VwGH 83/08/0123

VwGH83/08/012319.1.1984

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Jurasek und die Hofräte Dr. Liska, Mag. Öhler, Dr. Knell und Dr. Puck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Starlinger, über die Beschwerde der AK & Co. Gesellschaft mbH in Wien, vertreten durch Dr. Gerhard Engin‑Deniz, Rechtsanwalt in Wien 1, Stubenring 16, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 5. April 1983, Zl. MA 14‑K 104/82, betreffend Betriebsnachfolgehaftung gemäß § 67 Abs. 4 ASVG (mitbeteiligte Partei: Wiener Gebietskrankenkasse, Wien X, Wienerbergstraße 15‑19), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §67 Abs4
VwGG §39 Abs2 litd

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1984:1983080123.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als mit ihm der Beschwerdeführerin aus dem Titel der Betriebsnachfolgehaftung Verpflichtungen auferlegt worden sind, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 8.060,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 2. Juli 1982 sprach die mitbeteiligte Partei aus, daß die Beschwerdeführerin als Betriebsnachfolger gemäß § 67 Abs. 4 ASVG im Zusammenhang mit § 83 leg. cit. verpflichtet sei, der Mitbeteiligten die auf dem Beitragskonto nnn O: K. GmbH rückständigen Sozialversicherungsbeiträge September 1978, November 1978 bis Jänner 1979, März bis Juni 1979, Mai 1980 (= Sonderzahlung 1979), erster Nachtrag April 1979 (= Sonderzahlung 1978) und Beitragszuschlag Mai 1979 samt Nebengebühren (Verzugszinsen berechnet bis 16. Juni 1982) im Betrage von S 193.640,91 zuzüglich 12,5 % Verzugszinsen seit 17. Juni 1982 bzw. Verzugszinsen im der sich nach § 59 Abs. 1 ASVG jeweils ergebenden Höhe, berechnet von S 136.376,91, binnen vierzehn Tagen nach Zustellung des Bescheides bei sonstigem Zwangsvollzug zu bezahlen. Begründet wurde der Bescheid damit, daß auf Grund der Ermittlungen der mitbeteiligten Partei feststehe, daß die K. GmbH in Wien M‑Gasse 37, ein Bauunternehmen geführt, die Beschwerdeführerin dieses Unternehmen aber am 1. Juli 1979 übernommen und auf eigene Rechnung im wesentlichen unverändert weitergeführt habe. Auf dem genannten Beitragskonto erschienen folgende Sozialversicherungsbeiträge samt Nebengebühren unbeglichen auf:

„Beiträge 9/78, 11/78-1/79, 3-6/79, BZ 5/79 5/80 (=SZ/79, 1 N 4/79 (= SZ/78)

S 139.576,91

Verzugszinsen berechnet bis 16.6.82

S 50.097,30

Restliche Verzugszinsen 10/78, 2/79

S 228,73

Mahngebühren

S 4,71

Verwaltungsauslagen

S 2.603,36

Exekutionskosten

S 1.129,90

 

S 193.640,91“

  

Die Beschwerdeführerin sei daher gemäß § 67 Abs. 4 ASVG verpflichtet, die in den letzten zwölf Monaten vor der am 1. Juni 1979 erfolgten Betriebsübernahme aufgelaufenen, im Spruch angeführten Beiträge samt Nebengebühren zu bezahlen.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Einspruch der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der mitbeteiligten Partei teilweise statt und stellte in Abänderung dieses Bescheides gemäß den §§ 413 und 414 ASVG in Verbindung mit § 355 leg. cit. fest, daß die Beschwerdeführerin als Betriebsnachfolgerin gemäß § 67 Abs. 4 ASVG im Zusammenhang mit § 83 leg. cit. verpflichtet sei, die auf dem im Bescheid der mitbeteiligten Partei genannten Beitragskonto rückständigen Sozialversicherungsbeiträge samt Nebengebühren (jedoch ohne den Beitragszuschlag für Mai 1979) im Betrag von S 190.440,91 zuzüglich 12,5 % Verzugszinsen seit 17. Juni 1982 bzw. Verzugszinsen in der sie nach § 59 Abs. 1 ASVG jeweils ergebenden Höhe, berechnet von S 138.376,91 an die mitbeteiligte Partei zu bezahlen.

