VwGH 86/13/0144

VwGH86/13/014416.9.1987

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Seiler, Dr. Iro, Dr. Drexler und Dr. Pokorny als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rat Dr. Papierer, über die Beschwerde der Dr. SK in W, vertreten durch Dr. Helmut Mühlgassner, Rechtsanwalt in Wien I, Riemergasse 11, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 10. Juli 1986, GZ. 6/3-3245/86, betreffend Umsatzsteuer 1979 bis 1983 und Einkommensteuer 1978 bis 1982, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §2 Abs1;
EStG 1972 §2 Abs2;
EStG 1972 §28;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1987:1986130144.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, welche nach ihren eigenen Angaben in den im vorgelegten Verwaltungsakt befindlichen Einkommensteuererklärungen eine "bei der Stadt Wien angestellte praktische Ärztin" ist, hat mit "Vereinbarung" vom 11. Juni 1980 ihrer Schwiegermutter MK hinsichtlich der in ihrem Eigentum stehenden Liegenschaft H (Einfamilienhaus mit Nebengebäuden) für die Dauer von 30 Jahren, also bis 30. Juni 2010, gegen Entgelt das Recht der Fruchtnießung gemäß § 509 ABGB eingeräumt. Anläßlich einer Betriebsprüfung bei der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Jahre 1978 bis 1982 stellte der Prüfer fest, daß der Beschwerdeführerin als Entgelt für die Überlassung des genannten Fruchtgenußrechtes monatlich S 3.507,--, 1980 daher erstmals insgesamt (für sechs Monate) S 21.042,--, in den folgenden Jahren aber jeweils im Gesamten S 42.084,-- zuflossen. Der Betriebsprüfer vertrat die Ansicht, daß es sich bei diesen Beträgen um Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 28 Abs. 1 Z. 3 EStG 1972 handle. In dem Schriftsatz vom 4. November 1985 hat die Beschwerdeführerin unter Punkt 2.3. ausdrücklich ausgeführt, daß "die Höhe der Einnahmen aus der Einräumung eines entgeltlichen Fruchtgenußrechtes ob der Liegenschaft EZ 169 des Grundbuches über die K.G. H, Haus in H ... im Zuge der Betriebsprüfung ... zutreffend festgestellt" worden sei.

Gegen die auf der Basis der Betriebsprüfung erlassenen Einkommensteuer und Umsatzsteuerbescheide 1978 bis 1982 erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Berufung, wobei sie hinsichtlich der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren allein noch in Streit stehenden steuerlichen Behandlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Zusammenhang mit der entgeltlichen Überlassung des erwähnten Fruchtgenußrechtes nur rügte, daß lediglich eine AfA im Ausmaß von 2 % des Einheitswertes der Liegenschaft vorgenommen worden sei. Beantragt wurde, "die Anschaffungskosten und Sanierungskosten für dieses Haus, verteilt über einen Zeitraum von 25 Jahren, abzuschreiben".

Mit Schreiben vom 26. Mai 1986 an die Beschwerdeführerin wies die belangte Behörde darauf hin, daß die Erstgenannte im Zuge des Berufungsverfahrens hinsichtlich der Liegenschaft in H Umsätze für 1979 mit S 0, für 1980 mit 21.042,--, für 1981 mit S 42.084,--, für 1982 mit S 42.084--, für 1983 mit S 42.084,--, für 1984 mit S 42.084,-- und für 1985 mit S 42.084,-- angegeben habe, welchen Beträgen jedoch Verluste 1979 von S 96.590,58, 1980 von S 146.422,36, 1981 von 192.937,14, 1982 von S 124.856,26, 1983 von S 13.778,92, ein Gewinn 1984 von S 4.895,13 und 1985 wieder ein Verlust von S 142.613,48 gegenüberstünden. Aus diesem Sachverhalt zog die belangte Behörde den Schluß, daß "im Zusammenhang mit der Liegenschaft H nicht von einer Einkunftsquelle im Sinne des Einkommensteuergesetzes gesprochen werden" könne.

In ihrer Vorhaltsbeantwortung vom 9. Juni 1986 bestritt die Beschwerdeführerin diese Auffassung der belangten Behörde und legte dar, daß der steuerliche Verlust des Jahres 1985, so wie dies von ihr schon vorher erklärt worden sei, mit S 304.966,72 und nicht - wie die belangte Behörde gemeint habe - mit S 142.613,48 anzunehmen wäre.

Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung hat die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid die Einkommensteuerbescheide 1978, 1980 und 1982 aufgehoben, die Einkommensteuerbescheide 1979 und 1981 sowie die Umsatzsteuerbescheide 1979 bis 1983 jedoch abgeändert. Begründend wird - soweit dies im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof noch von Relevanz ist - ausgeführt:

Unbestritten sei, daß die entgeltliche Einräumung eines Fruchtgenußrechtes an die Schwiegermutter "in den Jahren 1979 bis 1985 einen Verlust insgesamt in Höhe von S 874.657,-- erbrachte".

