VwGH 85/14/0134

VwGH85/14/013414.1.1986

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Hnatek, Dr. Pokorny und Dr. Karger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Tobola, über die Beschwerde des Dr. RO, Rechtsanwalt in K, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der E Gesellschaft m.b.H. in B, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom 17. Juli 1985, Zl. B 111‑4/85, betreffend Investitionsprämie für das vierte Kalendervierteljahr 1982, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §6 Z1
InvestPrämG §2 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1986:1985140134.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Gemeinschuldnerin schaffte im vierten Quartal 1982 aufgrund der Leasingkaufvereinbarung vom 23. September dieses Jahres eine Rohgummikühlanlage zum Kaufpreis von S 2,391.525,-- zuzüglich Umsatzsteuer an. Der Kaufpreis war hinsichtlich des der Umsatzsteuer entsprechenden Betrages mit Valuta 10. Mai 1983 vom Konto der Gemeinschuldnerin einzuziehen, der restliche Kaufpreis in 81 gleichen monatlichen im vorhin fälligen Raten von S 29.525,-- zu bezahlen. Sollten von dritter Seite dem Verkäufer Zinsstützungen zugute kommen, so verminderte sich laut Vereinbarung die jeweils nächstfolgende Rate entsprechend.

Aufgrund einer abgabenbehördlichen Prüfung setzte das Finanzamt die Investitionsprämie für das genannte Quartal mit einem gegenüber dem Verzeichnis der Gemeinschuldnerin um S 59.313,-- reduzierten Betrag fest, weil als Anschaffungskosten für die Kühlanlage nicht der in Raten zu bezahlende Kaufpreis, sondern der abgezinste Barwert für die Ermittlung der Investitionsprämie in Ansatz gebracht wurde, also S 1,650.000,--.

Hingegen erhob die Gemeinschuldnerin Berufung mit der Begründung, neben dem Leasing‑Kaufvertrag sei keine gesonderte Kreditvereinbarung getroffen worden, die Anschaffungskosten bestünden daher im vereinbarten Kaufpreis und nicht in dem durch Abzinsung ermittelten Barwert.

Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof infolge Konkurseröffnung über das Vermögen der Gemeinschuldnerin am 9. Oktober 1984 durch den Masseverwalter angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wies diese die Berufung mit der Begründung ab, Finanzierungskosten gehörten nach Lehre und Rechtsprechung nicht zu den Anschaffungskosten. Beim Kaufleasing ergebe sich die Frage, in welcher Höhe die Anschaffungskosten des Wirtschaftsgutes in die Bilanz einzusetzen seien; werde keine vom Kaufvertrag abgesonderte Finanzierungsvereinbarung getroffen, so werde nämlich im Hinblick auf die ratenweise Abstattung des Kaufpreises ein erhöht angesetzter Kaufpreis verrechnet. Es widerspreche aber den Grundsätzen der Bilanzklarheit und dem Grundsatz, daß Finanzierungskosten nicht zu den Anschaffungskosten zählten, ein Wirtschaftsgut mit umso höheren Werten zu bilanzieren, je länger die Laufzeit der Raten und je höher der vereinbarte Zinssatz sei. Allerdings könne nicht schon jede ratenweise Entrichtung eines Kaufpreises dazu führen, daß dieser in Anschaffungskosten und Finanzierungskosten andererseits aufzuteilen sei. Die lange Laufzeit und die Größenordnung des Geschäftes ließen im vorliegenden Fall jedoch wegen der dargestellten Konsequenzen steuerlicher Art eine Aufteilung des Kaufpreises geboten erscheinen. Schließlich weise das Gesamtbild der Verhältnisse im vorliegenden Fall darauf hin, daß nicht ein bloßer Ratenkauf vorliege, sondern ein in die äußere Form eines Kaufvertrages gekleideter und mit einem Kaufvertrag verbundener Kreditvertrag, weil die Leasinggeberin der Gemeinschuldnerin eine Zinsengutschrift mit der Begründung erteilt habe, daß infolge eines Brandschadens Ersatz durch die Versicherung geleistet worden sei und die Leasinggeberin außerdem den der Ratenvereinbarung zugrundeliegenden Zinssatz herabgesetzt habe. Es sei daher der Barwert als Anschaffungskosten der Anlage zur Berechnung der Investitionsprämie heranzuziehen gewesen.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinem Recht auf Investitionsprämie aus der Summe der vereinbarten Kaufpreisraten (S 2,391.525,--) als Anschaffungskosten verletzt und beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 IPrG beträgt die Investitionsprämie einen dort näher bestimmten Hundertsatz der Anschaffungs- oder Herstellungskosten im Sinne des Einkommensteuergesetzes 1972.

Der Beschwerdeführer läßt zu Recht die auf Judikatur und Lehre gestützte Rechtsansicht der belangten Behörde unbekämpft, zu den Anschaffungskosten zählten die Finanzierungskosten nicht.

