VwGH 86/05/0136

VwGH86/05/013614.4.1987

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Straßmann und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Domittner als Richter, im Beisein des Schriftführers Landesregierungsrat Dr. Müllner, über die Beschwerde der M H in W, der A L in H sowie der E B in W, alle vertreten durch Dr. Bruno Binder, Rechtsanwalt in Linz, Wischerstraße 30, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 18. August 1986, Zl. BauR‑5643/4‑1986 See/Fei, betreffend baupolizeiliche Aufträge (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Linz, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §59 Abs1
BauO OÖ 1976 §41 Abs1 lite
BauO OÖ 1976 §59 Abs1 idF 1980/059
BauO OÖ 1976 §60 Abs1 idF 1983/082
BauO OÖ 1976 §60 Abs2 idF 1983/082
BauRallg
VVG §1
VVG §4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1987:1986050136.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer sind verpflichtet, dem Bundesland Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,‑ ‑ und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 9.270,‑ ‑ binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Anläßlich der Augenscheinsverhandlung am 9. Februar 1983 stellte ein technischer Amtssachverständiger des Magistrates Linz an dem dreigeschossigen Wohnhaus und dem ebenerdigen Nebengebäude auf der den Beschwerdeführern gehörigen Liegenschaft F‑straße 7 eine Reihe von Bauschäden fest. So wurde festgestellt, daß die straßenseitige Fassade beachtliche Verputzschäden aufweise, einzelne Flächen sich bereits gelöst haben und abgefallen seien, weitere Bereiche der Fassade nicht mehr die ausreichende Haftfähigkeit zum Mauergrund aufwiesen und ebenfalls vom Absturz bedroht seien. Weitere Verputzschäden seien an der Hoffassade des Hauptgebäudes vorhanden. Die Dachkonstruktion lasse durch laufende Feuchtigkeitseinwirkungen Mängel und Fäulnisschäden an den Sparren und Bindern erkennen, die Dachlattung und die aus Biberschwänzen bestehende Dacheindeckung sei schadhaft, wodurch an mehreren Stellen Niederschlagswasser in den Dachbodenraum eindringe. Die Schäden an der Dachkonstruktion, an der Dachlattung und der Eindeckung hätten einen Umfang angenommen, daß eine Erneuerung dieser Bereiche unbedingt erforderlich sei. Schließlich seien die Wohnungsfenster an der Straßen‑ und Hofseite schadhaft und wiesen Mängel an den Holzverbindungen und „an der Dichtheit“ auf. Die Dachkonstruktion des an der südlichen Grundgrenze im Anschluß an das Haus F‑straße 9 errichteten Nebengebäudes zeige Fäulnisschäden, die unterseitige Verkleidung sei an einer ca. 2 m2 großen Stelle eingestürzt. Durch diese Schäden sei die erforderliche Tragfähigkeit der Dachkonstruktion nicht mehr gewährleistet, sodaß vorerst ein Benützungsverbot für dieses Nebengebäude und in weiterer Folge die Instandsetzung aufzutragen sei. Diese Schäden und Mängel seien als Baugebrechen im Sinne des § 60 der OÖ Bauordnung zu qualifizieren, da durch abstürzende Putzflächen bei den Fassaden des Hauptgebäudes und durch nicht auszuschließenden Einsturz der Dachkonstruktion beim Haupt‑ und Hofgebäude eine Gefährdung von Personen nicht auszuschließen und darüber hinaus durch den schadhaften Zustand der straßenseitigen Fassade auch eine Störung des Ortsbildes gegeben sei. In einem Sachverständigengutachten wurden eine Reihe von Bauaufträgen als erforderlich erachtet.

Der Vertreter der Beschwerdeführer behauptete, es würden lediglich geringfügige Mängel vorliegen, die weder eine Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Menschen oder für fremde Sachwerte noch eine Verunstaltung des Orts‑ und Landschaftsbildes befürchten ließen. Hinsichtlich der Verputzschäden bestehe keine Gefahr für Menschen und es sei auch bisher nie zu einer Gefährdung gekommen. Durch die Dachkonstruktion des Hauses und des Nebengebäudes bestehe keinerlei Einsturzgefahr. Es würden keinerlei Baugebrechen im Sinne des § 60 der OÖ Bauordnung vorliegen, sodaß die im Gutachten vorgesehenen Aufträge nicht gerechtfertigt seien.

