VwGH 86/12/0125

VwGH86/12/012514.12.1987

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zach und die Hofräte Dr. Seiler. Dr. Herberth, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Janistyn, über die Beschwerde des WF in K, vertreten durch Dr. Franz M. Unterasinger, Rechtsanwalt in Graz, Schmiedgasse 31,, gegen den Bescheid der Studienkommission für die Studienrichtung Mathematik an der Universität Graz vom 5. Februar 1986, Zl. 31/29‑2 ex 1985/86, betreffend Nichtanerkennung von Lehrveranstaltungen und Prüfungen nach dem Allgemeinen Hochschul‑Studiengesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AHStG §21
AVG §58 Abs2
AVG §60

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1987:1986120125.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird, soweit damit die an der Montanuniversität Leoben im Rahmen der Studienrichtung Werkstoffwissenschaften abgelegten Prüfungen über Vorlesungen zur Höheren Mathematik I, II und III (5 + 4 + 2 st.) als Prüfungsteile aus Analysis für Lehramtskandidaten für den Studienzweig Mathematik (Lehramt an Höheren Schulen) an der Universität nicht anerkannt werden, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.720,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer richtete am 3. Oktober 1985 unter Anschluß verschiedener Beilagen an die Universitätsdirektion bzw. das Dekanat der Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Leoben einen Antrag auf Anrechnung der von ihm an der Montanuniversität Leoben (Werkstoffwissenschaften) in den Studienjahren 1982/83 bis 1984/85 inskribierten Semester und absolvierten Studien sowie auf Anerkennung folgender Prüfungen für die Studienrichtung Mathematik (Lehramt) an der Universität Graz:

Vorlesungen (VL): Höhere Mathematik (erster Teil/fünf Wochenstunden/befriedigend)

Höhere Mathematik (zweiter Teil/vier Wochenstunden/genügend)

Höhere Mathematik (dritter Teil/zwei Wochenstunden/sehr gut)

sowie die dazu gehörigen Übungen (erster Teil/drei Wochenstunden/gut; zweiter Teil/drei Wochenstunden/befriedigend; dritter Teil/eine Wochenstunde/befriedigend).

Vorlesung (VL): Mathematische Statistik (zwei Wochenstunden/genügend) sowie die dazu gehörige Übung (eine Wochenstunde/genügend).

Der Vorsitzende der Studienkommission für die Studienrichtung Mathematik an der Universität Graz gab mit Bescheid vom 11. November 1985 diesem Antrag teilweise statt. Dem Beschwerdeführer wurden gemäß § 21 Abs. 1 und 5 des Allgemeinen Hochschul‑Studiengesetzes (AHStG) für den Studienzweig Mathematik (Lehramt an Höheren Schulen) auf Grund der an der Montanuniversität Leoben im Rahmen der Studienrichtung Werkstoffwissenschaften zurückgelegten Studien

1. zwei Semester für den ersten Studienabschnitt angerechnet;

2. die absolvierten Lehrveranstaltungen bzw. abgelegten Prüfungen

a) mathematische Statistik (VL, 2 st. und UE, 1 st.) als Prüfung über eine Vorlesung aus dem Bereich der Stochastik des Prüfungsfaches Analysis (VL, 2 st. u. UE, 1 st.) anerkannt;

b) Höhere Mathematik 1. Teil (VL, 5 st. u. UE, 3 st.), Höhere Mathematik 2. Teil (VL, 4 st. u. UE, 3 st.) sowie Höhere Mathematik 3. Teil (VL, 2 st. u. UE, 1 st.) als Lehrveranstaltungen bzw. Prüfungen nicht anerkannt.

In der Begründung wies die Behörde erster Instanz darauf hin, daß die vom Antragsteller im Rahmen der Studienrichtung Werkstoffwissenschaften absolvierten Lehrveranstaltungen bzw. abgelegten Prüfungen aus Höherer Mathematik im Studienplan für den Studienzweig Mathematik (Lehramt an Höheren Schulen) keine gleichwertige Entsprechung fänden, weshalb eine Anerkennung nicht erfolgen habe können.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er folgende Abänderung des Punktes 2 lit. b des angefochtenen Bescheides begehrte:

„1. Höhere Mathematik I (5 Stunden) VL, Höhere Mathematik II (4 Stunden) VL und Höhere Mathematik III (2 Stunden) VL sollen für die Vorlesung Analysis für Lehramtskandidaten anerkannt werden.

2. Die Übungen zu Höherer Mathematik I (3 Stunden), zu Höherer Mathematik II (3 Stunden) und zu Höherer Mathematik III (1 Stunde) sollen für die Übungen aus Analysis für Lehramtskandidaten anerkannt werden.“

Der Beschwerdeführer begründete sein Begehren auf Anrechnung der Vorlesungen „Höhere Mathematik I bis III“ im wesentlichen damit, daß sie - wie aus dem angeschlossenen Inhaltsverzeichnis dieser Vorlesungen hervorgehe - eine Vielfalt an Stoff aus dem Bereich der Analysis für Lehramtskandidaten enthielten. Im übrigen könne man auch auf Grund des großzügigen Stundenverhältnisses (11:4) von einer Abdeckung sprechen. Analoges gelte auch für die beantragte Anrechnung der zugehörigen Übungen, die zur Vertiefung des Stoffes dienten, wobei in diesem Fall das Stundenverhältnis 7:2 betrage.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung teilweise Folge und änderte Punkt 2 lit. b des erstinstanzlichen Bescheides insofern ab, als die Übungen zur Höheren Mathematik I, II und III (3 + 3 + 1 st.) als Übungen aus Analysis für Lehramtskandidaten anerkannt wurden. Hingegen wurden die Prüfungen über Vorlesungen zur Höheren Mathematik I, II und III (5 + 4 + 2 st.) gemäß § 21 Abs. 5 AHStG als Prüfungsteile aus Analysis für Lehramtskandidaten nicht anerkannt. Die Begründung beschränkt sich im wesentlichen auf folgenden Satz:

