VwGH 84/02/0255

VwGH84/02/025525.4.1985

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Bernard als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kowalski, über die Beschwerde des PP in W, vertreten durch Dr. Werner Zach, Rechtsanwalt in Wien IV, Brucknerstraße 4, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 6. Februar 1984, Zl. MA 64-125/82/Str., betreffend Übertretung der Eisenbahn-Kreuzungsverordnung 1961, zu Recht erkannt:

Normen

EisbKrV 1961 §18 Abs3;
EisenbahnG 1957 §54 Abs1;
EisenbahnG 1957 §54 Abs3;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
EisbKrV 1961 §18 Abs3;
EisenbahnG 1957 §54 Abs1;
EisenbahnG 1957 §54 Abs3;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird in Ansehung des Schuldspruches abgewiesen.

Im übrigen, also hinsichtlich der Aussprüche über die Strafe und die Kosten des Strafverfahrens, wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.600,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 6. Februar 1984 wurde der Beschwerdeführer einer Verwaltungsübertretung nach "§ 18/3 EBKV" schuldig erkannt und hiefür gemäß "§ 54/1 EBKV" bestraft, weil er am 23. September 1981 um 11.45 Uhr in Wien 13, Auhofstraße mit einem dem Kennzeichen nach näher bestimmten Pkw die Eisenbahnkreuzung übersetzt habe, obwohl der Schranken noch nicht zur Gänze geöffnet gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides macht der Beschwerdeführer - abgesehen von der seiner Meinung nach überdies zu Unrecht erfolgten Strafbemessung - geltend, daß der Tatort weder in der Strafverfügung vom 28. Oktober 1981 noch im Straferkenntnis vom 9. Februar 1982 oder im angefochtenen Bescheid vom 6. Februar 1984 "auf eine jede Verwechslung oder Wiederholung ausschließenden Weise" umschrieben worden sei. Wenn der Beschwerdeführer damit offenbar zum Ausdruck bringt, es sei ihm gegenüber innerhalb der (sechsmonatigen und daher am 23. März 1982 endenden) Verfolgungsverjährungsfrist keine hinreichende Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG 1950 gesetzt und weiters bei Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat gegen § 44 a lit. a leg. cit. verstoßen worden, so ist ihm der von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift genannte und auch dem Verwaltungsgerichtshof bekannte Umstand entgegenzuhalten, daß es im Bereich der Auhofstraße in Wien 13 zur Tatzeit lediglich eine Eisenbahnkreuzung gab, die der Beschwerdeführer übersetzen konnte, sodaß über die Bezeichnung des Straßenzuges hinaus eine nähere Konkretisierung nicht mehr erforderlich war. Dies gilt auch hinsichtlich der vom Beschwerdeführer eingehaltenen Fahrtrichtung. Daß derartige ergänzende Angaben in dem von der belangten Behörde insoweit übernommenen Spruch des Straferkenntnisses erster Instanz fehlten, belastete daher den angefochtenen Bescheid nicht mit einer Rechtswidrigkeit. Eine nähere Konkretisierung ist im übrigen im Rahmen der Verfolgung des Beschwerdeführers wegen der gegenständlichen Tat innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist dadurch erfolgt, daß schon aus der Anzeige hervorgeht, daß der Beschwerdeführer "stadtauswärts" fuhr und sich die Eisenbahnkreuzung unweit des mit "Auhofstraße-Ecke Feldmühlgasse" angeführten Standortes des Meldungslegers befand, und der gesamte Akteninhalt (also einschließlich der Anzeige) dem Vertreter des Beschwerdeführers am 27. November 1981 zur Kenntnis gebracht wurde (vgl. dazu das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. September 1984, Zl. 82/03/0112).

