VwGH 85/16/0099

VwGH85/16/009912.12.1985

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Dr. Närr und Mag. Meinl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kowalski, über die Beschwerde des HK und des MN, beide in I, beide vertreten durch Dr. Wilhelm Philipp, Rechtsanwalt in Wien I, Graben 17, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 24. Juli 1985, Zl. R-K 1/1/1-GA 4-Pö/84, betreffend Zollschuld kraft Gesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §115 Abs1;
VwGG §13 Z1;
VwGG §42 Abs2 litc Z2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §63 Abs1;
ZollG 1955 §174 Abs3 lita;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 8.960,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Bezüglich des Sachverhaltes und des bisherigen Verfahrensablaufes wird zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe des in dieser Rechtssache ergangenen Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. April 1980, Zl. 56/80, Slg. Nr. 5482/F, verwiesen. Mit dem genannten Erkenntnis war der im ersten Rechtsgang erlassene Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 9. November 1979 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben worden. In für das weitere Verfahren maßgebender Weise legte der Gerichtshof in den Entscheidungsgründen dar, daß und warum sich die Rechtsrügen der Beschwerdeführer betreffend mangelhafte Zustellung des Abgabenbescheides, Verjährung der Eingangsabgabenschuld, Nichtverwirklichung des Zollschuldtatbestandes des § 174 Abs. 3 lit. a ZollG und Nichtheranziehung des Wertes des für die eingeschmuggelten Smaragde eingetauschten Nickeldrahtes als Bemessungsgrundlage für die Ausgleichsteuer als nicht berechtigt erwiesen. Im Zusammenhang mit dem der Abgabenbemessung zugrundegelegten Wert der eingeschmuggelten Smaragde in Höhe von 1,013.461 DM hatte der Gerichtshof weiters ausgeführt, die belangte Behörde hätte bei der gegebenen Sachlage die in den der Betrugsanzeige vom 18. September 1970 angeschlossenen Listen im einzelnen ausgewiesenen Werte der Smaragde nicht ohne Befassung der beiden Beschwerdeführer über das Zustandekommen und die Realität dieser Wertangaben der Eingangsabgabenbemessung zugrundelegen dürfen.

Im fortgesetzten Verfahren holte die belangte Behörde zunächst das Gutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen über den Großhandelseinstandspreis der streitverfangenen Smaragde ein. Dieser Sachverständige führte in seinem Gutachten vom 4. Mai 1982 u.a. aus, die beiden Listen seien, da sie von den Beschwerdeführern selbst angelegt worden seien, als Bewertungsgrundlage für die Eingangsabgabenschuld besonders geeignet. Es sei jedoch zu bedenken, daß von diesen Preisen einem Käufer oft ein Rabatt eingeräumt werde, der je nach der verkauften Menge unterschiedlich sein könne, in der Regel jedoch 20 v.H. nicht überschreite. Die Angemessenheit der auf den Listen angeführten Preise könne man, so führte dieser Sachverständige abschließend aus, nur überprüfen, wenn man die dazugehörende Ware besichtigen könne.

In der Folge wurde im Rechts- und Amtshilfewege der von den beiden Beschwerdeführern beantragte Zeuge vor dem Zollfahndungsamt K, Zweigstelle T, niederschriftlich als Zeuge über das nähere Zustandekommen der in den beiden Listen ausgewiesenen Werte vernommen. Dieser Zeuge führte hiezu im wesentlichen aus, er habe über Weisung des Erstbeschwerdeführers die aus den vorliegenden Lieferscheinen (Kommissionsrechnungen) entnommenen Preise um 75 % bis 150 % überhöht, damit dieser einen größeren Verhandlungsspielraum habe und auch eventuelle Verluste durch das Tauschgeschäft (mit dem "Platindraht") auffangen könne.

