VwGH 87/18/0022

VwGH87/18/00225.6.1987

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsident Dr. Petrik und die Hofräte Dr. Degischer und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Renner, über die Beschwerde des RT in B, vertreten durch Dr. Alois Karan, Rechtsanwalt in Steyr, Stelzhamerstraße 9, gegen den Bescheid vom 12. Dezember 1986, Zl. VerkR-3151/3-1986-II/Aum, einerseits der Oberösterreichischen Landesregierung wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 und andererseits des Landeshauptmannes von Oberösterreich wegen Übertretungen des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
AVG §58 Abs2;
AVG §66 Abs4;
KFG 1967 §102 Abs5 lita;
KFG 1967 §102 Abs5 litb;
StVO 1960 §97;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
AVG §58 Abs2;
AVG §66 Abs4;
KFG 1967 §102 Abs5 lita;
KFG 1967 §102 Abs5 litb;
StVO 1960 §97;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1;

 

Spruch:

1. Die Beschwerde gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung wird als unbegründet abgewiesen.

2. Der Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

3. Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

4. Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.050,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 25. Juli 1986 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, am 23. Oktober 1985 gegen 19.45 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw von Bad Hall kommend auf der Voralpen-Bundesstraße bis zum Gebrauchtwagenmarkt X in Rohr gelenkt zu haben, wobei er

1.) da vermutet werden konnte, daß er das Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand in Betrieb genommen habe, um ca. 20.15 Uhr von einem hiezu ermächtigten Sicherheitswacheorgan zur Ablegung eines Alkotests aufgefordert worden sei, welchen er in der Folge verweigert habe, 2.) bei dieser Fahrt a) keinen Führerschein und b) keinen Zulassungsschein mitgeführt habe. Der Beschwerdeführer habe dadurch Übertretungen zu 1.) des § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO 1960, und zu 2.)

a) nach § 102 Abs. 5 lit. a KFG 1967 sowie b) nach lit. b dieser Gesetzesstelle begangen, weshalb über ihn Geld- und Ersatzarreststrafen verhängt worden sind.

Die gegen dieses Straferkenntnis erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid vom 12. Dezember 1986 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 hinsichtlich der Übertretung der StVO 1960 von der OÖ Landesregierung und bezüglich der Übertretungen des KFG 1967 vom Landeshauptmann von Oberösterreich abgewiesen. Die Tatumschreibung der dem Beschwerdeführer angelasteten Übertretung des § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO 1960 wurde von der Berufungsbehörde wie folgt neu gefaßt: "Sie haben am 23.10.1985 gegen 19.45 Uhr den Pkw .... von Bad Hall kommend auf der B 122 Voralpen-Straße bis zum Gebrauchtwagenmarkt der Firma X in Rohr gelenkt, wo Sie um ca. 20.15 Uhr sich gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht über Aufforderung weigerten, die Atemluftprobe durchzuführen, obwohl vermutet werden konnte, daß Sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befanden, da Sie deutliche Anzeichen einer Alkoholisierung zeigten". Die Tatumschreibung bezüglich der Übertretungen des § 102 Abs. 5 lit. a und b KFG 1967 wurde folgendermaßen neu gefaßt: "Sie haben am 23.10.1985 gegen 19.45 Uhr den Pkw .... von Bad Hall kommend auf der B 122 Voralpen-Straße bis zum Gebrauchtwagenmarkt der Firma X in Rohr gelenkt, wo Sie um ca. 20.15 Uhr a) dem Organ der Straßenaufsicht auf dessen Verlangen nicht ihren Führerschein zur Überprüfung aushändigten, b) dem Organ der Straßenaufsicht auf

dessen Verlangen nicht den Zulassungsschein des Pkws .... zur

Überprüfung aushändigten".