Der Beschwerdeführer stellt nicht in Abrede, daß er zur Tatzeit am Tatort das näher bezeichnete Kraftfahrzeug gelenkt hat. Er hat sich jedoch bereits im Verwaltungsstrafverfahren damit verantwortet, daß er vor dem geschlossenen Bahnschranken angehalten und seine Fahrt "erst nach Aufhebung der Sperre durch vollständiges Hinaufgehen des Bahnschrankens" fortgesetzt habe. Es habe jedoch ein anderer Fahrzeuglenker "diese Vorgangsweise" des Beschwerdeführers "als zu vorsichtig befunden" und sei "tatsächlich vor dem vollständigen Hinaufgehen der Eisenbahnschranken" an dem noch anhaltenden Fahrzeug des Beschwerdeführers vorbeigefahren. Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides dieser Verantwortung unter Hinweis auf die damit im Widerspruch stehenden Angaben des Meldungslegers in der Anzeige und anläßlich seiner Zeugenvernehmung keinen Glauben geschenkt. Der Beschwerdeführer bekämpft nun auch die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 24. Mai 1974, Slg. Nr. 8619/A) schließt die (gemäß § 24 VStG 1950 auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendende) Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG 1950 eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, was dann zutrifft, wenn sie u.a. den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen. Ob der Akt einer Beweiswürdigung richtig in dem Sinne ist, daß z.B. die Darstellung des Meldungslegers und nicht die Verantwortung des Beschwerdeführers den Tatsachen entspricht, ist aber keine Frage der Beweiswürdigung im aufgezeigten Sinn. Dem Verwaltungsgerichtshof ist es auf Grund seiner Prüfungsbefugnis verwehrt, in einem Verfahren über eine Bescheidbeschwerde die von den Behörden vorgenommene Beweiswürdigung durch Wiederholung der Beweise daraufhin zu überprüfen, ob nicht der gegenteilige Schluß aus den aufgenommenen Beweisen zu ziehen wäre (vgl. u.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Dezember 1983, Zl. 82/02/0066). Die von bestimmten Verfahrensmängeln losgelöste Beschwerdebehauptung, die belangte Behörde hätte im Zweifel für den Beschuldigten entscheiden müssen, stellt keinen tauglichen Beschwerdegrund vor dem Verwaltungsgerichtshof dar (vgl. u.a. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Mai 1984, Zl. 83/03/0379 und Zl. 84/03/0005). Auf dem Boden dieser Rechtslage sind die in diesem Zusammenhang gemachten Ausführungen des Beschwerdeführers nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen.

Die Rüge des Beschwerdeführers, der Meldungsleger habe zu seiner Verantwortung nicht Stellung genommen und "nur auf den Wortlaut der schriftlichen Anzeige" verwiesen, ist aktenwidrig. Aus der betreffenden Niederschrift vom 16. Dezember 1981 ergibt sich nämlich, daß der Meldungsleger als Zeuge den Sachverhalt geschildert und hiebei neuerlich - unter ausdrücklichem Ausschluß eines ihm unterlaufenen Irrtums - erklärt hat, der Beschwerdeführer sei in die Eisenbahnkreuzung eingefahren, "als sich die Schranken etwa zur Hälfte hochbewegt hätten", sowie daß er sich insofern auch auf die Verantwortung des Beschwerdeführers bezogen hat, als er betonte, es sei "nicht richtig, daß ein anderer Pkw am Fahrzeug des Besch. vorbeigefahren wäre". Die belangte Behörde hat schlüssig begründet, warum sie der Darstellung des Meldungslegers folgte und nicht die Verantwortung des Beschwerdeführers ihrer Entscheidung zugrundelegte. Aktenwidrig ist auch die Behauptung des Beschwerdeführers, der Meldungsleger habe nie behauptet, "wo sein Standort in Verbindung mit einer angeblichen Eisenbahnkreuzung sowie in Verbindung zum Pkw des Beschwerdeführers gewesen wäre", zumal die Angabe dieses Standortes bereits in der Anzeige enthalten ist. Der Beschwerdeführer hat auch im Verwaltungsstrafverfahren nie behauptet, daß der Meldungsleger von seinem Standort aus keine ausreichende Sicht auf die Eisenbahnkreuzung gehabt habe und daher nicht in der Lage gewesen sei, entsprechende Beobachtungen über den gegenständlichen Vorfall zu machen. Dem Einwand des Beschwerdeführers, der Meldungsleger habe "niemals ausgeführt, ob er zuerst auf den Pkw des Bfrs. und dann auf Schranken und Warnblinkanlage oder zuerst auf diese und dann erst auf den Pkw des Bfrs. geschaut hätte", kommt daher keine wesentliche Bedeutung zu, weil kein Anlaß für die Annahme besteht, der Meldungsleger habe nicht die im Bereich der Eisenbahnkreuzung relevanten Vorgänge in ihrem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang richtig wahrnehmen können.