In der Folge gab die belangte Behörde den Beschwerdeführern mit Schreiben vom 26. September 1983 Gelegenheit, von diesem Beweisergebnis Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen. Hiezu äußerten sich die Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 14. Oktober 1983 und erachteten durch die Aussage des genannten Zeugen ihr bisheriges Vorbringen zum Wert der streitverfangenen Smaragde vollinhaltlich bestätigt.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid setzte die Finanzlandesdirektion für Salzburg - wie im ersten Rechtsgang - ausgehend von einem ermittelten Wert der Smaragde in Höhe von 1,013.461 DM abzüglich 20 % Großhandelsrabatt die kraft Gesetzes entstandenen und unerhoben gebliebenen Abgaben mit insgesamt S 640.003 fest. Zur Begründung führte die Berufungsinstanz nach Darstellung des Sachverhaltes und Verfahrensverlaufes, soweit für die Beschwerde von Relevanz, aus, die Beschwerdeführer hätten mit Schriftsatz vom 17. Juni 1978 bekannt gegeben, daß die HK KG dem zuständigen Finanzamt B den Betrugsverlust mit DM 573.319,-- bekanntgegeben habe sowie daß der Wareneinstandspreis unter Berücksichtigung eines Handelsspannenabzuges von 33 1/3 % mit DM 382.212,-- anzunehmen sei. Sowohl der angezeigte Verlust als auch der rechnerisch ermittelte Wareneinstandspreis seien vom Finanzamt anerkannt worden. Auch in der Folge hätten die Beschwerdeführer mehrfach ihre Auffassung kundgetan, daß als Abgabenbemessungsgrundlage der steuerlich anerkannte Wareneinstandspreis heranzuziehen sei. In der Folge seien Ermittlungen geführt worden, ob der dem Finanzamt bekanntgegebene Betrugsverlust in Höhe von DM 573.319,-- die Summe der Einstandspreise oder die Summe der Verkaufspreise darstelle. Vom Zollfahndungsamt K, Zweigstelle T, sei bekanntgegeben worden, dieser Betrag stelle die steuerbehördlich anerkannten Einstandspreise dar. In ihrer Gegenäußerung vom 12. Februar 1979 hätten die Beschwerdeführer geltend gemacht, daß diese Auskunft unrichtig sei und es sich bei dem Betrugsverlust um Verkaufspreise handle. Gleichzeitig sei angekündigt worden, daß das Finanzamt B die Auskunft des Zollfahndungsamtes K richtigstellen werde. In der der belangten Behörde zugegangenen Ablichtung eines Schreibens des Finanzamtes B vom 5. Februar 1979, gerichtet an das Zollfahndungsamt K, Zweigstelle T, werde bestätigt, daß der Betrag von DM 573.319,-- die Verkaufspreise der verfahrensgegenständlichen Smaragde darstelle. In der Folge sei es gelungen, im Rechtshilfewege Unterlagen aus dem Strafakt des Landgerichtes München beizuschaffen. Darunter hätten sich auch Verzeichnisse der in das Zollgebiet eingeführten Smaragde befunden, in welchen die einzelnen Warenpositionen taxiert seien. Die Summe der Wertansätze ergebe den Betrag von DM 1,013.461,01. In dieser Höhe habe der Erstbeschwerdeführer am 18. September 1970 beim Polizeiamt I den Wert der an OP vertauschten Smaragde angegeben. Da einerseits von den Beschwerdeführern behauptet worden sei, der dem Finanzamt bekanntgegebene Verlust von DM 573.319,-- stelle den Verkaufspreis der in das Zollgebiet eingeführten Smaragde dar, anderseits aber die in der Firma des Erstbeschwerdeführers angeführten Warenverzeichnisse einen Verkaufswert der Steine von DM 1,013.461,01 auswiesen, habe sich die belangte Behörde an die Oberfinanzdirektion K gewandt und um nochmalige Überprüfung des Sachverhaltes ersucht. Das Finanzamt B habe der Oberfinanzdirektion K mit Schreiben vom 22. Juni 1979 über das Ergebnis der nochmaligen Überprüfung berichtet. Das Finanzamt habe darin festgestellt, daß der Betrugsverlust von DM 573.319,-- nur zum Teil, nämlich nur hinsichtlich des Wertansatzes der Eigenwaren lautend auf DM 264.441,-- Verkaufswerte darstelle. Hinsichtlich des Wertansatzes betreffend die Fremdware (Kommissionswaren) lautend auf DM 306.604,40 habe einbekannt