Zur Begründung des Schuldspruches wegen der Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 führte die Berufungsbehörde in der Begründung ihres Bescheides aus, dem Einwand des Beschwerdeführers, die Zeugenaussagen der Hermine W. sowie der Romana W. hätten seine Angaben bestätigt, sei entgegenzuhalten, daß die Zeugin Hermine W. lediglich ohne Angabe von exakten Uhrzeiten bestätigen könne, daß ihre Tochter "am besagten Tage" den Pkw in Unterrohr auf der Fahrerseite bestiegen habe und mit dem Beschwerdeführer zum Friedhof weggefahren sei. Vorher sei ihre Tochter von Wels gekommen. Wann der Beschwerdeführer zurückgekommen sei, könne sie nicht angeben, es sei jedoch ein Zeitunterschied von fünf bis zehn Minuten bis zum Eintreffen ihrer Tochter gewesen. Die Zeugin Hermine W. könne in Würdigung dieser Aussage keine konkreten Angaben machen, wer den Pkw von Wels nach Unterrohr und von dort während der Fahrt zum Friedhof in Rohr gelenkt habe. Desweiteren könne sie keine Zeitangaben machen. Entgegen der Zeugenaussage von Romana W. spreche sie nur davon, daß ihre Tochter - vermutlich alleine - von Wels nach Unterrohr gekommen sei, während Romana W. ausdrücklich angebe, sich in Begleitung des Beschwerdeführers befunden zu haben. Die Zeugin Romana W. spreche in ihrer Aussage vom 9. Jänner 1986 lediglich von der Fahrt von Unterrohr zum Friedhof in Rohr und beschreibe dabei genau die Position des Pkws am Abstellplatz der Firma X in Rohr. Einen genauen Zeitpunkt könne sie für die Fahrt nicht angeben. Sie sage jedoch aus, ca. 40 Minuten auf dem Friedhof in Rohr geblieben zu sein. In ihrer Stellungnahme vom 22. Jänner 1986 gebe die Zeugin Romana W. hingegen bekannt, daß sie ihr Fahrzeug zuvor von Wels nach Unterrohr gelenkt habe, wo sie und der Beschwerdeführer einige Zeit im Haus ihrer Mutter verweilt hätten. In der von ihr vorgelegten Skizze nehme der Pkw jedoch eine andere Position ein als in der oben angeführten Stellungnahme beschrieben. In freier Würdigung dieser Aussage müsse festgehalten werden, daß auch die Zeugin Romana W. keine konkreten Zeitangaben habe machen können und ein Nebeneinander von wenig sachdienlichen, exakt beschriebenen und unvollständigen bzw. unbestimmten Feststellungen treffe, wobei gewisse Ungereimtheiten (z.B. Position des Pkws, zeitlicher Geschehensablauf) aufträten. Den Angaben der beiden Zeuginnen Romana und Hermine W. werde auf Grund der inhaltlichen Unbestimmtheit und teilweisen Widersprüchlichkeit, insbesondere mit der folgenden Rechtfertigung des Beschwerdeführers, kein Glauben geschenkt. Die Rechtfertigung des Beschwerdeführers erscheine insoferne widersprüchlich, als er in seiner Stellungnahme vom 29. November 1985 den Besuch bei Hermine W. in keiner Weise erwähne, sondern lediglich von der Fahrt von Wels zum Friedhof (Parkplatz der Firma X) spreche. Diesen Besuch erwähne der Beschwerdeführer erst in seiner Stellungnahme vom 23. Jänner 1986 - nach der Zeugenaussage von Romana W. am 9. Jänner 1986 -, in der auch die Position des Pkws des Beschwerdeführers korrigiert werde. In der Stellungnahme vom 1. Juli 1986 gebe der Beschwerdeführer einen genauen zeitlichen Geschehensablauf vom 23. Oktober 1985 zwischen 17.00 und 19.45 Uhr bekannt. Auf Grund der beigebrachten ärztlichen Bestätigung habe Romana W. die Zeit zwischen 18.00 und 19.00 Uhr bei einem Hautarzt in Wels verbracht. Der Beschwerdeführer gebe an, daß für eine Fahrt von Wels nach Bad Hall ca. eine dreiviertel Stunde gerechnet werden müsse. Auf Grund der Zeugenaussage des Meldungslegers Gruppeninspektor M. vom Gendarmerieposten Bad Hall sei der Beschwerdeführer gegen 19.45 Uhr am 23. Oktober 1985 beim Gebrauchtwagenmarkt der Firma X in Rohr schlafend vorgefunden worden. Die folgende Amtshandlung habe von ca. 19.45 Uhr bis ca. 20.25 Uhr gedauert. Auf Grund der zeitlichen Schilderung des Geschehensablaufes seitens des Beschwerdeführers könne somit keinesfalls davon gesprochen werden, daß die zeitlich unbestimmten Angaben der Zeuginnen Romana und Hermine W. seine Aussagen bestätigen können. Folge man nämlich den Angaben des Beschwerdeführers, so sei es zeitlich unmöglich gewesen, von Wels nach Unterrohr 143 zu fahren, sodann einen Besuch bei Hermine W. abzustatten und in der Folge zum Friedhof nach Rohr zu fahren, da die Fahrzeit von Wels nach Bad Hall für sich allein schon ca. eine dreiviertel Stunde in Anspruch nehme. Aus diesem Grunde werde von der Richtigkeit der Aussage des Beschwerdeführers vom 29. November 1985 betreffend die Wegstrecke ausgegangen. Wenn nun Romana W. angebe, sich ca. 40 Minuten auf dem Friedhof aufgehalten zu haben, somit während der Dauer der Amtshandlung von 19.45 bis