Zu diesem Vorbringen stellte der als Verhandlungsleiter fungierende technische Amtssachverständige fest, daß auch von einem Nichtfachmann durch bloßen Augenschein festzustellen sei, daß der straßenseitige Außenverputz an mehreren Stellen und auch in zusammenhängenden Flächen sich vom Mauerwerksgrund gelöst habe und jederzeit mit dem Abfallen zusammenhängender Flächen gerechnet werden müsse. Auch seien an der nordwestlichen Ecke noch Putzreste am Gehsteig vorgefunden worden, die von abgestürzten Putzflächen herrührten. Wenn sich schon einige Quadratmeter des straßenseitigen Verputzes gelöst hätten, könne die Baubehörde es nicht verantworten, daß wegen der Gefährdung von Personen nicht das sofortige Abschlagen der nicht mehr ausreichend am Mauerwerksgrund haftenden Putzflächen vorgeschrieben würde. Die Dachkonstruktion habe sich sowohl beim Hauptgebäude als auch beim Hofgebäude an einigen Stellen so stark durchgebogen, daß bei Auftreten einer entsprechenden Schnee‑ oder Windlast sehr wohl mit dem Einsturz gerechnet werden müsse, wodurch eine Gefährdung von Personen nicht ausgeschlossen werden könne. Daß durch die schadhafte straßenseitige Fassade eine Störung des Ortsbildes gegeben sei, erscheine auch deshalb ohne Zweifel, weil sich die angrenzenden Objekte in einem ordnungsgemäßen Zustand befänden und die gegenständliche Fassade sehr nachteilig in Erscheinung trete. Instandsetzungsaufträge seien daher gerechtfertigt. Die Kriterien der Gefährdung von Personen sowie fremder Sachwerte und die Störung des Ortsbildes seien im gegenständlichen Fall ohne Zweifel gegeben.

Mit Bescheid vom 10. Februar 1983 erteilte der Magistrat Linz den Beschwerdeführern als Eigentümern der genannten Gebäude folgende Aufträge:

„1. Die absturzgefährdeten und nicht mehr ausreichend am Mauerwerksgrund haftenden Fassadenputzflächen an der Straßen‑ und Hofseite des Hauptgebäudes sind abzuschlagen.

2. Die straßen‑ und hofseitigen Fassaden sind hinsichtlich des Verputzes ordnungsgemäß instandzusetzen. An der straßenseitigen Fassade ist die dzt. Gliederung durch Faschen und Bänder zu erhalten und die gesamte Fassade nach erfolgter Putzinstandsetzung einheitlich farblich zu gestalten. An der hofseitigen Fassade sind die Putzausbesserungen farb‑ und strukturmäßig dem Bestand anzugleichen oder es ist auch die Hoffassade einheitlich zu färbeln. Der schadhafte Verputz an der nordseitigen Feuermauer ist fachgerecht zu sanieren.

3. Die schadhafte Dachkonstruktion einschl. Lattung bzw. Schalung und Dacheindeckung ist beim straßenseitigen Hauptgebäude und bei dem an der südlichen Grundgrenze situierten Hofgebäude abzutragen und in statisch einwandfreier Weise neu herzustellen. Bei der Durchführung der Arbeiten ist beim Hauptgebäude darauf zu achten, daß auch während der Instandsetzungsmaßnahmen die Bewohnbarkeit des Objektes gewährleistet ist.

4. Die schadhaften Fenster an der Straßen‑ und Hofseite des Hauptgebäudes sind fachgerecht instandzusetzen, zu streichen oder zu erneuern. Im Falle einer teilweisen Erneuerung sind die neuen Fenster dem Bestand anzugleichen.