Eine Überprüfung der Stoffinhalte der vom Berufungswerber absolvierten Lehrveranstaltungen hat ergeben, daß die im Spruch genannten Vorlesungen nach Inhalt und Umfang der Anforderungen dem im Studienplan vorgesehenen Prüfungsteil aus Analysis nicht entsprechen; es konnte nur hinsichtlich der Übungen Übereinstimmung der behandelten Stoffinhalte festgestellt werden.“

Es sei daher nur die im Spruch ersichtliche teilweise Anerkennung möglich gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, mit der der Beschwerdeführer begehrt, den angefochtenen Bescheid im Umfang der Abweisung seiner Berufung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Dem Inhalt der Beschwerde nach erachtet sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Anerkennung gleichwertiger Prüfungen nach § 21 Abs. 5 AHStG verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten vorgelegt und mangels Erzielung der erforderlichen Mehrheit für einen Entwurf von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen. Statt dessen wurden eine vom Vorsitzenden der Studienkommission O.Univ.Prof. Dr. F und gezeichnete „Gegendarstellung“ zur Beschwerde des Beschwerdeführers sowie eine diese Gegendarstellung ablehnende Stellungnahme der Mitglieder der Studienkommission Dr. J und Dr. M in Form einer Anlage zur Studienkommissionssitzung vom 27. Juni 1986 vorgelegt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 21 Abs. 5 des Allgemeinen Hochschul-Studiengesetzes, BGBl. Nr. 177/1966, sind die an einer inländischen Hochschule für das Studium einer anderen Studienrichtung oder die an einer ausländischen Hochschule abgelegten Prüfungen von der zuständigen Prüfungskommission oder der zuständigen akademischen Behörde anzuerkennen, soweit sie den nach der anzuwendenden Studienordnung vorgeschriebenen Prüfungen gleichwertig sind.

Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 des Universitäts-Organisationsgesetzes (UOG), BGBl. Nr. 258/1975, ist zur Entscheidung über Anträge Studierender in Studienangelegenheiten in erster Instanz der Vorsitzende der Studienkommission (§ 59 Abs. 4 und 5), in zweiter und letzter Instanz die Studienkommission (§ 58 lit. e) zuständig. Nach der abschließenden Aufzählung der Studienangelegenheiten in Abs. 3 zählen hiezu gemäß dessen lit. c auch die Anrechnung von Studien und Anerkennung von Prüfungen (§ 21 des Allgemeinen Hochschul‑Studiengesetzes).

Die belangte Behörde hatte in dem der Beschwerde zugrunde liegenden Verfahren gemäß § 7 Abs. 4 UOG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 (AVG 1950) anzuwenden.

Gemäß § 45 Abs. 2 AVG 1950 hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Nach der Anordnung des § 58 Abs. 2 AVG 1950 sind Bescheide, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wurde, zu begründen. Gemäß § 60 AVG 1950 sind in der Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgeblichen Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Aus der Begründung eines Bescheides muß demnach erkennbar sein, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zur Ansicht gelangt ist, daß gerade dieser Sachverhalt vorliegt, und aus welchen Gründen die Behörde den festgestellten Sachverhalt nach einem bestimmten Tatbestand beurteilt (vgl. z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. November 1981, Zlen. 81/11/0009, 0041, und vom 20. November 1984, Zl. 84/07/0042).

Diesen an die Begründung eines Bescheides gestellten gesetzlichen Anforderungen wird der angefochtene Bescheid in keiner Weise gerecht.

Sowohl der Bescheid erster Instanz als auch der angefochtene Bescheid lassen jede nähere Begründung dafür vermissen, warum die vom Beschwerdeführer begehrte Anerkennung nicht erteilt wird. Der von der belangten Behörde verwendeten Wendung, eine Überprüfung der Stoffinhalte der vom Beschwerdeführer absolvierten Lehrveranstaltungen habe ergeben, daß die Vorlesungen zur Höheren Mathematik nach Inhalt und Umfang den Anforderungen dem im Studienplan (Studienrichtung Mathematik für das Lehramt an Höheren Schulen) vorgesehenen Prüfungsteil aus Analysis nicht entsprächen, läßt sich nämlich nicht in einer der nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof genügenden Weise entnehmen, wie die belangte Behörde zur Verneinung der Gleichwertigkeit gekommen ist. Es wäre erforderlich gewesen, insbesondere unter Heranziehung der jeweils zur Anwendung kommenden studienrechtlichen Vorschriften, darzulegen, welcher Stoff in welchem Schwierigkeitsgrad und in welchem Umfang jeweils durch die zu vergleichenden Lehrveranstaltungen vermittelt wird.

Daraus ergibt sich, daß einerseits infolge fehlender Sachverhaltsfeststellung der angefochtene Bescheid ergänzungsbedürftig geblieben ist, andererseits die belangte Behörde Verfahrensvorschriften über die Begründungspflicht außer acht gelassen hat, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Der angefochtene Bescheid war deshalb im beantragten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes angeführt wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 14. Dezember 1987

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