20.25 Uhr, so könne dieser Aussage kein Glauben geschenkt werden, da Romana W. lediglich versuche, im Nachhinein ihr Verhalten dem tatsächlichen Geschehensablauf anzupassen und zufolge ihrer Zeitangabe nur durch einen bloßen Zufall das Ende der Amtshandlung verpaßt habe. Vielmehr sei von der Richtigkeit der Aussage des Beschwerdeführers gegenüber dem Meldungsleger Gruppeninspektor M. bei seinem Betreten am 23. Oktober 1985 um ca. 19.45 Uhr auszugehen, bestätigt in der Zeugenaussage vom 13. Jänner 1986, daß er von Bad Hall nach Rohr gefahren sei. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom 18. Jänner 1970, Zl. 281/69, ausgeführt, daß die bei einer ersten Vernehmung gemachten Angaben erfahrungsgemäß der Wahrheit am nächsten kommen. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers in seiner Berufung bestünden seitens der Berufungsbehörde keine Zweifel darüber, daß der Beschwerdeführer selbst den Pkw gelenkt habe, da er ansonsten dem Meldungsleger gegenüber das Wort "mitgefahren" verwendet hätte, weshalb von einem bloßen Verdacht des Lenkens eines Kraftfahrzeuges nicht die Rede sein könne und die Aufforderung zum Alkotest durchaus gerechtfertigt gewesen sei. Die beim Beschwerdeführer vorliegende Alkoholbeeinträchtigung sei bislang unbestritten geblieben. Es folgen noch Ausführungen über die Übertretungen des § 102 Abs. 5 lit. a und b KFG 1967 und die für die Strafbemessung maßgebenden Erwägungen.

 

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten und Erstattung einer gemeinsamen Gegenschrift erwogen:

1. Zur Übertretung der StVO 1960:

Der Beschwerdeführer wendet sich vor allem gegen die Annahme der belangten Behörde, vor der an ihn ergangenen Aufforderung zur Ablegung der Atemluftprobe der Lenker des in Rede stehenden Fahrzeuges gewesen zu sein, und bekämpft sohin deren Beweiswürdigung.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) steht dem Gerichtshof eine Kontrolle der Beweiswürdigung nur insoweit zu, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, also den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen, nicht aber, ob der Akt der Beweiswürdigung in dem Sinne richtig ist, daß z.B. eine den Beschwerdeführer belastende und nicht dessen Verantwortung den Tatsachen entspricht.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist die belangte Behörde keiner Beweisregel, sondern der Lebenserfahrung gefolgt, wenn sie unter Berufung auf die hg. Judikatur die Auffassung vertreten hat, daß die bei einer ersten Vernehmung gemachten Angaben erfahrungsgemäß der Wahrheit am nächsten kommen. Es kann ihr daher im Rahmen der nach der geschilderten Rechtslage zulässigen Kontrolle der Beweiswürdigung nicht entgegengetreten werden, wenn sie der gegenüber dem Meldungsleger zu Beginn der Amtshandlung abgegebenen Äußerung des Beschwerdeführers, er sei von Bad Hall nach Rohr gefahren, entscheidende Bedeutung beigemessen hat. Dabei bestehen unter dem Gesichtspunkt der Schlüssigkeit auch keine Bedenken dagegen, diese Äußerung des Beschwerdeführers in dem Sinne zu verstehen, daß er sich damit als Lenker des Fahrzeuges bezeichnet hat, da der Beschwerdeführer in dieser Phase der Amtshandlung noch keinen Hinweis auf eine andere Person als Fahrzeuglenker gegeben und erst im Zusammenhang mit der an ihn gerichteten Aufforderung zur Durchführung der Atemluftprobe behauptet hat, nicht der Lenker des Fahrzeuges gewesen zu sein.

