VwGH 86/07/0095

VwGH86/07/009513.1.1987

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Fürnsinn und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Landesregierungsrat Dr. Müllner, über die Beschwerde des FS in K, vertreten durch Dr. Franz Kampel, Rechtsanwalt in Neulengbach 2, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung vom 22. Oktober 1986, Zl. VI/3-AO-155/173, betreffend Kostenvorschreibung im Zusammenlegungsverfahren P (mitbeteiligte Partei: Zusammenlegungsgemeinschaft P, vertreten durch den Obmann LS in P), zu Recht erkannt:

Normen

AgrVG §1;
AVG §37;
AVG §45 Abs3;
FlVfGG §8 Abs2 impl;
FlVfLG NÖ 1975 §114;
FlVfLG NÖ 1975 §115 Abs3;
AgrVG §1;
AVG §37;
AVG §45 Abs3;
FlVfGG §8 Abs2 impl;
FlVfLG NÖ 1975 §114;
FlVfLG NÖ 1975 §115 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer hat seine Zahlungspflicht für ihm von der mitbeteiligten Zusammenlegungsgemeinschaft (in der Folge kurz: ZG) vorgeschriebene anteilige Kosten des Zusammenlegungsverfahrens P bestritten und hierüber die Entscheidung der Agrarbehörden beantragt.

Mit Bescheid vom 8. Juli 1985 hat die Niederösterreichische Agrarbezirksbehörde (in der Folge kurz: ABB) in erster Instanz gemäß § 116 Abs. 1 des Niederösterreichischen Flurverfassungs-Landesgesetzes 1975, LGBl. Nr. 6650 (in der Folge kurz: FLG), entschieden, daß die dem Beschwerdeführer von der ZG vorgeschriebenen Beiträge (zweite bis achte Rate) zu Recht bestünden; gleichzeitig stellte die ABB fest, daß keine offensichtlichen und unbilligen Härten im Sinne des § 115 Abs. 1 FLG vorlägen, wenn der Beschwerdeführer diese Kosten anteilig trage. Begründend führte die ABB hiezu aus, daß offensichtliche und unbillige Härten nur dann vorlägen, wenn die betreffende Partei aus dem Verfahren überhaupt keine oder nur unbedeutende Vorteile gezogen habe. Parteien, in deren Eigentum durch das Verfahren Mängel der Agrarstruktur beseitigt oder zumindest in höchstmöglich erzielbarem Ausmaß gemildert würden, zögen jedoch aus dem Verfahren einen Vorteil. Dies träfe für den Beschwerdeführer zu, weshalb die Beitragsvorschreibungen dem Grunde nach zu Recht bestünden. Diese Beitragsvorschreibungen seien auch der Höhe nach richtig berechnet, weil die ZG die vorgeschriebenen Raten nach dem jeweils festgesetzten Beitragsschlüssel (einbezogene Fläche bzw. Wert der Grundabfindungen) ermittelt habe.

In seiner dagegen erhobenen Berufung macht der Beschwerdeführer insbesondere geltend, er habe entgegen der Auffassung der ABB durch das Zusammenlegungsverfahren keinerlei Vorteile erlangt.