5. Das an der südlichen Grundgrenze situierte Hofgebäude gilt ab sofort und bis zur Durchführung der Instandsetzungsmaßnahmen als baupolizeilich gesperrt. An der Eingangstüre ist sofort ein entsprechender Hinweis anzubringen und die Zugangstüren sind sofort zu versperren.

6. Die Arbeiten sind hinsichtlich Pkt. 1 bis 28.2.1983 und hinsichtlich Pkt. 2, 3 und 4 bis 30.9.1983 durch hiezu befugte Baugewerbetreibende unter Beachtung der einschlägigen ÖNORMEN sowie der Regeln des Handwerks und der Technik ausführen zu lassen.“

Zur Begründung wurde im wesentlichen auf das Ergebnis der durchgeführten Augenscheinsverhandlung verwiesen, welche im einzelnen wiedergegeben wurde. Die festgestellten Bauschäden wurden als Baugebrechen im Sinne des § 60 OÖ Bauordnung qualifiziert.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung bestritten die Beschwerdeführer das Vorliegen der Baugebrechen, die Berechtigung sämtlicher erteilter Aufträge und beantragten die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Im übrigen verwiesen sie jedoch darauf, daß sie beim Magistrat einen Antrag auf Bewilligung des Abbruches der gegenständlichen Objekte wegen wirtschaftlicher Abbruchreife eingebracht hätten.

Im Zuge des Berufungsverfahrens wurde das Gutachten eines technischen Amtssachverständigen eingeholt, welcher in seiner Äußerung vom 21. Februar 1985 feststellte, daß beim überwiegenden Teil der Fenster der Anstrich abgeblättert sei. Dadurch seien Fäulnisschäden an den Fensterstöcken, Fensterflügeln und Verkleidungen aufgetreten. Auch die Verkittung der Verglasung bröckle ab, wodurch zum Teil nur eine mangelhafte Fixierung der Verglasung gegeben sei. Die Fensterflügel seien auch verzogen und somit undicht geworden. Durch den Zustand der Fenster trete zweifellos eine Störung des Ortsbildes auf, auch sei eine Gefahr für die Gesundheit der Wohnungsmieter durch die undichten Fenster (Beeinträchtigung durch Zugluft) und eine Gefährdung von Personen durch herabfallende Glasscheiben und Holzteile gegeben. Der Außenverputz der nordwestlichen Feuermauer weise gleiche Schäden wie die Straßen‑ und Hoffassade auf, wobei zu bemerken sei, daß diese Feuermauer an der Straßenseite gegenüber dem Nachbargebäude F‑straße 5 um ca. 1,50 m vorspringe und dieses Objekt auch hinsichtlich Höhe überrage. Durch das Abfallen dieser nicht mehr ausreichend am Mauerwerksgrund haftenden Putzflächen sei ebenfalls eine Gefährdung von Personen und eine Störung des Ortsbildes gegeben. In einem Gutachten vom 26. März 1985 begründete ein Amtssachverständiger im einzelnen, aus welchen Erwägungen die Schäden der straßenseitigen Fassade sowie der Feuermauer eine erhebliche Störung des Ortsbildes darstellten.

Nach Gewährung des Parteiengehörs gab der Stadtsenat der mitbeteiligten Stadtgemeinde mit Bescheid vom 23. Mai 1985 der Berufung keine Folge, erstreckte jedoch die Frist hinsichtlich der Durchführung der Bauaufträge Punkt 2 bis 4 bis 30. September 1985.

Aufgrund der dagegen von den Beschwerdeführern erhobenen Vorstellung wurde ein ergänzendes Gutachten zur Frage eingeholt, ob aus Gründen des Ortsbildes bzw. aus Gründen des Denkmalschutzes bezüglich der Straßenfassade die ursprüngliche Gestaltung wieder herzustellen sei. Unter Anschluß von Fotos erklärte ein Amtssachverständiger des Magistrates Linz, daß die architektonische Gestaltung der Fassade aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Interesse der Ensemblewirkung in der ursprünglichen Form aus ortsbildmäßigen Gründen erhalten bleiben solle.