Selbst unter der unrealistischen Annahme, daß in Zukunft (für 1986 und 1987 habe die Beschwerdeführerin bereits Verluste im Ausmaß von S 48.796,-- bzw. S 61.746,-- in Aussicht gestellt) als Werbungskosten nur mehr die AfA in Betracht käme, könne in den verbleibenden Jahren (das Fruchtgenußrecht sei für 30 Jahre eingeräumt worden) der bereits entstandene Verlust bei weitem nicht gedeckt werden.

Sei aber bereits "heute" festzustellen, daß die Tätigkeit in ihrer Gesamtheit objektiv nicht "ertragsfähig" sei, so sei sie als Liebhaberei zu qualifizieren. In diesem Zusammenhang sei auch der 1984 auftretende geringe Gewinn unbeachtlich.

Da gemäß § 41 Abs. 1 Z. 1 EStG 1972, wenn im Einkommen Einkünfte enthalten seien, von denen ein Steuerabzug vom Arbeitslohn vorzunehmen sei, der Steuerpflichtige nur veranlagt werde, falls die anderen Einkünfte, ausgenommen die steuerabzugspflichtigen Einkünfte aus Kapitalvermögen, mehr als S 10.000,-- betragen hätten, dies jedoch, wie sich aus der ziffernmäßigen Berechnung ergeben würde, 1980 und 1982 nicht der Fall gewesen sei, wären die betreffenden Einkommensteuerbescheide aufzuheben gewesen.

Für 1979 betrage die Einkommensteuer bei einem zu versteuernden Einkommen von S 180.833,-- S 10.298,--.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde wird "zum Beschwerdepunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit" ausgeführt:

1. Es sei "hauptsächlich strittig", ob das Grundstück H "als Einkunftsquelle in Betracht kommt und deren Ergebnisse bei der Ermittlung des steuerlichen Einkommens zu berücksichtigen sind",

2. sei strittig, ob in den Jahren 1980 und 1982 eine Veranlagung durchzuführen gewesen sei oder nicht und

3. sei der angefochtene Bescheid auch insoweit mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet, als er ausspreche, daß die Einkommensteuerschuld der Beschwerdeführerin für 1979 S 10.298,-- betrage.

Als Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften werden Mängel in der Begründung des angefochtenen Bescheides geltend gemacht.

1. Einkunftsquelle Liegenschaft H

Aus der Bestimmung des § 2 Abs. 3 EStG 1972, wonach unter Einkünften der Gewinn bzw. der Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten zu verstehen ist, hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung abgeleitet, daß eine menschliche Betätigung nur dann als Einkunftsquelle anzusehen ist, wenn sie nach den Verhältnissen des einzelnen Falles geeignet ist, auf Dauer einen Gewinn oder einen Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen. Der im § 2 Abs. 2 leg. cit. ausdrücklich vorgesehene Ausgleich mit Verlusten, die sich aus den einzelnen Einkunftsarten ergeben, setzt das Vorliegen von Einkunftsquellen voraus und kann sich sinnvollerweise nur auf solche Verluste beziehen, die fallweise in einzelnen Veranlagungszeiträumen auftreten, ohne der betreffenden Einkunftsquelle die Eigenschaft einer längerfristigen ertragsbringenden wirtschaftlichen Aktivität zu nehmen (vgl. insbesondere das hg. Erkenntnis vom 12. November 1986, Zl. 86/13/0023, 0024, 0025).

Mit der Frage, ob die AfA eines mit einem Fruchtgenuß belasteten Gebäudes beim Gebäudeeigentümer zu ausgleichsfähigen Verlusten führen kann, hat sich der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausführlich auseinandergesetzt (vgl. z.B. hg. Erkenntnis vom 3. Dezember 1986, Zl. 84/13/0122). Er hat diese Frage beim unentgeltlich eingeräumten Fruchtgenuß im wesentlichen mit der Begründung verneint, daß der Gebäudeeigentümer für die Dauer der Belastung durch das Fruchtgenußrecht keine Möglichkeit habe, aus der Nutzung des Gebäudes als solchem Einnahmen und damit positive Einkünfte zu erwirtschaften. Gleiches wie hinsichtlich der AfA muß aber auch hinsichtlich anderer vom Gebäudeeigentümer getätigter Aufwendungen hinsichtlich des mit dem Fruchtgenußrecht belasteten Hauses gelten. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß der zivilrechtliche Eigentümer desselben mit der Möglichkeit rechnen kann, nach Wegfall der Belastung durch das Fruchtgenußrecht allenfalls selbst wieder positive Einkünfte aus dem Gebäude zu erwirtschaften. Sobald dies der Fall ist - aber erst dann - steht ihm mit dem Gebäude wieder eine Einkunftsquelle zur Verfügung, was zur Folge hat, daß Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Gebäude wieder den Charakter von steuerlich abzugsfähigen Werbungskosten erhalten. Solange dies aber nicht der Fall ist, können aus dem fruchtgenußbelasteten Gebäude in der Regel nur dem Fruchtgenußberechtigten, nicht aber dem zivilrechtlichen Eigentümer Einkünfte im Sinne des Einkommensteuergesetzes zugerechnet werden.

