VwGH 83/14/0204

VwGH83/14/020426.6.1984

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Karlik, Dr. Simon, Dr. Schubert und Dr. Pokorny als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Füszl, über die Beschwerde des FG in S, vertreten durch Dr. Kurt Sexlinger, Rechtsanwalt in Salzburg, Rainerstraße 25,gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Salzburg, Berufungssenat, vom 30. Juni 1983, Zl. 70‑GA 3 BK‑L/1982, betreffend Einkommen- und Gewerbesteuer für 1980, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §11 Abs6
EStG 1972 §4 Abs1
EStG 1972 §6 Z3

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1984:1983140204.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Anschluß an eine abgabenbehördliche Prüfung im Gewerbebetrieb des Beschwerdeführers hielt der Prüfer in seinem Bericht fest, daß eine Einlage von Kassenobligationen im Betrag von 2 Mio. S nicht als solche anerkannt werden könne; vielmehr liege ein Ankauf dieser Wertpapiere aus Mitteln eines als Betriebsschuld anzusetzenden Kredites vor. Werde ein Kredit aufgenommen, um eine Valuta als eine Einlage zur Erhaltung der Rücklage für nichtentnommenen Gewinn dem Betriebsvermögen zuzuführen, so stelle die Darlehensverbindlichkeit eine Betriebsschuld dar, wenn sie außerdem noch mit dem Betriebsgebäude besichert sei. Ohne die Einlage von 2 Mio. S überstiegen die Entnahmen des Streitjahres (1980) nach den Feststellungen des Prüfers den Gewinn des Vorjahres. Der Prüfer löste dementsprechend für Vorjahre gebildete Rücklagen für nichtentnommene Gewinne unter Ansatz entsprechender Zuschläge auf und berichtigte auch die Rücklage für das Streitjahr.

Gegen die auf Grund der Betriebsprüfung erlassenen Abgabenbescheide wandte der Beschwerdeführer im Beschwerdepunkt mit Berufung ein, daß die fragliche Kreditaufnahme nicht mit der Anschaffung der Kassenobligationen, sondern mit der Anschaffung eines privaten Grundstückes im Jahre 1980 in ursächlichem Zusammenhang stehe. Der Kredit sei nicht nur mit dem Betriebsgebäude, sondern auch mit einem privaten Gebäude besichert worden. Eine Besicherung auf dem 1980 angeschafften Grundstück sei „wegen der relativ langfristigen Abwicklung noch nicht möglich“ gewesen.

In einer abweisenden Berufungsvorentscheidung legte das Finanzamt dar, es wären am 2. Dezember 1980 vom strittigen „Privatkonto“ 2 Mio. S bar abgehoben und am selben Tag Kassenobligationen im Wert von 2 Mio. S mittels Barerlag angeschafft worden. Der (für die Barabhebung gewährte) Kredit stelle unabhängig von der Art der Besicherung notwendiges Betriebsvermögen dar. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Kreditaufnahme und dem ins Treffen geführten Grundstückskauf habe nicht glaubhaft gemacht werden können.

Der Beschwerdeführer beantragte hierauf ohne weitere Ausführungen in der Streitfrage die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Zum Vorhalt in der mündlichen Berufungsverhandlung, das Geld für die Kassenobligationen sei bei einem Kreditinstitut abgehoben und am nächsten Tag seien die Kassenobligationen gekauft worden, gab der Vertreter des Beschwerdeführers an, das sei eine Art Festgeld, um höhere Zinsen zu bekommen. Die Kreditschuld stehe hingegen mit dem privaten Grundkauf in ursächlichem Zusammenhang.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge. Bezüglich der Rücklagen für nichtentnommene Gewinne hielt die belangte Behörde dem Einwand des Beschwerdeführers, der fragliche Kredit bei der Raiffeisenkasse L. stehe mit einem privaten Grundkauf im Zusammenhang, folgendes entgegen:

„Auf Grund der anläßlich der Betriebsprüfung gepflogenen Erhebungen stellte der Prüfer fest, daß auf dem strittigen Kreditkonto Nr. nnn.nnn eine Kontobewegung betreffend den Grundkauf (genau den Grundanteil des Berufungswerbers) schon am 21.1.1980 (S 150.000,--) stattgefunden hat. Aus der Aktenlage geht ferner hervor, daß am 25.1.1980 die Restzahlung für den Grundanteil in Höhe von S 476.000,-- erfolgte.

Des weiteren ergibt sich jedoch aus den Prüfungsfeststellungen, daß bezüglich des in Rede stehenden Kreditkontos lt. Bestätigungsschreiben der Raiffeisenkasse L. vom 4.12.1980 der Kreditrahmen auf S 3,000.000,-- aufgestockt wurde, daß ferner am 2.12.1980 vom Berufungswerber eine Barabhebung von diesem Kreditkonto erfolgte, und schließlich, daß der Berufungswerber am 3.12.1980 die in Rede stehenden Kassenobligationen im Werte von S 2,000.000,-- bei der C‑Bank ankaufte.

Dieser unmittelbare zeitliche Zusammenhang zwischen der Kreditaufstockung, der Barabhebung von S 2,000.000,-- vom Kreditkonto und dem Ankauf der Kassenobligationen, die der Berufungswerber in sein Betriebsvermögen angeblich einbrachte, sind nach Ansicht des Berufungssenates schlüssiger Beweis genug, um zumindest im Ausmaß von S 2,000.000,-- einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Kredit und der Anschaffung der Kassenobligationen zu sehen. Die Vorgänge bzw. die Kontobewegungen im Zusammenhang mit dem Grundkauf waren zeitlich bereits wesentlich früher und scheiden daher bei diesen Überlegungen aus.