Da für die Beurteilung abgabenrechtlicher Fragen zur Erzielung gleichmäßiger Besteuerung in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend ist, muß für den Fall zinsenloser Stundung des Kaufpreises davon ausgegangen werden, daß die in Abstattung des Kaufpreises zu erbringenden Leistungen einen Zinsenanteil aufweisen, weil bei langfristiger Tilgung einer unverzinslichen oder extrem niedrig verzinslichen Forderung kein Erwerber der Forderung bereit wäre, diese mit dem Nennbetrag zu honorieren, sondern er nur einen entsprechend diskontierten Betrag, den Barwert hiefür aufwenden würde (vgl. Stoll, Rentenbesteuerung, 3. Auflage, S. 38 ff). Beim Zielkauf enthält der Zahlungsbetrag in aller Regel einen verdeckten Zinsanteil, die Verbindlichkeit ist daher nicht wirklich zinslos, der Nennbetrag ist in Gegenleistung für das Wirtschaftsgut und Zins zu teilen. Die Anschaffungskosten des Wirtschaftsgutes bestehen nur im Barwert der Verbindlichkeit (Hermann/Heuer/Raupach, Kommentar, Anm. 1156 zu § 6 dEStG). Bei zinsenloser Stundung des Kaufpreises bestehen die Anschaffungskosten daher nur im Barwert der Kaufpreisschuld, das erworbene Wirtschaftsgut ist mit dem Barwert der Verbindlichkeit zu aktivieren (vgl. Hermann/Heuer/Raupach, Kommentar, Anm. 284 zu § 6 dEStG; Stoll, Leasing, Steuerrechtliche Beurteilungsgrundsätze, 2. Auflage, S. 142, S. 144/145). Die noch nicht fälligen Leistungen (Leasingraten) sind daher abzuzinsen (vgl. Hermann/Heuer/Raupach, Kommentar, Anm. 1500 zu § 6 dEStG, ABC der Bewertung: „Mietkaufvertrag“; Stoll, Leasing, a.a.O.).

Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus den in der Beschwerde angeführten Literaturzitaten. Stoll legt an der in der Beschwerde zitierten Stelle lediglich dar, daß nicht die Finanzierungskosten des Leasinggebers aus den Anschaffungskosten auszuscheiden sind, gelangt in der Folge jedoch zu dem bereits oben zitierten Ergebnis, weil nach seiner Auffassung im Falle der Stundung des Kaufpreises neben dem Liefergeschäft ein neues und eigenes kreditähnliches Verhältnis anzunehmen sei, das dazu führe, daß die aus diesem Verhältnis entspringende Zinslast die Kaufpreisschuld und damit die Anschaffungskosten des Käufers mindere, welchem Umstand durch entsprechende Abzinsung Rechnung zu tragen sei; dabei müsse aber der Abzinsungsbetrag natürlich nicht mit der Zinslast des Veräußerers identisch sein.

Die vom Beschwerdeführer zitierte Kommentarstelle in Hofstätter/Reichel (Anm. 20 zu § 6 EStG 1972 allgemein) gibt inhaltlich nichts anderes wieder als die im Erlaß des Bundesministers für Finanzen vom 29. Oktober 1975, Zl. 262.285‑IV/6/75, zitierte Literaturstelle, nach welcher bei Stundung des Kaufpreises durch den Verkäufer zu den Anschaffungskosten nur der Barpreis gehöre, den der Käufer aufzuwenden habe, wenn er die Kreditleistung des Lieferers nicht in Anspruch nehmen würde, man werde aber zu unterscheiden haben, ob es sich um einen einheitlichen Kaufvertrag mit von vornherein höher festgesetztem Kaufpreis oder um einen Kaufvertrag und einen daneben bestehenden Finanzierungsvertrag handle. Das letztere werde hauptsächlich bei größeren Objekten in Betracht kommen, bei denen eine individuelle Behandlung des Kreditkäufers angebracht und üblich sei.

Auch diese Lehrmeinung geht daher grundsätzlich davon aus, daß nur der Barpreis (Barwert), nicht aber der Wert des gestundeten Kaufpreises bei den Anschaffungskosten in Anschlag zu bringen ist.

Im Hinblick auf die Laufzeit und die Höhe des Betrages kann im vorliegenden Fall kein Zweifel daran bestehen, daß der in der Leasingkaufvereinbarung genannte Kaufpreis im Hinblick auf die Stundung bei wirtschaftlicher Betrachtung einen Zinsenanteil enthält, sodaß als Anschaffungskosten nur der durch Abzinsung ermittelte Barwert in Ansatz zu bringen war. Nur von ihm durfte folglich auch die Investitionsprämie berechnet werden. Auf die nur hilfsweise gegebene Begründung der belangten Behörde dafür, daß ein „Kauf- und Finanzierungsvertrag“ vorliege (Zinsengutschrift), brauchte daher nicht mehr eingegangen zu werden, da bereits die primäre Begründung den angefochtenen Bescheid trägt. Damit erübrigt sich eine Befassung mit der Behauptung des Beschwerdeführers, im Zusammenhang mit der subsidiären Begründung desselben seien Verfahrensvorschriften verletzt worden.

Da der Beschwerdeführer die Abzinsung ihrer Höhe nach nicht bekämpft, hatte der Verwaltungsgerichtshof auf die Frage, welcher Zinssatz der Abzinsung zugrunde gelegt werden durfte, nicht einzugehen.

Im Rahmen des Beschwerdepunktes wurden durch den angefochtenen Bescheid somit Rechte des Beschwerdeführers nicht verletzt, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abgewiesen werden mußte.

Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.

Wien, am 14. Jänner 1986

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte