Normen
BauO NÖ 1976 §100;
BauO NÖ 1976 §111;
BauO NÖ 1976 §14 Abs1;
BauO NÖ 1976 §14 Abs5;
BauO NÖ 1976 §2 Z5;
BauO NÖ 1976 §2 Z7;
GdO NÖ 1973 §61 Abs4 idF 1000-2;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1985:1983170221.X00
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- und an die beiden Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von je S 4.815,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Parteien wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Gemeinde L vom 24. August 1982 wurde den beiden Mitbeteiligten als Eigentümern der Liegenschaft EZ. 353, KG. X, anläßlich der erstmaligen Bauführung auf diesem Grundstück "gemäß § 15 NÖ. Bauordnung" ein Aufschließungsbeitrag in der Höhe von S 115.419,05 vorgeschrieben. Aus der Begründung dieses Bescheides geht unter anderem hervor, daß bei der Festsetzung dieses Beitrages eine geleistete Zahlung "für Gehsteig" in Höhe von S 2.224,95 abgezogen wurde.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Mitbeteiligten Berufung. Darin brachten sie - soweit für vorliegenden Rechtsstreit noch von Bedeutung - im wesentlichen vor, eine Vorschreibung von Aufschließungsbeiträgen auf Grund einer "erstmaligen Bauführung" komme im Beschwerdefall nicht in Betracht, weil - wie aus einer Niederschrift der beschwerdeführenden Gemeinde vom 4. November 1966 betreffend die Herstellung eines Hauskanales hervorgehe - sich damals bereits auf dem Grundstück ein Wohnhaus befunden habe. Die Abgabenfestsetzung sei auch der Höhe nach unrichtig, weil die bereits bezahlten Aufschließungskosten für die Gehsteigherstellung anteilig, d.h. mit 40 % der durch den Einheitssatz angegebenen Gesamtkosten, anzurechnen seien. Es sei daher gegebenenfalls ein noch vorschreibbarer Anliegerbeitrag von S 56.503,50 denkbar.
Mit Bescheid vom 25. März 1983 gab der Gemeinderat der beschwerdeführenden Gemeinde der Berufung der Mitbeteiligten keine Folge. In der Begründung dieses Bescheides wird im wesentlichen ausgeführt, auf dem gegenständlichen Grundstück habe ein Gartenhäuschen samt Geräteschuppen im Ausmaß von ca. 40 m2 bestanden, wofür jedoch eine Baubewilligung seitens der Grundeigentümer niemals eingeholt worden sei. Es habe daher die gegenständliche Parzelle, die schon im Jahre 1933 als Bauplatz geschaffen worden sei, als unbebaut zu gelten. Ein Grundstück gelte nämlich gemäß § 2 "Punkt" 27 der NÖ. Bauordnung 1976 dann als unbebaut, wenn darauf ohne Bewilligung aufgeführte Baulichkeiten bestünden.
