VwGH 84/16/0210

VwGH84/16/021026.6.1986

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Dr. Närr, Mag. Meinl, Dr. Kramer und Dr. Karger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Egger, über die Beschwerde 1) des SZ, 2) der MZ, beide in W, beide vertreten durch Dr. Egon Dworzak, öffentlicher Notar in Salzburg, dieser vertreten durch Dr. Erich Kirsch, Rechtsanwalt in Salzburg, Kaigasse 21, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 26. September 1984, Zl. 314/4-GA-5-DG-1983, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §983;
GrEStG 1955 §10 Abs1;
GrEStG 1955 §10 Abs2 Z1;
GrEStG 1955 §11 Abs1 Z3;
ABGB §983;
GrEStG 1955 §10 Abs1;
GrEStG 1955 §10 Abs2 Z1;
GrEStG 1955 §11 Abs1 Z3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 9.570,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Ehegatten G und AM erhielten - wie unbestritten feststeht im Jahre 1961 von den Ehegatten S und MZ einen Betrag von S 90.000,-- als Darlehen zugezählt. G und AM unterfertigten hierüber eine "Erklärung" folgenden Wortlauts:

"Ich bestätige hiemit, von meiner Schwester MZ, W, im Jahre 1961 einen Betrag von S 90.000,-- (in Worten Schilling neunzigtausend) als Darlehen erhalten zu haben.

Ich verpflichte mich gegenüber Frau Z zur Abgeltung ihres Anspruches auf Rückzahlung des Darlehens auf deren Verlangen einen Baugrund im Ausmaß von 1.500 m2 nach ihrer Wahl von der Grundparzelle Nr.... oder der Grundparzelle Nr.... ins grundbücherliche Eigentum auf deren Kosten zu übertragen.

Dieser Anspruch bzw. diese Verpflichtung geht auf die beiderseitigen Erben über."

Mit Übergabsvertrag vom 12. Oktober 1981 übergaben G und AM an die Ehegatten M und HE die Liegenschaft EZ. 89 KG. X.

Am 26. April 1983 schlossen die Ehegatten M und HE einerseits, die Ehegatten SZ und MZ andererseits einen "Übereignungsvertrag". Im Punkt I. dieses Vertrages wird auf den Übergabsvertrag vom 12. Oktober 1981 und auf die oben wiedergegebene "Erklärung" betreffend das im Jahre 1961 zugezählte Darlehen Bezug genommen. In Punkt II wird festgestellt, daß "diese Verpflichtung" (ergänze: aus der "Erklärung" betreffend das im Jahre 1961 zugezählte Darlehen) auf die Ehegatten M und HE überbunden worden sei. In Erfüllung dieser Verpflichtung übereigneten die Ehegatten M und HE an die Ehegatten S und MZ aus dem Gutsbestand der den Übergebern je zur Hälfte gehörige Liegenschaft EZ. 89 KG. X drei näher bezeichnete Grundstücke im Gesamtausmaß von 1.500 m2. In VII dieses Vertrages verpflichteten sich die Ehegatten S und MZ, den Ehegatten M und HE unter gewissen Umständen ein Geh- und Fahrtrecht über gewisse Grundstücke der KG. X einzuräumen.

In der über diesen Erwerbsvorgang erstatteten Abgabenerklärung gemäß § 18 GrEStG wurde die Gegenleistung mit S 90.000,-- beziffert.

Mit Bescheid vom 4. Juli 1983 setzte jedoch das Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern in Salzburg gegenüber den nunmehrigen Beschwerdeführern S und MZ entgegen deren Antrag, ausgehend von einer Bemessungsgrundlage in Höhe von S 1,200.000,--, 8 % Grunderwerbsteuer im Betrag von S 96.000,-- fest und begründete dies über Berufung der Beschwerdeführer in seiner Berufungsvorentscheidung vom 23. August 1983 im wesentlichen damit, daß auf Grund der erwähnten Vereinbarung die Darlehensnehmer nicht verpflichtet gewesen seien, ein Grundstück zu übereignen; der Betrag entspreche lediglich dem Wert eines Baugrundstückes aus dem Gutsbestand der Ehegatten M, was insofern eine Wertsicherung bedeute. Die Bewertung der Gegenleistung sei erst für den Zeitpunkt des mit Vertrag vom 26. April 1983 entstandenen Übereignungsanspruches vorzunehmen, wobei ein Wert von S 800,-- pro m2 angenommen worden sei.

