VwGH 87/04/0028

VwGH87/04/002815.9.1987

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher und Dr. Weiss als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Janistyn, über die Beschwerde des EG in A, vertreten durch Dr. Oskar Welzl, Rechtsanwalt in Linz, Fabrikstraße 3, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 4. November 1986, Zl. Ge-30763/1-1986/Gatt/Ku, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973 zu Recht erkannt:

Normen

GewO 1973 §1 Abs3;
GewO 1973 §366 Abs1 Z1;
GewO 1973 §94 Z46;
GewO 1973 §98;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1987:1987040028.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.570,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 15. September 1986 wurde der Beschwerdeführer wie folgt schuldig erkannt:

"Sie haben zumindest ab Mitte März 1986 bis 28. April 1986 Reparaturarbeiten sowohl in der Werkstätte KG, S Nr. 12, N, als auch in Ihrem Wohnhaus in A, S Nr. 81 und am 1. April 1986 Lackierarbeiten auf eigene Rechnung und Gefahr und somit das Kraftfahrzeugmechanikerhandwerk ausgeübt, ohne hiefür eine erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben."

Der Beschwerdeführer habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 begangen und es werde hiefür über ihn eine Geldstrafe von S 7.000,-- (Ersatzarreststrafe zwei Wochen) verhängt. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe im angeführten Zeitraum an den angeführten Orten Reparaturarbeiten und am 1. April 1986 Lackierarbeiten am Pkw Audi 100 CC des KP auf eigene Rechnung und Gefahr durchgeführt, ohne die hiefür erforderliche Gewerbeberechtigung des Kraftfahrzeugmechanikergewerbes erlangt zu haben. Gemeinsam mit AW, der bei KG arbeite, habe er bei der Montage der Neuteile und beim Ausrichten des Rahmens in der Kfz-Werkstätte G's 16 Stunden mitgeholfen. Die Lackierung des Pkws habe er am 1. April 1986 allein ausgeführt, wobei er KG S 500,-- Leihgebühr für die Bereitstellung der Lackierbox habe zahlen müssen. Das Entgelt für seine Arbeitsleistungen sei in der von seiner Ehegattin VG ausgestellten Rechnung enthalten, und zwar im Posten "Einbrennlackierung", in der Differenz zwischen der darin enthaltenen Leihgebühr für die Benützung der Lackierbox in Höhe von S 500,-- und dem ausgewiesenen Betrag in Höhe von S 2.000,--. Weiters habe die Genannte statt 16 Stunden Karosseriearbeiten 18 Stunden verrechnet.

Einer dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers gab der Landeshauptmann von Oberösterreich mit Bescheid vom 4. November 1986 im Grunde des § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 keine Folge und bestätigte das erstbehördliche Straferkenntnis. Dieser Ausspruch wurde damit begründet, der Beschwerdeführer bringe im wesentlichen vor, daß er für die von ihm am Pkw des KP ausgeführten Lackierarbeiten von niemandem ein Entgelt erhalten habe. Weiters habe KG die am gegenständlichen Pkw vorgenommenen Reparaturarbeiten laut Sammelrechnung an die "Firma VG" verrechnet und diese habe wiederum die anteilige Rechnungspost an KP weiterverrechnet. Somit seien von ihm keine Arbeiten auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeführt worden. Weiters bezweifle der Beschwerdeführer auch die Feststellung, daß KG lediglich 16 Stunden Karosseriearbeiten an die "Firma VG" verrechnet habe, da dieser die entsprechenden Angaben ohne Heranziehung von Geschäftsaufzeichnungen gemacht habe. Ebenso sei die Feststellung der Erstbehörde, in der Rechnung der "Firma VG" an KP seien vom Beschwerdeführer durchgeführte Arbeitsleistungen enthalten, im Ermittlungsverfahren nicht gedeckt. Darüber hinaus sei seine eigene Verantwortung im Ermittlungsverfahren, das seiner Meinung nach überhaupt mangelhaft durchgeführt worden sei, unüberprüft geblieben. Zudem messe der Beschwerdeführer den Angaben des Kfz-Sachverständigen HG bezüglich Grundierung von Karosserieteilen keine Bedeutung bei. Dem sei zu erwidern, daß den Erhebungen zufolge der Beschwerdeführer das Kraftfahrzeugmechanikergewerbe ausgeübt habe ohne hiefür eine Gewerbeberechtigung zu besitzen. Die Berufungsbehörde erachte auf Grund des Ermittlungsverfahrens als erwiesen, daß die beiden überhöhten Posten auf der Rechnung der "Firma VG" an KP auf Grund der Verrechnung der Arbeitsleistung des Beschwerdeführers zustande gekommen seien. Die festgestellten Ungereimtheiten in der Rechnung vom 9. Mai 1986 hätten auch in der Berufungsschrift nicht aufgeklärt werden können. Die Rechtfertigung des Beschwerdeführers, unter der Position Einbrennlackierung sei auch Grundierlack und Abdeckmaterial berücksichtigt worden, erscheine unglaubwürdig, zumal der Kfz-Sachverständige HG überzeugend dargelegt habe, daß eine nochmalige Grundierung von Neuteilen nicht erforderlich sei. Richtig sei die Feststellung des Beschwerdeführers, daß die Sammelrechnung des KG an die "Firma VK" gerichtet gewesen sei und daß diese in der Folge die anteilige Rechnungspost an KP weiterverrechnet habe. Die Schlußfolgerung, der Beschwerdeführer habe die Reparaturarbeiten aus diesem Grund nicht auf eigene Rechnung und Gefahr durchgeführt, sei jedoch keinesfalls zulässig. Es sei vielmehr davon auszugehen, daß dem Beschwerdeführer der wirtschaftliche Vorteil aus den Firmengeschäften, die namens der "Firma" von seiner Ehefrau getätigt würden, wenigstens zum Teil zufließe und daß somit ein Handeln auf eigene Rechnung und Gefahr augenscheinlich sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Seinem Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und nicht bestraft zu werden. Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bringt der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, die Annahme der belangten Behörde sei rechtsirrig, daß auf seiner Seite das Gewerbemerkmal "auf eigene Rechnung und Gefahr" gegeben sei, weil davon auszugehen sei, daß ihm der wirtschaftliche Vorteil aus Firmengeschäften, die namens der "Firma" von seiner Ehefrau VG "getätigt" würden, wenigstens zum Teil zufließe. Dadurch sei aber das Merkmal des "Handelns auf eigene Rechnung und Gefahr" nicht erfüllt, was sich schon darin äußere, daß ihn eine Haftung bezüglich der von der "Firma VG" mit KG bzw. KP abgeschlossenen Rechtsgeschäfte nicht treffe. Abgesehen davon, daß die Annahme der belangten Behörde, welche zu ihrer rechtlichen Schlußfolgerung geführt habe, durch das Beweisverfahren nicht gedeckt sei, seien Feststellungen zum Vorliegen der übrigen Tatbestandsvoraussetzungen überhaupt nicht getroffen worden.

