VwGH 85/17/0082

VwGH85/17/008218.12.1987

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hadaier, über die Beschwerde des Dr. HN in R, vertreten durch Dr. Anton Schleicher, Rechtsanwalt in Oberpullendorf, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberwart vom 26. März 1985, Zl. X-N-1-1985, betreffend Zurückweisung einer Berufung i.A.

Fremdenverkehrsförderungsbeitrag, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §63 Abs3;
BAO §243 impl;
BAO §250 Abs1 impl;
BAO §250 Abs1;
BAO §275 impl;
FremdenverkehrsG Bgld 1967 §21 Abs7 idF 1985/003;
FremdenverkehrsG Bgld 1967 §23 idF 1985/003;
LAO Bgld 1963 §189;
LAO Bgld 1963 §195;
LAO Bgld 1963 §205;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §34 Abs1;
AVG §63 Abs3;
BAO §243 impl;
BAO §250 Abs1 impl;
BAO §250 Abs1;
BAO §275 impl;
FremdenverkehrsG Bgld 1967 §21 Abs7 idF 1985/003;
FremdenverkehrsG Bgld 1967 §23 idF 1985/003;
LAO Bgld 1963 §189;
LAO Bgld 1963 §195;
LAO Bgld 1963 §205;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Burgenland hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde R vom 26. April 1984 (dem Beschwerdeführer zugestellt am 27. April 1984) wurde gegenüber dem Beschwerdeführer für das Jahr 1984 der Fremdenverkehrsförderungsbeitrag mit S 1.800,-- festgesetzt.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung mit folgendem Wortlaut:

"Über Empfehlung seitens der Burgenländischen Ärztekammer erhebe ich innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Frist Einspruch gegen o.a. Vorschreibung des Fremdenverkehrsbeitrages für 1984.

Bezug: Verfassungsgerichtshoferkenntnis vom 28.2.1984 Zl. G 33/83- 11."

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die Bezirkshauptmannschaft Oberwart diese Berufung mit der Begründung als unzulässig zurück, eine begründete Berufung liege nur dann vor, wenn die Eingabe erkennen lasse, welchen Erfolg der Einschreiter anstrebe und womit er seinen Standpunkt vertreten zu können glaube, selbst wenn die Begründung nicht als stichhältig anzusehen sei. Die vorliegende Berufung lasse jedoch weder den angestrebten Erfolg noch den Standpunkt, der vertreten werden solle, erkennen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde. Nach seinem Vorbringen erachtet sich der Beschwerdeführer in dem "verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter", in seinem Recht auf meritorische Entscheidung seiner Berufung und in seinem Eigentumsrecht verletzt. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zu den vom Beschwerdeführer genannten Beschwerdepunkten (§ 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG) ist zunächst zu sagen, daß nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 245) die Beschwerde nicht wegen Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zurückzuweisen ist, wenn als Beschwerdepunkte zwar (hier: unter anderem) verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte bezeichnet werden, das gesamte Beschwerdevorbringen jedoch zeigt, daß sich die Beschwerde auf die Verletzung einfachgesetzlicher Vorschriften bezieht.

Letzteres trifft hier zu. Der Inhalt des Beschwerdevorbringens läßt erkennen, daß sich der Beschwerdeführer - neben seinem Recht auf meritorische Entscheidung über seine Berufung - in seinem Recht verletzt erachtet, daß über seine Berufung von der zuständigen Behörde entschieden werde.

Der Beschwerdeführer behauptet nämlich, daß die Bezirkshauptmannschaft Oberwart zur Erlassung des angefochtenen Bescheides unzuständig gewesen sei, da der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 28. Februar 1984, G 33/83-11, VfSlg, 9937/1984, die Worte "vom Bürgermeister nach Anhören mit dem Fremdenverkehrsausschuß" im § 21 Abs. 7 des Burgenländischen Fremdenverkehrsgesetzes, LGBl. Nr. 5/1967, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 20/1979, als verfassungswidrig aufgehoben habe. Die Novellierung des Burgenländischen Fremdenverkehrsgesetzes durch das Gesetz vom 24. Oktober 1984, LGBl. Nr. 3/1985, sei entgegen der Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes, die er im genannten Erkenntnis dargelegt habe, erfolgt.

Gemäß Art. 140 Abs. 7 zweiter Satz B-VG ist auf die vor der Aufhebung eines Gesetzes durch den Verfassungsgerichtshof verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlaßfalles das Gesetz weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht.

Gemäß Abs. 5 dritter Satz leg. cit. tritt die Aufhebung am Tage der Kundmachung in Kraft, wenn nicht der Verfassungsgerichtshof für das Außerkrafttreten eine Frist bestimmt.

Aussprüche in den beiden genannten Richtungen enthält das oben genannte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 28. Februar 1984 nicht. Seine Kundmachung erfolgte im Landesgesetzblatt für das Burgenland Nr. 30/1984 vom 30. Mai 1984. Im Beschwerdefall ist daher der Wortlaut des § 21 Abs. 7 des Burgenländischen Fremdenverkehrsgesetzes in der Fassung vor seiner teilweisen Aufhebung anzuwenden. Er lautete:

"Kommt ein Beitragspflichtiger aus eigenem Verschulden den vorstehenden Verpflichtungen innerhalb von drei Wochen nicht nach oder verweigert er die Vorlage der Unterlagen, so ist ungeachtet der Strafbestimmungen dieses Gesetzes vom Bürgermeister nach Anhören mit dem Fremdenverkehrsausschuß die Höhe des Fremdenverkehrsförderungsbeitrages durch Schätzung festzustellen."

Der Bürgermeister der Gemeinde R war daher zur Erlassung des Abgabenbescheides vom 26. April 1984 zuständig.

Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Oberwart stand jedoch bereits das am 1. Jänner 1985 in Kraft getretene Gesetz LGBl. Nr. 3/1985 in Geltung, wonach § 23 des Burgenländischen Fremdenverkehrsgesetzes wie folgt zu lauten hat:

"Abgabenbehörden

Abgabenbehörde 1. Instanz ist der Bürgermeister, Abgabenbehörde 2. Instanz ist die Bezirksverwaltungsbehörde."(Vgl. hiezu auch das ausführlich begründete Erkenntnis vom heutigen Tage, Zlen. 86/17/0183-0188.)

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers war der Landesgesetzgeber zu dieser Regelung auch durchaus befugt. Die Aufhebung der Wortfolge "vom Bürgermeister nach Anhören mit dem Fremdenverkehrsausschuß" im § 21 Abs. 7 des Burgenländischen Fremdenverkehrsgesetzes durch das mehrfach erwähnte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes - dadurch wurde erreicht, daß in den Anlaßfällen gemäß § 48 der Burgenländischen Landesabgabenordnung, LGBl. Nr. 2/1963, in erster Instanz das Amt der Landesregierung, in zweiter Instanz die Landesregierung zuständig waren - erfolgte nämlich nur deshalb, weil die Zuständigkeitsregelungen des § 21 Abs. 7 des Burgenländischen Fremdenverkehrsgesetzes in der Stammfassung, des § 76 Abs. 3 der Burgenländischen Gemeindeordnung sowie der §§ 47 und 48 der Burgenländischen Landesabgabenordnung in ihrem Zusammenhalt keine klare, eindeutige Regelung des Instanzenzuges erkennen ließen und damit den Art. 18 und 83 Abs. 2 B-VG widersprachen. Mit der genannten Novelle LGBl. Nr. 3/1985 ist hingegen nunmehr eine solche klare, eindeutige Zuständigkeitsregelung getroffen worden.

Hingegen ist der Beschwerdeführer im Recht, wenn er die Zurückweisung seiner Berufung als rechtswidrig rügt.

Gemäß § 195 der Burgenländischen Landesabgabenordnung, LGBl. Nr. 2/1963 (LAO) muß die Berufung enthalten:

  1. a) Die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet;
  2. b) die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird;
  3. c) die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden;
  4. d) eine Begründung.

    Wenn eine Berufung nicht den im § 195 umschriebenen Erfordernissen entspricht, so hat gemäß § 205 LAO die Abgabenbehörde erster Instanz dem Berufungswerber die Behebung dieser inhaltlichen Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, daß die Berufung nach furchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt.

    Eine Eingabe, die erkennen läßt, daß sich der Einschreiter durch eine bestimmte Entscheidung in einer Abgabensache beschwert fühlt und deren Nachprüfung begehrt, ist als Berufung zu werten. Sind die Voraussetzungen des § 205 LAO gegeben, dann liegt die Erlassung eines Mängelbehebungsauftrages nicht im Ermessen der Behörde, sondern ist deren Pflicht (vgl. zu den gleichartigen Bestimmungen der §§ 250 Abs. 1 und 275 BAO Ritz, Mängelbehebungsverfahren gemäß § 275 BAO, ÖStZ 1987, Seite 86 und 88, sowie das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 1984, Zl. 83/16/0161).

    Dieser Fall lag hier vor. Die Eingabe des Beschwerdeführers vom 16. Mai 1984 ließ erkennen, daß sich der Beschwerdeführer durch den Bescheid des Bürgermeisters vom 26. April 1984 für beschwert erachtete und dessen Nachprüfung begehrte. Sie enthielt jedoch insbesondere nicht die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden, noch eine ausreichende Begründung. Die belangte Behörde wäre also verpflichtet gewesen, die inhaltlichen Mängel der Berufung zum Anlaß der Erteilung eines vom Bürgermeister unterlassenen Mängelbehebungsauftrages zu nehmen (vgl. auch hiezu das bereits erwähnte Erkenntnis vom 18. Oktober 1984, sowie die bei Ritz aaO. Seite 91, FN 76, angeführte weitere Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).

    Fehl geht der Hinweis der belangten Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides auf die hg. Erkenntnisse vom 25. März 1983, Zl. 82/04/0154, vom 4. Mai 1983, Zl. 82/09/0122, und vom 1. Februar 1984, Zl. 83/03/0123. In den Fällen der Erkenntnisse vom 4. Mai 1983 und vom 1. Februar 1984 war nämlich § 63 Abs. 3 AVG 1950 anzuwenden. Nach den Vorschriften dieses Gesetzes stellt jedoch - zum Unterschied von der Burgenländischen LAO oder der BAO - das Fehlen eines der inhaltlichen Bestandteile der Berufung keinen verbesserungsfähigen Formmangel, sondern einen inhaltlichen Fehler dar, der zur Zurückweisung führen muß (vgl. Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes4, Seite 189, und die dort angeführte Rechtsprechung). Im Falle des erwähnten Erkenntnisses vom 25. März 1983 hingegen handelte es sich um einen nach dem Ingenieurkammergesetz, BGBl. Nr. 71/1969, zu beurteilenden Fall, in dem die Mindesterfordernisse der Berufung als gegeben erachtet wurden.

    Da die belangte Behörde dies verkannte, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

    Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243, insbesondere deren Art. III Abs. 2. Stempelgebühren waren nur im erforderlichen Ausmaß zuzusprechen.

    Hinsichtlich des oben erwähnten, nicht in der Amtlichen Sammlung seiner Erkenntnisse und Beschlüsse veröffentlichten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes wird auf Art. 14 Abs. 4 seiner Geschäftsordnung, BGBl. Nr. 45/1965, verwiesen.

    Wien, am 18. Dezember 1987

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