Die belangte Behörde holte zu dieser Berufung einen Erhebungsbericht durch ein damit betrautes Mitglied des erkennenden Senates ein und gewährte dem Beschwerdeführer dazu das Parteiengehör. Nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung gab die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 22. Oktober 1985 der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 nicht Folge. Die belangte Behörde ging dabei sachverhaltsmäßig davon aus, daß der Beschwerdeführer in das Zusammenlegungsverfahren neun Altgrundstücke im Gesamtausmaß von 3,1227 ha eingebracht habe. Dafür seien dem Beschwerdeführer zwei Abfindungsgrundstücke im Ausmaß von 0,6607 ha bzw. 2,3196 ha zugewiesen worden. Es sei daher durch das Zusammenlegungsverfahren die Anzahl der Wirtschaftskomplexe des Beschwerdeführers verringert worden, als weitere Verbesserungen müßten der Wegfall ungünstig geformter Grundstücke bzw. unwirtschaftlich kleiner Altgrundstücke angesehen werden, ferner sei die Verkehrserschließung verbessert worden. Die Berufungseinwendungen beträfen zum großen Teil die Gesetzmäßigkeit der Abfindung, über welche jedoch im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden sei. Die ziffernmäßige Höhe der einzelnen Beitragsvorschreibungen habe der Beschwerdeführer unbekämpft gelassen. Betrachte man die Abfindungen des Beschwerdeführers, so müsse man somit feststellen, daß das Zusammenlegungsverfahren für ihn einige Vorteile gebracht habe. Schon deshalb könne man nicht vom Vorliegen von offensichtlichen und unbilligen Härten sprechen, die seine gänzliche oder teilweise Befreiung von den Kosten des Zusammenlegungsverfahrens im Sinne des § 115 Abs. 3 FLG rechtfertigen würden. Soweit die Berufungseinwendungen die Gesetzmäßigkeit der Abfindung beträfen, könnten sie hier nicht untersucht werden, da die Gesetzmäßigkeit der Abfindung nicht Bescheidinhalt sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 114 Abs. 1 FLG haben die Parteien unbeschadet der Bestimmungen des § 8 Agrarverfahrensgesetz 1950 bestimmte, im Zuge des Zusammenlegungsverfahrens auflaufende Kosten zu tragen. Gemäß § 115 Abs. 1 FLG sind die gemäß § 114 anfallenden Kosten, wenn nichts anderes vereinbart wurde, nach dem Verhältnis der Werte der Grundabfindungen auf die Parteien umzulegen. Die Beiträge sind nach Maßgabe des jeweiligen Bedarfes in Teilbeträgen einzuheben, die, solange der Aufteilungsschlüssel noch nicht feststeht, nach einem vorläufigen Schlüssel vorzuschreiben und als Abschlagszahlungen zu verrechnen sind. Soweit es zur Vermeidung offensichtlicher und unbilliger Härten für einzelne Parteien erforderlich ist, hat die Behörde gemäß § 115 Abs. 3 FLG diese Parteien zu Lasten aller übrigen oder einzelner anderer Parteien, die aus dem Verfahren unverhältnismäßig größere Vorteile ziehen, von den Kosten ganz oder teilweise zu befreien. Wird von einer Partei die ihr von der Zusammenlegungsgemeinschaft angelastete Zahlungspflicht nicht anerkannt, dann hat hierüber nach § 116 Abs. 1 FLG die Behörde zu entscheiden.

Im Beschwerdefall ist weder die Gesamthöhe der erfolgten Beitragsvorschreibungen noch der von der ABB angewendete Beitragsschlüssel noch die Zuständigkeit der Agrarbehörden zur Entscheidung über die Zahlungspflicht des Beschwerdeführers strittig. Strittig ist vielmehr ausschließlich die Frage, ob der Beschwerdeführer dadurch in seinen Rechten verletzt worden ist, daß die Agrarbehörden sein Vorbringen nicht zum Anlaß seiner gänzlichen oder teilweisen Befreiung von den vorgeschriebenen Kosten genommen haben.

Ob eine Partei zu Lasten aller übrigen oder einzelner anderer Parteien des Zusammenlegungsverfahrens gemäß § 115 Abs. 3 FLG von den gemäß § 114 FLG anfallenden Kosten befreit werden darf, hängt davon ab, ob dies zur Vermeidung offensichtlicher und unbilliger Härten für jene Partei erforderlich ist. Derartige Härten müssen mit einem aus dem Verfahren für andere Parteien erfließenden Vorteil in Zusammenhang stehen. Der Gesetzgeber stellt somit nicht auf subjektive Kriterien, wie etwa die Einkommens- oder Vermögenslage der um Befreiung ansuchenden Partei, sondern auf besondere aus dem Zusammenlegungsverfahren für die Partei entspringende Nachteile ab (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Juli 1978, Zl. 823/78). Dem Beschwerdevorbringen, der Beschwerdeführer hätte schon infolge seiner mangelnden Zahlungsfähigkeit von den strittigen Kostenzahlungen befreit werden müssen, kam daher schon aus diesem Grunde keine rechtliche Bedeutung zu.

