VwGH 83/16/0153

VwGH83/16/015312.12.1985

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Dr. Närr und Dr. Karger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kowalski, über die Beschwerde der B-Gesellschaft m.b.H., vormals B-AG., in W, vertreten durch Dr. Wilhelm Schuster, Rechtsanwalt in Wien I, Universitätsstraße 11, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 8. August 1983, Zl. GA 11-1279/79, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Normen

GrEStG 1955 §1 Abs2;
GrEStG 1955 §10 Abs1;
GrEStG 1955 §1 Abs2;
GrEStG 1955 §10 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin erwarb mit Kaufvertrag vom 3. Jänner 1979 von der Stadt Wien Teile der Liegenschaften EZ. 1047 und 566 KG X. Der Kaufvertrag enthält u.a. folgende Bestimmungen:

I.)

Die Stadt Wien verkauft an die B-Aktiengesellschaft, und diese kauft von der Stadt Wien zwecks Bauplatzschaffung von der Liegenschaft EZ. 1047 KG X das Grundstück Nr. 52/2 Flurstück im Ausmaß von 3663 m2 um den Preis von S 1,208.790,--. Der Kaufschilling ist sofort fällig.

Zur Erfüllung der baubehördlichen Abtretungsverpflichtung in das öffentliche Gut vereinbaren beide Vertragspartner, daß von der der Stadt Wien gehörigen Liegenschaft EZ. 566 KG X folgende im Teilungsplan des Ing. Konsulenten für Vermessungswesen Baurat h.

c. Dipl. Ing. Dr. techn. EM, vom 25. Oktober 1977, GZ. 4946/A/77, dargestellten Grundflächen, und zwar

1.) die mit den Ziffern 61-37-36-35-34-40-22-41-53-50-49-54-

(61) umschriebene als neues Grundstück Nr. 52/5 ausgewiesene Teilfläche des Grundstückes Nr. 52/3 Flurstück (Teilstück Nr. 2) im Ausmaß von 2.689 m2,

2.) das mit den Ziffern 55-62-63-57-38-37-61-(55) umschriebene Trennstück des Grundstückes Nr. 52/4 Flurstück (Teilstück Nr. 4) im Ausmaß von 628 m2,

gegen eine sofort fällige von der Vertragspartnerin an die Stadt Wien zu leistende Entschädigung von S 1,094.610,-- zum Zwecke des Gemeingebrauches dem "öffentlichen Gut" zugeschrieben werden.

III.)

Die Stadt Wien erteilt ihre ausdrückliche Einwilligung, daß

ohne-weiteres

  1. 1.) ….
  2. 2. im Sinne des unter Punkt II.) zitierten Teilungsplanes vom Gutbestand der Liegenschaft EZ. 566 KG X

    a) nach Unterteilung des Grundstückes Nr. 52/3 Flurstück des als Teilstück Nr. 2 bezeichnete Grundstück Nr. 52/5 und

    b) das mit den Ziffern 55-62-63-57-38-37-61-(55) umschriebene und als Teilstück Nr. 4 bezeichnete Trennstück des Grundstückes Nr. 52/4 Flurstück abgeschrieben und unter Einbeziehung dieses unter lit. b) bezeichneten Trennstückes in das Grundstück Nr. 52/5 dieses dem Gutsbestand der im Eigentum der Stadt Wien stehenden Liegenschaft EZ. 1303 KG X zugeschrieben werde,

    3. im Sinne des genannten Teilungsplanes ob EZ. 566 KG X das Grundstück Nr. 52/4 Flurstück in dieses und das Grundstück Nr. 52/6 geteilt werde.

    V.)

    Festgehalten wird, daß sich die im Punkt II.) genannten Vertragsobjekte bereits in ausgebautem Zustand befinden.

    ….

    Der physische Besitz an diesen Vertragsobjekten verbleibt aber der Stadt Wien, die dafür an die Käuferin und deren etwaige Rechtsnachfolger keinerlei Entgelt zu leisten hat.