Wenn der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang in den Äußerungen des Meldungslegers einen Widerspruch zu erkennen glaubt, weil er einerseits deponiert hat, der Beschwerdeführer habe "mit dem Fahrzeug nach vor fahren wollen", und andererseits erklärt hat, "einen Startversuch" habe der Beschwerdeführer "nicht unternommen", so muß dem Beschwerdeführer entgegnet werden, daß der Meldungsleger seine Feststellung, wonach der Beschwerdeführer mit dem Fahrzeug nach vor fahren wollte, mit dem Hinweis begründet hat, daß der Beschwerdeführer "aus diesem Grund die Handbremse löste". Das Lösen der Handbremse setzt aber keinen "Startversuch" (im Sinne eines versuchten Anlassens des Motors) voraus.

Der belangten Behörde kann auch keine Unschlüssigkeit vorgeworfen werden, wenn sie in den Angaben des Meldungslegers, wonach die Zeugin Romana W. die Amtshandlung mit dem Beschwerdeführer in dem nahgelegenen Friedhof trotz der dazwischen liegenden hohen Friedhofsmauer hätte hören müssen, keinen Widerspruch und demgemäß auch keinen Anlaß zu dessen mangelnder Glaubwürdigkeit gesehen hat, weil es an Anhaltspunkten dafür fehlt, daß etwa auf Grund des zur Tatzeit herrschenden Verkehrslärms oder anderer Lärmquellen in dem nahegelegenen Friedhof keine entsprechenden akustischen Wahrnehmungen möglich gewesen wären. Ob aber nun die Zeugin Romana W., wie der Beschwerdeführer meint, die Amtshandlung aus dem nahegelegenen Friedhof unbedingt hätte hören müssen, kann dahingestellt bleiben, weil die belangte Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung keine darauf bezugnehmenden Erwägungen angestellt hat und daher auch nicht zu untersuchen brauchte, wie weit die von der Zeugin angeblich besuchte Grabstätte von dem Ort der Amtshandlung entfernt liegt. In dieser Unterlassung kann aber keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gesehen werden, weil nicht einmal unter Zugrundelegung der Annahme, daß sich die genannte Zeugin zur Zeit der Amtshandlung in dem nahegelegenen Friedhof aufgehalten und diesbezügliche Wahrnehmungen gemacht hat, für den Standpunkt des Beschwerdeführers etwas zu gewinnen wäre, weil sich daraus nicht zwingend ergeben würde, daß der Beschwerdeführer das Fahrzeug nicht zum Ort der in Rede stehenden Amtshandlung gelenkt hat.

In Erwiderung auf die Kritik des Beschwerdeführers an der durch die belangte Behörde vorgenommenen Würdigung der Aussagen der Zeugen Romana und Hermine W. ist unter Hinweis auf die einleitend erwähnte beschränkte Kontrolle der Beweiswürdigung durch den Gerichtshof zu bemerken, daß die diesbezüglichen, vorstehend wiedergegebenen Erwägungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides durchaus schlüssig sind. Auf die vom Beschwerdeführer relevierte Aussage des Adalbert W. hat die belangte Behörde mit Recht nicht Bezug genommen, weil sie keine für die gegenständliche Beweisfrage relevanten Angaben enthält. Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Urkunden (Bestätigung über einen Arztbesuch der Romana W. in der Zeit zwischen 18.00 und 19.00 Uhr des Tattages sowie Bestätigung darüber, daß der Beschwerdeführer um ca. 17.00 Uhr dieses Tages

den "Firmen-Lkw .... am Firmengelände ... abgestellt" hat) können

nicht zum Beweis dafür herangezogen werden, daß er das Fahrzeug nicht vor der Aufforderung zur Ablegung der Atemluftprobe zum Tatort gelenkt hat.