Nachdem die Beschwerdeführer beantragt hatten, ihre Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz vorzulegen, vernahm die Finanzlandesdirektion für Salzburg am 12. Juni 1984 GM (richtig: M), der folgendes angab:

"Glaublich Anfang 1960 habe ich von meiner Schwester Frau MZ einen Betrag von S 90.000,-- erhalten. Als Rückzahlung wurde vereinbart, daß ich ihr ein Grundstück im Ausmaß von ca. 1.500 m2 übergebe. Damals handelte es sich jedoch nicht um einen Baugrund sondern um eine landwirtschaftliche Fläche. Ich war der Meinung, daß der Betrag von S 90.000,-- ungefähr gleichwertig mit dem Grundstück sei. Bezüglich eines Zeitpunktes der Übergabe des Grundstückes wurde nichts vereinbart, da ich aber meinen Hof übergeben habe, wollte ich auch dieses Versprechen einlösen. Wertsicherung ist keine vereinbart worden."

Über Vorhalt u.a. dieses Beweisergebnisses erstatteten die Beschwerdeführer eine schriftliche Äußerung, worin sie u.a. den Standpunkt vertraten, hätten sie die Bestimmung der Zusatzvereinbarung nicht in Anspruch genommen, sondern die Rückerstattung des Darlehens gefordert, so hätten sie eben S 90.000,-- verlangen dürfen. Als Gegenleistung für den vorliegenden Erwerbsvorgang sei jedenfalls ein Betrag von S 90.000,-- anzunehmen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die Finanzlandesdirektion für Salzburg die Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet ab. In der Begründung dieses Bescheides führte sie im wesentlichen aus, die mehrfach erwähnte Vereinbarung betreffend die im Jahre 1961 erfolgte Hingabe eines Darlehens sage nicht aus, daß in erster Linie der Betrag von S 90.000,-- retourniert werden sollte, sondern daß die Gegenleistung für den gegenständlichen Betrag ein 1.500 m2 großes Grundstück sein sollte. Diese Ansicht werde auch durch die Aussage des seinerzeitigen Darlehensnehmers M bestätigt; eine Rückzahlung in Bargeld sei nicht vereinbart worden, sondern nur eine Abgeltung in Grundstücken. Unstrittig sei, daß die seinerzeitigen Vertragspartner einig gewesen seien, S 90.000,-- im Jahre 1961 sollten einem Grundstück im Ausmaß von ca. 1.500 m2 entsprechen. Ein Bereicherungswille könne ausgeschlossen werden. Die Vorschrift des § 10 Abs. 1 GrEStG bedeute nicht, daß als Gegenleistung nur der Betrag von S 90.000,-- angesetzt werden dürfe. Denn bei einem Rechtsstreit hätten nach dem Inhalt der "Vereinbarung" die Beschwerdeführer einen Anspruch auf Herausgabe eines Grundstückes gehabt. Die Beschaffungskosten für ein derartiges Grundstück wären auf jedenfall in Höhe des ermittelten Wertes von S 1,200.000,-- gelegen. Da von einer gewollten Gleichwertigkeit beider Leistungen ausgegangen werden müsse, wie sich aus der vorliegenden "Erklärung" ergebe, sei der Verkehrswert des Baugrundstückes als Grundlage für die Grunderwerbsteuerberechung heranzuziehen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Nach dem gesamten Inhalt ihres Vorbringens erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht verletzt, daß die Grunderwerbsteuer für den vorliegenden Erwerbsvorgang lediglich von einer Bemessungsgrundlage in Höhe von S 90.000,-- berechnet werde. Sie beantragen, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften in diesem Sinne "abzuändern", hilfsweise aufzuheben.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 10 Abs. 1 GrEStG ist die Steuer (grundsätzlich) vom Wert der Gegenleistung zu berechnen. Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle ist sie vom Wert des Grundstückes zu berechnen,

1. soweit eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist,

2. wenn ein land- und forstwirtschaftliches Grundstück an gewisse nahe Angehörige des Übergebers zur weiteren Bewirtschaftung gegen Sicherung des Lebensunterhaltes des Übergebers überlassen wird,

3. wenn alle Anteile einer Gesellschaft vereinigt werden oder alle Anteile einer Gesellschaft übergehen. Das gleiche gilt bei den entsprechenden schuldrechtlichen Geschäften.

Gemäß § 11 Abs. 1 leg. cit. ist Gegenleistung

1. bei einem Kauf

der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen,

…..

3. bei einer Leistung an Erfüllungs Statt

der Wert, zu dem die Leistung an Erfüllungs Statt angenommen wird, ...

Als Mangelhaftigkeit des Verfahrens rügen die Beschwerdeführer, es sei ihnen zwar Gelegenheit gegeben worden, sich zur Aussage des GM schriftlich zu äußern, sie seien aber nicht persönlich dazu einvernommen worden; durch ihre persönliche Einvernahme hätte die belangte Behörde zu einem anderen Ergebnis kommen können.