Die Beschwerdeführerin habe in dem gegen den Bescheid der mitbeteiligten Partei erhobenen Einspruch im wesentlichen vorgebracht, es könne von einer Betriebsidentität keine Rede sein, da es sich beim Unternehmen der Beschwerdeführerin um einen von der K. GmbH völlig unabhängigen Betrieb handle, der mit der Beitragsschuldnerin lediglich eine Ähnlichkeit - und nicht etwa Gleichheit - mit dem Firmenwortlaut gemein habe. Allein im Sprengel des Handelsgerichtes Wien seien nicht weniger als 15 Unternehmen registriert, deren Firma den Bestandteil „K“ enthielten. Auch hinsichtlich des Tätigkeitsbereiches bestehe keinerlei Identität, da der Betriebsgegenstand der K. GmbH ausschließlich das Baumeistergewerbe gewesen sei. Im Gegensatz dazu umfasse der Betriebsgegenstand der Beschwerdeführerin das Baumeistergewerbe und den Handel mit Baumaterialien. Im übrigen seien zu Beginn der Geschäftstätigkeit im Betrieb der Beschwerdeführerin elf Dienstnehmer beschäftigt gewesen. Von diesen elf Dienstnehmern hätten lediglich zwei ausländische Hilfskräfte zu einem früheren Zeitpunkt bei der K. GmbH gearbeitet. Selbst wenn diese beiden Arbeitskräfte tatsächlich übernommen worden wären, bildeten diese „übernommenen“ Mitarbeiter nicht einmal 20 % des Personalstandes, sodaß dem Erfordernis der identen Belegschaft nicht entsprochen werde. An der K. GmbH sei neben zwei weiteren Gesellschaftern AK mit insgesamt 70 % beteiligt gewesen. Zwar sei sie auch an der Beschwerdeführerin beteiligt, jedoch lediglich mit 35 %, sodaß sie nicht die Mehrheit des Stammkapitals innehabe. Mit Ausnahme von AK sei kein Gesellschafter der Beschwerdeführerin an der K. GmbH beteiligt gewesen. Im übrigen seien lediglich unbedeutende und infolge gänzlicher Amortisation nahezu wertlose Fahrnisse im Gesamtwert von S 12.100,-- erworben worden, wobei auch hier von einer „Übernahme“ keine Rede sein könne; vielmehr habe die Beschwerdeführerin vor Ankauf sämtlicher Gegenstände, die für einen Ankauf in Frage gekommen seien, diese von einem gerichtlich beeideten Sachverständigen schätzen lassen und habe hiefür den vom Sachverständigen ermittelten Zeitwert als Kaufpreis bezahlt, wobei mit diesen, von der Beschwerdeführerin um S 12.100,-- erworbenen Fahrnissen, ein ordentlicher Geschäftsbetrieb weder zum Betrieb eines Baumeistergewerbes und schon gar nicht für einen Handel mit Baumaterialien aufrecht erhalten oder auch nur in Erwägung gezogen werden könne. Da der erworbene Teil des bisherigen Betriebes in tatsächlicher Hinsicht keine selbständige Betriebsmöglichkeit für die Beschwerdeführerin geboten habe und ebensowenig ideelle Werte erworben worden seien, sei keinerlei Voraussetzung für eine Betriebsnachfolge gegeben. Überdies seien neben den eigentlichen Beiträgen auch noch Verzugszinsen und sonstige Nebengebühren im angefochtenen Bescheid begehrt worden.