    In der über diesen Kaufvorgang erstatteten Abgabenerklärung gab die Beschwerdeführerin die Gegenleistung mit S 2,303.400,-- an und beantragte Befreiung von der Grunderwerbsteuer wegen "§ 4 (1) Z. 6 (gemeint wohl Z. 7, wobei die Bfrin. im weiteren Verfahren erkannt hat, daß diese Befreiung von der Grunderwerbsteuer nur bei einem Grundstückserwerb durch eine Gebietskörperschaft anwendbar ist) b (öff. Gut) (Punkt II. des Vertr.)".

    Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien setzte entgegen dem Antrag der Beschwerdeführerin, ausgehend von einem Kaufpreis in Höhe von S 1,208.790,-- und einer Entschädigung in Höhe von S 1,094.610,--, somit einer gesamten Gegenleistung in Höhe von S 2,303.400,--, Grunderwerbsteuer in Höhe von S 184.272,--

fest.

Gegen diesen Bescheid ergriff die Beschwerdeführerin Berufung, wobei sie ausführte, nur der Kaufpreis in Höhe von S 1,208.790,-- sei als Gegenleistung anzusehen, weswegen lediglich Grunderwerbsteuer in Höhe von S 96.703,-- vorzuschreiben sei. Die nach Punkt II.) des Kaufvertrages vom 3. Jänner 1979 erworbenen Trennstücke seien überhaupt nicht gekauft worden, da die Stadt Wien vor und nach dem 3. Jänner 1979 Eigentümer dieser Trennstücke gewesen sei. Sie habe an die Stadt Wien lediglich im Vorgriff auf die durchzuführende Umwidmung in das öffentliche Gut eine Entschädigung in Höhe von S 1,094.610,-- geleistet. Dieser Betrag stehe in keinem Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstückes Nr. 52/2 Flurstück aus der Liegenschaft EZ. 1047 KG X, weswegen hinsichtlich des Entschädigungsbetrages keine Grunderwerbsteuer vorgeschrieben werden dürfe.

Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung als unbegründet ab, wobei es ausführte, der Auffassung, daß ein gemäß § 1 GrEStG steuerbarer Tatbestand hinsichtlich des Entschädigungsbetrages nicht vorliege, könne nicht gefolgt werden. Durch den Kaufvertrag vom 3. Jänner 1979 habe die Beschwerdeführerin Trennstücke von Grundstücken erworben, um diese sodann in das öffentliche Gut abzutreten. Aus Punkt II.) des Kaufvertrages vom 3. Jänner 1979 sei ersichtlich, daß der Beschwerdeführerin eine baubehördliche Abtretungsverpflichtung auferlegt worden sei und die Zuschreibung der Liegenschaft auf ihre Rechnung - also über ihre Verfügung - erfolgt sei. Obwohl eine Übergabe der Trennstücke in den physischen Besitz der Beschwerdeführerin unterblieben und die Aufsandungserklärung unmittelbar zugunsten des öffentlichen Gutes an die Stadt Wien abgegeben worden sei, habe die Beschwerdeführerin über die Trennstücke verfügt, weswegen der Tatbestand des § 1 GrEStG erfüllt und somit Grunderwerbsteuer vorzuschreiben sei.