Diese Rüge ist zwar insofern verfehlt, als die belangte Behörde gemäß § 166 BAO auch die schriftliche Äußerung der Beschwerdeführer als Beweismittel hätte heranziehen können. Ein Verfahrens(und zwar ein Begründungs-)mangel liegt jedoch in diesem Zusammenhang insofern vor, als die belangte Behörde nicht begründet hat, weshalb sie trotz der entgegenstehenden Äußerungen der Beschwerdeführer den abweichenden Aussagen des Zeugen GM folgte.

Dieser Verfahrensmangel ist jedoch nicht wesentlich. Träfe es nämlich zu, daß - wie die belangte Behörde feststellt - eine Rückzahlung des seinerzeit hingegebenen Darlehens in Bargeld nicht vereinbart gewesen sei, sondern nur eine Abgeltung in Grundstücken, dann läge in Wahrheit kein Darlehensvertrag vor; für das Darlehen ist nämlich gemäß § 983 ABGB die Verpflichtung zur Rückzahlung essentiell (vgl. Schubert in Rummel, Kommentar zum Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch I, Seite 1197). Diesfalls handelte es sich vielmehr um einen Kaufvertrag, bei dem die Steuer gemäß § 11 Abs. 1 Z. 1 GrEStG vom Kaufpreis zu bemessen wäre. Dieser wäre aber jedenfalls mit dem Betrag von S 90.000,-- anzusetzen. Das Wort "soweit" im § 10 Abs. 2 Z. 1 GrEStG ist nämlich nicht dahingehend auszulegen, daß die Grunderwerbsteuer dann, wenn die Gegenleistung unangemessen niedrig ist, aus dem Wert des Grundstückes zu berechnen wäre (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 26. November 1970, Slg. Nr. 4156/F). Vielmehr ist die Berechnung vom Wert der Gegenleistung zum Besteuerungsgrundsatz erhoben, die Berechnung vom Wert des Grundstückes hingegen nur in den im Abs. 2 des § 10 GrEStG taxativ aufgezählten Fällen zulässig. Das hat zur Folge, daß selbst bei Vorliegen einer geringen Gegenleistung die Steuer von dieser, beim Fehlen einer Gegenleistung aber von dem - gegenüber der geringen Gegenleistung höheren Wert des Grundstückes zu berechnen ist (vgl. das Erkenntnis vom 1. Juli 1982, Slg. Nr. 5699/F).

Zum selben Ergebnis gelangt man jedoch auch, folgt man dem Standpunkt der Beschwerdeführer, es sei tatsächlich ein Darlehen gegeben worden, welches jederzeit von den Ehegatten M im entsprechenden Geldbetrag zurückbezahlt hätte werden können. Diesfalls stellte die mehrfach erwähnte "Erklärung" (arg.: "... zur Abgeltung ihres Anspruches auf Rückzahlung des Darlehens ...") die Vereinbarung einer Leistung an Zahlungs Statt gemäß § 1414 ABGB dar, wobei der Wert der Gegenleistung nach § 11 Abs. 1 Z 3 GrEStG zu bemessen wäre. Nach dieser Gesetzesstelle ist bei der Leistung an Erfüllungs (Zahlungs) Statt als Gegenleistung der Wert anzusehen, zu dem die Leistung zwecks Erfüllung vom Gläubiger angenommen wird (hg. Erkenntnis vom 15. Mai 1963, Zl. 1744/62). Die Gegenleistung ist der Betrag, mit dem die Beteiligten das Grundstück auf die ursprünglich geschuldete Leistung anrechnen (vgl. Czurda , Kommentar zum Grunderwerbsteuergesetz, Lieferung Mai 1968, Tz. 195 zu § 11). Wird also das Grundstück in Erfüllung einer Geldforderung hingegeben, bildet der Betrag der Forderung die Gegenleistung auch dann, wenn der Wert des Grundstückes geringer oder höher ist als die Forderung, die durch die Hingabe desselben erlischt (vgl. Dorazil-Schwärzler, Das Grunderwerbsteuergesetz2, Seite 350 f; Fellner, Grunderwerbsteuer, Lieferung April 1984, Ergänzung A, Seite 30/2 A). Auch in diesem Fall bleibt also zu Erörterungen über den tatsächlichen Wert des Grundstückes, wie sie von der belangten Behörde angestellt wurden, kein Raum.

Da die belangte Behörde die Rechtslage im aufgezeigten Sinn verkannte, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben; die von den Beschwerdeführern primär beantragte "Abänderung" des angefochtenen Bescheides kam zufolge der im Verfahren über Bescheidbeschwerden kassatorischen Funktion des Verwaltungsgerichtshofes nicht in Betracht.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243, insbesondere deren Art. III Abs. 2, und das Kostenersatzbegehren der Beschwerdeführer.

Wien, am 26. Juni 1986

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