Die Beschwerde erweist sich im Hinblick auf folgende Erwägungen als berechtigt:

Gemäß § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung - die mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,-

- oder mit einer Arreststrafe bis zu sechs Wochen zu ahnden ist -, wer ein Anmeldungsgewerbe (§ 5 Z. 1) ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

Gemäß § 6 Z. 1 GewO 1973 werden die Handwerke als Anmeldungsgewerbe bezeichnet, worunter gemäß § 94 Z. 41 die Kraftfahrzeugmechaniker und gemäß Z. 46 die Lackierer fallen.

Nach § 98 GewO 1973 steht den Kraftfahrzeugmechanikern (§ 94 Z. 41) neben der Befugnis zur Erzeugung und Instandsetzung von Kraftfahrzeugen (Motoren und Fahrgestellen) auch die Berechtigung zur Verrichtung von Arbeiten u.a. des Lackierergewerbes an Kraftfahrzeugen zu.

Der § 44a lit. a VStG 1950 stellt das Erfordernis der Angabe der als erwiesen angenommenen Tat auf. Nach § 44a lit. a VStG 1950 ist es u.a. rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird. Hiezu sind entsprechende, das heißt in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende, wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch die bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- und Verbotsnormen ersetzt werden können (vgl. hiezu u. a. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13. Juni 1984, Slg. N. F. Nr. 11.466/A).

Abgesehen davon, daß im vorliegenden Fall im Spruch des - im angefochtenen Bescheid zur Gänze übernommenen - erstbehördlichen Straferkenntnisses nicht angeführt wird, in bezug worauf dem Beschwerdeführer Reparatur- bzw. Lackierarbeiten zur Last gelegt werden, wird in weiterer Folge lediglich ausgeführt, daß der Beschwerdeführer somit unberechtigterweise das "Kraftfahrzeugmechanikerhandwerk" ausgeübt habe.

Abgesehen von der aufgezeigten mangelhaften Spruchfassung ist in Anführung des letztangeführten Zuordnungstatbestandes ("Kraftfahrzeugmechanikergewerbe") der belangten Behörde überdies insofern ein Subsumtionsirrtum unterlaufen, da im Falle des Fehlens einer derartigen Gewerbeberechtigung durchgeführte Tätigkeiten des "Lackiererhandwerks" - mögen sie auch an Kraftfahrzeugen durchgeführt worden sein -  diesem Gewerbe und nicht etwa schlechthin dem Kraftfahrzeugmechanikergewerbe zuzurechnen sind.

Eine weitere Rechtswidrigkeit ist aber der belangten Behörde auch in Ansehung der Bestimmung des § 1 Abs. 3 GewO 1973 insofern anzulasten, als sie das dort angeführte Selbständigkeitsmerkmal der "Tätigkeit auf eigene Rechnung und Gefahr" schlechthin schon aus dem Umstand des zumindestens teilweisen Zufließen eines wirtschaftlichen Vorteils aus den "Firmengeschäften" der Ehegattin des Beschwerdeführers als erfüllt ansah, da, wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 2. März 1977, Slg. N.F. Nr. 9263/A, dargelegt hat, der Wortlaut "Rechnung und Gefahr" im § 1 Abs. 3 GewO 1973 in seinem Zusammenhalt zu verstehen ist und danach das Selbständigkeitsmerkmal der Tragung des unternehmerischen Risikos umschreibt, das im Sinne dieser Gesetzesbestimmung immer auch ein Tätigsein des Gewerbetreibenden auf eigene Rechnung miterfaßt. Der bloße Umstand, des "Zufließens eines wirtschaftlichen Vorteils" indiziert somit noch nicht schlechthin auch das Vorliegen des "Tatbestandsmerkmales eines unternehmerischen Risikos" auf seiten des Beschwerdeführers.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid schon in Hinsicht darauf mit Rechtswidrigkeit des Inhalts, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu seiner Aufhebung zu führen hatte, ohne daß es einer Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringens bedurfte.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich im Rahmen des geltend gemachten Kostenersatzanspruches auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am 15. September 1987

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