Im Vorlageantrag vertrat die Beschwerdeführerin zunächst die Ansicht, die Stadt Wien habe mit ihr nicht nur einen zivilrechtlichen Vertrag über den Kauf einer Liegenschaft abgeschlossen, sondern zugleich ihre auf Grund der Bauordnung für Wien sich ergebenden öffentlich rechtlichen Belange wahrgenommen, sei somit auch als Rechtsträger in Vollziehung der Gesetze tätig geworden. Dies ergebe sich aus der Gegenüberstellung des Punktes I.) zum Punkt II.) des Kaufvertrages vom 3. Jänner 1979. Während im Punkt I.) dieses Vertrages die privatwirtschaftliche Komponente zum Ausdruck komme, sei im Punkt II.) der öffentlich rechtliche Teil enthalten. Im Punkt II.) seien die im Sinne der Bestimmungen der §§ 50 ff der Bauordnung für Wien festgelegten Anliegerleistungen enthalten. Weiters werde in diesem Punkt auch über die Widmung der Trennstücke in das öffentliche Gut abgesprochen. Hinsichtlich der im Punkt II.) umschriebenen Trennstücke sei unbetritten, daß sich diese vor und nach Abschluß des Vertrages im grundbücherlichen Eigentum der Stadt Wien befunden hätten. Sie habe niemals einen Übereignungsanspruch oder auch nur eine Verfügungsmacht über diese Trennstücke erlangt. Schon vor Abschluß des Vertrages sei festgestanden, daß die Trennstücke dem öffentlichen Gut zugeschrieben werden würden. Das öffentliche Gut sei aber keine selbständige juristische Person, sondern lediglich öffentliches Eigentum der Stadt Wien, an welchem eine spezifische allgemeine Nutzung im Sinne des Gemeingebrauches offenstehe. Es könne daher keineswegs von der Annahme ausgegangen werden, daß die Trennstücke zunächst an sie übertragen worden seien bzw. ihr ein Übereignungsanspruch verschafft worden sei, um diese sogleich wieder an die Stadt Wien rückzuübertragen. Die von ihr bezahlte Entschädigung sei weder als Kaufpreis, noch als Gegenleistung für die Erlangung eines Übereignungsanspruches hinsichtlich der Trennstücke anzusehen. Bei der Entschädigung handle es sich vielmehr um eine Beitrags- und Ersatzleistung sui generis, die ihre Rechtsgrundlage nicht im Vertragswillen, sondern vielmehr in den Bestimmungen der Bauordnung für Wien habe. Der Entschädigungsbetrag im Sinne des Punktes II.) sei als pauschale Abgeltung der sie als Anlieger treffenden öffentlich rechtlichen Verpflichtungen auf Grund der §§ 50, 51, 53 und 54 der Bauordnung für Wien anzusehen. Insoferne erweise sich die vertragliche Textierung, die lediglich von der "Erfüllung der baubehördlichen Abtretungsverpflichtung in das öffentliche Gut" spreche, als zu eng. Da sich diese Verpflichtung ohnehin unmittelbar aus der Bauordnung für Wien ergebe, komme der unzureichenden Textierung keine entscheidende Bedeutung zu. Es sei eindeutig erkennbar, daß die Stadt Wien im Punkt II.) die Bestimmungen der Bauordnung für Wien vollzogen habe. Insofern enthalte der zwischen ihr und der Stadt Wien abgeschlossene Kaufvertrag auch öffentlich-rechtliche Elemente, die keinesfalls zur Vorschreibung von Grunderwerbsteuer führen dürften.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 8. August 1983 wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab, wobei sie zur Begründung nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und unter Hinweis auf die Bestimmungen der §§ 1 Abs. 1 Z. 1, 10 Abs. 1 und 11 Abs. 1 Z. 1 GrEStG ausführte, es sei von der Beschwerdeführerin für den Erwerb des Grundstückes Nr. 52/2 Flurstück aus der Liegenschaft EZ. 1047 KG X ein Kaufpreis in Höhe von S 1,208.790,-- und daneben eine Entschädigung in Höhe von S 1,094.610,-- zur Erfüllung einer baubehördlichen Abtretungsverpflichtung zum Zwecke des Gemeingebrauches in das öffentliche Gut geleistet worden. Voraussetzung für den Erwerb des Grundstückes im Sinne des Punktes I.) des Vertrages sei die Übernahme der zusätzlichen Verpflichtung im Punkt II.), der als wesentlicher Bestandteil des Vertrages angesehen werden müsse, gewesen. Der Erwerb des Grundstückes zwecks Bauplatzbeschaffung habe nur gleichzeitig mit der Übernahme der Verpflichtung, die Trennstücke in das öffentliche Gut abzutreten, erfolgen können. Der Erwerb der Trennstücke sei daher als Teil der mit dem Vertrag übernommenen Verpflichtung anzusehen. Als Gegenleistung sei nicht nur der Kaufpreis allein, sondern auch jede Leistung, die die Beschwerdeführerin als Entgelt für den Erwerb eines Grundstückes erbracht habe und was die Stadt Wien in diesem Zusammenhang als Veräußerer erhalten habe, in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen, weswegen die Grunderwerbsteuer von einer Bemessungsgrundlage von S 2,303.400,-- vorzuschreiben gewesen sei. Im übrigen entspreche die Begründung des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien in der Berufungsvorentscheidung (die Beschwerdeführerin habe die Trennstücke zunächst erworben, somit über diese verfügt, um sie sogleich in das öffentliche Gut zu übertragen, wodurch auch ohne Übernahme dieser Trennstücke in den physischen Besitz der Beschwerdeführerin der Tatbestand des § 1 GrEStG erfüllt worden sei) der Rechtslage.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin bezeichnet sich in dem Recht, keine Grunderwerbsteuer für die auf Grund des Punktes II.) des Kaufvertrages vom 3. Jänner 1979 geleistete Entschädigung wegen der Abtretung von Grundstücken in das öffentliche Gut entrichten zu müssen, verletzt, weswegen sie beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 GrEStG unterliegen der Grunderwerbsteuer ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet, soweit sich diese Rechtsvorgänge auf inländische Grundstücke beziehen. Gemäß § 1 Abs. 2 leg. cit. unterliegen der Grunderwerbsteuer auch Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruches auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten. Gemäß § 10 Abs. 1 leg. cit. ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen. Gemäß § 11 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. ist Gegenleistung bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Käufer vorbehaltenen Nutzungen.

