Normen
EStG 1972 §28;
EStG 1972 §32 Z1 lita;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9.270,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführerin stand das Fruchtgenußrecht an einer Liegenschaft zu, aus dem sie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielte. Im Jahre 1982 verzichtete die Beschwerdeführerin auf ihr Fruchtgenußrecht und erhielt dafür vom Liegenschaftseigentümer im Jahre 1982 als Abfindung einen Betrag von S 250.000,-- und im Jahre 1983 einen Betrag von S 50.000,--. Das Finanzamt zog diese Beträge zur Einkommensteuer heran, wogegen die Beschwerdeführerin Berufung erhob. Stattgebende Berufungsvorentscheidungen des Finanzamtes behob die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 299 Abs. 2 BAO. Sie vertrat die Auffassung, das unübertragbare Fruchtgenußrecht sei durch den Verzicht der Beschwerdeführerin nicht auf den Liegenschaftseigentümer übergegangen, sondern untergegangen. Es liege daher keine - nicht steuerbare - Veräußerung eines Wirtschaftsgutes des Privatvermögens, sondern eine - steuerpflichtige - Entschädigung im Sinne des § 32 Z. 1 lit. a EStG 1972 vor.
Die Beschwerde macht inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend, während die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Im hg. Erkenntnis vom 16. September 1986, Zl. 83/14/0123, kommt zum Ausdruck, daß Erlöse aus der Übertragung der Einkunftsquelle selbst bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung grundsätzlich nicht unter § 32 Z. 1 lit. a EStG 1972 fallen. Dem Erlös aus der Veräußerung einer Einkunftsquelle, die der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dient, ist aber nach dem Erkenntnis Zl. 83/14/0123 eine Entschädigung für den Verlust der Einkunftsquelle gleichzusetzen. In beiden Fällen handelt es sich nämlich um eine bloße Vermögensumschichtung, die vom Tatbestand der Vermietung und Verpachtung, unter den nur bestimmte Vermögenserträge fallen, nicht umfaßt wird. Eine Einkunftsquelle stellt nach der Entscheidung vom 16. September 1986 jedoch auch regelmäßig ein Fruchtgenußrecht dar. Im einzelnen kann gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die Entscheidungsgründe des eben genannten Erkenntnisses hingewiesen werden. Aus ihnen geht hervor, daß der angefochtene Bescheid jedenfalls inhaltlich rechtswidrig und somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben ist. Die von der Beschwerdeführerin aufgeworfene verfahrensrechtliche Frage, ob das Finanzamt nicht schon mit der Berufungsvorentscheidung vom 2. Mai 1985 und nicht erst mit den beiden durch den angefochtenen Bescheid spruchmäßig behobenen Berufungsvorentscheidungen vom 5. Juli 1985 über die Berufung betreffend Einkommensteuer für 1982 und 1983 absprach, kann daher auf sich beruhen.
Nur der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, daß das in der Gegenschrift ins Treffen geführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Oktober 1977, Zl. 1173/77, Slg. Nr. 5187/F, mit dem Erkenntnis vom 16. September 1986, Zl. 83/14/0123, nicht in Widerspruch steht. Beide Entscheidungen sehen den Tatbestand des § 32 Z. 1 lit. a EStG 1972 nur bei einem - bereits bestehenden oder konkret zu erwartenden - Einnahmenverlust (und nicht beim Verlust der Einkunftsquelle selbst) erfüllt. Die Auffassung von Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuer-Handbuch2, Seite 687 zweiter Absatz, Entschädigungen an den Fruchtnießer für die Aufgabe des Fruchtgenußrechtes fielen unter § 32 Z. 1 lit. a EStG 1972, vermag der Gerichtshof in dieser allgemeinen Form aus den im Erkenntnis Zl. 83/14/0123 angeführten Gründen nicht zu teilen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.
Wien, am 10. Februar 1987
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)