werden müssen, daß übersehen worden sei, daß es sich bei den an die Eigentümer gezahlten Beträgen in der vom Finanzamt anerkannten Höhe von DM 306.604,40 niemals um Verkaufspreise handeln könne. Dieser Betrag sei den Eigentümern tatsächlich nach gewährten Preisnachlässen gezahlt worden. Vom Berichterstatter sei außerdem ausdrücklich erwähnt worden, daß er erneut festgestellt habe, daß es sich beim Wertansatz der in Verlust geratenen Eigenwaren tatsächlich um den Verkaufswert gehandelt habe. Zusammenfassend sei, so führt die belangte Behörde im Zusammenhang weiters aus, festzuhalten, daß der steuerbehördlich anerkannte Betrugsverlust hinsichtlich der "Fremdware" nicht als Grundlage für die Ermittlung der kraft Gesetzes entstandenen Eingangsabgaben herangezogen werden könne. Hinsichtlich der "Eigenware" sei auszuführen, daß der vom Finanzamt als Verlust anerkannte Betrag von DM 264.441,-- den Verkaufswert darstelle und er auch nach den Einlassungen der Beschwerdeführer mit den Wertansätzen der handgeschriebenen Liste "Reiselager Frau K/München übereinstimme. Dies hätten die Beschwerdeführer in ihrer Stellungnahme vom l0. Oktober 1980 auch rechnerisch dargestellt. Aus den angeführten Gründen sei daher in weiterer Folge bei der Bestimmung des Wertes gemäß § 6 Abs. 2 UStG 1959 nur mehr vom Wert der Ware laut den beiden Listen auszugehen. Die Beschwerdeführer hätten wohl in späteren Äußerungen versucht, die in diesen Listen enthaltenen Preisansätze als nicht maßgeblich darzustellen. In ihrer Stellungnahme vom 14. Oktober 1983 hätten die beiden Beschwerdeführer unter Berufung auf die Aussage des über ihren Antrag am 6. September 1983 als Zeugen befragten Angestellten festgestellt, daß es sich bei den in den beiden Listen aufscheinenden Preisen lediglich um Kalkulationsgrundlagen gehandelt habe, die einen gewissen Verhandlungsspielraum gewähren sollten. Die Preise seien daher keinesfalls ident mit den tatsächlichen Großhandelspreisen. Es seien vielmehr Endverbraucherpreise. Maßgeblich für die Abgabenberechnung sei daher der vom Finanzamt B anerkannte Warenwert von lediglich DM 282.212,--. Zur Aussage des Zeugen G sei zu bemerken, daß es nach Lage der Sache nicht glaubhaft erscheine, daß der Erstbeschwerdeführer die Befürchtung gehabt habe, er könne bei dem Tauschgeschäft einen Verlust erleiden. Tatsache sei vielmehr, daß er in Erwartung eines sehr hohen Gewinnes jede kaufmännische Zurückhaltung und Vorsicht außer acht gelassen habe; denn er habe die verfahrensgegenständlichen Smaragde ohne Stellung aus der Bundesrepublik Deutschland ausgeführt und in das Bundesgebiet eingeführt. Er habe ferner angesichts der ihm von einem offensichtlichen Fachmann eingeräumten Gewinnspanne sogar in Kauf genommen, daß die Herkunft des eingetauschten Platins irgendwie nicht in Ordnung gewesen, die Ware vermutlich nach Österreich eingeschmuggelt worden sei. Der Erstbeschwerdeführer sei auf einen erhofften Gewinn von einer halben Mio DM fixiert gewesen. Wegen des sicher erscheinenden Gewinnes sei es ihm auf ein Gramm Platin mehr oder weniger nicht angekommen, sodaß er es ohne Widerspruch zugelassen habe, daß OP von sämtlichen Drahtrollen die Plomben mit den darin steckenden Platindrahtenden abgeschnitten habe. Alle diese Umstände ließen erkennen, wie sehr der Erstbeschwerdeführer um das Zustandekommen des Tauschgeschäftes bemüht gewesen sei. Daß der Erstbeschwerdeführer durch die Bereitstellung nur eines Bruchteiles der vereinbarten Ware das Risiko des Scheiterns des Geschäftes eingegangen wäre - zumal er gewußt habe, daß sein Tauschpartner in der Lage sei, eine solche Betrugshandlung zu erkennen - sei wenig wahrscheinlich. Davon abgesehen sei die Aussage des Zeugen G widersprüchlich, wenn er einerseits bestätige, vom Erstbeschwerdeführer den Auftrag erhalten zu haben, Smaragde im Gesamtwert von 1 Mio DM