Von diesem Vorbringen abgesehen hat der Beschwerdeführer die ihm aus der Kostenzahlung erwachsenden offensichtlichen und unbilligen Härten ausschließlich darin erblickt, daß die bisherigen Ergebnisse des Zusammenlegungsverfahrens für ihn nicht ausreichend vorteilhaft ausgefallen seien. Die belangte Behörde hat sich auf Grund dieses Vorbringens mit Recht mit der Frage befaßt, welche Abfindungen dem Beschwerdeführer anstelle seiner Altgrundstücke zugewiesen wurden und ob und inwieweit hiedurch für den Beschwerdeführer Vorteile geschaffen wurden. Der Beschwerdeführer räumt übrigens in der Beschwerde ein, daß das Zusammenlegungsverfahren für ihn einige Vorteile gebracht habe. Davon geht auch der Verwaltungsgerichtshof aus, zumal die Feststellungen der belangten Behörde zur Arrondierung des Grundbesitzes des Beschwerdeführers ebenso unbestritten geblieben sind wie jene zur besseren Verkehrserschließung des Zusammenlegungsgebietes.

Demgegenüber ist weder aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers noch aus den vorgelegten Akten ersichtlich, daß dem Beschwerdeführer durch das Zusammenlegungsverfahren unverhältnismäßige Nachteile zugefügt worden wären. Bei dieser Sachlage kann in der Beurteilung der belangten Behörde, eine offensichtliche und unbillige Härte zu Lasten des Beschwerdeführers läge nicht vor, eine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers gemäß § 115 Abs. 3 FLG nicht erblickt werden.

Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erblickt der Beschwerdeführer darin, daß im Verfahren vor der belangten Behörde eine Beweisaufnahme durch Erstellung eines Erhebungsberichtes ohne seine Verständigung und Beiziehung an Ort und Stelle stattgefunden habe. Dazu ist zu sagen, daß das Gesetz eine Verfahrensvorschrift, wonach Parteien bei Beweisaufnahmen unmittelbar beizuziehen seien, nicht kennt. Die Möglichkeit, die Ergebnisse dieser Erhebungen zur Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen, wurde dem Beschwerdeführer im Verfahren vor der belangten Behörde eingeräumt, er hat davon auch Gebrauch gemacht. Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher nicht zu erkennen, daß der angefochtene Bescheid in einem mangelhaften Verfahren zustande gekommen wäre. Nur der Vollständigkeit halber sei angemerkt, daß in der Beschwerde auch nicht aufgezeigt wird, welche zusätzlichen oder anders gearteten Beweisergebnisse dadurch hätten herbeigeführt werden können, daß der Beschwerdeführer persönlich zu den Erhebungen an Ort und Stelle beigezogen worden wäre oder daß die belangte Behörde allenfalls eine gutachtliche Stellungnahme eines landwirtschaftlichen Sachverständigen zusätzlich eingeholt hätte.

Da im Verfahren vor den Agrarbehörden somit nicht hervorgekommen ist, daß für den Beschwerdeführer offensichtliche und unbillige Härten im Sinne des § 115 Abs. 3 FLG vorliegen, ist dem Antrag des Beschwerdeführers auf Befreiung von Lasten im Sinne dieser Gesetzesstelle mit Recht nicht entsprochen worden und es war die Beschwerde daher - ohne daß damit der Prüfung der Gesetzmäßigkeit des Zusammenlegungsplanes vorgegriffen wird, die nicht Gegenstand dieses Verfahrens war - gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf § 47 und auf § 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG im Zusammenhalt mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.

Wien, am 13. Jänner 1987

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