VwGH 83/14/0189

VwGH83/14/018917.1.1984

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Karlik, Dr. Simon, Dr. Schubert und Dr. Pokorny als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Traumüller, über die Beschwerde der Firma GH KG in P, vertreten durch Dr. Manfred Pochendorfer, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, Roßmarkt 1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 19. Juli 1983, Zl. 69/4-5/Se-1983, betreffend Nachforderung von Lohnsteuer, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §68 Abs2 litd;
EStG 1972 §68 Abs2 litd;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Das beschwerdeführende Unternehmen ging aus einem Wagnereibetrieb hervor, betreibt aber derzeit die Erzeugung und Reparatur von Fahrzeugen. Anwendbar auf die Dienstverhältnisse zwischen der Beschwerdeführerin und ihren Arbeitnehmern ist der Kollektivvertrag für das holzverarbeitende Gewerbe, der Schmutz- oder Erschwerniszulagen nicht vorsieht. Bei Reparaturen an gebrauchten Fahrzeugen, vor allem aber vor Beginn der Lackierungsarbeiten an Neufahrzeugen, müssen die Fahrzeuge bzw. Aufbauten mittels eines Sandstrahlgebläses gereinigt werden. Die Arbeiten mit dem Sandstrahlgebläse sind nach übereinstimmender Ansicht beider Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens der Art nach Arbeiten, für die in anderen Kollektivverträgen Schmutz- bzw. Erschwerniszulagen vorgesehen sind. Die Beschwerdeführerin zahlte den Arbeitern, die mit dem Sandstrahlgebläse arbeiteten, eine steuerfreie Zulage von S 50,-- je Arbeitsstunde an diesem Gerät. Diese Zulage bekamen alle Arbeitnehmer, die das Gerät bedienten. Die aus diesem Titel ausgezahlten Zulagen betrugen monatlich höchstens S 1.000,--.

Bei einer Lohnsteueraußenprüfung betreffend den Zeitraum 1. Jänner 1977 bis 31. Dezember 1978 unterzog der Prüfer von der erwähnten Zulage in Höhe von S 50,-- pro Stunde den Teilbetrag von S 40,-- der tarifmäßigen Besteuerung. Das Finanzamt schloß sich dem Prüfer an und zog die Beschwerdeführerin für einen so errechneten Betrag von S 7.844,-- zur Haftung heran.

Mit dem nun angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der gegen den Haftungsbescheid erhobenen Berufung keine Folge. Unter Wiedergabe der in Betracht kommenden Vorschriften des § 68 EStG 1972 verwies die belangte Behörde darauf, sie habe der Beschwerdeführerin vorgehalten, daß für Arbeiten mit Sandstrahlgebläse nach dem Kollektivvertrag für das Steinmetzgewerbe in Oberösterreich eine Zulage von 9 % und nach dem Kollektivvertrag für das Malergewerbe eine Zulage von 20 % gewährt werde. Höhere Zulagen seien der belangten Behörde nicht bekannt. In Anbetracht der im Prüfungszeitraum von der Beschwerdeführerin bezahlten Stundenlöhne von S 34,-- bis S 47,50 liege eine Zulage von S 10,-- pro Stunde über 20 % (gemeint des Grundlohnes). Nicht trat die belangte Behörde der Ansicht der Beschwerdeführerin entgegen, Rechtsgrund für die Zahlung der Zulagen sei im Beschwerdefall die innerbetriebliche Gewährung für alle Arbeitnehmer bzw. eine bestimmte Gruppe von Arbeitnehmern. Jedoch könne eine zwischen 105 % und 147 % (bezogen auf den Stundengrundlohn) liegende Zulage auch aus diesem Titel nicht anerkannt werden. Die belangte Behörde schilderte sodann die historische Entwicklung des § 68 EStG 1972 (vgl: dazu Hofstätter-Reichel, Tz. 1 zu § 68) und gelangte zu dem Ergebnis, daß, wenn durch die Einführung der lit. d in § 68 Abs. 2 EStG 1972 nur die Schlechterstellung eines bestimmten Arbeitnehmerkreises vermieden werden sollte, daraus zwangsläufig folge, daß auch die Höhe von nach § 68 EStG 1972 begünstigten Zulagen - sei es die Steuerfreiheit oder der feste Steuersatz von 15 % ihre Grenzen habe. Die Grenze werde bei einer Vereinbarung nach lit. d in der Höhe liegen, die für die gleiche Tätigkeit als höchste Zulage in einem Gesetz oder Kollektivvertrag festgesetzt sei. Aus dem Gesagten folge, daß ein Zuschlag von S 10,-- pro Stunde, das seien mehr als 20 % des Arbeitslohnes, angemessen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde. Die Rechtswidrigkeit erblickt die Beschwerdeführerin darin, daß in einem Fall, in dem Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen im Sinne des § 68 Abs. 2 lit. d EStG 1972 bezahlt werden, sohin keine durch einen Kollektivvertrag gezogene Grenze besteht, das Höchstausmaß an monatlich begünstigt zu behandelnden Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen sich aus § 68 Abs. 1 EStG 1972 bestimme, wobei auf dieses Höchstausmaß auch Überstundenzuschläge und Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit anzurechnen seien.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