Mit Bescheid vom 11. Dezember 1985 gab die Oberösterreichische Landesregierung der Vorstellung Folge, behob den letztinstanzlichen Gemeindebescheid und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Landeshauptstadt Linz. Die Gemeindeaufsichtsbehörde bejahte das Vorliegen eines Baugebrechens bezüglich der erwähnten Straßenfassade, stellte jedoch hinsichtlich der Vorschreibung der Sanierung der Hoffassade fest, daß eine solche Vorschreibung aus Ortsbildgründen nur dann erfolgen könne, wenn die hofseitig gelegene Fassade tatsächlich geeignet sei, ortsbildbeeinflussend in Erscheinung zu treten. Aufgrund des bisherigen Ermittlungsverfahrens sei diese Frage für die Vorstellungsbehörde nicht überprüfbar. Die Bestimmungen der Oberösterreichischen Bauordnung würden es der Baubehörde auch nicht erlauben, eine Neuherstellung vorzuschreiben, und die Baubehörde habe ihre Befugnisse überschritten, wenn sie eine Abtragung der schadhaften Dachkonstruktion einschließlich Lattung bzw. Schalung und Dacheindeckung anordne und an deren Stelle die Neuherstellung der Dachkonstruktion zum Gegenstand eines Bauauftrages mache. Auch hinsichtlich der schadhaften Fenster sei eine Erneuerung nicht alternativ vorzuschreiben gewesen. Der angefochtene Bescheid sei somit hinsichtlich der Punkte 3 und 4 mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet. Bezüglich der Punkte 1 und 5 des Bescheides der Baubehörde erster Instanz bemerkte die Gemeindeaufsichtsbehörde, daß diese Vorschreibung, wie sich aus dem Vollstreckungsakt ergebe, bereits erfüllt sei. Nach weiteren Ausführungen bezüglich der Frage der aufschiebenden Wirkung hielt die Oberösterreichische Landesregierung den Beschwerdeführern entgegen, daß eine Abbruchsbewilligung lediglich zum Abbruch des Bauobjektes berechtige, aber keine im öffentlichen Interesse durchsetzbare Verpflichtung zur Entfernung des Gebäudes enthalte. Baupolizeiliche Aufträge würden daher hiedurch nicht unwirksam werden.

Mit Bescheid des Stadtsenates vom 18. April 1986 wurde der erstinstanzliche Bescheid dahingehend abgeändert, daß die Bauaufträge Punkt 2, 3 und 4 wie folgt neu formuliert wurden:

„2. Die straßenseitige Fassade ist hinsichtlich des Verputzes ordnungsgemäß instandzusetzen. An der straßenseitigen Fassade ist die dzt. Gliederung durch Faschen und Bänder zu erhalten und die gesamte Fassade nach erfolgter Putzinstandsetzung einheitlich farblich zu gestalten. Der schadhafte Verputz an der nordseitigen Feuermauer ist fachgerecht zu sanieren.

3. Die schadhafte Dachkonstruktion einschließlich Lattung bzw. Schalung und Dacheindeckung ist beim straßenseitigen Hauptgebäude und bei dem an der südlichen Grundgrenze situierten Hofgebäude instandzusetzen. Bei der Durchführung der Arbeiten ist beim Hauptgebäude darauf zu achten, daß auch während der Instandsetzungsmaßnahmen die Bewohnbarkeit des Objektes gewährleistet ist.

4. Die schadhaften Fenster an der Straßen‑ und Hofseite des Hauptgebäudes sind fachgerecht instandzusetzen.“

Gleichzeitig wurde hinsichtlich der neuformulierten Bauaufträge Punkte 2, 3 und 4 die Erfüllungsfrist mit 30. September 1986 festgelegt und der Hinweis auf die einschlägigen ÖNORMEN beseitigt. In der Begründung wurde im einzelnen dargetan, aus welchen Erwägungen die baupolizeilichen Aufträge im neuen Umfang nach Meinung der Berufungsbehörde gerechtfertigt sind.

