VwGH 84/02/0160

VwGH84/02/01607.12.1984

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leibrecht und die Hofräte Dr. Pichler, Dr. Degischer, Dr. Dorner und Dr. Domittner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schemel, über die Beschwerde des WS in W, vertreten durch Dr. JK, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 8. März 1984, Zl. MA 70‑IX/St 11/83/Str, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Normen

StVO 1960 §2 Abs1 Z23
StVO 1960 §52 Z1
StVO 1960 §52 Z13 litb
VStG §31 Abs1
VStG §44a lita
VStG §44a Z1 implizit

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1984:1984020160.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Leopoldstadt, vom 20. Oktober 1982 wurde der Beschwerdeführer - nachdem die Strafverfügung vom 16. Juli 1982 infolge rechtzeitig erhobenen Einspruches außer Kraft getreten war - schuldig erkannt, er habe am 7. Mai 1982 in der Zeit von 7.15 Uhr bis 13.15 Uhr in Wien I, Singerstraße 12, als Lenker des dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws dieses Kraftfahrzeug abgestellt, obwohl an dieser Stelle ein durch Verbotstafeln gekennzeichnetes Halteverbot besteht, und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 3 lit. a in Verbindung mit § 24 Abs. 1 lit. a StVO 1960 begangen. Gemäß § 99 Abs. 3 lit. a leg. cit. wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 2.000,-- (Ersatzarreststrafe in der Dauer von 3 Tagen) verhängt.

Auf Grund der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid der Wiener Landesregierung vom 8. März 1984 das erstinstanzliche Straferkenntnis gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 hinsichtlich der Strafzumessung und der Kostenentscheidung vollinhaltlich und in der Schuldfrage mit der Abänderung bestätigt, daß die Tatumschreibung wie folgt zu lauten hat: „Der Beschuldigte WS hat am 7.5.1982 in der Zeit von 07.15 bis 13.15 Uhr in Wien 1., Singerstraße 12 ,als Lenker des Pkw mit dem polizeilichen Kennzeichen ... das Kraftfahrzeug abgestellt, obwohl an dieser Stelle ein durch Verbotstafeln gekennzeichnetes Halteverbot mit dem Zusatz ‚Ausgenommen Ladetätigkeit mit Lastfahrzeugen, Mo - Fr (werkt.) von 08.00 - 15.00 Uhr‘ besteht.“

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsstrafakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides macht der Beschwerdeführer geltend, daß das gegenständliche „Halteverbot“ (Verkehrszeichen nach § 52 Z. 13 b StVO 1960) eine Zusatztafel mit dem nunmehr in den Spruch des angefochtenen Bescheides aufgenommenen Wortlaut bezüglich der Zulässigkeit einer Ladetätigkeit aufgewiesen habe, weshalb dem Beschwerdeführer schon innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist (das ist bis zum 7. November 1982) vorzuhalten gewesen wäre, daß er sein Fahrzeug in einem beschilderten Halteverbot mit dieser Zusatztafel abgestellt habe, obwohl er kein Lastfahrzeug gelenkt und keine Ladetätigkeit ausgeübt habe. Die belangte Behörde habe daher zu Unrecht den Eintritt der Verfolgungsverjährung im Sinne des § 31 Abs. 1 VStG 1950 nicht beachtet.