Zusammenfassend ist daher festzustellen, daß der belangten Behörde weder unter dem Gesichtspunkt einer unzureichenden Sachverhaltsermittlung noch etwa wegen unschlüssiger Beweiswürdigung entgegengetreten werden kann, wenn sie von der für die Zulässigkeit des Verlangens nach Ablegung der Atemluftprobe wesentlichen Lenkereigenschaft des Beschwerdeführers ausgegangen ist.

Der vom Beschwerdeführer vertretenen Auffassung, daß dieses Verlangen nicht von einem Organ der Straßenaufsicht im Sinne des § 5 Abs. 2 StVO 1960 geäußert worden sei, weil sich der Meldungsleger nicht im Dienst befunden habe, kann sich der Gerichtshof nicht anschließen, weil ein Gendarmeriebeamter als Organ der Straßenaufsicht auf Grund seiner Ernennung und der Vereidigung auf die Dienstpflichten die Befugnis besitzt, die in § 97 Abs. 1 StVO 1960 genannten Aufgaben - im übrigen auch in Zivilkleidung - zu vollziehen, sofern er sich "in den Dienst stellt" (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. April 1979, Zl. 201/78).

Es zeigt sich also, daß die Beschwerde gegen den wegen Übertretung der StVO 1960 ergangenen Bescheid unbegründet ist, weshalb sie insoweit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

2. Zu den Übertretungen des KFG 1967:

Zufolge § 102 Abs. 5 lit. a und b dieses Gesetzes hat der Lenker den Führerschein und den Zulassungsschein auf Fahrten mitzuführen und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht auf Verlangen zur Überprüfung auszuhändigen.

Wie schon in der Sachverhaltsdarstellung ausgeführt worden ist, wurde der Beschwerdeführer mit dem dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Straferkenntnis vom 25. Juli 1986 wegen Übertretungen dieser Bestimmungen bestraft, weil er zur Tatzeit bei seiner Fahrt auf der beschriebenen Strecke a) keinen Führerschein und b) keinen Zulassungsschein mitgeführt habe. Mit dem angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich wurde dem Beschwerdeführer hingegen entsprechend der geänderten Tatumschreibung im Sinne des § 44a lit. a VStG 1950 als Verstoß gegen diese Regelungen angelastet, dem Organ der Straßenaufsicht auf dessen Verlangen den Führerschein und den Zulassungsschein nicht ausgehändigt zu haben. Die Behörde erster Instanz hat also dem Beschwerdeführer vorgeworfen, die in Rede stehenden Urkunden nicht mitgeführt zu haben, während ihn die belangte Behörde für schuldig befunden hat, gegen die erwähnten kraftfahrrechtlichen Bestimmungen zuwidergehandelt zu haben, weil er die genannten Urkunden auf Verlangen des Straßenaufsichtsorganes nicht ausgehändigt habe.

Nach dem Sinn der Bestimmungen des § 102 Abs. 5 lit. a und b KFG 1967 ist sowohl jener Lenker zu bestrafen, der die Urkunden nicht mitführt und sie deshalb den Organen nicht aushändigen kann, als auch jener Lenker, der die Urkunden wohl mitführt, sie aber auf Verlangen den Organen nicht aushändigt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1985, Zl. 85/02/0272). Zwischen dem Nichtmitführen der Urkunden und der Weigerung, die (mitgeführten) Urkunden auf Verlangen dem Straßenaufsichtsorgan auszuhändigen, besteht daher der im Sinne des (gemäß § 24 VStG 1950 auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendenden) § 66 Abs. 4 AVG 1950 wesentliche Unterschied, daß die belangte Behörde dem Beschwerdeführer eine andere Tat zur Last gelegt hat, als die Behörde erster Instanz. Zu einer Auswechslung der als erwiesen angenommenen Tat war die belangte Berufungsbehörde aber nicht berechtigt (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 27. September 1962, Slg. N. F. Nr. 5871/A). Der wegen der in Rede stehenden Übertretungen ergangene Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich war daher schon aus diesem Grunde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben, ohne noch auf das Beschwerdevorbringen eingehen zu müssen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 sowie Abs. 2 Z. 1 und 2 sowie § 50 VwGG (vgl. im übrigen u.a. den hg. Beschluß eines verstärkten Senates vom 18. September 1978, Slg. N. F. Nr. 9633/A). Wien, am 5. Juni 1987

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