zusammenzustellen, anderseits aber auch behaupte, angewiesen worden zu sein, die Preise so zu gestalten, daß ein genügend großer Verhandlungsspielraum bleibe; denn letzteres könne nur als Auftrag verstanden werden, durch überhöhte Preisangaben eine Warenmenge im Wert von 1 Mio DM vorzutäuschen. Die Listen selbst enthielten, so führte die belangte Behörde im Zusammenhang weiter aus, pro Warenposition so viele Angaben (Anzahl der Steine, Gewicht der Steine, Preis pro Karat, Gesamtpreis des Steines oder der Partie Steine), daß ein Fachmann in die Lage versetzt sei, die Angemessenheit der Preise zu überprüfen. Es könne kein Zweifel bestehen, daß die Listen den Smaragden zu dem Zwecke angeschlossen worden seien, um dem Erstbeschwerdeführer ein Mittel in die Hand zu geben, dem Tauschpartner P nachzuweisen, daß er tatsächlich Ware wie vereinbart im Wert von 1 Mio DM bereitgestellt habe. Zum anderen seien diese Aufstellungen für P der sich in den Vorverhandlungen als Fachmann auf dem Gebiet der Edelsteine darzustellen vermocht habe, ein notwendiger Behelf gewesen, um die Angemessenheit der Preisansätze zu überprüfen und sich seinerseits vor einer Übervorteilung durch den Tauschpartner (Erstbeschwerdeführer) zu schützen. Zumindest habe letzterer annehmen müssen, daß bei Übernahme der Ware eine derartige Aufstellung verlangen würde. Wären die Listen nur für firmeninterne Zwecke (etwa für die Erfassung des Warenbestandes) erstellt worden, wäre eine Preisfestsetzung daselbst nicht erforderlich und es wäre anderseits auch nicht notwendig gewesen, die Listen der Ware mitfolgen zu lassen. Hinzu komme, daß bei einem Tauschgeschäft, bei dem Ware gegen Ware gegeben werde, eine Rechnungslegung weder erforderlich noch angebracht sei. Es sei daher anzunehmen, daß die Listen primär zum Zwecke der Orientierung des Tauschpartners P vom Erstbeschwerdeführer beim Warentausch bereitgehalten worden seien. Es sei bezeichnend, so führte die belangte Behörde im Zusammenhang weiter aus, daß die Beschwerdeführer an Stelle die vorhandenen (jedenfalls im Jahre 1979 noch vorhanden gewesenen) Unterlagen, die Aufschluß über die Preiskalkulation gegeben hätten, vorzulegen, den in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Erstbeschwerdeführer stehenden G als Zeugen namhaft gemacht hatten. Seinen Aussagen könne nur in sehr eingeschränktem Umfange Glaubwürdigkeit zuerkannt werden. Sie seien, soweit sie das Zustandekommen der Wertansätze in den beiden Listen zum Gegenstand haben, unglaubwürdig. Das Bemühen dieses Zeugen, durch "wahrheitswidrige Feststellungen eine Minderfestsetzung der kraft Gesetzes entstandenen Eingangsabgaben herbeizuführen und damit seinem Arbeitgeber von Nutzen zu sein", sei augenscheinlich. Nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens und der unternommenen Beweiswürdigung sei als sicher anzunehmen, daß es sich bei den in den beiden Listen angeführten Warenwerten um die Verkaufspreise der Smaragde auf Großhandelsebene und keinesfalls um "Endverbraucherpreise" handle. In den Listen seien demnach jene Preise verzeichnet, zu denen die Firma HK KG die Smaragde an Wiederverkäufer weitergegeben hätte. Hiebei sei allerdings zu berücksichtigen, daß Käufern nach Handelsübung Rabatte gewährt werden, die je nach der verkauften Warenmenge variieren. Die belangte Behörde halte im Gegenstand einen Rabatt im Ausmaß von 20 %, wie er bereits in der Berufungsentscheidung vom 9. November 1979 festgesetzt worden sei, für noch vertretbar. Maßgebend hiefür sei, daß es sich bei den Smaragden um eine sehr große Warenmenge gehandelt habe, die in etwa dem damaligen Jahresumsatz der Firma HK KG gleichzuhalten sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Akten des Verwaltungsverfahrens und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift vor, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.