Weiter heißt es in diesem Bescheid, im Jahre 1964 hätten die Anrainer eine Vereinbarung geschlossen, wonach ein Gehsteig vor den Bauplätzen hätte hergestellt werden sollen. Die Gemeinde habe es übernommen, den Gehsteig herzustellen, die anteiligen Kosten von den Anrainern zu kassieren und an das bauherstellende Unternehmen weiterzuleiten. Das Inkasso des Betrages von S 2.224,95 sei auf der Ebene der Privatwirtschaftsverwaltung erfolgt und es sei den Mitbeteiligten oder ihren Rechtsvorgängern niemals bescheidmäßig der Aufschließungsbeitrag für die Herstellung des Gehsteiges vorgeschrieben worden. Der Abgabenpflichtige habe keinen Rechtsanspruch, daß der Aufschließungsbeitrag für jenen Straßenteil verwendet werde, der seinem Bauplatz vorgelagert sei. Aus § 14 Abs. 6 der NÖ. Bauordnung 1976 erwachse dem Abgabenpflichtigen kein subjektives öffentliches Recht. Es sei daher bei Berechnung der Abgabe unerheblich, ob einzelne der im § 14 Abs. 1 der NÖ. Bauordnung 1976 genannten Herstellungen bereits vorgenommen worden seien oder nicht.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Mitbeteiligten Vorstellung. Darin brachten sie im wesentlichen vor, die auf Grund der Bauverhandlung vom 17. Juni 1982 bewilligte Bauführung stelle wegen des bereits vorhanden gewesenen Altbestandes jedenfalls keine erstmalige Errichtung eines Gebäudes auf dem Bauplatz dar. Die Feststellung, daß dafür niemals eine Baubewilligung erteilt worden sei, könne sich auf Verfahrensergebnisse nicht stützen. Selbst wenn aber diese Rechtsauffassung nicht zutreffen würde, wäre die Höhe der Abgabe unrichtig bemessen. Mit Bescheid der beschwerdeführenden Gemeinde vom 26. November 1969 sei die Herstellung des Gehsteiges auf Grund des § 70 Abs. 2 der damals geltenden Bauordnung für Niederösterreich, LGBl. Nr. 36/1883, vorgeschrieben, in der Folge durchgeführt und auch von der beschwerdeführenden Gemeinde in den rechtlichen und physischen Besitz übernommen worden. Gemäß § 14 Abs. 4 der NÖ. Bauordnung 1976 enthalte der Einheitssatz die Kosten der 3 m breiten Fahrbahnhälfte eines 1,25 m breiten Gehsteiges sowie der Oberflächenentwässerung und der Beleuchtung der Straße. Demgemäß müßte zur Ermittlung des Aufschließungsbeitrages aus dem Einheitssatz der Gehsteiganteil "herausgenommen" werden, bevor mit der "Berechnungslänge" multipliziert werde. Weiters müßte eine auf heutige Verhältnisse übertragene Anrechnung der Mehrkosten des Gehsteiges für die tatsächlich errichtete Breite von plus 0,25 m, sohin 1,5 m, erfolgen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Vorstellung der Mitbeteiligten statt, behob den angefochtenen Bescheid und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat als Abgabenbehörde zweiter Instanz. Die Aufsichtsbehörde begründete ihren Bescheid im wesentlichen damit, es sei unbestritten, daß der Voreigentümer der Mitbeteiligten zur Gehsteigherstellung entlang seiner Liegenschaft einen Beitrag geleistet habe bzw. mit Bescheid vom 26. November 1968 gemäß § 70 Abs. 2 der NÖ. Bauordnung 1883 zur Herstellung eines Gehsteiges verpflichtet und die Gehsteiganlage hergestellt worden sei. Die Gemeindebehörden hätten hiefür den durch den Voreigentümer im Jahre 1964 geleisteten Betrag von S 2.224,95 in Abzug gebracht. Diese Vorgangsweise könne nicht als gesetzeskonform angesehen werden. Es müßten vielmehr die durch den Voreigentümer im Jahre 1964 erbrachten Eigenleistungen zunächst entsprechend den geänderten Geldwertverhältnissen aufgewertet und sodann auf den vorgeschriebenen Aufschließungsbeitrag als mit Zustimmung der Gemeinde erbrachte Eigenleistung nach § 14 Abs. 5 der