VwGH 86/10/0117

VwGH86/10/011715.9.1986

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsident Dr. Petrik und die Hofräte Mag. Onder, Dr. Stoll, Dr. Zeizinger und Dr. Waldner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Egger, über die Beschwerde der Verlassenschaft nach JE, vertreten durch VE als bedingt erbserklärte Erbin, diese vertreten durch Dr. Alfred Zaufal, Rechtsanwalt in Wien II, Praterstern 1, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 22. Mai 1986, GZ. N‑450003‑462‑I/Kra‑1986, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einem Vollstreckungsverfahren, zu Recht erkannt:

Normen

VVG §10

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1986:1986100117.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und den ihr angeschlossenen Unterlagen ergibt sich folgender Sachverhalt:

Der Verlassenschaft nach JE wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 5. August 1985 gemäß § 39 des O.ö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1982 aufgetragen, eine 13 m lange und 2 m hohe Bretterwand am Badesteg auf einem näher bezeichneten Grundstück bis spätestens 1. September 1985 zu entfernen. Auf Grund einer dagegen erhobenen Berufung erstreckte die belangte Behörde diese Frist bis 1. Jänner 1986.

Die beschwerdeführende Verlassenschaft kam der ihr auferlegten Verpflichtung auf nach Androhung der Ersatzvornahme nicht nach. Daraufhin ordnete die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck mit Bescheid vom 10. März 1986 gemäß § VVG 1950 die Ersatzvornahme und als Vorauszahlung für die Kosten der Ersatzvornahme den Erlag von S 5.000,‑‑ an. Dieser Bescheid erging „An die Verlassenschaft nach JE ‑ vertr. durch Frau VE“ und wies in der Rechtsmittelbelehrung auf das Berufungsrecht gemäß § 10 VVG 1950 wie auch auf das Erfordernis eines begründeten Berufungsantrages hin.

In einem gemeinsamen Schriftsatz erhoben sowohl die beschwerdeführende Verlassenschaft als auch deren Vertreterin Berufung. Diese wurde mit dem angefochtenen Bescheid unter Anführung der §§ 10 Abs. 2 und 4 Abs. 1 VVG 1950 mit der Begründung als unzulässig zurückgewiesen, es sei gegen die erstinstanzliche Vollstreckungsverfügung keiner der Berufungsgründe des § 10 leg. cit. geltend gemacht worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde der Verlassenschaft nach JE. Die Beschwerdeführerin erachtet sich, wie sich aus dem gesamten Beschwerdevorbringen ergibt, in dem Recht auf Sachentscheidung über ihre Berufung verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Gemäß § 10 Abs. 2 VVG 1950 kann die Berufung gegen eine nach diesem Gesetz erlassene Vollstreckungsverfügung nur ergriffen werden, wenn

a) die Vollstreckung unzulässig ist oder

b) die Vollstreckungsverfügung mit dem zu vollstreckenden Bescheid nicht übereinstimmt oder

c) die angeordneten oder angewendeten Zwangsmittel im Gesetze nicht zugelassen sind oder mit der Vorschrift des § 2 im Widerspruch stehen.

Das Vorliegen eines der genannten Berufungsgründe muß ‑ zur Begründung der Berufslegitimation ‑ vom Berufungswerber in der Berufung behauptet und begründet werden (vgl. dazu Hauer‑Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, FN 2 zu § 10 VVG 1950, Walter‑Mayer Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts3, 327, jeweils mit Hinweisen auf die Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts).

Zur Begründung der Beschwerde wird im wesentlichen ausgeführt, aus dem Berufungsvorbringen sei nicht nur zweifellos erkennbar gewesen, daß damit die Unzulässigkeit der Vollstreckung des erstinstanzlichen Bescheides geltend gemacht werde, sondern auch, daß dieser „zumindest derzeit“ aufzuheben sei, weil „die Beschwerdeführerin eine Ersatzvornahme im Sinne des § 4 Abs. 1 VVG 1950 noch nicht vornehmen konnte“ (gemeint wohl: weil die Beschwerdeführerin ihre Verpflichtung noch nicht habe nachkommen können).

Dem vermag der Verwaltungsgerichtshof jedoch nicht beizupflichten. Die Berufung führte im Rubrum unter „Berufungswerberin“ an: „Verlassenschaft nach JE und VE“ und lautete wie folgt:

„Als bedingt erbserklärte Erbin nach meinem verstorbenen Gatten JE erhebe ich durch meinen mit beiliegender Vollmacht ausgewiesenen Vertreter gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 10.3.1986, Agrar/4610/1985, in offener Frist

BERUFUNG

und begründe diese wie folgt:

Das Verlassenschaftsverfahren nach Herrn JE, gest. 1983, ist beim Bezirksgericht Krems noch anhängig. Ich bin jedoch passiv nicht legitimiert; die Verlassenschaft ist nämlich noch nicht eingeantwortet. Ich bin ‑ wie der angefochtene Bescheid richtig feststellt ‑ nur Vertreterin der Verlassenschaft.

Die Ersatzvornahme kann daher nur durch die Verlassenschaft erfolgen, weshalb auch die Vorauszahlung der Kosten nicht mir auferlegt werden kann, sondern ausschließlich der Verlassenschaft. Es handelt sich also um eine Verlassenschafts‑Passivum, für dessen Abdeckung ich erst nach Einantwortung des Nachlasses nach Herrn JE, geb 1908, verhalten werden kann.

Im übrigen ist es mir infolge meiner mißlichen finanziellen Lage unmöglich, solche Kosten für die Verlassenschaft vorzustrecken. Sie könnten erst nach Feststellung des Reinnachlasses, der erst im Endbeschluß des Bezirksgericht Krems zu berechnen ist, erfolgen.

Ich stelle daher für die Verlassenschaft und im eigenen Namen den

ANTRAG

den angefochtenen Bescheid vom 10.3.1986 ‑ zumindest derzeit ‑aufzuheben.

VE.“

In dieser Berufung finden sich ‑ ungeachtet des auch „für die Verlassenschaft“ gestellten Aufhebungsantrages ‑ leidglich Einwendungen der erbserklärten Erbin gegen die erstinstanzliche Vollstreckungsverfügung vom 10. März 1986, aber keinerlei Ausführungen, die die Unzulässigkeit dieses Bescheides im Sinne des § 10 Abs. 2 VVG 1950 aus der Sicht der beschwerdeführenden Verlassenschaft behaupten und dartun. Das gegenteilige Beschwerdevorbringen findet im Wortlaut der Berufung keine Stütze. In der Berufung wurde auch nicht etwa ein Berufungsgrund im Sinne der lit. b oder c des § 10 Abs. 2 VVG 1950 geltend gemacht; Gegenteiliges behauptet auch die beschwerdeführende Verlassenschaft selbst nicht.

Nach dem Gesagten hat die beschwerdeführende Verlassenschaft in der Berufung vom 17. März 1986 zur Begründung ihrer Berufungslegitimation keinen der im § 10 Abs. 2 lit. a‑c VVG 1950 genannten Berufungsgründe behauptet und begründet. Daher entspricht die mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene Zurückweisung der Berufung in Ansehung der beschwerdeführenden Verlassenschaft dem Gesetz.

Ob auch die Zurückweisung der von der erbserklärten Erbin im eigenen Namen erhobenen Berufung zu Recht erfolgte, brauchte nicht untersucht zu werden, weil die vorliegende Beschwerde nur von der Verlassenschaft nach JE erhoben wurde.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die von der beschwerdeführenden Verlassenschaft behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 15. September 1986

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