VwGH AW 87/05/0031

VwGHAW 87/05/003123.11.1987

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der Stadtgemeinde A, vertreten durch den Bürgermeister, dieser vertreten durch Dr. Peter Kaupa, Rechtsanwalt in Baden, Hauptplatz 17, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 1. Juni 1987, Zl. II/2-V-84242/1, betreffend Versagung einer Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: GK in A), erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluß gefaßt:

Normen

AVG §68 Abs1;
AVG §69 Abs1 litb;
AVG §69 Abs1 litc;
AVG §69 Abs1 Z2 impl;
AVG §69 Abs3;
B-VG Art119a;
VwGG §30 Abs2;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1987:AW1987050031.A00

 

Spruch:

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.

Begründung

Mit Bescheid vom 3. November 1986 versagte der Gemeinderat der antragstellenden Stadtgemeinde im innergemeindlichen Instanzenzug dem Mitbeteiligten die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung einer Abstellanlage. Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Vorstellung des Mitbeteiligten statt, behob den genannten Bescheid des Gemeinderates und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat der antragstellenden Stadtgemeinde. Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde der Gemeinde, verbunden mit dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Dieser Antrag wird im wesentlichen damit begründet, aufgrund der Bindungswirkung des angefochtenen gemeindeaufsichtsbehördlichen Bescheides müsse der Gemeinderat dem mitbeteiligten Bauwerber bei der nächsten Gemeinderatssitzung eine Baubewilligung erteilen und würde sodann das - nach Ansicht der antragstellenden Stadtgemeinde - gesetzbzw. verordnungswidrige Bauvorhaben ausgeführt und die beschwerdeführende Gemeinde vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Hiedurch würde die antragstellende Gemeinde in ihren Rechten einen unverhältnismäßig größeren Nachteil erleiden, als der mitbeteiligte Bauwerber. Durch eine derartige Bauführung sei insbesondere nicht auszuschließen, daß die von der antragstellenden Stadtgemeinde zu wahrende örtliche Sicherheit gefährdet würde. Darüber hinaus hätte eine Entscheidung präjudizielle Wirkung auf weitere gleichgelagerte Bauansuchen.

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluß zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Wird der Bescheid der obersten Gemeindebehörde durch die Aufsichtsbehörde aufgehoben, so sind die Gemeinde, aber auch die anderen Parteien des Verfahrens, an die die Aufhebung tragenden Gründe des in Rechtskraft erwachsenen Vorstellungsbescheides gebunden (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 11. September 1986, Zl. 85/06/0120, BauSlg. Nr. 745). In der vorliegenden, mit einem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verbundenen Beschwerdesache hat die belangte Gemeindeaufsichtsbehörde die Aufhebung des bei ihr durch den mitbeteiligten Bauwerber angefochtenen Berufungsbescheides des Gemeinderates im wesentlichen darauf gestützt, daß bei Öffnung des Tores zum vorgesehenen Abstellplatz durch Funkimpulse kein Stauraum im Sinne des § 5 Abs. 4 der NÖ Garagenordnung erforderlich sei. Damit hat die belangte Gemeindeaufsichtsbehörde in bindender Weise darüber abgesprochen, daß der von den Gemeindebehörden im innergemeindlichen Instanzenzug herangezogene Versagungsgrund nicht zutreffe. Im - ungeachtet der Erhebung der Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde durch die antragstellende Stadtgemeinde - fortzusetzenden baubehördlichen Verfahren wäre der Gemeinderat nunmehr unter Bindung an die von der Gemeinde für unrichtig gehaltene, die Aufhebung tragende Rechtsansicht der belangten Gemeindeaufsichtsbehörde verpflichtet, innerhalb der im § 118 Abs. 2 NÖ Bauordnung genannte Frist von drei Monaten neuerlich zu entscheiden, wobei allerdings die Säumnisbeschwerde wegen Untätigkeit des Gemeinderates erst nach Ablauf der sechsmonatigen Frist des § 27 VwGG zulässigerweise vom mitbeteiligten Bauwerber erhoben werden könnte.

Erteilt der Gemeinderat der antragstellenden Stadtgemeinde in Befolgung der dargelegten gesetzlichen Verpflichtungen bzw. zur Vermeidung des Eintrittes seiner Säumigkeit dem mitbeteiligten Bauwerber die von ihm angestrebte baubehördliche Bewilligung, könnte diese Bewilligung auch dann, wenn der Verwaltungsgerichtshof der Rechtsauffassung der antragstellenden Gemeinde folgend den nunmehr angefochtenen Vorstellungsbescheid aufheben sollte, nicht mehr - auch nicht in einem Wiederaufnahmeverfahren - aufgehoben werden. Daraus erhellt, daß der angefochtene Vorstellungsbescheid - trotz seines kassatorischen Charakters - zufolge der durch die eingetretene Rechtskraft verursachten Bindung an die tragenden Aufhebungsgründe einer Umsetzung in die Wirklichkeit - darauf ist im Sinne des Beschlusses eines verstärkten Senates vom 25. Februar 1981, Slg. N.F. Nr. 10.381/A, abzustellen - insofern zugänglich ist, als der Gemeinderat der antragstellenden Stadtgemeinde - gleichbleibende Sach- und Rechtslage vorausgesetzt - von Gesetzes wegen dazu verpflichtet wäre, dem mitbeteiligten Bauwerber eine - nicht mehr aus dem Rechtsbestand zu beseitigende - baubehördliche Bewilligung zu erteilen. Dies widerspräche jedoch der Funktionsfähigkeit des Rechtsschutzsystems der Bundesverfassung. Im übrigen würde dem mitbeteiligten Bauwerber, dem im innergemeindlichen Instanzenzug die baubehördliche Bewilligung versagt geblieben ist, eine Rechtsstellung zukommen, die er bisher im verwaltungsbehördlichen Verfahren nicht besessen hat.

Aus den dargelegten Gründen war auf Grund der vorzunehmenden Interessensabwägung - daß öffentliche Interessen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entgegenstünden, ist im Verfahren nicht hervorgekommen - dem Antrag stattzugeben.

Wien, am 23. November 1987

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