Ein Darlehen, das der Anschaffung von notwendigem Betriebsvermögen (im gegenständlichen Fall der Wertpapiere) dient, ist eine Betriebsschuld. Es ist - wie das Finanzamt richtig festgestellt hat - nicht zulässig, eine Darlehensschuld als private Schuld und die Darlehensvaluta dagegen als betriebliche Einlage zu behandeln (vgl. BFH in HFR 65,12). Auf Grund dieses offenkundigen unmittelbaren Zusammenhanges ergibt sich daher, daß das Darlehen, das zum Kauf der Wertpapiere aufgenommen wurde, in das Betriebsvermögen aufzunehmen ist. Daraus folgt weiters, daß die Kassenobligationen nicht im Wege einer Einlage dem Betriebsvermögen zugeführt wurden, sondern lediglich den Gegenwert für das ebenfalls in das Betriebsvermögen aufzunehmende Darlehen der Raiffeisenkasse L. darstellen. Fällt diese Einlage aber weg, ergibt sich in weiterer Konsequenz, daß die Entnahmen 1980 den Vorjahresgewinn 1979 überstiegen haben und deshalb gemäß § 11 Abs. 6 EStG 1972 die Rücklagen für nichtentnommene Gewinne aufzulösen bzw. Zuschläge festzusetzen waren.“

Vorliegende Beschwerde macht inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wenn in einem der auf das Jahr der Bildung der Rücklage für nichtentnommenen Gewinn folgenden fünf Wirtschaftsjahre die Entnahmen höher sind als der jeweilige Gewinn des unmittelbar vorangegangenen Wirtschaftsjahres, so sind die steuerfrei gebildeten Rücklagen gemäß § 11 Abs. 6 EStG 1972 - allenfalls mit Zuschlägen (§ 11 Abs. 7 leg. cit.) - im Wirtschaftsjahr der Mehrentnahmen entsprechend dem Betrag der Mehrentnahmen gewinnerhöhend aufzulösen. Dabei sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes solche Mehrentnahmen grundsätzlich nur gegeben, wenn die Entnahmen nach Aufrechnung mit Einlagen den Vorjahresgewinn übersteigen (siehe zuletzt das Erkenntnis vom 4. Oktober 1983, Zlen. 83/14/0017, 0074, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Im Beschwerdefall ist nun unbestritten, daß Mehrentnahmen in diesem Sinne gegeben wären, wenn sich hinsichtlich der Kassenobligationen im Wert von 2 Mio. S keine Einlage unterstellen ließe. Der Beschwerdeführer zieht auch die Auffassung der belangten Behörde nicht in Zweifel, daß eine Einlage zu verneinen wäre, falls er zur Finanzierung der Kassenobligationen eine Betriebsschuld eingegangen wäre. Dies zu Recht: kann doch als Einlage nur die Zuführung von Wirtschaftsgütern zum Betrieb angesehen werden, die das Betriebsvermögen erhöht, ohne daß mit dieser Erhöhung auch eine ursächliche Verminderung des Betriebsvermögens im Zusammenhang steht, sei es, daß für das Wirtschaftsgut Eigenmittel aufgewendet oder Fremdmittel aufgenommen werden. In einem solchen Fall liegt nämlich keine (mit Entnahmen aufrechenbare) Einlage, sondern eine Anschaffung des zugeführten Wirtschaftsgutes vor.

Der Beschwerdeführer bestreitet jedoch, für die Kassenobligationen, um deren Einlage es geht, eine Betriebsschuld eingegangen zu sein. Zwar bezweifelt auch er nicht, daß eine zur Finanzierung von Betriebsvermögen eingegangene Verbindlichkeit Betriebsschuld ist (siehe nochmals das Erkenntnis Zlen. 83/14/0017, 0074), stellt aber den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem bei der Raiffeisenkasse L. aufgenommenen Kredit und der Anschaffung der Kassenobligationen in Abrede.

Die Frage, ob dieser ursächliche Zusammenhang besteht oder nicht, stellt eine von der Abgabenbehörde gemäß § 167 Abs. 2 BAO nach freier Überzeugung zu beurteilende Beweisfrage dar. Die Beweiswürdigung durch die belangte Behörde unterliegt nur dahingehend der Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof, ob der Sachverhalt in einem einwandfreien Verfahren festgestellt wurde und ob die Erwägungen der Behörde schlüssig sind (siehe Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit2, Seite 424 ff, und dort angeführte Rechtsprechung).

Einen Verfahrensmangel behauptet der Beschwerdeführer nicht und auch der Verwaltungsgerichtshof vermag einen solchen nicht zu erkennen. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers erscheinen aber auch die Erwägungen der belangten Behörde nicht unschlüssig. Der enge zeitliche Zusammenhang zwischen Kreditaufnahme und Anschaffung der Kassenobligationen, den der Beschwerdeführer in der Beschwerde ausdrücklich außer Streit stellt, insbesondere die Tatsache, daß der Beschwerdeführer am 2. Dezember 1980 vom Kreditkonto den Betrag von 2 Mio. S abgehoben und bereits am nächsten Tag um denselben Betrag die Kassenobligationen erwarb, rechtfertigen den Schluß, daß die durch die Abhebung entstandene Kreditschuld mit der Anschaffung der Kassenobligationen in einem ursächlichen Zusammenhang steht.

Mit dem in der Beschwerde abermals ins Treffen geführten Finanzierungsbedarf im Zusammenhang mit der Anschaffung eines privaten Grundstückes setzt der Beschwerdeführer den konkreten Feststellungen der belangten Behörde lediglich ganz allgemein gehaltene Behauptungen entgegen. Damit vermag er aber keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 und die Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.

Wien, am 26. Juni 1984

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