Dem ist entgegenzuhalten, daß einer ein Verbot einschränkenden Zusatztafel bei Beurteilung der Frage, ob gegen dieses Verbot verstoßen wurde, lediglich dann Bedeutung zukommen kann, wenn sich ein Beschuldigter mit der für ihn geltenden Ausnahmeregelung verantwortet oder diese nach der Aktenlage offenkundig ist, sodaß die Anbringung dieser Zusatztafel und ihre von der Behörde angenommene Nichtgeltung für den Beschuldigten auch nur unter einer dieser Voraussetzungen ein wesentliches Sachverhaltselement, auf das daher auch im Rahmen der gegenüber dem Beschuldigten gesetzten Verfolgungshandlungen Bedacht zu nehmen ist, darstellt. (Vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. September 1984, Zl. 83/02/0549.) Der Beschwerdeführer hat sich zwar im Verwaltungsstrafverfahren darauf berufen, daß er eine Ladetätigkeit (zu Beginn und zu Ende der angeführten Tatzeit) vorgenommen habe, nicht aber, daß dies mit einem „Lastfahrzeug“ geschehen sei. Wenn der Beschwerdeführer meint, dem Kraftfahrgesetz sei „der Begriff des Lastfahrzeuges fremd, sodaß es dahingestellt bleiben mag, ob nun ein Pkw oder Lkw am angegebenen Tatort gestanden war“, so ist darauf zu erwidern, daß es wohl richtig ist, daß das Kraftfahrgesetz 1967 den „Begriff des Lastfahrzeuges“ nicht kennt, weil die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gemäß dessen § 1 nur auf Kraftfahrzeuge (und Anhänger) Anwendung findet und hiebei mit den im § 2 leg. cit. enthaltenen Begriffsbestimmungen das Auslangen gefunden werden kann. Hingegen ist im § 2 Abs. 1 Z. 23 StVO 1960 definiert, daß im Sinne dieses Bundesgesetzes als „Lastfahrzeug“ ein zur Beförderung von Gütern bestimmtes Kraftfahrzeug oder Fuhrwerk gilt. Bei dem abgestellten Fahrzeug des Beschwerdeführers handelte es sich unbestrittenermaßen um einen Personenkraftwagen, worunter gemäß § 2 Z. 5 KFG 1967 (in Verbindung mit § 2 Abs. 2 StVO 1960) ein Kraftwagen zu verstehen ist, der nach seiner Bauart und Ausrüstung ausschließlich oder vorwiegend zur Beförderung von Personen bestimmt ist und außer dem Lenkerplatz für nicht mehr als acht Personen Plätze aufweist. Der Umstand, daß demnach ein Personenkraftwagen (in eingeschränktem Maße) auch zur Beförderung von Gütern verwendet werden darf, bedeutet aber keinesfalls, daß solche Kraftfahrzeuge im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 23 StVO 1960 ebenfalls zur Beförderung von Gütern bestimmt sind. (Siehe dazu auch § 52 Z. 7 a leg. cit. in der Fassung vor der 6. Novelle, BGBl. Nr. 412/1976, sowie § 18 Abs. 4 leg. cit. in der Fassung der 10. Novelle, BGBl. Nr. 174/1983.) Die durch die Zusatztafel zum Ausdruck kommende Ausnahmeregelung konnte daher unter Zugrundelegung der konkreten Situation keinerlei Rechtswirkungen für den Beschwerdeführer nach sich ziehen, weshalb die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides mit Recht davon ausgegangen ist, daß die Rechtfertigung des Beschwerdeführers, er habe eine Ladetätigkeit durchgeführt, im Hinblick darauf, daß die gegenständliche Ladezone lediglich eine Ladetätigkeit mit Lastfahrzeugen gestatte, das beanstandete Fahrzeug des Beschwerdeführers aber ein Pkw (und sohin kein Lastfahrzeug) gewesen sei, irrelevant sei. Demnach ist aber auch mit der Strafverfügung vom 16. Juli 1982, in der dem Beschwerdeführer das Halten eines dem Kennzeichen nach näher bestimmten Pkws zur Tatzeit am Tatort, obwohl an dieser Stelle ein durch Verbotstafeln gekennzeichnetes Halteverbot besteht, angelastet worden ist, und sohin innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist eine hinreichende Verfolgungshandlung vorgenommen worden.

Aber auch dem weiteren Einwand des Beschwerdeführers, dem von der belangten Behörde - seiner Meinung nach im übrigen unzulässigerweise - abgeänderten Schuldspruch im angefochtenen Bescheid ermangle die „oben bezeichnete nähere Tatumschreibung“, kommt keine Berechtigung zu. Abgesehen davon, daß die belangte Behörde als Berufungsbehörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 (§ 24 VStG 1950) zu dieser Abänderung berechtigt war, bedurfte es auf Grund der bereits dargestellten Rechtslage auch bei Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat im Sinne des § 44 a lit. a VStG 1950 gar keines Hinweises auf die Anbringung der Zusatztafel und deren aus bestimmtem Grund gegebenen Nichtgeltung für den Beschwerdeführer. (Vgl. auch dazu das bereits zitierte Erkenntnis vom 14. September 1984, Zl. 83/02/0549, auf welches unter Erinnerung an Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen wird.) Wenn dies dennoch teilweise, nämlich hinsichtlich der Anbringung der Zusatztafel, geschehen ist, so ist darin keine Rechtsverletzung des Beschwerdeführers zu erblicken.

Da es somit dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981.

Wien, am 7. Dezember 1984

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