VwGH 85/02/0072

VwGH85/02/007228.3.1985

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Bernard als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Müller, über die Beschwerde des Dr. JK in W, vertreten durch Dr. Hermann Gaigg, Rechtsanwalt in Wien I, Museumstraße 4, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 12. Oktober 1984, Zl. MA 70-XI/K 124/84/Str, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Normen

StVO 1960 §4 Abs5

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1985:1985020072.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, "am 12. 12. 1983 um

20.30 Uhr in Wien 19, Probusgasse 8, als Lenker des Pkw Marke Mercedes mit dem KZ W nn an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden ursächlich beteiligt" gewesen zu sein, es aber unterlassen zu haben, "diesen ohne unnötigen Aufschub bei der nächsten Pol. Dienststelle zu melden, obwohl es zu keinem gegenseitigen Nachweis der Identität gekommen ist"; er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 5 StVO 1960 begangen; über ihn wurde gemäß § 99 Abs. 3 lit. b StVO 1960 eine Geldstrafe von S 3.000,-- (3 Tage Ersatzarrest) verhängt; ferner wurde ihm Verfahrenskostenersatz in der Höhe von insgesamt S 600,-- auferlegt.

Nach der Begründung der Bescheide beider Instanzen habe der gegenständliche Verkehrsunfall in einer Streifung und Beschädigung eines abgestellten Pkws durch den vom Beschwerdeführer gelenkten Pkw bestanden.

In seiner dagegen erhobenen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

 

Der Gerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer räumt ein, zur Tatzeit an dem beschädigten Pkw, der verkehrsbehindernd abgestellt gewesen sei, vorbeigefahren zu sein. Er bestreitet aber, die festgestellten Schäden verursacht zu haben. Nachdem er im Verwaltungsstrafverfahren zunächst jegliche Kontaktierung mit dem beschädigten Fahrzeug bestritten hatte (Einvernahme vom 12. Jänner 1984), gab er in seiner Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis zu, das andere Kraftfahrzeug mit seinem Außenspiegel berührt zu haben. Dadurch könnten die Schäden aber nicht verursacht worden sein. Am Tage nach dem Vorfall habe er an der rechten Seite seines Pkws eine "schwarze Gummispur" bemerkt.

Die belangte Behörde stützte ihre Sachverhaltsannahme auf die Angaben in der Anzeige über das Ausmaß der Beschädigungen am Pkw des Aufforderers (linke hintere Heckleuchte zerbrochen, linker hinterer Kotschützer eingedrückt, Kratzspur vom linken hinteren Kotschützer bis über die linke Türe), das vom Meldungsleger besichtigt werden konnte; ferner auf die Aussagen von zwei am Unfall unbeteiligten Zeugen (Fußgänger), die übereinstimmend ausgesagt haben, daß der vom Beschwerdeführer gelenkte Pkw beim Vorbeifahren mit seiner rechten Seite das abgestellte Fahrzeug gestreift habe, wodurch es zu einem "lauten Krachgeräusch und Scheren" bzw. zu einem "lauten Anstoßgeräusch" gekommen sei, das der Beschwerdeführer habe hören müssen; schließlich auf ein im Zuge des Berufungsverfahrens eingeholtes Gutachten zur Frage der Erkennbarkeit der Kontaktierung für den Beschwerdeführer.

Auf Grund des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens durfte die belangte Behörde - ausgehend von den übereinstimmenden Aussagen der beiden unbeteiligten Zeugen - als erwiesen annehmen, daß eine Kontaktierung zwischen dem vom Beschwerdeführer gelenkten und dem beschädigten Pkw stattgefunden hat und daß die festgestellten Schäden von dieser Kontaktierung herrühren. Die von den Zeugen wahrgenommenen Geräusche entsprechen insofern durchaus den festgestellten Schäden, als das "Krach-" bzw. "Anstoßgeräusch" vom Zerbrechen der Heckleuchte und der Eindellung des Kotschützers herzurühren geeignet und die Kratzspur mit dem "Scheren" in Verbindung zu bringen ist.

Selbst wenn der Beschwerdeführer die Verursachung dieser Schäden nicht wahrgenommen haben soll, ist ihm dies als Verschulden in Ansehung einer Übertretung des § 4 Abs. 5 StVO 1960 anzulasten. Ein solches Verschulden ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes schon dann anzunehmen, wenn dem Schädiger bei gehöriger Aufmerksamkeit Umstände hätten zu Bewußtsein kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles zu erkennen vermocht hätte (vgl. für viele andere das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Dezember 1976, Zl. 1418/75). Nun hat der Beschwerdeführer selbst angegeben, das andere Fahrzeug sei verkehrsbehindernd abgestellt gewesen, da es zu weit in die Fahrbahnmitte ragte, es sei ihm aber "gelungen, dort durchzufahren". Einer der beiden Zeugen hat ausgesagt, daß auf der Seite der Straße, auf der - daneben - der beschädigte Pkw abgestellt gewesen sei, Erdarbeiten durchgeführt worden seien. Es handelte sich somit um eine verhältnismäßig enge Straßenstelle, an der der Beschwerdeführer erhöhte Aufmerksamkeit hätte aufwenden und sich allenfalls nach dem Durchfahren durch geeignete Maßnahmen hätte davon überzeugen müssen, daß ihm dies ohne Kontaktierung mit abgestellten Fahrzeugen gelungen sei (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Jänner 1985, Zl. 85/02/0034). Hat er eine Streifung verursacht - wovon die belangte Behörde nach dem oben Gesagten ausgehen durfte - und dies infolge Unterlassung von ihm möglichen und zumutbaren Erkundungen - etwa durch einen Blick in den Rückspiegel - nicht wahrgenommen, muß ihm dieser Umstand als Verschulden angerechnet werden.

Anzumerken ist, daß der Beschwerdeführer nach seinen eigenen Angaben "am nächsten Tag" Spuren einer Kontaktierung bemerkt hat, die er mit dem gegenständlichen Vorfall in Verbindung brachte. Auch das hat ihn nicht zu einer (wenn auch bereits verspäteten) Verständigung einer Polizeidienststelle veranlaßt. Im Hinblick auf diese Spuren brauchten die Behörden auch nicht auf die später aufgestellte Behauptung des Beschwerdeführers betreffend "völlige Schadenfreiheit" seines Pkws weiter einzugehen.

Die belangte Behörde hat im Ergebnis zu Recht eine verschuldete Übertretung des § 4 Abs. 5 StVO 1960 angenommen. Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Hinsichtlich der zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes wird an Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, erinnert.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981.

Wien, am 28. März 1985

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