 

Der Gerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführer nach ihrem gesamten Vorbringen in dem Recht verletzt, daß die in Streit stehende Eingangsabgabenschuld für sie nicht entstanden sei. In Ausführung des so aufzufassenden Beschwerdepunktes tragen die Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit im Einklang mit ihrem Vorbringen im ersten Rechtsgang nochmals vor, zufolge eines der Abgabenbehörde erster Rechtsstufe unterlaufenen Zustellungsmangels sei bezüglich der Eingangsabgaben bereits Verjährung eingetreten. Weiters sei von den Beschwerdeführern der Zollschuldtatbestand des § 174 Abs. 3 lit. a ZollG nicht verwirklicht worden. Im übrigen liege ein Erwerbspreis vor. Als solcher sei der Wert des für die eingeschmuggelten Smaragde hingegebenen Nickeldrahtes als Bemessungsgrundlage für die Ausgleichsteuer anzusetzen.

Mit diesem nochmaligen Vorbringen verkennen die Beschwerdeführer die Rechtslage grundlegend.

Gemäß § 42 Abs. 3 VwGG tritt durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides die Rechtssache in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des angefochtenen Bescheides befunden hatte. § 63 Abs. 1 VwGG legt der belangten Behörde, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Beschwerde gemäß Art. 131 B-VG stattgegeben hat, die Pflicht auf, in dem betreffenden Streitfalle mit den ihr zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen. Daher kann der Verwaltungsgerichtshof, wenn eine Bindung an eine bestimmte Rechtsanschauung durch ein aufhebendes Erkenntnis bereits eingetreten ist, unter der Voraussetzung, daß sich seit Erlassung des mit dem vorausgegangenen Erkenntnis aufgehobenen Bescheides die Sach- und Rechtslage nicht geändert hat, in dem betreffenden Fall selbst durch einen verstärkten Senat von seiner Rechtsanschauung nicht abgehen (vgl. die Erkenntnisse vom 18. Dezember 1968, Zl. 835/68, und vom 17. April 1969, Zl. 708/68). Eine Änderung in der für die rechtliche Beurteilung des Beschwerdefalles maßgebenden Rechtslage ist seit dem am 24. April 1980 geschöpften Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes nicht eingetreten. Auf den Eintritt einer Änderung des Sachverhaltes nach dem zitierten Vorerkenntnis berufen sich die beiden Beschwerdeführer nicht. Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Vorerkenntnis sämtliche von den Beschwerdeführern im gegenständlichen Verfahren nochmals erhobenen Rechtsrügen verworfen. Die belangte Behörde hat daher im fortgesetzten Verfahren entsprechend der durch § 63 Abs. 1 VwGG bewirkten Bindung an die im Vorerkenntnis vom 24. April 1980 niedergelegte Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes zu Recht festgestellt, daß für die beiden Beschwerdeführer hinsichtlich der streitverfangenen eingeschmuggelten Smaragde die Zollschuld kraft Gesetzes dem Grunde nach zu Recht entstanden ist.

Gegen den von der belangten Behörde angenommenen Wert der streitverfangenen Smaragde führen die Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit und einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aus, die belangte Behörde habe zu Unrecht die in den beiden der Betrugsanzeige vom 16. September 1970 angeschlossenen Listen ausgewiesenen Werte der streitverfangenen Smaragde in Höhe von insgesamt 1,013.461,-- DM der Bemessung der Eingangsabgaben zugrundegelegt. Dieses Vorbringen ist begründet.

Nach der Anordnung des § 6 Abs. 2 zweiter Satz UStG des mit 1. Jänner 1973 außer Kraft getretenen Umsatzsteuergesetzes 1959, BGBl. Nr. 300/1958, war bei der Ermittlung des Wertes von den Preisen auszugehen, die ein Wiederverkäufer in dem in Abs. 1 der bezogenen Gesetzesstelle genannten Zeitpunkt (15. September 1970) am Ort, an dem sich die Ware zu diesem Zeitpunkt befand (Salzburg), für den Erwerb von Waren gleicher oder ähnlicher Art aufwenden mußte (Großhandelseinstandspreis).

Dieser Großhandelseinstandspreis richtete sich unter Berücksichtigung der handelsmäßigen Umstände des Geschäftes nach der Menge, Art und Beschaffenheit der zu bewertenden Smaragde. Beschaffenheit und Herkunft waren handelsmäßige Umstände, die bei der Ermittlung des Wertes als tatsächliche Elemente des Großhandelseinstandspreises zu berücksichtigen waren. Das bedeutet, daß bei der Ermittlung des Wertes Besonderheiten oder Eigenschaften - Individualitäten - der Ware berücksichtigt werden mußten. Geschliffene Smaragde unterscheiden sich immer voneinander und sind als Einzelanfertigungen deshalb nie gleich. Solcherart müssen aber auch beträchtliche Preisunterschiede anerkannt werden, wenn sie auf Qualitätsunterschieden beruhen. Die Qualität und damit auch der Wert eines geschliffenen Smaragdes wird von seiner Größe, der Art des Schliffes, der Farbe, der Herkunft usw. wesentlich beeinflußt.

