Mit Beschluß vom 6. Juni 1986, B 638/85-6, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde ab und trat sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG ab.
Vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht verletzt, nach dem FrVAG nicht zur Abgabenleistung herangezogen zu werden. Die Beschwerdeführerin begründet dies entsprechend ihren Ausführungen im Verwaltungsverfahren unter Bezugnahme auf ihre Ausführungen in der Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof sinngemäß im wesentlichen mit dem Argument, der ihr aus ihrer Beteiligung am Autobahnbaulos entstandene Nutzen sei nicht auf den Fremdenverkehr im örtlichen Bereich der Stadtgemeinde Villach zurückzuführen. Dieser Nutzen stehe vielmehr mit der Schaffung einer überregionalen Verkehrsverbindung "(Nord-Süd-Verbindung zwischen Österreich und Italien bzw. gerade bei der Südautobahn im Bereich Villach mit Anschluß an die Tauernautobahn Nord-Süd-Verbindung über die BRD durch Österreich nach Italien)" im Zusammenhang; denn es werde "wohl niemand ernstlich behaupten können, daß die Autobahn errichtet worden sei, um den Fremdenverkehr in Villach, zu fördern", sondern es habe die Autobahnerrichtung im Raum Villach vielmehr überregionale, unabhängig vom Fremdenverkehr in Villach stehende Gründe.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 3 Abs. 1 FrVAG haben die selbständig Erwerbstätigen (natürliche und juristische Personen, Personengemeinschaften), die aus dem Fremdenverkehr Nutzen ziehen und Einkünfte gemäß § 2 Abs. 3 Z. 1, 2 und 3 des Einkommensteuergesetzes 1972 erzielen, eine jährliche Fremdenverkehrsabgabe zu leisten.... Die Unterhaltung einer Betriebsstätte (§§ 27 und 28 der Landesabgabenordnung, LGBl. für Kärnten Nr. 51/1966) gilt gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle in der Fassung vor der Novelle LGBl. für Kärnten Nr. 2/1986 als selbständige Erwerbstätigkeit.
Gemäß § 4 Abs. 1 FrVAG in der Fassung vor der eben genannten Novelle besteht dann, wenn von einem Abgabepflichtigen eine der in den Abgabegruppen der Anlage aufgezählten oder eine ähnliche Tätigkeit ausgeübt wird, die Vermutung, daß er Nutzen aus dem Fremdenverkehrsbetrieb zieht. Zieht ein Abgabepflichtiger, der eine der in der Anlage aufgezählten Tätigkeiten oder eine ähnliche Tätigkeit ausübt, aus dem Fremdenverkehr keinen Nutzen, so hat er dies gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle glaubhaft zu machen.
Im Beschwerdefall steht zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die Abgabepflicht der Beschwerdeführerin lediglich insofern in Streit, als es um die Frage geht, ob der Beschwerdeführerin durch ihre Beteiligung an der Errichtung eines Autobahnbauloses im örtlichen Bereich der Stadtgemeinde Villach ein Nutzen aus dem Fremdenverkehr im Bundesland Kärnten - darauf kommt es im Hinblick auf den Charakter der Kärntner Fremdenverkehrsabgabe als einer in der Hauptform zwischen dem Land und den Gemeinden geteilten, in der Unterform einer gemeinschaftlichen Landesabgabe geregelten Abgabe an (vgl. hiezu das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 7. Juni 1969, G 1, 5, 10, 11/69-14, VfSlg. 5995/69) - erwachsen ist oder nicht.
Wie der Verfassungsgerichtshof schon in seinem eben zitierten Erkenntnis zur gleichartigen Wendung "selbständig Erwerbstätige aus dem Fremdenverkehr Nutzen ziehen" im FrVAG 1976 ausgeführt hat, zieht ein Abgabepflichtiger nur dann aus dem Fremdenverkehr Nutzen, wenn das Erträgnis einer Erwerbstätigkeit in einer konkret meßbaren Weise auf den Fremdenverkehr zurückzuführen ist. Der Gesetzgeber stellt also bei Umschreibung der Abgabepflicht (und bei der Einstufung der Abgabepflichtigen) auf den speziellen Fremdenverkehrsnutzen dieser Personen ab. Allerdings muß der Fremdenverkehrsnutzen nicht auf einer unmittelbaren Beziehung des Erwerbstätigen zu den Fremden beruhen, sondern kann auch auf eine mittelbare Beziehung zurückzuführen sein, insofern das Erträgnis der Tätigkeit konkret auf den Fremdenverkehr zurückgeführt werden kann.
Auch der Verwaltungsgerichtshof hat in mehreren Erkenntnissen auf dem Boden des FrVAG 1967 zu Recht erkannt, daß jemand nur dann aus dem Fremdenverkehr Nutzen zieht, wenn das Erträgnis einer Erwerbstätigkeit in einer konkret meßbaren Weise auf den Fremdenverkehr zurückzuführen ist (vgl. hiezu beispielsweise die hg. Erkenntnisse vom 3. April 1970, Zl. 1230/69, und vom 24. April 1970, Zl. 1730/69). Diese Rechtsansicht wird auch im Geltungsbereich des FrVAG 1976 aufrecht erhalten. Zwar obliegt es gemäß den oben wiedergegebenen Bestimmungen des § 4 FrVAG jemandem, der eine der in der Anlage des Gesetzes aufgezählten Tätigkeiten oder eine ähnliche Tätigkeit ausübt, aber aus dem Fremdenverkehr keinen Nutzen zieht, diesen Umstand glaubhaft zu machen; dies unterstreicht jedoch geradezu, daß im Fall einer solchen erfolgreichen Glaubhaftmachung eine Fremdenverkehrsabgabepflicht auch nach dem FrVAG 1976 nicht besteht.