NÖ. Bauordnung angerechnet werden. Jede andere Vorgangsweise widerspreche dem Grundsatz der Einmaligkeit der Erbringung der Anliegerleistungen. Abgesehen davon werde im fortgesetzten Verfahren zu prüfen sein, ob der zum Anlaß der Beitragsvorschreibung gemachte Tatbestand der erstmaligen Errichtung eines Gebäudes auf dem Bauplatz nach § 14 Abs. 1 der NÖ. Bauordnung 1976 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 8200-1 überhaupt vorliege. Nach dem Akteninhalt sei auf dem Bauplatz ein Gartenhäuschen samt Geräteschuppen im Ausmaß von ca. 40 m2 und somit ein Gebäude vorhanden gewesen, welches erst im Zusammenhang mit der auf Grund des Bescheides vom 23. Juni 1982 bewilligten Bauführung abgebrochen worden sei. Dem Bescheid der Abgabenbehörde zweiter Instanz könne nicht entnommen werden, wie lange diese Gebäude auf dem Bauplatz vorhanden gewesen seien bzw. auf Grund welcher Unterlagen die Gemeindebehörden zurAnsicht gelangt seien, es liege hiefür keine Baubewilligung vor. Hiezu müsse auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshof zur Frage der Vermutung der Konsensmäßigkeit alter Baubestände hingewiesen werden. Durch den angefochtenen Bescheid seien daher die Mitbeteiligten in ihren Rechten verletzt worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der beantragt wird, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die belangte Behörde und die Mitbeteiligten erstatteten je eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Für die Beurteilung der Beitragspflicht ist die im Zeitpunkt ihrer Entstehung herrschende Rechtslage maßgeblich. Da die Betragspflicht aus der erstmaligen Errichtung eines Gebäudes abgeleitet wurde und hierunter im Hinblick auf § 2 Z. 27 der NÖ. Bauordnung 1976 nur die Errichtung eines Gebäudes (Bebauung) mit Bewilligung verstanden werden kann, die die Abgabenpflicht nach Auffassung der Gemeindebehörden auslösende Baubewilligung jedoch erst mit Bescheid vom 23. Juni 1982 erfolgte, ist im Beschwerdefall § 14 Abs. 1 der NÖ. Bauordnung 1976 in der Fassung der mit 1. Jänner 1982 in Kraft getretenen Novelle 1981, LGBl. 8200-1, anzuwenden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. April 1984, Zl. 84/17/0014).
Gemäß § 14 Abs. 1 dieses Gesetzes hat die Gemeinde aus Anlaß der Grundabteilung einen Beitrag zu den Herstellungskosten der Fahrbahn, des Gehsteiges, der Oberflächenentwässerung und der Straßenbeleuchtung einzuheben. Der Beitrag ist gleichzeitig mit der Bewilligung der Grundabteilung vorzuschreiben und ist drei Monate nach Rechtskraft des Grundbuchbeschlusses fällig. Wenn zuvor noch kein Aufschließungsbeitrag entrichtet wurde, dann ist ein solcher nach den folgenden Vorschriften anläßlich der erstmaligen Errichtung eines Gebäudes auf dem Bauplatz zugleich mit der Erteilung der Baubewilligung vorzuschreiben. Nach Abs. 5 dieser Gesetzesstelle sind mit Zustimmung der Gemeinde erbrachte Eigenleistungen zur Herstellung von Fahrbahn, Gehsteig, Oberflächenentwässerung und Straßenbeleuchtung auf den Beitrag anzurechnen.
Das im § 14 Abs. 1 dritter Satz der NÖ. Bauordnung 1976 enthalte Wort "erstmalig" dient nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Umschreibung des ersten Ereignisses in einer Reihe von aufeinanderfolgenden gleichen Ereignissen und stellt eindeutig klar, daß die Errichtung eines (weiteren) Neubaues auf einem bereits bebauten Grundstück eine Abgabepflicht nicht auszulösen vermag. Hiebei muß es sich allerdings um einen bewilligten Altbestand handeln (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 18. April 1979, Zl. 3325/78, und vom 12. Oktober 1984, Zl. 83/17/0036).