Jeder Versuch, den Wert von geschliffenen Smaragden nach der Art des Schliffes, der Farbe, der Herkunft und des Gewichtes in einer jeder Überprüfung standhaltenden Weise festzustellen, muß wohl schon daran scheitern, daß die streitverfangenen Smaragde schon vor Beginn der Ermittlungen den Abgabenbehörden und dem später im Verfahren beigezogenen Sachverständigen WM nicht mehr zur Verfügung standen und auch die Beschwerdeführer keine näheren Angaben darüber machen konnten oder wollten. In solchen Fällen muß daher ein auf Grund aller in Betracht kommenden Umstände ermittelter hoher Grad von Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit der Werte genügen. Daß geschliffene Smaragde je nach Größe, Gewicht, Schliff, Farbe und Qualität im einzelnen verschieden bewertet werden können, liegt auf der Hand.

Gemäß § 115 Abs. 1 BAO obliegt es den Abgabenbehörden, die abgabenpflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabenpflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind. Sie haben daher ihre Ermittlungen auch zu Gunsten der Abgabepflichtigen bis zur Grenze des Zumutbaren durchzuführen. Der abgabenrechtliche Verwaltungsakt ist von der Offizialmaxime beherrscht bzw. auf Ermittlung der materiellen Wahrheit gerichtet. Die Sachverhaltsermittlung muß zu einer vollständigen und wahrheitsgemäßen Feststellung des Sachverhaltes führen, weil nur auf diese Weise die gleichmäßige Besteuerung gewährleistet werden kann. Gleichheit der Besteuerung, verwirklicht sich durch Gesetzmäßigkeit der Besteuerung und Gesetzmäßigkeit setzt eine vollständige und wahrheitsgemäße Feststellung des Sachverhaltes für die Rechtsanwendung voraus (vgl. im Zusammenhang das hg. Erkenntnis vom 20. Mai 1983, Zlen. 81/16/0105, 0108).

Dieser amtswegigen Ermittlungspflicht ist die belangte Behörde im vorliegenden Fall nicht in hinreichendem Maße nachgekommen. Bei dem gegebenen Stand des Ermittlungsverfahrens durfte sich die belangte Behörde gesetzmäßigerweise nicht auf die streitentscheidende Begründung zurückziehen, den vom unter Wahrheitspflicht stehenden Zeugen G zur Niederschrift gegebenen Aussagen könne nur in sehr eingeschränktem Umfange Glaubwürdigkeit zuerkannt werden. In Ansehung des Vorbringens der Beschwerdeführer wäre die belangte Behörde vielmehr verhalten gewesen, ein Gutachten über die (Höchst‑)Kaufpreise für geschliffene Smaragde pro Karat beim Bezug durch den Großhandel zum maßgebenden Zeitpunkt und am maßgebenden Ort einzuholen. Dies gilt umso mehr, als die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid selbst ausführte, die beiden Listen enthielten pro Warenposition so viele Angaben (Anzahl der Steine, Gewicht der Steine, Preis pro Karat, Gesamtpreis des Steines oder der Partie Steine), daß ein Fachmann in die Lage versetzt sei, die Angemessenheit der Preise zu überprüfen. Auch muß es einem Sachverständigen heute noch möglich sein, eine Aussage über die Richtigkeit des in der Liste 2 angegebenen Wertes von DM 365.000,-- für 10 kg Roh-Smaragde (50.000 Karat) zu treffen.

Da es die belangte Behörde unterlassen hat, in dieser Hinsicht die erforderliche Ergänzung des Ermittlungsverfahrens vorzunehmen, ist der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt ergänzungsbedürftig geblieben. Der angefochtene Bescheid war aus diesem Grunde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Diese Entscheidung konnte gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG im Dreiersenat erfolgen.

Die Entscheidung über den Anspruch auf Ersatz des Aufwandes gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Umsatzsteuer im pauschalierten Schriftsatzaufwand enthalten ist.

Wien, am 12. Dezember 1985

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