Im vorliegenden Fall hat nun die Beschwerdeführerin stets (vor allem aber schon ausführlich in ihrem Schriftsatz vom 24. Oktober 1984) dargelegt, daß ihr ein Nutzen aus dem Fremdenverkehr aus ihrer Beteiligung an der Errichtung eines Autobahnloses im örtlichen Bereich der Stadtgemeinde Villach nur hätte erwachsen können, wenn die Entscheidung zum Autobahnbau auf den Fremdenverkehr im Bundesland Kärnten zurückgeführt werden könnte.
Der Bau der Autobahn im Bereich der vorerwähnten Betriebsstätte im örtlichen Bereich der Stadtgemeinde Villach sei aber nicht auf den örtlichen Fremdenverkehr zurückzuführen, weil die Autobahn in erster Linie einer schnelleren Abwicklung des gesamten Nord-Südverkehrs diene. Infolge der davon ausgehenden Lärm- und Abgasbelästigung sei eine Autobahn dem örtlichen Fremdenverkehr sogar schädlich.
Der Verwaltungsgerichtshof pflichtet der Beschwerdeführerin darin bei, daß ihr auf Grund der Besonderheiten des vorliegenden Falles ein Nutzen aus dem Fremdenverkehr im Bundesland Kärnten nur hätte erwachsen können, wenn die Entscheidung zum Autobahnbau in dem in Rede stehenden Abschnitt auf den Fremdenverkehr im Bundesland Kärnten zurückgeführt werden könnte. Ob diese Voraussetzung im Beschwerdefall zutrifft, hängt wiederum entscheidend davon ab, ob die Südautobahn in dem die Betriebsstätte der Beschwerdeführerin umfassenden Abschnitt auch ohne den Fremdenverkehr im Bundesland Kärnten (schon 1984) gebaut worden wäre.
Einschlägige Sachverhaltsfeststellungen zur Klärung dieser Frage haben aber die Verwaltungsinstanzen nicht getroffen, obwohl das Vorbringen der Beschwerdeführerin in diesem Punkt schon im Verwaltungsverfahren so konkret war, daß die Bedeutung dieser Umstände für die Lösung des Rechtsfalles erkennbar sein mußte; dies auch unter Bedachtnahme auf die sich aus § 4 Abs. 1 FrVAG ergebende Rechtsvermutung, weil auch diese Bestimmung die Verwaltungsinstanzen nicht ihrer aus der Pflicht zur amtswegigen Erforschung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes entspringenden Verpflichtung enthob, die Beschwerdeführerin nach Lage des vorliegenden Falles zur Anführung geeigneter Bescheinigungsmittel zur Untermauerung ihrer nach dem vorhin Gesagten als zielführend anzusehenden Sachverhaltsbehauptungen anzuleiten. Wie nämlich der Verwaltungsgerichtshof etwa schon in seinem Erkenntnis vom 10. Mai 1985, Zl. 84/17/0211, zum Ausdruck brachte, wird der Grundsatz der Amtswegigkeit des Verfahrens durch eine Verwaltungsvorschrift, die der Partei als Beweislast auferlegt, nicht aufgehoben, sondern lediglich eingeschränkt. Wenn dabei auch in der Regel gefordert wird, daß der Betreffende nicht nur die zur Begründung seines Standpunktes erforderlichen tatsächlichen Behauptungen aufstellt, sondern auch Beweismittel hiefür anbietet, bedarf es hiefür doch keines förmlichen Beweisantrages. Die Behörde hat daher die Partei gegebenenfalls auch zur Vervollständigung ihres Vorbringens bzw. zur Beibringung weiterer Beweismittel anzuleiten. Die der Behörde auferlegte Pflicht zur Erforschung der materiellen Wahrheit wird durch eine Umkehr der Beweislast nicht aufgehoben; letztere bedeutet vielmehr lediglich, daß es zum Nachteil der betroffenen Partei ausschlägt, wenn der Gegenbeweis nicht zu erbringen ist.
Das eben Gesagte gilt analog für den hier vorliegenden Fall, daß der Partei eines Verwaltungsverfahrens die Möglichkeit offensteht, eine Rechtsvermutung von Tatsachen durch Glaubhaftmachung eines anderen Sachverhaltes zu entkräften.
Darin, daß die Gemeindeabgabenbehörden die Beschwerdeführerin zur Anführung geeigneter Bescheinigungsmittel zur Glaubhaftmachung des Nichtvorliegens eines mittelbaren Nutzens aus dem Fremdenverkehr im Bundesland Kärnten nicht angeleitet und im Zusammenhang damit den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ergänzungsbedürftig gelassen haben, liegt ein wesentlicher Verfahrensmangel, der, weil ihn die belangte Behörde nicht aufgegriffen hat, den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Dieser Bescheid mußte daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufgehoben werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.
Wien, am 22. Jänner 1988
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)