Der dagegen erhobenen Vorstellung gab die Oberösterreichische Landesregierung mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 18. August 1986 keine Folge. Die Gemeindeaufsichtsbehörde hielt den Beschwerdeführern in der Begründung ihres Bescheides entgegen, daß aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens die vorliegenden Bauschäden zu Recht als Baugebrechen qualifiziert worden seien. Wenn mit den vorgeschriebenen Instandsetzungsmaßnahmen ein sehr hoher Kostenaufwand verbunden sei, so handle es sich hiebei um Umstände, die im Zuge eines Instandsetzungsauftrages tatbestandsmäßig nicht zu prüfen und sohin auch nicht zu berücksichtigen seien. Eine allfällig erteilte Abbruchsbewilligung stehe einem baupolizeilichen Auftrag nicht entgegen, sodaß es letztlich durchaus Sache der Einschreiter bleibe, einen allfällig geplanten Abbruch noch vor der beauftragten Instandsetzung durchzuführen. Daß eine Instandsetzung nicht möglich wäre oder gleich so weitgehend wäre, daß sie einer Erneuerung der baulichen Anlage gleichkäme, sei von den Beschwerdeführern bisher niemals behauptet worden. Im übrigen werde bemerkt, daß die aufgetragenen Instandsetzungsmaßnahmen, verglichen mit dem Gesamtbaubestand, nur eine geringfügige Baumaßnahme darstellten, sodaß die Annahme, die Instandsetzung würde einer Erneuerung der baulichen Anlage gleichkommen, von vornherein auszuschließen gewesen sei. Eine Prüfung dahingehend, wie viele Personen im Objekt noch wohnen würden, sei nach den im Gesetz vorgegebenen Tatbeständen durch die Baubehörde nicht notwendig. Die Sicherungsmaßnahmen würden sich letztlich auf das Gesamtgebäude sowie auf die für die Allgemeinheit bestehenden Gefahren beziehen, sodaß es durchaus dahingestellt bleiben könne, ob einzelne Räume bereits unbewohnt seien oder nicht. Es treffe auch nicht zu, daß der Instandsetzungsauftrag zu unbestimmt gehalten sei, zumal nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine hinreichende Konkretisierung eines baupolizeilichen Auftrages schon dann vorliege, wenn das Baugebrechen individualisiert worden und daher dem Fachmann erkennbar sei, welche Maßnahmen zu setzen seien. Aus den einzelnen Vorschreibungspunkten komme sehr deutlich hervor, was im einzelnen Instandzusetzen sei, sodaß nach Auffassung der Gemeindeaufsichtsbehörde das Baugebrechen in diesem Sinne ausreichend individualisiert worden sei. Daß schließlich eine Erneuerung eines bloßen Fassadenverputzes bzw. die Wiederherstellung eines schadhaften Daches einem Fachmann ausreichend erkennbar sei, stehe außer Frage, sodaß der Einwand betreffend die mangelhafte Konkretisierung jeder Grundlage entbehre.

In ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragten die Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Durch den angefochtenen Bescheid erachten sich die Beschwerdeführerinnen in ihrem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Nichtvorschreibung von Sicherungs‑ bzw. Instandsetzungsmaßnahmen nach den Bestimmungen der Oberösterreichischen Bauordnung verletzt. Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde und der mitbeteiligten Partei erstatteten Gegenschriften hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Zunächst ist davon auszugehen, daß die Bauordnung für Oberösterreich im Beschwerdefall in der Fassung vor der Novelle 1983 der Entscheidung der Verwaltungsbehörden zugrunde zu legen war, wie die Berufungsbehörde in der Begründung ihres Bescheides vom 18. April 1986 zutreffend dargetan hat. Gemäß Art. II Abs. 2 der OÖ Bauordnungs‑Novelle 1983, LGBl. Nr. 82/1983, sind die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes anhängigen individuellen Verwaltungsverfahren nach den bisher geltenden Vorschriften weiter zu führen (sofern keine anderweitige Regelung getroffen wurde, was hier nicht der Fall war).