Zutreffend hat daher die belangte Behörde erkannt, daß im Beschwerdefall ein Aufschließungsbeitrag überhaupt nur dann rechtens vorgeschrieben werden konnte, wenn der auf die Liegenschaft unbestrittenermaßen vorhandene Altbestand seinerzeit ohne Baubewilligung errichtet worden war. Der belangten Behörde muß auch dahin beigepflichtet werden, daß dem Bescheid des Gemeinderates der beschwerdeführenden Gemeinde vom 25. März 1983 nicht entnommen werden kann, worauf sich dessen Feststellung stützt, für den vorliegenden Altbestand sei niemals eine Baubewilligung eingeholt worden. Ergänzend ist darauf zu verweisen, daß die Abgabenbehörden der beschwerdeführenden Gemeinde den Mitbeteiligten zu dieser Frage auch niemals Parteiengehör gewährt haben. Dieser Verfahrensmangel war auch wesentlich, da nicht auszuschließen war, daß die Abgabenbehörden der beschwerdeführenden Gemeinde bei der Vermeidung des Mangels zu einem anderen Bescheid hätten kommen können. Schon aus diesem Grund wurden durch den Bescheid vom 25. März 1983 Rechte der Mitbeteiligten verletzt. Die Aufhebung dieses Bescheides durch die Vorstellungsbehörde kann schon deshalb nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Was nun weiters die von der belangten Behörde erwähnte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Vermutung der Konsensmäßigkeit alter Baubestände anlangt, so ist zunächst darauf zu verweisen, daß nach dieser Rechtsprechung (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 24. Februar 1984, Zl. 83/17/0147, vom 15. März 1985, Zl. 85/17/0033, und vom 4. Oktober 1985, Zl. 85/17/0045) aufhebende Bescheide der Vorstellungsbehörde nur im Umfang der die Aufhebung tragenden Begründungselemente Bindungswirkung hinsichtlich der (ausdrücklich geäußerten) Rechtsansicht der Vorstellungsbehörde entfalten. Nur in diesem Umfang kann daher die beschwerdeführende Gemeinde durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten verletzt sein.
Tragendes Element der im Beschwerdefall erfolgten Aufhebung des Bescheides vom 25. März 1983 durch die Vorstellungsbehörde ist hinsichtlich der Frage eines bewilligten Altbestandes lediglich der oben aufgezeigte Verfahrens-(Begründungs‑)Mangel. Die weiteren Ausführungen zur Frage der Vermutung der Konsensmäßigkeit alter Baubestände stellen dagegen bloße Hinweise für den Fall dar, daß sich eine Baubewilligung tatsächlich nicht auffinden lassen sollte. Sie bilden kein tragendes Element der Aufhebung und können daher in die Rechte der Beschwerdeführerin nicht eingreifen.
Davon abgesehen trifft es zu, daß nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u. a. die Erkenntnisse vom 4. Juni 1957, Zl. 2649/55, Rechtssatz veröffentlicht in Slg. Nr. 4364/A, weiters vom 2. Dezember 1963, Slg. Nr. 6173/A, vom 20. Juni 1966, Slg. Nr. 6949/A, vom 9. Dezember 1975, Slg. Nr. 8940/A, und vom 10. Oktober 1977, Zl. 1156/77) dann, wenn hinsichtlich eines seit Jahrzehnten bestehenden Gebäudes Unterlagen über eine seinerzeitige Baubewilligung nicht mehr auffindbar sind, aber feststeht, daß hinsichtlich eines fehlenden Konsenses baubehördliche Beanstandungen niemals stattgefunden haben, zu vermuten ist, daß das Gebäude auf Grund einer nach den im Zeitpunkt seiner Erbauung in Geltung gestandenen Vorschriften erteilten Baubewilligung errichtet worden ist, es sei denn, daß Anhaltspunkte für eine gegenteilige Annahme vorliegen. Der Sinn dieser Rechtsprechung geht, wie der Verwaltungsgerichtshof weiters u. a. in seinen Erkenntnissen vom 30. November 