Wurde das Fruchtgenußrecht gegen Entgelt eingeräumt, ist das Entgelt bei Klärung der Frage, ob das Gebäude (die Liegenschaft) als Einkunftsquelle anzusehen ist, mitzuberücksichtigen. Übersteigt das Entgelt für die Einräumung des Fruchtgenußrechtes auf Dauer gesehen die vom belasteten Eigentümer zu tragenden Aufwendungen einschließlich der AfA, liegt eine Einkunftsquelle für den Eigentümer vor. Ergibt diese Gegenüberstellung der Einnahmen und Ausgaben dauernde Verluste, ist das Vorliegen einer Einkunftsquelle zu verneinen.

Die Beschwerdeführerin hat für die Jahre 1979 bis 1985 (mit Ausnahme des Jahres 1984, für das ein Einnahmenüberschuß von S 4.895,-- ausgewiesen wurde) ständig erhebliche Verluste errechnet (laut Beschwerde betragen die "sonstigen Werbungskosten" für die Jahre 1979 bis 1985 allein S 1,020.478,--, bei jährlichen Einnahmen von S 42.084,--).

Bei dieser Sachlage ist die belangte Behörde mit Recht davon ausgegangen, daß die Liegenschaft in H nicht als Einkunftsquelle der Beschwerdeführerin anzusehen ist.

2. Veranlagung der Jahre 1980 und 1982

Sind im Einkommen Einkünfte enthalten, von denen ein Steuerabzug vom Arbeitslohn vorzunehmen ist, so wird der Steuerpflichtige gemäß § 41 Abs. 1 Z. 1 EStG 1972 nur veranlagt, wenn die anderen Einkünfte, ausgenommen die steuerabzugspflichtigen Einkünfte aus Kapitalvermögen, mehr als S 10.000,-- betragen haben.

Für das Erreichen der Veranlagungsgrenze von S 10.000,-- ist der Saldo der Einkünfte, von denen kein Steuerabzug vorzunehmen ist, maßgebend. Nicht ausgleichsfähige Verluste haben dabei außer Betracht zu bleiben (vgl. Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuerhandbuch, 2. Auflage, S. 777).

Gemäß § 2 Abs. 4 Z. 2 EStG 1972 sind Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 4 bis 7 leg. cit. - nur um solche handelt es sich im Streitfall - der Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten.

Die belangte Behörde ist bei Überprüfung der Frage, ob in den beiden oben genannten Veranlagungsjahren 1980 und 1982 die Veranlagungsgrenze von S 10.000,-- erreicht wird oder nicht vom Saldo jener Einkünfte (= Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten), von denen kein Steuerabzug vorzunehmen war, ausgegangen. Sie hat dabei jene Beträge herangezogen, welche auch die Beschwerdeführerin in ihrer Berufungsergänzung vom 28. April 1986 auf Seite 4 anführt.

Wenn nunmehr in der Beschwerde praktisch die Auffassung vertreten wird, die belangte Behörde hätte bei der in Rede stehenden Überprüfung nicht die Einkünfte sondern die Einnahmen zu berücksichtigen gehabt, so findet dies in den betreffenden gesetzlichen Bestimmungen keine Deckung.

3. Einkommensteuerschuld 1979

Diesbezüglich vermeint die Beschwerdeführerin eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin erblicken zu müssen, daß ihre Einkommensteuerschuld für 1979 von der belangten Behörde mit S 10.298,-- anstatt mit S 10.108,-- errechnet wurde.

Diese Rüge der Beschwerdeführerin beruht offensichtlich auf einem Irrtum derselben. Ebenso wie die belangte Behörde geht sie zwar von einem Einkommen von S 180.800,-- aus, bei der Ermittlung der Steuer gemäß § 33 Abs. 1 EStG 1972 jedoch berechnet sie wohl die Abgabe für die ersten, zweiten und dritten S 50.000,-- (23 v.H., 28 v.H., 33 v.H.) richtig, legt aber der Berechnung der Abgabe (38 v.H.) für den auf S 180.800,-- noch verbleibenden Betrag fälschlicherweise im Gegensatz zur belangten Behörde nicht S 30.800,-- sondern nur S 30.300,-- zugrunde. Aus diesem Fehler der Beschwerdeführerin allein ergibt sich die von ihr danach zu Unrecht gerügte Differenz in der Abgabenschuld.

Richtig ist zwar, daß in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Einkommensteuer der Beschwerdeführerin für 1979 gemäß § 33 EStG 1972 mit S 54.704,-- anstatt mit S 53.704,-- angegeben ist; doch hat dieser offenkundige Schreibfehler betreffend einer Ziffer, der schon - worauf in der Gegenschrift richtig hingewiesen wird - durch richtige Summierung in der Begründung ausgeglichen wird, jedenfalls im Spruch des angefochtenen Bescheides keinen Niederschlag gefunden.

Da aus dem Dargelegten die Beschwerde unbegründet erscheint, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen. Von der Durchführung der beantragten Verhandlung war abzusehen, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens im Sinne des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG erkennen ließen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am 16. September 1987

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