Gemäß § 60 Abs. 1 OÖ Bauordnung (BO) liegt ein Baugebrechen dann vor, wenn sich der Zustand einer baulichen Anlage so verschlechtert hat, daß eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit, die Hygiene oder die körperliche Sicherheit von Menschen oder für fremde Sachwerte entsteht, daß das Orts‑ oder Landschaftsbild verunstaltet wird oder daß schädliche Umwelteinwirkungen entstehen, gleichgültig, worauf die Verschlechterung zurückzuführen ist.

Erlangt die Behörde vom Vorliegen eines Baugebrechens Kenntnis, so hat sie nach § 60 Abs. 2 BO die allenfalls erforderlichen Sicherungsmaßnahmen anzuordnen und dem Eigentümer unter Gewährung einer angemessenen Frist die Behebung des festgestellten Baugebrechens durch Instandsetzung (falls erforderlich auch durch andere als bisher verwendete Materialien und Konstruktionen) oder, wenn eine Instandsetzung nicht mehr möglich ist, die Abtragung aufzutragen.

Wenn die Behebung der Baugebrechen durch Instandsetzung auf verschiedene Art und Weise möglich ist, hat die Baubehörde nach § 60 Abs. 4 BO dem Eigentümer Gelegenheit zu geben, innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist mitzuteilen, wie er die Instandsetzung durchzuführen beabsichtigt. Kann erwartet werden, daß auf eine solche Art und Weise das Baugebrechen behoben wird, so hat die Baubehörde den Instandsetzungsauftrag darauf abzustellen.

Die Beschwerdeführer bestreiten in ihrer Beschwerde entgegen ihrem Standpunkt auf Verwaltungsebene nicht länger das Vorliegen der festgestellten Bauschäden und deren Qualifikation als Baugebrechen. Sie erblicken vielmehr eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zunächst darin, daß der Spruch des Bescheides des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz in keiner Weise konkretisiert sei und die vorgeschriebenen Formulierungen nicht erkennen ließen, wie die von der bescheiderlassenden Behörde vorgeschriebenen Maßnahmen konkret durchzuführen seien. Diesem Vorbringen hielt die mitbeteiligte Partei in ihrer Gegenschrift zutreffend entgegen, daß die Konkretisierung und Individualisierung von Baugebrechen der hier maßgeblichen Art nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes schon dann ausreichend vorgenommen worden ist, wenn jedenfalls einem Fachmann erkennbar ist, welche Maßnahmen zu setzen sind. In diesem Sinne hat der Verwaltungsgerichtshof etwa in seiner Entscheidung vom 5. März 1985, Zl. 83/05/0083, BaurechtsSlg. Nr. 404, ergangen zur Bauordnung für Wien, bei einer undichten Dacheindeckung einen baupolizeilichen Auftrag als ausreichend konkretisiert beurteilt, der die Instandsetzung der schadhaften Dacheindeckung zu seinem Gegenstand hatte. Diese Rechtsansicht entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wie etwa auch die mitbeteiligte Partei in diesem Zusammenhang zutreffend auf das Erkenntnis vom 26. Februar 1968, Zl. 1850/67, verwiesen hat. Der Verwaltungsgerichtshof hält an dieser Rechtsprechung fest, zumal die erteilten Bauaufträge seiner Auffassung nach im Zusammenhalt mit der hiezu gegebenen Begründung eindeutig erkennen lassen, welche Maßnahmen zu ergreifen sind. Die Bestimmung des § 60 Abs. 4 OÖ Bauordnung, wonach die Baubehörde dem Eigentümer Gelegenheit zu geben hat, innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist mitzuteilen, wie er eine Instandsetzung durchzuführen beabsichtigt, wenn die Behebung der Baugebrechen durch Instandsetzung auf verschiedene Art und Weise möglich ist, konnte im Beschwerdefall nicht Platz greifen, wie die mitbeteiligte Partei in ihrer Gegenschrift zutreffend hervorhebt. Eine Anwendung dieser gesetzlichen Regelung wäre etwa dann ins Auge zu fassen, wenn Gegenstand des baupolizeilichen Auftrages eine durchzuführende Trockenlegungsmaßnahme wäre, und nach der Lage des Falles verschiedene Arten von Trockenlegungsmethoden in Betracht kommen. Im hier durchgeführten Verwaltungsverfahren haben die Gemeindebehörden und auch die belangte Behörde die Anwendung dieser Gesetzesstelle zu Recht nicht in Erwägung gezogen.