1964, Slg. Nr. 6509/A, vom 8. Jänner 1968, Zl. 1490/67, und vom 1. März 1983, Zl. 82/05/0153, dargetan hat, dahin, daß die Vermutung des rechtmäßigen Bestandes einer Baulichkeit nur dann Platz greifen soll, wenn der Zeitpunkt der Erbauung derselben offensichtlich so weit zurückliegt, daß, von besonders gelagerten Einzelfällen abgesehen, auch bei ordnungsgemäß geführten Archiven die Wahrscheinlichkeit, noch entsprechende Unterlagen auffinden zu können, erfahrungsgemäß nicht mehr besteht. Hiebei wurde in der Rechtsprechung ein Zeitraum von 30 bis 40 Jahren durchwegs als zu kurz bezeichnet, um die Vermutung des Konsenses zu begründen (vgl. hiezu die Erkenntnisse vom 23. April 1974, Zl. 1431/72, vom 18. Februar 1977, Zl. 261/76, vom 27. Juni 1977, Zl. 333/77, und das bereits erwähnte Erkenntnis vom 1. März 1983, Zl. 82/05/0153, sowie die dort erwähnte weitere Rechtsprechung). Bei der Prüfung dieser Frage ist weiters zu beachten, daß die Rechtsvermutung der Konsensmäßigkeit alter Baubestände nur jenen Bauzuständen zukommt, die nach der zur Zeit ihrer Herstellung geltenden Bauordnung dem Gesetz entsprachen. Zu berücksichtigen ist auch, ob die die gegenständliche Liegenschaft betreffenden Verwaltungsakten lückenlos vorhanden sind, ob aus der behaupteten Entstehungszeit für alle Bauten im örtlichen Umkreis eine Baubewilligung auffindbar ist und ob etwa Unterlagen durch Kriegseinwirkungen oder ähnliche Ereignisse verloren gegangen sein könnten (vgl. hiezu u. a. die Erkenntnisse vom 25. Mai 1972, Zl. 414/71 - Rechtssätze in Slg. Nr. 8239/A nicht veröffentlicht -, und vom 18. Februar 1977, Zl. 261/76, sowie die dort angeführte weitere Rechtsprechung). Die Gemeindebehörden werden im fortgesetzten Verfahren auf diese Rechtsprechung Rücksicht zu nehmen haben.
Die Beschwerdeführerin meint weiters, wenn anläßlich von Augenscheinen aus anderen Gründen (gemeint offenbar: aus Anlaß des Kanalanschlusses) das konsenslose Bauvorhaben unbeanstandet geblieben sei, so könne daraus nicht geschlossen werden, daß die Baubehörde dem konsenslosen Bauvorhaben konkludent zugestimmt habe. An sich zu Recht verweist die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang nämlich darauf, daß eine Baubewilligung schon nach § 26 der NÖ. Bauordnung 1883, LGBl. Nr. 36, der Schriftform bedurfte und daher durch ein konkludentes Verhalten der Baubehörde nicht ersetzt werden konnte (Erkenntnisse vom 20. Februar 1967, Slg. Nr. 7086/A, vom 25. Mai 1972, Zl. 414/71, und vom 28. November 1977, Zl. 9441/A).
Eine dahingehende Behauptung haben die Mitbeteiligten im Verwaltungsverfahren aber auch nicht aufgestellt. In ihrer Gegenschrift bringen sie hiezu allerdings vor, aus der Vorschreibung von Kanaleinmündungs- und Kanalbenützungsgebühr mit den beiden Bescheiden vom 9. November 1980 ergebe sich, daß hiebei von der Rechtskraft einer Benützungsbewilligung für das Gartenhäuschen samt Geräteschuppen ausgegangen worden sei. Damit nehmen sie erkennbar Bezug auf § 12 Abs. 1 des NÖ. Kanalgesetzes 1977, LGBl. 8230-0, wonach die Gebührenschuld, wenn die Kanaleinmündungsgebühr (Ergänzungsgebühr, Sondergebühr) anläßlich einer Bauführung zu entrichten ist, mit Eintritt der Rechtskraft der Benützungsbewilligung entsteht, wenn aber eine solche nicht erforderlich ist, mit Ablauf des Tages, an dem die Bauführung tatsächlich beendet wurde; in allen anderen Fällen mit der Rechtskraft des Bescheides über die Verpflichtung zum Anschluß (§ 17 Abs. 3) bzw. bei der Ergänzungsgebühr mit dem Eintritt der Änderung.
