European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1984:1983110051.X00
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Wien, Fachgruppe für die Beförderungsgewerbe mit Personenkraftwagen, teilte mit Schreiben vom 26. November 1982 der Bundespolizeidirektion Wien mit, daß die Beschwerdeführerin das Mietwagengewerbe weiterhin auf Grund der bisherigen Pachtgenehmigung betreibe, obwohl das ihr übertragene Recht zur Gewerbeausübung seitens des Verpächters widerrufen worden sei. Dem Schreiben lag eine Kopie der „Verständigung“ des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 1./8. Bezirk, vom 5. November 1982 bei, wonach KJ, wohnhaft an der näher angegebenen Adresse, Inhaber der Gewerbeberechtigung „Mietwagengewerbe, beschränkt auf die Verwendung von fünf Personenkraftwagen“ mit dem näher angegebenen Standort, die bescheidmäßig genehmigte Übertragung der Ausübung des Gewerbes an die Beschwerdeführerin mit Wirksamkeit vom 30. August 1982 widerrufen habe.
In der Folge hob die Bundespolizeidirektion Wien mit Bescheid vom 16. Dezember 1982 mit der Begründung, die Beschwerdeführerin sei nicht mehr im Besitze der Berechtigung zur Ausübung des Mietwagengewerbes gemäß § 44 Abs. 2 lit. f des Kraftfahrgesetzes, die Zulassung des Personenkraftwagens (Mietwagen) Marke Ford Transit Bus VS, Fahrgestellnummer nnn, mit dem Kennzeichen W nnn zum Verkehr auf.
In der dagegen erhobenen Berufung bezeichnete die Beschwerdeführerin die oben erwähnte Verständigung als zu Unrecht erfolgt. Zwar sei es richtig, daß das ehemals genehmigte Pachtverhältnis gelöst worden sei; es sei jedoch gleichzeitig um die Erteilung einer Konzession angesucht worden und es habe sich der ehemalige Verpächter unwiderruflich einverstanden erklärt, seine Konzession zugunsten der Beschwerdeführerin zurückzulegen. Sie wieder habe sich zur Übernahme bereit erklärt. Diese Übertragung der Konzession ersetze das Pachtverhältnis. Die beiden genannten Schritte - Beendigung des Pachtverhältnisses und Übergang der Konzession - seien als zwei Teile desselben Verfahrens zu betrachten. Wenn auch der zweite Teil noch nicht durchgeführt sei, handle es sich doch um ein schwebendes Verfahren, in das durch die einseitige Verfügung des Entzuges der Zulassung nicht eingegriffen werden sollte.
Mit dem angefochtenen Bescheid bestätigte die belangte Behörde die Entscheidung der Erstbehörde. Es sei von der Beschwerdeführerin unbestritten geblieben, daß durch den „Widerruf der Genehmigung“ des zwischen ihr und KJ bestehenden Pachtvertrages, auf Grund dessen sie ihr Gewerbe bis 30. August 1982 ausgeübt habe, die Berechtigung zur Ausübung des Gewerbes erloschen sei. Das von ihr angestrebte Verfahren zur Erteilung einer Konzession sei noch nicht abgeschlossen, die faktische Ausübung des Gewerbes ohne rechtskräftige Erteilung einer Berechtigung verboten. Die Tatsache, daß um Erteilung der Berechtigung angesucht worden sei, könne den vom Kraftfahrgesetz geforderten „Berechtigungsausweis“ nicht ersetzen. Die Erstbehörde habe daher von ihrem Ermessen zu Recht Gebrauch gemacht, zumal die Beschwerdeführerin unwidersprochen gelassen habe, daß sie zweieinhalb Monate nach dem Erlöschen der Berechtigung noch immer das Mietwagengewerbe betrieben habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Beschwerdeführerin den Antrag stellt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde hat den Verwaltungsakt vorgelegt und in ihrer Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin macht als Beschwerdepunkt die Verletzung des Rechtes geltend, wonach die Zulassung eines Kraftfahrzeuges zum Verkehr gemäß § 44 Abs. 2 lit. f KFG 1967 nur bei Zutreffen der gesetzlichen Voraussetzungen aufgehoben werden darf.
Gemäß § 44 Abs. 2 lit. f Kraftfahrgesetz 1967, in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der 6. Kraftfahrgesetz‑Novelle, BGBl. Nr. 362/1982, kann bei Fahrzeugen, die zur Verwendung zur gewerbsmäßigen Beförderung oder zur Verwendung zur gewerbsmäßigen Vermietung ohne Beistellung eines Lenkers gemäß § 103 Abs. 1 lit. c Z. 22 GewO 1973 bestimmt sind, die Zulassung von der Behörde, die das Fahrzeug zugelassen hat, aufgehoben werden, wenn die in Betracht kommende Gewerbeberechtigung erloschen ist.
Die Beschwerdeführerin wendet zunächst ein, die Annahme der belangten Behörde, daß die Gewerbeberechtigung der Beschwerdeführerin erloschen sei, finde im Akteninhalt keine Deckung. Weder der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides noch der darin zitierten Mitteilung der Fachgruppe für das Beförderungsgewerbe sei zu entnehmen, daß die Beschwerdeführerin ihre Gewerbeberechtigung auf Grund einer „Verpachtung gemäß § 40 Abs. 1 GewO“ besessen habe. Habe sie aber ihr Ausübungsrecht nicht von einer - genehmigten - Verpachtung hergeleitet, so habe auch die Beendigung des Pachtverhältnisses keinen Einfluß auf den Bestand der Gewerbeberechtigung haben können.
Dieses Vorbringen ist nur insoweit richtig, als damit ausgesagt wird, es fehle im erstinstanzlichen Bescheid eine ausdrückliche Feststellung des Inhalts, daß die Beschwerdeführerin das (untergegangene) Recht zur Ausübung des Mietwagengewerbes auf Grund einer Verpachtung im Sinne des § 40 Abs. 1 GewO 1973 besessen habe. Im übrigen steht dieses Vorbringen der Beschwerdeführerin jedoch im Widerspruch zum Akteninhalt, insbesondere zu ihrer Berufung. Darin hatte sie die dem Bescheid der Erstbehörde zugrundeliegende Annahme, daß die Beschwerdeführerin zur Ausübung des Mietwagengewerbes (im gegebenen Zusammenhang konnte darunter nur das der Beschwerdeführerin auf Grund des genehmigten Pachtvertrages mit KJ zustehende Recht zur Ausübung des Mietwagengewerbes gemeint sein) berechtigt gewesen und dieses Recht mit Auflösung des Pachtverhältnisses mit Wirkung vom 30. August 1982 erloschen sei, nicht bestritten. Sie hat vielmehr die von der Behörde zur Begründung ihrer Entscheidung herangezogene Auflösung des Pachtverhältnisses ausdrücklich als zutreffend erklärt und beigefügt, daß „gleichzeitig um die Erteilung einer Konzession angesucht wurde“. Vor diesem Hintergrund sind die (nicht näher ausgeführten) Andeutungen in der Beschwerde, daß die Beschwerdeführerin ihr Recht zur Ausübung des Mietwagengewerbes nicht vom genehmigten Pachtvertrag hergeleitet, ja möglicherweise überhaupt kein Recht zur Ausübung dieses Gewerbes besessen habe, ohne rechtliches Gewicht. Es erübrigt sich daher, auf die in der Beschwerde für den (theoretischen) Fall, daß ein Recht der Beschwerdeführerin zur Ausübung des Mietwagengewerbes nicht bestanden habe und somit auch nicht hätte „erlöschen“ können, angestellten Erörterungen einzugehen.
Die Beschwerdeführerin wirft der belangten Behörde weiters vor, ihre Ermessensentscheidung nicht begründet zu haben, obwohl nach der ständigen Rechtsprechung auch Ermessensentscheidungen zu begründen seien. Die belangte Behörde habe nur ausgeführt, daß die Erstbehörde von ihrem Ermessen Gebrauch gemacht habe, nicht jedoch, aus welchen Gründen sie (die belangte Behörde) die Ermessensentscheidung im Sinne einer Aufhebung der Zulassung getroffen habe. Es liege daher ein erheblicher Begründungsmangel vor.
Auch dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.
Das Kraftfahrgesetz 1967 zählt in den Absätzen 1 und 2 des § 44 taxativ die Fälle auf, in denen die Behörde, die das Fahrzeug zugelassen hat, die Zulassung aufheben kann, und gliedert die in Frage kommenden Fälle in zwei Gruppen. Das Gesetz bestimmt, daß dann, wenn einer der im Abs. 1 zusammengefaßten Tatbestände vorliegt, die Zulassung aufzuheben ist. Trifft hingegen einer der Tatbestände des Abs. 2 zu, sieht das Gesetz vor, daß die Zulassung von der Behörde aufgehoben werden kann. Während in den Fällen des Abs. 1 die Behörde bei Vorliegen eines hier aufgezählten Tatbestandes die Zulassung des betroffenen Fahrzeuges aufzuheben hat (arg.; „ist .... aufzuheben“), ihr Verhalten also eindeutig bestimmt ist, fehlt eine derartige, die Entscheidung der Behörde klar determinierende gesetzliche Anordnung in den Fällen des Abs. 2. Da diese Gesetzesstelle keine weiteren, von der Behörde bei ihrer Entscheidung zu beachtenden Bestimmungsgründe enthält, hat der Gesetzgeber im Sinne des Art. 130 Abs. 2 B‑VG insoweit von einer bindenden Regelung des Verhaltens der Verwaltungsbehörde abgesehen und damit der Behörde überlassen, zu entscheiden, ob sie die Zulassung aufhebt oder davon absieht. Damit liegt sogenanntes Handlungsermessen vor (vgl. Walter‑Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts4, Seite 165). Nach der zitierten Verfassungsbestimmung hängt die Rechtmäßigkeit der Ermessensentscheidung davon ab, ob die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Entscheidungserheblich ist damit, was der Sinn des Gesetzes ist, nach dem die Entscheidung der Behörde beurteilt werden soll.
Der hinter der Bestimmung des § 44 Abs. 2 lit. f KFG 1967 stehende Sinn des Gesetzes wird erkennbar, wenn man die Vorschrift des § 37 Abs. 2 lit. c leg. cit. in die Betrachtung einbezieht. Diese Bestimmung regelt die Zulassung von Fahrzeugen, die zu den in dieser Gesetzesstelle genannten gewerblichen Tätigkeiten (darunter fällt auch das von der Beschwerdeführerin ausgeübte Mietwagengewerbe) verwendet werden sollen, und verlangt als Voraussetzung für die Zulassung eine Bestätigung der zuständigen gesetzlichen Interessenvertretung über das Vorliegen der Berechtigung des Zulassungsgewerbes zur beabsichtigten Verwendung. Ziel dieser Regelung ist also zu verhindern, daß durch die behördliche Zulassung solcher Fahrzeuge unter Umständen die unbefugte Ausübung eines Gewerbes ermöglicht wird. Kein anderer Sinn kann aber dem Aufhebungstatbestand des § 44 Abs. 2 lit. f leg. cit. (er wurde durch die Kraftfahrgesetz‑Novelle 1971, BGBl. Nr. 285/1971, geschaffen) zugrundeliegen; die Aufhebung der Zulassung stellt ja den contrarius actus zur Zulassung dar (vgl. auch die Regierungsvorlage zur genannten Kraftfahrgesetz-Novelle, Seite 18, 205 der Blg. NR. XII GP.; dort wird ausgeführt, daß die Aufhebung der Zulassung einer wirksamen Kontrolle der allfälligen Verwendung von Fahrzeugen zur unbefugten Gewerbeausübung dienen soll).
Damit ergibt sich, daß die Behörde dann im Sinne des Gesetzes handelt, wenn die Aufhebung der Zulassung gemäß § 44 Abs. 2 lit. f KFG 1967 dem Ziele dient, die unbefugte Ausübung eines Gewerbes zu verhindern.
Ermessungsentscheidungen sind nach Lehre und ständiger Rechtsprechung zu begründen (vgl. Walter‑Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts3, Seite 139 f, mit weiteren Literaturhinweisen, Erkenntnisse verstärkter Senate des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. November 1966, Slg. Nr. 7022/A, und vom 25. März 1980, Slg. Nr. 10077/A, jeweils mit weiteren Judikaturhinweisen). Die Begründung hat die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen so weit aufzuzeigen, daß den Parteien des Verwaltungsverfahrens die Verfolgung ihrer Rechte und dem Gerichtshof die nachträgliche Kontrolle der Ermessenentscheidung möglich ist (vgl. das zuletzt zitierte Erkenntnis vom 25. März 1980, Slg. Nr. 10077/A).
Die Überprüfung des angefochtenen Bescheides daraufhin, ob er den vorgenannten Anforderungen entspricht, ergibt, daß die belangte Behörde ihre Entscheidung einerseits ausreichend begründet und andererseits vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Die Aussage in der Begründung, die Erstbehörde habe von ihrem Ermessen zu Recht Gebrauch gemacht, „zumal von der Berufungswerberin unwidersprochen blieb, daß sie zweieinhalb Monate nach dem Erlöschen ihrer Berechtigung noch immer das Mietwagengewerbe betrieb, weswegen nicht auszuschließen ist, daß ein aufrecht zugelassenes Fahrzeug auch weiterhin widerrechtlich gebraucht werden würde“, läßt klar erkennen, daß die belangte Behörde den Zweck der von ihr bestätigten Maßnahme der Unterinstanz in der Verhinderung der Fortsetzung der aktuellen unbefugten Gewerbeausübung durch die Beschwerdeführerin nach erfolgtem Widerruf im Sinne des § 40 Abs. 3 zweiter Satz GewO 1973 erblickte, wobei sie zu Recht auch davon ausging, daß unter dem „Erlöschen der Gewerbeberechtigung“ im Sinne des § 44 Abs. 2 lit. f KFG 1967, wie auch die dargelegte Absicht des Gesetzgebers zeigt, jedweder Untergang des Rechtes zur Ausübung eines Gewerbes (und nicht etwa nur die im § 85 GewO 1973 genannten Fälle der Endigung der Gewerbeberechtigung) zu verstehen ist.
Da der angefochtene Bescheid somit nicht mit den geltend gemachten Rechtswidrigkeiten behaftet ist und auch nicht an einem sonstigen, von Amts wegen aufzugreifenden Mangel leidet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221/1981.
Wien, am 27. Juni 1984
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