Da sich somit die Beschwerde in Ansehung des von der belangten Behörde gefällten Schuldspruches als unbegründet erweist, war sie in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch mit Beschluß vom 14. Februar 1985 den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens im Sinne des § 41 Abs. 1 letzter Satz VwGG folgende, vorläufige Rechtsansicht bekanntgegeben:

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 6. Februar 1984 wurde der Beschwerdeführer einer Verwaltungsübertretung nach § 18/3 EBKV", also einer Übertretung der Eisenbahn-Kreuzungsverordnung 1961, schuldig erkannt und bei Verhängung der Strafe "§ 54/1 EBKV", also ebenfalls eine Bestimmung der Eisenbahn-Kreuzungsverordnung 1961, angewendet. Darin könnte aber eine den Strafausspruch im Sinne des § 44 a lit. c VStG 1950 betreffende Rechtswidrigkeit gelegen sein, weil nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl.) u.a. die Erkenntnisse vom 6. April 1965, Slg. Nr. 6650/A, und vom 8. April 1981, Zl. 02/2495/80) derartige Übertretungen nach den Strafbestimmungen des Eisenbahngesetzes 1957 zu ahnden sind. Sollte die Absicht der belangten Behörde dahin gegangen sein, den Beschwerdeführer nach § 54 Abs. 1 Eisenbahngesetz 1957 zu bestrafen, so würde sich die weitere Frage stellen, ob nicht vielmehr § 54 Abs. 3 leg. cit., in der Fassung des Verkehrsrecht-Anpassungsgesetzes 1971, BGBl. Nr. 274 (Art. III), heranzuziehen gewesen wäre.

Der Beschwerdeführer hat dazu keine Äußerung abgegeben. Die belangte Behörde hat in ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 5. März 1985 darauf hingewiesen, daß es sich bei der Verhängung der Strafe gemäß § 54 Abs. 1 "EBKV" um einen Schreibfehler handle, "da einerseits in der Strafverfügung vom 28. Oktober 1981 noch richtigerweise die Strafbestimmung des 'EG', also des Eisenbahngesetzes 1957, angeführt war und andererseits ein § 54 der Eisenbahn-Kreuzungsverordnung 1961 gar nicht existiert"; "als korrekte Strafbestimmung wäre § 54 Abs. 3 des Eisenbahngesetzes 1957 heranzuziehen gewesen".

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich nicht veranlaßt, von der in dem genannten Beschluß vertretenen Rechtsansicht abzugehen. Die von der belangten Behörde verhängte Strafe kann in dem § 54 Abs. 1 "EBKV" keine gesetzliche Grundlage haben. Die Eisenbahn-Kreuzungsverordnung 1961 ist lediglich in fünfundzwanzig Paragraphe gegliedert, und eine Übertretung dieser Verordnung, die auf Grund des Eisenbahngesetzes 1957, BGBl. Nr. 60, erlassen wurde, darf nur nach den Strafbestimmungen dieses Gesetzes geahndet werden. Es wurde daher schon aus diesem Grunde - abgesehen davon, daß richtigerweise der Abs. 3 anstatt Abs. 1 des § 54 des Eisenbahngesetzes 1957 zu zitieren gewesen wäre - die bei Verhängung der Strafe angewendete Gesetzesbestimmung unrichtig angegeben, was insoweit das Vorliegen einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides bedeutet (vgl. dazu das bereits erwähnte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. April 1981, Zl. 02/2495/80). Der Umstand, daß der belangten Behörde diesbezüglich ein Schreibfehler unterlaufen sein mag, könnte nur bei der Prüfung der Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Erlassung eines Berichtigungsbescheides von Relevanz sein, vermag jedoch keine berichtigende Auslegung des davon betroffenen Ausspruches zu Lasten des Beschwerdeführers zu bewirken (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Juni 1984, Zl. 82/03/0218).

Der angefochtene Bescheid war daher hinsichtlich des Ausspruches über die Strafe und des davon abhängigen Ausspruches über die Kosten des Strafverfahrens gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß noch auf das im Zusammenhang mit der Strafbemessung erstattete Vorbringen des Beschwerdeführers einzugehen war. Auf Grund der Trennbarkeit dieser Aussprüche vom Schuldspruch (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. April 1979, Slg. Nr. 9828/A) war dieser Teil des angefochtenen Bescheides davon nicht betroffen.

Soweit Entscheidungen zitiert wurden, die nicht in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes veröffentlicht worden sind, wird an Art. 14 Abs. 4 seiner Geschäftsordnung, BGBl. Nr. 45/1965, erinnert.

Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides (samt den darauf entfallenden Stempelgebühren) für die belangte Behörde nicht vorzulegen war.

Wien, am 25. April 1985

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