Daraus geht hervor, daß die Rechtskraft der Benützungsbewilligung nur dann die Gebührenschuld zum Entstehen bringt, wenn die Gebühr anläßlich einer Bauführung zu entrichten ist. Dieser Fall war hier aber offensichtlich nicht gegeben, gehen doch die Mitbeteiligten selbst davon aus, daß es sich bei dem Gartenhäuschen um einen seit Jahrzehnten vorhandenen Altbestand gehandelt habe. Dazu kommt, daß nach der Rechtsprechung aus der Erteilung einer Benützungsbewilligung ein Recht auf die Belassung eines der Bauordnung oder dem Baukonsens nicht entsprechenden Objektes nicht abgeleitet werden darf (Erkenntnisse vom 6. Juni 1966, Slg. Nr. 6940/A, vom 20. Februar 1967, Slg. Nr. 7086/A, und vom 27. Juni 1977, Zl. 333/77). Eine allenfalls vorhandene Benützungsbewilligung könnte also das Fehlen einer Baubewilligung nicht sanieren, sondern höchstens ein Indiz dafür darstellen, daß auch eine Baubewilligung vorhanden war.
Unzutreffend ist die Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin, auf Grund des § 2 Z. 5 und 27 der NÖ. Bauordnung trete eine "Umkehr der Beweislast" dahin ein, daß es bei Vorschreibung eines Aufschließungsbeitrages anläßlich der erstmaligen Errichtung eines Gebäudes auf dem Bauplatz Sache des Bauwerbers sei, nachzuweisen, daß ein bewilligter Altbestand vorliege. Richtig ist zwar, daß nach § 2 Z. 27 der NÖ. Bauordnung 1979 in der Fassung der Novelle LGBl. 8200-1 als unbebaut solche Grundstücke gelten, welche frei von einer behördlich unbefristet bewilligten Bebauung sind oder wenn darauf ohne Bewilligung, aufgeführte oder auf bestimmte Dauer bewilligte Baulichkeiten bestehen. Dies stimmt auch damit überein, daß - wie bereits erwähnt - nur ein bewilligter Altbestand den Eintritt der Abgabenpflicht auf Grund der erstmaligen Errichtung eines Gebäudes ausschließt, ändert jedoch nichts an der im § 93 Abs. 1 der NÖ. Landesabgabenordnung 1977, LGBl. Nr. 3400- 0, den Abgabenbehörden auferlegten Pflicht, die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabenpflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind. Von einer Umkehr der Beweislast kann daher keine Rede sein.
Zu der in der Gegenschrift der Mitbeteiligten aufgestellten Behauptung, die Abgabenschuld sei verjährt, ist noch zu bemerken, daß die Frage der Verjährung im Beschwerdefall nicht auftauchen kann: Entweder besteht der Abgabenanspruch überhaupt nicht zu Recht, falls sich auf dem Grundstück bereits ein bewilligter Altbau befand; andernfalls ist die Vorschreibung des Aufschließungsbeitrages zwei Monate nach der (erstmaligen) Erteilung der Baubewilligung erfolgt, sodaß von Verjährung keine Rede sein kann.
Was nun die Höhe der - bei Zu-Recht-Bestehen des Abgabenanspruches dem Grunde nach - anzurechnenden Eigenleistungen anlangt, so ist zunächst festzuhalten, daß nach § 14 Abs. 1 letzter Satz der NÖ. Bauordnung 1976 in der Fassung LGBl. Nr. 8200- 1 ebenso wie nach der früheren Rechtslage (§ 15 in der Fassung LGBl. Nr. 8200-0) der Aufschließungsbeitrag jedenfalls nur einmal zu entrichten ist (vgl. das Erkenntnis vom 12. Oktober 1984, Zl. 83/17/0036). Das bedeutet aber auf der anderen Seite, daß nur als Aufschließungsbeiträge zu qualifizierende Geldleistungen an die Gemeinde als Hindernis für die Entstehung des Abgabenanspruches (ganz oder zum Teil) angesehen werden können (vgl. zur alten Rechtslage das hg. Erkenntnis vom 4. Oktober 1985, Zl. 85/17/0045), während Eigenleistungen gemäß § 14 Abs. 5 leg. cit. anteilig anzurechnen sind.