Die Beschwerdeführer werfen den Verwaltungsbehörden auch vor, daß sie nicht geprüft hätten, ob überhaupt eine Instandsetzung noch möglich ist oder ob sie so weitgehend wäre, daß sie einer Erneuerung der baulichen Anlage gleichkommen würde. Es wäre dann nämlich nicht ein Instandsetzungsauftrag, sondern ein Abtragungsauftrag nach § 60 Abs. 2 BO zu erteilen gewesen. Die für die Sanierung der Fassade, der Dächer und der Fenster erforderlichen Aufwendungen würden den Gesamtwert des Hauses um ein Vielfaches übersteigen. Allein die Frage der wirtschaftlichen Vertretbarkeit sei doch für die Zulässigkeit von Instandsetzungsmaßnahmen maßgebend, nicht aber das Verhältnis zum Gesamtbaubestand.

Mit diesem Vorbringen übersehen die Beschwerdeführer, daß die Frage, ob eine Instandsetzung nicht mehr möglich ist, im Beschwerdefall zu Recht schon deshalb nicht aufgeworfen werden kann, weil sich im durchgeführten Ermittlungsverfahren keine Anhaltspunkte dafür ergeben haben, daß den erteilten baupolizeilichen Aufträgen nicht entsprochen werden könnte. Tatsächlich haben die Beschwerdeführer zunächst auf Verwaltungsebene sogar behauptet, daß als Baugebrechen zu qualifizierende Bauschäden gar nicht vorgelegen seien. Bei den angeordneten baupolizeilichen Maßnahmen kann auch keine Rede davon sein, daß die damit geforderte Instandsetzung so weitgehend wäre, daß sie einer Erneuerung der baulichen Anlage gleichkäme. Die Prüfung dieser Frage ist im übrigen erst durch die Bauordnungsnovelle 1983 angeordnet worden. Soweit die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang die wirtschaftliche Vertretbarkeit der Instandsetzungsmaßnahmen ins Spiel bringen, übersehen sie, daß Fragen der wirtschaftlichen Zumutbarkeit nach der hier maßgeblichen gesetzlichen Regelung im Rahmen des baupolizeilichen Auftragsverfahrens ganz allgemein nicht zu prüfen sind. Zu Recht haben sich daher die Verwaltungsbehörden mit dieser Frage nicht auseinandergesetzt.

Soweit die Beschwerdeführer bemängeln, daß Feststellungen zu der Frage unterblieben seien, ob bzw. gegebenenfalls wie viele Personen das gegenständliche Objekt noch bewohnen und in welchen Wohnungen sich diese Personen aufhalten, verkennen sie, daß die hier aufgetragenen Baumaßnahmen in keinem Zusammenhang mit der Frage stehen, ob im zufälligen Zeitpunkt einer behördlichen Erhebung Teile des Objektes bewohnt werden oder nicht, zumal auch zum Erhebungszeitpunkt zufällig leerstehende Wohnungen jederzeit wieder Wohnzwecken zugeführt werden können. Daß aber selbst dann ein Baugebrechen vorliegt, wenn es nicht um eine Abwendung von Gefahren für die Allgemeinheit geht, ergibt sich aus der Regelung des § 60 Abs. 1 BO, wonach auch bei einer Gefahr für das Leben oder die Gesundheit eines einzigen Menschen ein Bauschaden als Baugebrechen zu qualifizieren ist. Es kann daher auch mit diesem Vorbringen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht dargetan werden.

