Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Antrag des Beschwerdeführers, der als Drucker Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit bezieht, Aufwendungen von S 9.945,60 für Familienheimfahrten zwischen Zeltweg und Graz im Jahre 1985 als Werbungskosten anzuerkennen und deswegen einen steuerfreien Betrag in die Lohnsteuerkarte einzutragen, wurde im Instanzenzug abgewiesen. Die erwähnten Aufwendungen seien dem Beschwerdeführer durch den Besuch eines Lehrganges der Otto-Möbes-Volkswirtschaftsschule der Arbeiterkammer für Steiermark im Zeitraum 11. Februar bis 10. Mai 1985 als ehrenamtliches Mitglied des Betriebsrates entstanden. Es handle sich dabei nicht um Kosten zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen (§ 16 Abs. 1 EStG 1972) des Beschwerdeführers als Drucker, weil der Beschwerdeführer nicht im Auftrag und im Interesse des Arbeitgebers, sondern ausschließlich als Betriebsratsmitglied im Interesse der Arbeitnehmer des Betriebes an dem Lehrgang teilgenommen habe. Als Betriebsratsmitglied beziehe der Beschwerdeführer jedoch keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von seinem Arbeitgeber, sondern als Drucker. Die Aufwendungen für die Familienheimfahrten während des Lehrganges stünden ausschließlich mit der Tätigkeit als ehrenamtliches Mitglied des Betriebsrates im Zusammenhang und nicht mit der Tätigkeit als Drucker.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinem Recht auf Eintragung eines steuerfreien Betrages wegen erhöhter Werbungskosten im Sinne des § 16 EStG 1972 verletzt; er behauptet Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragt deshalb, den angefochtenen Bescheid aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer bestreitet die Feststellung der belangten Behörde nicht, daß er an dem Lehrgang als Mitglied des Betriebsrates teilgenommen habe. Gemäß § 38 ArbVG haben die Organe der Arbeitnehmerschaft des Betriebes die Aufgabe, die wirtschaftlichen, sozialen, gesundheitlichen und kulturellen Interessen der Arbeitnehmer im Betrieb wahrzunehmen und zu fördern. Der Beschwerdeführer ist Mitglied eines solchen Organes. Nahm er daher als Mitglied des Betriebsrates an einem Lehrgang teil, so lag die Zielsetzung dieser Teilnahme in der Bildung des Beschwerdeführers zur besseren Erfüllung der ihm als Mitglied eines Organes der Arbeitnehmerschaft zukommenden Aufgaben. Diese Zielsetzung entspricht aber nicht dem Ziel der Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen des Beschwerdeführers aus seiner nichtselbständigen Tätigkeit als Drucker, mag ihm bei dem erwähnten Lehrgang gewonnenes Wissen möglicherweise auch für sein eigenes Arbeitsverhältnis zustatten kommen können.
Der Beschwerdeführer war daher nicht, wie er ausführt, bei Teilnahme am Lehrgang "darüber hinaus Mitglied des Betriebsrates", sondern er nahm als Mitglied des Betriebsrates am Lehrgang teil, um solcherart Erkenntnisse für die Erfüllung der Aufgaben gemäß § 38 ArbVG zu gewinnen. Daß der Beschwerdeführer an dem Lehrgang nämlich auch dann teilgenommen hätte, wenn er nicht Mitglied des Betriebsrates gewesen wäre, wird von ihm nicht behauptet.
Das Mitglied des Betriebsrates übt seine Funktion nicht im Interesse der Sicherung und Erhaltung seiner eigenen Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit aus, sondern im Interesse der Arbeitnehmer im Betrieb.
Aufwendungen, die zur Ermöglichung oder Erleichterung dieser Aufgabe dienen, sind daher weder mit Prozeßkosten eines Arbeitnehmers zur Durchsetzung seiner Ansprüche aus seinem Arbeitsverhältnis oder mit Aufwendungen eines Finanzbeamten für einen Bilanzbuchhalterlehrgang vergleichbar noch mit Gewerkschaftsbeiträgen oder den Berufsfortbildungskosten durch Besuch einer Sozialakademie der Arbeiterkammer, der dazu dient, dem einzelnen Arbeitnehmer durch bessere Information die Wahrnehmung seiner Rechte gegenüber dem Arbeitgeber zu erleichtern.
Für den Standpunkt des Beschwerdeführers, eine "Aufspaltung" der Eigenschaft als Arbeitnehmer und Betriebsratsmitglied sei unzulässig, ist entgegen seiner Ansicht auch aus den §§ 115 ff ArbVG nichts zu gewinnen. Aus § 115 Abs. 1 dieses Gesetzes ergibt sich im Gegenteil deutlich, daß das Mandat des Betriebsratsmitgliedes neben den Berufspflichten auszuüben ist. Die sich aus den §§ 115 ff ArbVG ergebende Rechtsstellung der Mitglieder des Betriebsrates (Freizeitgewährung, Freistellung, Bildungsfreistellung, erweiterte Bildungsfreistellung, Kündigungs- und Entlassungsschutz) dient nicht der Sicherung des individuellen Arbeitsverhältnisses des Betriebsratsmitgliedes, sondern der Aufgabenerfüllung im Sinne des § 38 ArbVG. Die das Arbeitsverhältnis des Betriebsratsmitgliedes absichernden Vorschriften sind lediglich Mittel zur Erreichung des genannten Zweckes. Das gilt auch für die Entgeltfortzahlung im Freistellungsfall. Das fortbezahlte Entgelt ist nicht Einnahme aus der Tätigkeit oder Funktion als Mitglied des Betriebsrates, sondern weiterhin Einnahme aus dem Dienstverhältnis, wobei der Betriebsinhaber (Dienstgeber) jedoch für die Dauer der Freistellung keinen Anspruch auf die Arbeitsleistung durch den Dienstnehmer hat. Die Fortzahlung des Entgeltes ist nicht Gegenleistung des Dienstgebers für die Wahrnehmung der Aufgaben im Sinne des § 38 ArbVG durch das Mitglied des Betriebsrates oder Vergütung für die Ausübung dieser Funktion, auf deren Erfüllung dem Dienstgeber auch kein Anspruch zusteht.
Zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen aus dem Dienstverhältnis (als Drucker) ist daher weder eine Ausbildung noch eine Fortbildung auf jenen Gebieten erforderlich, deren Kenntnis zur Wahrnehmung der Aufgaben eines Mitgliedes des Betriebsrates im Sinne des § 38 ArbVG notwendig ist. Von einer Unzulässigkeit der "Aufspaltung" zwischen der Eigenschaft als Arbeitnehmer und der Eigenschaft als Mitglied des Betriebsrates kann also keine Rede sein.
Es war daher nicht rechtswidrig, daß die belangte Behörde die Werbungskosteneigenschaft der Aufwendungen für die Familienheimfahrten, welche durch den Kursbesuch des Beschwerdeführers als Mitglied des Betriebsrates entstanden sind, verneinte.
Aus den angeführten Gründen waren Ermittlungen der belangten Behörde über den Kursplan und über die Gegenstände des Kurses entbehrlich.
Der Beschwerdeführer wurde durch den angefochtenen Bescheid im Rahmen des Beschwerdepunktes in seinen Rechten nicht verletzt.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 16. September 1986
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)