Diese Anrechnung kann daher nicht, wie die Mitbeteiligten meinen, in der Weise erfolgen, daß aus der "Kalkulation des Einheitssatzes" die entsprechende Leistung, z. B. die Herstellung des Gehsteiges, "herausgestrichen" bzw. (nach der von den Mitbeteiligten in ihrer Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 24. August 1982 vertretenen Auffassung) etwa der Einheitssatz um einen auf den Gehsteig entfallenden Anteil von 40 % gekürzt wird. Dies liefe nämlich darauf hinaus, daß in diesem Umfang der Abgabenanspruch gar nicht als entstanden angesehen würde, was - wie erwähnt - der Rechtslage nicht entspricht. Vielmehr ist der tatsächlich als Eigenleistung erbrachte Aufwand anzurechnen.
Dabei ist es unerheblich, ob, wie die beschwerdeführende Gemeinde behauptet, sich bereits im Jahre 1964 die Anrainer ohne behördlichen Auftrag gemäß § 70 der Bauordnung für Niederösterreich 1883 "zusammengetan" haben, um einen Gehsteig vor den Bauplätzen zu errichten und ob die Gemeinde damals von jedem Eigentümer einen Betrag von S 2.224,95 im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung einkassierte oder ob, wie aus der von den Mitbeteiligten im Vorstellungsverfahren vorgelegten Ablichtung eines Bescheides des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Gemeinde vom 26. November 1969 hervorzugehen scheint, an den Voreigentümer der Liegenschaft sehr wohl ein solcher Auftrag nach § 70 Abs. 2 der Bauordnung 1883 erging. Denn nach § 70 Abs. 2 leg. cit. war der Eigentümer eines neuen Gebäudes verpflichtet, das Trottoir an der Seite des Hauses gegen die
öffentliche Straße oder Gasse ... auf seine Kosten (d. h.
aber: im eigenen Namen und auf eigene Rechnung) herzustellen und bis zum Tage der Übergabe an die Gemeinde zu erhalten. Dieser Fall einer auf Grund gesetzlicher Verpflichtung erbrachten Naturalleistung ist einer mit Zustimmung der Gemeinde erbrachten Leistung gleichzuhalten (vgl. das Erkenntnis vom 29. November 1985, Zl. 83/17/0201). Es handelte sich hiebei also um eine Eigenleistung im Sinne des § 14 Abs. 5 der NÖ. Bauordnung 1976 und nicht etwa um einen an die Gemeinde entrichteten Aufschließungsbeitrag, auch wenn letztere das Inkasso dieser Kosten übernommen hatte.
In nicht rechtswidriger Weise hat jedoch die Vorstellungsbehörde ausgesprochen, daß diese Eigenleistung von S 2.224,95 nicht zum Nominalwert, sondern aufgewertet anzurechnen ist. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 29. November 1985, Zl. 83/17/0201, ausgesprochen hat, muß - ebenso wie im Fall der Anrechnung von bereits erbrachten Aufschließungsbeiträgen (vgl. hiezu das Erkenntnis vom 20. Oktober 1980, Zl. 2968/79) - eine dynamische, auf die gegenwärtigen Baukosten abgestellte, das Moment der Baukostensteigerung ausgleichende Berechnungsmethode angewendet werden, die allein eine gleichmäßige Abgabenbelastung ermöglicht. Dem steht auch nicht, wie die Beschwerdeführerin meint, der Umstand entgegen, daß es nicht erforderlich ist, den Aufschließungsbeitrag in jenem Bereich zu investieren, in welchem der abgabepflichtige Bauplatz gelegen ist.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Hiebei war von der von den Mitbeteiligten beantragten Verhandlung abzusehen, da die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auch auf § 49 Abs. 6 zweiter Satz leg. cit., in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.
Soweit in diesem Erkenntnis auf Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes Bezug genommen wird, die nicht in der Amtlichen Sammlung seiner Erkenntnisse und Beschlüsse veröffentlicht sind, sei an Art. 14 Abs. 4 seiner Geschäftsordnung, BGBl. Nr. 45/1965, erinnert.
Wien, am 13. Dezember 1985
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)