Wie sich aus dem Verwaltungsverfahren, besonders unter Berücksichtigung des Inhaltes des zwischen der Beschwerdeführerin und der Stadt Wien abgeschlossenen Kaufvertrages vom 3. Jänner 1979 ergibt, hat die Beschwerdeführerin von einer Liegenschaft ein Stück erworben, um einen Bauplatz zu schaffen. Zur Baureifmachung dieses Grundstückes hat sich jedoch für die Beschwerdeführerin die Notwendigkeit ergeben, mit der Stadt Wien das im Punkt II.) des Kaufvertrages fixierte Übereinkommen zu treffen, wonach "zur Erfüllung der baubehördlichen Abtretungsverpflichtung" der Beschwerdeführerin, die Stadt Wien ihr gehörige Teile von Grundstücken gegen eine Entschädigung dem öffentlichen Gut zuzuschreiben hat. In diesem Vorgang ist nun, entgegen der von der Beschwerdeführerin in ihrer Berufung vertretenen Rechtsauffassung ein Erwerb im Sinne des § 1 Abs. 1 Z. 1 GrEStG zu erblicken. Denn die Beschwerdeführerin benötigte, um eine ihr gehörige Liegenschaft baureif zu gestalten, unbestrittenermaßen Grundflächen, die sie nach der Bauordnung zur Herstellung der erforderlichen Verkehrsfläche in das öffentliche Gut abtreten mußte. Da die Beschwerdeführerin aber solche Grundflächen nicht selbst besaß, mußte sie diese von dem in Betracht kommenden Grundnachbarn erwerben. Dieser war die Stadt Wien, welche die erforderlichen Grundflächen als Bestandteile des Gemeindevermögens besaß. Die Stadt Wien hat es dann auch übernommen, die erforderlichen Grundflächen aus dem (privaten) Gemeindevermögen in das öffentliche Gut zu übertragen. Wirtschaftlich ist dieser Vorgang ganz gleich zu beurteilen, als wenn die Beschwerdeführerin von einem privaten Nachbarn die erforderliche Grundfläche erworben und diese dann nach ihrer Erwerbung der Stadt Wien als Trägerin des öffentlichen Gutes übertragen hätte. Der Unterschied liegt hier nur darin, daß der Privateigentümer der erforderlichen Grundstücke im vorliegenden Fall auch der Rechtsträger des öffentlichen Gutes gewesen ist. Hat sich nun die Stadt Wien die Grundflächen, die zur Baureifmachung der der Beschwerdeführerin gehörenden Liegenschaft in das öffentliche Gut abzutreten waren, von der Beschwerdeführerin ablösen lassen und versprochen, diese in das öffentliche Gut zu übertragen, so ist die Beschwerdeführerin durch diesen Vertrag wirtschaftlich in die Lage versetzt worden, diese Grundflächen auf eigene Rechnung zu verwerten. Durch den aufgezeigten Vorgang ist somit der Tatbestand des § 1 Abs. 2 GrEStG verwirklicht worden. Die Anwendbarkeit dieser Gesetzesvorschrift wird auch nicht dadurch berührt, daß die Beschwerdeführerin den strittigen Vorgang wählen mußte, um einen bestimmten Zweck - i. e. die Schaffung eines Bauplatzes - auf einem Teil der Liegenschaft EZ. 1047 KG X zu erreichen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. September 1972, Zl. 1692/71, Slg. Nr. 4424 (F)).

