VwGH 86/13/0165

VwGH86/13/016518.3.1987

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Iro, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rat Dr. Papierer, über die Beschwerde des Dr. OA in B, vertreten durch Dr. Wolfgang Schachinger, Rechtsanwalt in Badgastein, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 21. August 1986, GZ. 6/3 ‑ 3361/86, betreffend Vermögensteuer ab dem 1. Jänner 1977, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §209 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1987:1986130165.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,‑ ‑ binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Erbe nach der 1983 verstorbenen JD; diese war die Ehegattin des 1978 verstorbenen HD. Der Wohnsitz des Ehepaares befand sich in Wien, X Gasse. Mit Vorhalt vom 1. Dezember 1981 forderte das zuständige Finanzamt für den 6., 7. und 15. Bezirk JD zu Handen ihres steuerlichen Vertreters auf, die Vermögensteuererklärungen zum 1. Jänner 1977 und 1. Jänner 1980 einzubringen. In der Vorhaltsbeantwortung vom 13. Jänner 1982 wurde u. a. ausgeführt, die Vermögensteuererklärung zum 1. Jänner 1977 sei bereits am 3. April 1978 dem Finanzamt übermittelt worden. Gleichzeitig wurde eine Fotokopie dieser Erklärung vorgelegt.

Gegen einen am 27. Februar 1984 an HD und JD zu Handen des ausgewiesenen Steuerberaters erlassenen Vermögensteuerbescheid ab dem 1. Jänner 1977 wurde mit der Begründung Berufung erhoben, daß bereits Bemessungsverjährung eingetreten sei. Der Bescheid der belangten Behörde, mit welchem diesem Rechtsmittel nicht Folge gegeben wurde, wurde mit Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof angefochten. Nachdem das Bundesministerium für Finanzen durch Aufhebung des damals angefochtenen Bescheides gemäß § 299 BAO die beschwerdeführende Partei klaglosgestellt hatte, stellte der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 23. April 1985, Zl. 84/13/0269, das bei ihm anhängige Verfahren als gegenstandslos ein.

Am 24. April 1985 erließ das Finanzamt für den 6., 7. und 15. Bezirk neuerlich einen Vermögensteuerbescheid zum 1. Jänner 1977, welchen es an die Verlassenschaft nach JD zu Handen des Beschwerdeführers adressierte. Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Berufung wurde zurückgewiesen. Zum Zeitpunkt der Erlassung des in Rede stehenden Vermögensteuerbescheides sei der Nachlaß nach JD dem Beschwerdeführer als erbserklärten Erben bereits eingeantwortet gewesen. Der Bescheid hätte nach Ansicht der Finanzlandesdirektion nur dann Rechtswirkungen entfalten können, wenn er nicht an die Verlassenschaft sondern an den Beschwerdeführer als Erben gerichtet worden wäre.

Am 22. Mai 1986 erließ das Finanzamt hierauf einen an den Beschwerdeführer als Erben nach JD gerichteten Vermögensteuerbescheid ab dem 1. Jänner 1977. Gegen diesen erhob der Beschwerdeführer innerhalb offener Frist Berufung. In derselben wird Bemessungsverjährung gemäß § 207 BAO mit der Begründung eingewendet, daß die Ehegatten D bereits am 3. April 1978 eine Vermögensteuererklärung für den genannten Stichtag abgegeben hätten; die am 1. Dezember 1981 erfolgte Aufforderung zur Abgabe einer solchen Erklärung hätte daher keine Rechtswirkungen erzeugen können.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde dieses Rechtsmittel abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, daß durch die mit Vorhalt vom 1. Dezember 1981 erfolgte Zusendung der Vermögensteuererklärung zum 1. Jänner 1977 die Bemessungsverjährung betreffend der Vermögensteuer ab dem 1. Jänner 1977 unterbrochen worden sei. Es habe mit 1. Jänner 1982 eine neue, fünfjährige Verjährungsfrist zu laufen begonnen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Erstmals in der Beschwerde wird die Auffassung vertreten, daß das Finanzamt für den 6., 7. und 15. Bezirk in Wien für die Erlassung des in Rede stehenden Vermögensteuerbescheides ab 1. Jänner 1977 an „Dr. OA, wenn auch als Erbe nach JD“ örtlich nicht zuständig sei, da der Beschwerdeführer, „wie aktenkundig“, seinen Wohnsitz in B habe. „Diese Unzuständigkeit gilt naturgemäß“ auch für die belangte Behörde. Gestützt auf diese Ausführungen gelangt der Beschwerdeführer zu der Ansicht, daß der angefochtene Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde belastet sei.