§ 68 Abs. 1 EStG 1972 lautet:

"Erhält der Arbeitnehmer Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen, in Überstundenentlohnungen enthaltene Zuschläge für Mehrarbeit und Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit, so beträgt die Lohnsteuer, soweit diese Zulagen und Zuschläge insgesamt den Freibetrag von 5070 S monatlich (1170 S wöchentlich, 195 S täglich) übersteigen, 15 v. H."

§ 68 Abs. 2 EStG 1972 bestimmt, was als Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulage anzusehen ist und ordnet ferner an, daß diese Zulagen nur begünstigt sind, soweit sie (im folgenden wird nur der wesentliche Inhalt der Normen wiedergegeben)

  1. a) auf Grund gesetzlicher Vorschriften,
  2. b) durch Kollektivverträge oder
  3. c) durch Betriebsvereinbarungen

    oder

    d) innerbetrieblich für alle Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern gewährt werden.

    Angesichts des eingangs dargestellten unbestrittenen Sachverhaltes und der Tatsache, daß auch vor dem Verwaltungsgerichtshof Einigkeit zwischen den Parteien darüber besteht, vorliegendenfalls seien Zulagen ausgezahlt worden, die unter den Begriff der Schmutz- bzw. Erschwerniszulagen im Sinne des § 68 Abs. 2 lit. d fallen, ist dem Gerichtshof lediglich aufgegeben zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin dadurch in ihren Rechten verletzt worden ist, daß die belangte Behörde nur einen Teil der als Schmutz- bzw. Erschwerniszuschlag bezeichneten Zahlungen begünstigt behandelt hat.

    Der Verwaltungsgerichtshof kann nicht finden, daß die Beschwerdeführerin in ihren Rechten verletzt wurde.

    Die Beschwerdeführerin hält - wie schon erwähnt - auch vor dem Verwaltungsgerichtshof ihre Rechtsansicht aufrecht, in Fällen, in denen Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen auf Grund des § 68 Abs. 2 lit. d EStG 1972 gezahlt werden, ergebe sich die zahlenmäßige Begrenzung der steuerlichen Begünstigung aus § 68 Abs. 1 leg. cit. selbst. Diese Argumentation übersieht den Charakter dieses (steuerrechtlichen) Limits. Die (steuerliche) Begrenzung setzt nämlich im Fall des Abs. 2 lit. d eine "innerbetriebliche Gewährung" voraus, d. h. entweder eine ausdrückliche Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und den in Betracht kommenden Arbeitnehmern oder eine autonome Festsetzung durch den Arbeitgeber, mit der die Arbeitnehmer (ausdrücklich oder stillschweigend) einverstanden sind. Die Beschwerde bestreitet nicht die Feststellung der belangten Behörde über einen Stundenlohn für die "Normalstunde" zwischen S 34,-- und S 47,50, und sie kann keine einleuchtende Begründung geben, warum bei diesem Stundenlohn die gegenständliche Zulage (also der Zuschlag zum Stundenlohn) S 50,-- ausmachen soll. Es läßt sich dies - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin - weder aus § 68 Abs. 1 EStG 1972 ableiten, noch ergibt sich aus dem Verwaltungsgeschehen ein Anhaltspunkt über gerade diese Höhe der strittigen Zuschläge.

    Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes hat die belangte Behörde nicht rechtswidrig gehandelt, wenn sie im Ergebnis im Schätzungsweg zu dem von ihr angenommenen Ausmaß der Begünstigung gelangt ist. Denn es entspricht sowohl den aus anderen Kollektivverträgen abgeleiteten Erkenntnissen wie den Erfahrungen des täglichen Lebens, daß sogenannte Schmutz- und Erschwerniszulagen stets nur einen Bruchteil des "reinen" Stundenlohnes ausmachen, nicht jedoch gleich viel oder gar mehr als dieser.

    Damit zeigt sich, daß die Beschwerde unbegründet ist. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen.

    Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981.

    Wien, am 17. Jänner 1984

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