Die von der Beschwerdeführerin vertretene Rechtsansicht, die von ihr an die Stadt Wien bezahlte Entschädigung sei für Anliegerleistungen im Sinne der §§ 50, 51, 53 und 54 der Bauordnung für Wien entrichtet worden, widerspricht nicht nur dem eindeutigen Inhalt des zwischen der Beschwerdeführerin und der Stadt Wien abgeschlossenen Kaufvertrages, sondern auch den Bestimmungen der Bauordnung für Wien. Anliegerleistungen im Sinne der Bauordnung für Wien sind von der Stadt Wien bescheidmäßig vorzuschreiben, da die Stadt Wien hinsichtlich derselben nicht im Privatwirtschaftsbereich, sondern im Hoheitsbereich tätig wird. In dem zwischen der Beschwerdeführerin und der Stadt Wien abgeschlossenen Kaufvertrag ist die Stadt Wien jedoch nur im Rahmen ihrer Privatwirtschaftsverwaltung tätig geworden.

Da somit feststeht, daß die Beschwerdeführerin die Entschädigung für den Erwerb der Trennstücke aufgewendet hat, wobei deren Erwerb unabdingbare Voraussetzung für die Baureifmachung des Grundstückes Nr. 52/2 der Liegenschaft EZ. 1047 KG X war, stellt der gesamte Betrag in Höhe von S 2,303.400,-- die Gegenleistung im Sinne des § 11 Abs. 1 Z. 1 GrEStG dar. Wie der Verwaltungsgerichtshofes zum Begriff der Gegenleistung in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat (vgl. hiezu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Mai 1984, Zlen. 82/16/0121, 0122, und die dort zitierte Vorjudikatur) ist Gegenleistung im Sinne dieser Bestimmung die Summe dessen, was der Käufer an wirtschaftlichen Werten dagegen zu leisten verspricht, daß er das Grundstück erhält. Dies ist jede nur denkbare Leistung, die vom Käufer für den Erwerb des Grundstückes versprochen wird, oder, mit anderen Worten alles, was der Käufer einsetzen muß, um das Grundstück zu erhalten. Gegenleistungen, die der Erwerber nicht für den Erwerb des Grundstückes, sondern für andere Leistungen des Veräußerers erbringt, gehören nicht zur Bemessungsgrundlage; dies allerdings nur dann, wenn solche Gegenleistungen mit dem Grundstück in keinem unmittelbaren Zusammenhang stehen. Steht hingegen die Leistung des Erwerbers in einem unmittelbaren, tatsächlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Erwerbung des Grundstückes, dann ist sie als Gegenleistung im Sinne des Gesetzes anzusehen. Die unter Punkt II.) des Kaufvertrages vereinbarte Entschädigung steht in einem derart engen Zusammenhang mit der Erwerbung des Grundstückes Nr. 52/2 der Liegenschaft EZ. 1047 KG X, daß ohne Bezahlung dieses Betrages der Bauplatz nicht erworben hätte werden können.

Der angefochtene Bescheid erweist sich somit als nicht rechtswidrig. Da die von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten Gründe sich als nicht stichhältig erwiesen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Diese Entscheidung konnte gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG im Dreiersenat erfolgen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243, insbesonders deren Art. III Abs. 2.

Hinsichtlich des zitierten nichtveröffentlichten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Mai 1984, Zlen. 82/16/0121, 0122, wird an Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, erinnert.

Wien, am 12. Dezember 1985

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