Dieser Auffassung vermag sich der Gerichtshof nicht anzuschließen; zu Recht wird nämlich in der Gegenschrift in diesem Zusammenhang sinngemäß ausgeführt, der erstinstanzliche Bescheid richte sich ‑ wie sich aus der Adressierung eindeutig ergibt ‑ an den Beschwerdeführer nur in seiner Eigenschaft als Gesamtrechtsnachfolger (§ 19 BAO) nach der verstorbenen JD, dem die Verlassenschaft im Zeitpunkt der Erlassung dieses Bescheides bereits eingeantwortet worden war (vgl. auch Stoll, Bundesabgabenordnung, Wien 1980, Seite 42). Gegenstand des strittigen Vermögensteuerbescheides ist daher nicht die Vermögensbesteuerung des Beschwerdeführers, sondern vielmehr die der Verstorbenen. Da diese aber unbestrittenermaßen im Zuständigkeitsbereich des Finanzamtes für den 6., 7. und 15. Bezirk in Wien ihren Wohnsitz hatte, war dieses für die Erlassung des in Rede stehenden Vermögensteuerbescheides örtlich zuständig (§ 55 Abs. 1 BAO). Auf Grund dieser Sach- und Rechtslage ergibt sich die Zuständigkeit der belangten Behörde ‑ wie diese zu Recht in der Gegenschrift ausführt ‑ gemäß § 74 BAO.

Der Gerichtshof vermag aber auch der Meinung des Beschwerdeführers nicht zu folgen, daß im Streitfall bereits Bemessungsverjährung eingetreten sei.

Gemäß § 209 Abs. 1 BAO wird die Verjährung durch jede zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabenpflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.

Nach übereinstimmender Ansicht von Lehre und Rechtsprechung (vgl. Stoll a.a.O., Seite 493 ff und die dort angeführte hg. Judikatur) wird die Bemessungsverjährung durch Handlungen der sachlich zuständigen Abgabenbehörde unterbrochen, die auf Feststellung des Abgabenanspruches oder des Abgabenpflichtigen gerichtet sind, soferne diese Handlungen aus dem Bereich der Behörde hinaustreten, nach außen erkennbar werden und aus den Akten nachweisbar sind. Selbst ein gesetzwidriger Verwaltungsakt unterbricht die Verjährung, wenn er nach außen in Erscheinung getreten ist. Unterbrechende Wirkungen haben u. a. abgabenbehördliche Prüfungen, auch wenn ein Prüfungsauftrag nicht vorliegt, ferner die Zusendung von Abgabenerklärungen, sofern sie namentlich an eine bestimmte Person erfolgt, die Erlassung eines Bescheides, die Hinausgabe von Vorhalten usw.

Auf der Basis dieser Rechtsauffassung, von welcher abzugehen der Gerichtshof auch im Streitfall keine Veranlassung sieht, teilt er aber die von der belangten Behörde vertretene Ansicht, daß durch die mit Vorhalt vom 1. Dezember 1981 erfolgte Aufforderung an JD zur Abgabe der Vermögensteuererklärung zum 1. Jänner 1977, eine Unterbrechung der Bemessungsverjährung hinsichtlich der in Streit stehenden Abgabe im Sinne des § 209 Abs. 1 BAO eingetreten ist. Das bedeutet aber, daß mit Ablauf des Jahres 1981 die fünfjährige Verjährungsfrist (§ 207 BAO) neu zu laufen begonnen hat. Der dem Beschwerdeführer als Erben der JD laut dem in den vorgelegten Verwaltungsakten befindlichen Rückschein am 27. Mai 1986 zugestellte Vermögensteuerbescheid ab dem 1. Jänner 1977 wurde daher innerhalb der noch laufenden Verjährungsfrist erlassen.

Als aktenwidrig erweist sich die Beschwerdebehauptung, der Vorhalt vom 1. Dezember 1981 sei an „JD und HD zu Handen des Steuerberaters ES“ gerichtet worden; denn nach der im Verwaltungsakt erliegenden Durchschrift dieses Vorhaltes lautet die Anschrift vielmehr:

„DJ, z. Hd. Hr. SE“. Der im damaligen Zeitpunkt bereits verstorbene HD findet daher in dieser Adresse keine Erwähnung.

Ohne Bedeutung für den Streitfall ist aber auch der in der Beschwerde gerügte Umstand, daß die Begründung des angefochtenen Bescheides „keine Feststellung des Todestages des HD“ enthält.

Da aus dem Dargelegten der angefochtene Bescheid nicht mit der behaupteten Rechtswidrigkeit belastet erscheint, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am 18. März 1987

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