VwGH 85/04/0163

VwGH85/04/016327.1.1987

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Griesmacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Janisty aber die Beschwerde des KA in S, vertreten durch Dr. Roderich Santner, Rechtsanwalt in Tamsweg, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 25. Juli 1985, Zl. 5/01- 13.500/1-1985, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art10 Abs1 Z8
GewO 1973 §1 Abs1
GewO 1973 §1 Abs2
GewO 1973 §189 Abs1 Z1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1987:1985040163.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.480,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Bezirkshauptmannschaft Tamsweg sprach mit Straferkenntnis vom 22. April 1985 aus, der Beschwerdeführer habe in der Wintersaison 1983/84 und 1984/85 am Katschberg, das freie Gewerbe der kurzfristigen Zurverfügungstellung von Appartements an Gäste für Erholungszwecke ausgeübt, ohne die hiefür erforderliche Gewerbeberechtigung zu besitzen. In den Monaten Dezember 1984 und Jänner 1985 seien bei der Marktgemeinde S insgesamt 2217 Nächtigungen gemeldet worden. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z 1 GewO 1973 begangen. Gemäß § 366 Abs. 1 leg. cit. wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 7.000,-- (Ersatzarreststrafe 14 Tage) verhängt. Zur Begründung führte die Behörde aus, der Beschwerdeführer rechtfertige sich zu der ihm zur Last gelegten Tat dahingehend, daß er die Appartements vermietet und Mietverträge gemäß § 1090 ABGB abgeschlossen habe. Es handle sich dabei nicht um eine Gastaufnahme im Sinne der §§ 970 ff ABGB. Dazu sei jedoch festzustellen, daß es sich um reine Mietwohnungen oder um Appartements bzw. Ferienwohnungen handle. Nach § 14 Abs. 7 des Salzburger Raumordnungsgesetzes in der geltenden Fassung seien Appartementhäuser Bauten, die nach Lage, Ausgestaltung, Einrichtung, Rechtsträger und dergleichen ausschließlich oder überwiegend dem nur zeitweiligen oder vorübergehenden, nicht aber einem dauernden Wohnbedürfnis ihrer Benützer dienten. Außerdem würden in einem Prospekt des Beschwerdeführers die gegenständlichen Räumlichkeiten als Ferienwohnungen angeboten. Dienten daher Wohnräume nicht einem dauernden Wohnbedürfnis, sondern Erholungszwecken und lägen die Merkmale der Gewerbsmäßigkeit vor, werde diese Tätigkeit in die Gruppe der freien Gewerbe eingereiht. Die gegenständliche Tätigkeit werde im Sinne des § 1 GewO 1973 selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen und daher gewerbsmäßig ausgeübt.