Wenn in der Beschwerde als völlig unverständlich bezeichnet wird, weshalb die Sanierung des Daches des an der südlichen Grundgrenze situierten Hofgebäudes aufgetragen worden sei, obwohl dieses Gebäude bereits baupolizeilich gesperrt worden sei und somit von niemandem betreten werden könne, verkennen die Beschwerdeführer den Unterschied zwischen notwendigen Sicherungsmaßnahmen und baupolizeilichen Aufträgen zur Behebung von Baugebrechen. Nach den Bestimmungen des § 60 Abs. 2 BO ist aber die Baubehörde verpflichtet, unabhängig von zunächst zu treffenden Sicherungsmaßnahmen, die Beseitigung festgestellter Baugebrechen durch Instandsetzung zu veranlassen, mag auch durch eine vorläufige Sicherungsmaßnahme eine konkrete Gefährdung zunächst abgewendet worden sein. Schon aus der Erhaltungspflicht nach § 59 Abs. 1 BO ergibt sich, daß der Eigentümer einer baulichen Anlage dafür zu sorgen hat, daß die Anlage in einem den baurechtlichen Vorschriften entsprechenden Zustand erhalten wird, also eine Verpflichtung zur Instandsetzung auch dann besteht, wenn ein baupolizeilicher Auftrag betreffend Sicherungsmaßnahmen konkrete Gefährdungen zunächst ausgeschlossen hat. Es bestand daher bei dieser Rechtslage keine Notwendigkeit für die belangte Behörde, sich mit dieser von den Beschwerdeführern aufgeworfenen Frage auseinanderzusetzen.

Letztlich verweisen die Beschwerdeführer auch in der Beschwerde darauf, daß bezüglich des Hauptgebäudes eine rechtskräftige Abbruchsbewilligung bestehe, woraus sie schließen, daß ein öffentliches Interesse an der Erhaltung des Objektes nicht mehr vorliege. Zu diesem Vorbringen hat schon die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zu Recht festgehalten, daß eine allfällig erteilte Abbruchsbewilligung einen baupolizeilichen Auftrag nicht unwirksam macht und ein Instandsetzungsauftrag auch der Erteilung einer Abbruchsbewilligung nicht entgegensteht. Besteht aufgrund des Gesetzes die Verpflichtung, Instandsetzungsmaßnahmen durchzuführen, dann bedeutet die Erwirkung einer Abbruchsbewilligung keinesfalls, daß damit ein öffentliches Interesse an der Erhaltung eines Objektes nicht mehr vorliege. Inhaltlich bedeutet eine Abbruchsbewilligung aus baurechtlicher Sicht nichts anderes, als daß der Rechtsträger dieser Bewilligung berechtigt, nicht aber verpflichtet ist, das Gebäude abzutragen. Solange das Gebäude tatsächlich besteht, trifft den Hauseigentümer auch die Verpflichtung, die nach dem Gesetz erforderlichen Instandsetzungsmaßnahmen durchzuführen. Wie schon in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausgeführt worden ist, steht es den Beschwerdeführern frei, noch vor einer Durchführung von Instandsetzungsmaßnahmen mit dem geplanten Abbruch zu beginnen. Im Interesse des zu erhaltenden Ortsbildes war die Behörde entgegen dem Beschwerdevorbringen auch berechtigt, klarzustellen, daß die derzeitige Gliederung der Fassade zu erhalten ist und im Rahmen einer Instandsetzung des Verputzes die gesamte Fassade farblich einheitlich zu gestalten ist. Gerade die in den Verwaltungsakten erliegenden Gutachten haben eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß solche Maßnahmen im Interesse des Ortsbildes gerechtfertigt sind.

Da der belangten Behörde entgegen dem Beschwerdevorbringen auch keine Mängel betreffend die Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes und eine ausreichende Begründung unterlaufen sind, erweist sich die Beschwerde in allen Punkten als unbegründet; sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die Bestimmungen der §§ 47 ff VwGG sowie die Verordnung BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am 14. April 1987

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