VwGH 85/13/0147

VwGH85/13/01479.4.1986

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Iro, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Dorner, über die Beschwerde des HM in Y, vertreten durch Dkfm. DDr. Wilfried Dorazil, Rechtsanwalt in Wien 5, Reinprechtsdorferstraße 57/2, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 15. Juli 1985, GA 5-2036/85, betreffend erhöhte Werbungskosten für das Kalenderjahr 1984, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §16 Abs1;
EStG 1972 §16 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer bezeichnet sich selbst als Elektromeister. Er steht in einem Dienstverhältnis zur österreichischen Donaukraftwerke AG. Mit Wirkung vom 1. Juli 1983 wurde er von seinem Dienstgeber in das Angestelltenverhältnis übernommen und gleichzeitig zum Lehrlingsausbilder in der Lehrwerkstätte X bestellt.

Am 4. Dezember 1984 beantragte der Beschwerdeführer die Berücksichtigung erhöhter Werbungskosten im Betrag von S 50.405,20. Hiebei handelt es sich um Aufwendungen, die ihm im Zusammenhang mit dem Besuch der Abendschule der Höheren technischen Bundeslehr- und Versuchsanstalt in St. Pölten (Fahrtkosten, Kosten für Lehrmittel) erwachsen waren.

Das Finanzamt qualifizierte die Aufwendungen als Ausbildungskosten und führte eine entsprechende Eintragung im Sinne des § 34 Abs. 7 EStG 1972 auf der Lohnsteuerkarte des Beschwerdeführers durch.

In der dagegen eingebrachten Berufung brachte dieser vor, daß er die Abendschule besuche, um die Kenntnisse für seinen Unterricht in der Lehrwerkstätte zu erlangen. Um denselben abhalten zu können, brauche man ein sehr spezifisches Fachwissen. Seine "Weiterbildung" sei nicht auf die Erlangung der Reifeprüfung ausgerichtet. Er habe "die Möglichkeit", nach Erreichen des nötigen Wissens, den Abendschulbesuch ohne Erlangung des Ingenieurtitels zu beenden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde diese Berufung abgewiesen und nach Zitierung des hg. Erkenntnisses vom 1. Juni 1967, Zl. 172/67, im wesentlichen ausgeführt:

Die belangte Behörde vertrete die Auffassung, die Rechtsmeinung des Verwaltungsgerichtshofes in dem genannten Erkenntnis sei auch auf den Fall des Beschwerdeführers anzuwenden; denn die Beurteilung, ob die Absolvierung einer Schule als Aus- oder Fortbildung anzusehen sei, könne nicht von den Motiven, die zum Besuch der Schule geführt hätten, abhängig sein. Auch wenn der Beschwerdeführer die Höhere technische Lehranstalt nur deshalb besuche, um in den firmeneigenen Lehrwerkstätten besser unterrichten zu können, ändere dies nichts an der Tatsache, daß der fragliche Schultyp eine Ausbildung vermittle, die mit einer Reifeprüfung abschließe. Auch der Umstand, daß der Beschwerdeführer berufsbedingt die Ausbildung in einer Abendschule absolviere, ändere an der Sachlage nichts.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1972 sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen.

Nach übereinstimmender Auffassung von Lehre und Rechtsprechung (vgl. Hofstätter-Reichel, Kommentar zu § 16 Abs. 1 EStG 1972 allgemein, Tz 2 und die dort angeführte hg. Judikatur) stellen Ausgaben nur dann Werbungskosten dar, wenn sie in einem unmittelbaren, ursächlichen wirtschaftlichen Zusammenhang, d.h. in einer unmittelbaren Beziehung zu den Einnahmen aus einer der Einkunftsarten des § 2 Abs. 3 Z. 4 bis 7 EStG 1972 stehen und nicht zu den Kosten der Lebensführung des Abgabepflichtigen gehören. Zu den Werbungskosten gehören zwar die Aufwendungen für die berufliche Fortbildung, nicht jedoch die der Berufsausbildung eines Arbeitnehmers. Während Ausbildungskosten Aufwendungen des Steuerpflichtigen zur Erlernung eines Berufes sind, stelle im Gegensatz dazu Fortbildungskosten Ausgaben zum Zwecke der Verbesserung der bisherigen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten desselben dar (vgl. Hofstätter-Reichel, a.a.O., Tz 7, Stichworte "Ausbildungskosten", und "Berufsfortbildungskosten").

Im Streitfall war der Beschwerdeführer, ein ausgebildeter Elektromeister, offenbar zunächst als Arbeiter bei der österreichischen Donaukraftwerke AG beschäftigt. Mit Wirkung vom 1. Juli 1983 wurde er in das Angestelltenverhältnis übernommen und ab diesem Zeitpunkt "in der Funktion eines Lehrlingsausbilders" beschäftigt. Im Verwaltungsverfahren führte der Beschwerdeführer selbst immer wieder aus, einziger Grund für den Besuch der in Rede stehenden Abendschule in St. Pölten sei für ihn gewesen, "die Kenntnisse für" seinen "Unterricht in der Lehrwerkstätte zu erlangen" (Berufungsschriftsatz vom 25. März 1985) bzw. sich die "grundlegenden Kenntnisse" für die Ausübung dieser seiner unbestrittenermaßen völlig neuen beruflichen Tätigkeit "anzueignen" (Eingabe vom 4. Dezember 1984). Eine Ausbildung an einer höheren Schule (AHS, HAK, HTL) ist auch dann als Ausbildung und nicht als Fortbildung anzusehen, wenn sie neben einem bereits ausgeübten Beruf im Rahmen des sogenannten "zweiten Bildungsweges" (in einer Abendschule bzw. in Abendkursen) erworben wird. Dies deshalb, weil das in solchen Schulen vermittelte Wissen eine umfassende Ausbildungsgrundlage für verschiedene Berufe darstellt und nicht der spezifischen fachlichen Weiterbildung (=Fortbildung) in einem bestimmten bereits ausgeübten Beruf dient. Der Umstand allein, daß der erfolgreiche Abschluß einer derartigen Schule für das berufliche Fortkommen des Beschwerdeführers vorteilhaft sein kann, vermag an dieser Beurteilung schon deswegen nichts zu ändern, weil jede gediegene Ausbildung geeignet ist, die Chancen im (künftigen) Berufsleben zu verbessern, ohne deswegen die Eigenschaft einer Ausbildung zu verlieren.

Bei dieser Sachlage aber kann der belangten Behörde mit Erfolg nicht entgegengetreten werden, wenn sie den strittigen, im Zusammenhang mit dem Besuch der Abendschule anfallenden Aufwendungen des Beschwerdeführers die Anerkennung als Fortbildungs- und damit als Werbungskosten versagt hat.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet darstellt, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 243/1985. Wien, am 9. April 1986

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