Auf Grund der gegen dieses Straferkenntnis vom Beschwerdeführer eingebrachten Berufung änderte der Landeshauptmann von Salzburg mit Bescheid vom 25. Juli 1985 den erstinstanzlichen Bescheid dahingehend ab, daß der Beschwerdeführer im Standort Katschberg, GP 385/7 KG. X, in den Wintersaisonen 1983/84 und 1984/85 Gästen Appartements, und zwar im Hauptgebäude 16 in den Schihütten weitere 8, gegen Entgelt für Erholungszwecke kurzfristig zur Verfügung gestellt und dadurch das entsprechende freie Gewerbe ausgeübt habe, ohne im Besitz einer solchen Gewerbeberechtigung zu sein. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit § 5 Z 1 GewO 1973 begangen. Die verhängte Geldstrafe und die Ersatzarreststrafe ließ die Berufungsbehörde unverändert. In der Begründung ihres Bescheides legte die Berufungsbehörde dar, der Beschwerdeführer habe auch in der Berufung das Vorliegen einer gewerbsmäßigen Tätigkeit in Abrede gestellt und vorgebracht, es handle sich um eine reine Vermögensverwaltung. Der Beschwerdeführer habe aus seinem ersparten Vermögen Bauwerke errichtet und vermiete die darin befindlichen Wohnungen an Interessenten jeder Art und zu jedem (gesetzlich erlaubten) Zweck. Die Mietverträge unterlägen ausschließlich den rechtlichen Bestimmungen der §§ 1090 ff ABGB, keinesfalls der Gewerbeordnung. Die Mieter würden völlig selbständige Wohngemeinschaften und einen selbständigen Hausstand in der gemieteten Wohnung begründen, sie würden sich absolut selbständig versorgen und es würden vom Beschwerdeführer keine wie immer gearteten persönlichen Dienstleistungen bzw. Fürsorgeleistungen erbracht. Die bloße Überlassung des Bestandgegenstandes selbst sei nach einhelliger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes jedenfalls keine gewerbliche Tätigkeit und könne sohin keine Strafbarkeit begründen. Der Beschwerdeführer habe bei der Begründung seiner Tätigkeit bei der Gewerbebehörde (Bezirkshauptmannschaft Tamsweg) angefragt, ob eine Gewerbeberechtigung erforderlich sei; "dies sei jedoch wegen der bestehenden Rechtslage nicht möglich gewesen". Der Vertreter des Beschwerdeführers habe in diesem Zusammenhang ein Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Tamsweg vorgelegt, in dem - auf Grund einer Anzeige der Privatzimmervermietung durch den Beschwerdeführer - mitgeteilt werde, daß die angemeldete Privatzimmervermietung in den Schihütten am Katschberg nicht nach dem Privatzimmervermietungsgesetz behandelt werden könne, da die zu vergebenden Betten nicht Bestandteil der eigenen Wohnung seien. Nach behördlicher Ansicht handle es sich um die Vermietung von Räumen ohne Dienstleistung. Ferner habe der Beschwerdeführer ein an die Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Salzburg gerichtetes Schreiben mit dem Wortlaut; "Sende Ihnen hier beiliegend die erforderlichen Unterlagen zur Erteilung einer Konzession" vorgelegt. Dazu werde - so wird in der Begründung des Berufungsbescheides weiter ausgeführt - folgendes festgestellt:

Der dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Sachverhalt werde nicht in Abrede gestellt, ebensowenig das Vorliegen der Merkmale der Gewerbsmäßigkeit dieser Tätigkeit. Es sei davon auszugehen, daß keine Dienstleistungen erbracht werden, wenn man von der - fallweisen - Bereitstellung von Bettwäsche absehe. Somit könne von einer Beherbergung von Gästen im Sinne des § 189 Abs. 1 Z 1 GewO 1973 wohl nicht gesprochen werden, wenngleich das äußere Erscheinungsbild durchaus dem eines Gastgewerbebetriebes etwa in der Betriebsart "Appartementgästehaus" ähnle. Mangels Vorliegens der entsprechenden Voraussetzungen könne die Tätigkeit auch nicht unter die Privatzimmervermietung fallen. Die Behörde habe daher zu prüfen gehabt, inwieweit dennoch eine gewerbliche Tätigkeit vorliege und auch die Berufungsbehörde sehe in dieser Tätigkeit eine den Bestimmungen der Gewerbeordnung unterliegende. Ergänzend zu den Ausführungen der Behörde erster Instanz stehe nach Lehre und Rechtsprechung fest, daß die Vermietung von Wohnräumen für einen längeren, großteils unbestimmten Zeitraum keineswegs eine gewerbliche Tätigkeit darstelle. Zur Unterscheidung von solchen Dauermietverhältnissen könne sowohl die Definition der Ferienwohnungen nach dem Salzburger Ortstaxengesetz, LGBl. Nr. 79/1972, in der geltenden Fassung, als auch die Begriffsbestimmung von "Appartementhäusern" im Salzburger Raumordnungsgesetz herangezogen werden. Nach dem Salzburger Ortstaxengesetz 1972 gälten als Ferienwohnungen Wohnungen, die der Eigentümer nicht länger als zwei Monate im Jahr ohne wesentliche Unterbrechung bewohne. Wohnungen, die anderen Personen zur Befriedigung ihres dauernden Wohnbedürfnisses dienen, seien keine Ferienwohnungen. Nach § 12 Abs. 7 des Salzburger Raumordnungsgesetzes gälten als Appartementhäuser Bauten, die nach Lage, Ausgestaltung, Einrichtung, Rechtsträger u.dgl. ausschließlich oder überwiegend dem nur zeitweiligen oder vorübergehenden Wohnbedürfnis ihrer Benützer dienen. Es sei sohin eine Tätigkeit, die eine in diesen zeitlich beschränkten Grenzen liegende entgeltliche Überlassung von Appartements, etwa zu Erholungszwecken, beinhalte - bei Vorliegen der Merkmale der Gewerbsmäßigkeit - als eine Tätigkeit anzusehen, die nur auf Grund der entsprechenden Gewerbeberechtigung für ein freies Gewerbe ausgeübt werden dürfe. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers werde die in Rede stehende Tätigkeit im Bundesland Salzburg schon längst als eine gewerbsmäßige betrachtet und es gäbe auch eine Reihe von Berechtigungen für das entsprechende freie Gewerbe. Das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Berufung, daß ihn kein Verschulden treffe, sei nicht berechtigt.

Gegen diesen Bescheid - ausgenommen die Strafhöhe - richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsstrafakten vor und beantragte in der von ihr erstatteten Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach dem gesamten Beschwerdevorbringen in dem Recht verletzt, nicht der ihm zur Last gelegten Übertretung schuldig erkannt und deswegen bestraft zu werden. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes bringt der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vor, die Rechtsansicht der belangten Behörde, die Vermietung von Wohnungen in der vom Beschwerdeführer gewählten Form sei eine gewerbliche Tätigkeit und bedürfe daher einer Gewerbeberechtigung sei unrichtig. Die belangte Behörde vermöge auch nicht darzutun, woher sie den Begriff des "freien Gewerbes der kurzfristen Zurverfügungstellung von Appartements an Gäste für Erholungszwecke" ableite. Die Leistung des Beschwerdeführers erschöpfe sich im Abschluß eines Mietvertrages und in der Abrechnung der Miete. Die bloße Überlassung eines Bestandgegenstandes sei keine gewerbliche Tätigkeit, sondern eine dem bürgerlichen Recht zu unterstellende Vermögensverwaltung (siehe dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Mai 1985, Zl. 82/14/0248).

Der Beschwerdeführer ist schon mit diesem Vorbringen im Ergebnis im Recht.

Die belangte Behörde ging nach der Begründung des angefochtenen Bescheides davon aus, daß vom Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der in Rede stehenden Vermietung von Appartements - abgesehen von der fallweisen Bereitstellung von Bettwäsche - keine Dienstleistungen erbracht wurden und gelangte ausgehend davon zu dem Ergebnis, daß ungeachtet des äußeren Erscheinungsbildes, das nach Annahme der belangten Behörde durchaus dem eines Gastgewerbebetriebes in der Betriebsart "Appartementgästehaus" ähnle, vom Beschwerdeführer zwar keine nach § 189 Abs. 1 Z 1 GewO 1973 konzessionspflichtige Beherbergung von Gästen vorgenommen, wohl aber ein von ihr bloß als "entsprechend" bezeichnetes freies Gewerbe ausgeübt worden sei, weil die Vermietung der Wohnräume nicht für einen längeren, großteils unbestimmten Zeitraum erfolgt sei, sondern die entgeltliche Überlassung der Appartements in den zeitlich beschränkten Grenzen, wie sie das Salzburger Ortstaxengesetz 1972 für Ferienwohnungen und das Salzburger Raumordnungsgesetz für Appartementhäuser vorsehen, liege. Sie verkannte damit die Rechtslage.

Bei der Beurteilung der Frage, ob es sich bei der hier in Rede stehenden entgeltlichen Zurverfügungstellung von Appartements an Gäste für Erholungszwecke (überhaupt) um eine unter die Gewerbeordnung fallende Tätigkeit handelt, ist zunächst zu klären, welcher Inhalt dem Begriff "Gewerbe" im Sinne des Art. 10 Abs. 1 Z 8 B-VG zukommt. Dieser Begriff muß nach ständiger Rechtsprechung (vgl. u.a. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Juni 1984, Slg. Nr. 10.050) in dem Sinn verstanden werden, in dem es sich für den Bereich des österreichischen Gewerberechtes entwickelt hat und im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kompetenzverteilung des B-VG am 1. Oktober 1925 wirksam war. Demnach fällt die bloße Überlassung von Wohnräumen zum Gebrauch nicht unter den Anwendungsbereich der Gewerbeordnung, weil die bloße Raumvermietung (Miethausbesitz) im allgemeinen nicht als Gewerbe im Sinne der Gewerbeordnung angesehen werden kann (vgl. dazu auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 23. Juni 1963, Slg. Nr. 4227). Davon ging im übrigen auch die belangte Behörde aus. Eine über die bloße Überlassung von Wohnräumen zum Gebrauch hinausgehende Tätigkeit unterlag hingegen am 1. Oktober 1925 der Gewerbeordnung 1859 und wurde nach Lehre und Rechtsprechung stets als eine einen Zweig des Gast- und Schankgewerbes darstellende konzessionspflichtige Fremdenbeherbergung (§ 16 Abs. 1 lit. a GewO 1859) angesehen, sofern es sich nicht um eine gemäß Art. V lit. e des Kundmachungspatentes zur Gewerbeordnung 1859 als häusliche Nebenbeschäftigung (Privatzimmervermietung) vom Anwendungsbereich der Gewerbeordnung ausgenommene Tätigkeit handelte (vgl. Laszky-Nathansky, Kommentar zur Gewerbeordnung, Wien 1937, S. 61 und 580 ff, ferner die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Oktober 1932, Slg. Nr. 17.298/A, vom 9. November 1962, Slg. Nr. 5901/A, vom 29. November 1963, Zl. 1758/62, vom 3. Mai 1967, Zl. 1519/66, und vom 8. November 1967, Slg. Nr. 7216/A; hinsichtlich der zitierten, nichtveröffentlichten hg. Entscheidungen wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen). Nach der geltenden Rechtslage unterliegt die über die bloße Raumvermietung für Wohnzwecke hinausgehende Tätigkeit der Konzessionspflicht der Beherbergung von Gästen nach § 189 Abs. 1 Z 1 GewO 1973 (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Juni 1983, Zl. 82/04/0056). Bei dieser Rechtslage bleibt für die von der belangten Behörde getroffenen Annahme, daß die entgeltliche Zurverfügungstellung von Appartements an Gäste für Erholungszwecke den Gegenstand eines freien Gewerbes bildet, kein Raum.

Bei diesem Ergebnis kann dahingestellt bleiben, ob die belangte Behörde bei Zugrundelegung der Grundsätze der vorangeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes überhaupt zu Recht davon ausging, daß das von ihr dem Beschwerdeführer angelastete Verhalten allein schon deswegen, weil - abgesehen von der fallweisen Bereitstellung der Bettwäsche - keine Dienstleistungen erbracht werden, nicht dem § 189 Abs. 1 Z 1 GewO 1973 unterstellt werden könne, obgleich ihrer Annahme nach das äußere Erscheinungsbild durchaus dem eines Gastgewerbebetriebes ähnle.

Da die belangte Behörde die Rechtslage verkannte, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, wobei sich eine Auseinandersetzung mit dem weiteren Beschwerdevorbringen erübrigte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985. Der Schriftsatzaufwand war hiebei nur in der beantragten Höhe zuzusprechen. Die Abweisung des Mehrbegehrens hat nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand (die in dreifacher Ausfertigung erforderliche Beschwerde war pro Ausfertigung lediglich mit S 120,-- zu vergebühren) zum Gegenstand.

Wien, am 27. Jänner 1987

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