Über diesen Einspruch habe die belangte Behörde erwogen: Wie sich aus § 67 Abs. 4 ASVG ergebe, habe der Gesetzgeber zwischen dem Betriebsnachfolger als solchem und dem Betriebsnachfolger nach § 1409 ABGB - sohin dem Rechtsnachfolger - ausdrücklich unterschieden und dabei einen Haftungstatbestand normiert, der unbeschadet der Haftung des Vorgängers und unbeschadet der Haftung eines allfälligen Nachfolgers eintrete. Daraus folge aber, daß es, wie auch der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung wiederholt zum Ausdruck gebracht habe, bei der Betriebsnachfolge nicht darauf ankomme, daß der Nachfolger etwa sein Recht vom Vorgänger ableite, sondern, daß als Betriebsnachfolger derjenige anzusehen sei, der einem anderen allein den tatsächlichen Verhältnissen nach in der Führung eines einmal in Gang gesetzten Betriebes nachfolge, d.h. daß er die wesentlichen Betriebsmittel seines Vorgängers übernommen und zu einem gleichartigen Betriebszweck weiterverwendet habe. Dabei sei es gleichgültig, ob diese Betriebsmittel vom Vorgänger selbst oder auf originäre Art oder sonst wie erworben worden seien. Auf formalrechtliche Verhältnisse oder sonstige rechtliche Zusammenhänge zwischen Vorgänger und Nachfolger komme es dabei grundsätzlich nicht an. Was die Frage einer Betriebsfortführung im eigentlichen Sinn betreffe, so sei eine solche stets dann anzunehmen, wenn die zur Führung eines Betriebes wesentlichen Betriebsmittel übernommen und zu einem gleichartigen Betriebszweck weiter verwendet würden, wobei unter Betriebsmittel nicht nur die technischen und administrativen Einrichtungen eines Betriebes zu verstehen seien, sondern auch vielfach Faktoren, die für die Erreichung des Betriebszweckes von ausschlaggebender Bedeutung seien, hinzukämen, wie z.B. der Standort eines Betriebes, der Kundenkreis, Betriebsform und Betriebsbezeichnung, Dienstnehmer des Vorgängers, geschäftliche Chancen etc. Für die Annahme der Betriebsidentität in bezug auf den Vorgängerbetrieb sei es nun keineswegs erforderlich, daß sämtliche Betriebsmittel in engerem und weiterem Sinn gleich blieben; es komme darauf an, ob die übernommenen Betriebsmittel ihrer Art und ihrem Umfang nach unter Bedachtnahme auf die Art des Betriebes selbst geeignet seien, die wesentliche Grundlage für die Fortsetzung des Betriebes des Vorgängers zu bilden. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens stehe fest, daß die K. GmbH in Wien, M‑Gasse 37, ein Bauunternehmen geführt habe, das jedoch im März 1979 endgültig seinen Betrieb eingestellt habe. Daraufhin habe die Beschwerdeführerin an der angeführten Adresse ebenfalls ein Bauunternehmen begonnen, wobei nicht nur die ehemals bei der K. GmbH beschäftigten (in der Bescheidbegründung näher genannten) Dienstnehmer eingestellt worden seien, sondern auch von der K. GmbH benützte Baugeräte sowie ein Lkw angekauft und auch die Lieferanten beibehalten worden seien. Daraus folge, daß die Beschwerdeführerin am gleichen Standort wie die K. GmbH einen Betrieb mit dem gleichen Betriebszweck ohne wesentliche zeitliche Verzögerung weitergeführt habe, wobei nicht nur eine Anzahl von Dienstnehmern weiterbeschäftigt worden sei, sondern auch ein Teil des Inventars sowie die Lieferanten gleichgeblieben seien, weshalb im Gegenstand die Voraussetzungen einer Betriebsnachfolge gemäß § 67 Abs. 4 ASVG gegeben seien. Abgerundet werde dieses Bild noch dadurch, daß Mehrheitsgesellschafterin der Vorgängerfirma an der Nachfolgefirma mit 35 % beteiligt sei und der Name „K“ weiterhin in der Firma der Beschwerdeführerin aufscheine. Zu den Einspruchsangaben sei auszuführen, daß zu Beginn der Geschäftstätigkeit der Beschwerdeführerin lediglich drei Dienstnehmer, die zu einem früheren Zeitpunkt bei der K. GmbH gearbeitet hätten, beschäftigt worden seien, daß jedoch in der Folge noch weitere fünf Dienstnehmer der Vorgängerin angestellt worden seien, was die Einwendungen betreffe, der Betriebsgegenstand der Beschwerdeführerin beinhalte außerdem den Handel mit Baumaterialien, so sei festzuhalten, daß auch eine Ausweitung des Betriebsgegenstandes eine Betriebsnachfolge gemäß § 67 Abs. 4 ASVG nicht auszuschließen vermöge. Im übrigen werde darauf hingewiesen, daß es nicht erforderlich sei, sämtliche Betriebsmittel des Vorgängers zu übernehmen, die übernommenen Betriebsmittel müßten nur ihrer Art und ihrem Umfang nach, unter Bedachtnahme auf die Art des Betriebes selbst, geeignet sein, die wesentliche Grundlage für die Fortsetzung des Betriebes des Vorgängers zu bilden. Dies sei jedoch nach Auffassung der belangten Behörde der Fall.

Was die Höhe der aushaftenden Beträge, insbesondere die Verzugszinsen und sonstigen Nebengebühren anlange, sei auszuführen, daß gemäß § 83 ASVG die Bestimmungen über Eintreibung und Sicherung, Haftung, Verjährung und Rückforderung von Beiträgen entsprechend für Verzugszinsen und Verwaltungskostenersätze bei zwangsweiser Eintreibung gälten. Eine Änderung der Gesamtsumme der aushaftenden Beträge habe sich lediglich dadurch ergeben, daß dem Betriebsnachfolger auch ein Beitragszuschlag in der Höhe von S 3.200,-- angelastet worden sei. Nun seien Beitragszuschläge gemäß § 113 ASVG aber Beträge, die den im § 111 leg. cit. angeführten Personen (Dienstgeber oder sonstige meldepflichtigen Personen) vorzuschreiben seien; die Festsetzung dieser Beiträge sei von den wirtschaftlichen Verhältnissen des Beitragsschuldners, dem Ausmaß der nachzuzahlenden Beiträge und der Art des Meldeverstoßes abhängig. Diese subjektiven Kriterien des Beitragszuschlages, der auch nur fakultativ verhängt werde, träfen auf den Betriebsnachfolger nicht zu, so daß dieser Zuschlag nach Auffassung der belangten Behörde nicht unter die in § 83 ASVG aufgezählten Verzugszinsen, Mahngebühren und Verwaltungskostenersätze subsumiert werden könne.

Gegen diesen Bescheid, insoweit er der Beschwerdeführerin aus dem Titel der Betriebsnachfolgehaftung Verpflichtungen auferlegt, richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei beantragten in ihren Gegenschriften die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 67 Abs. 4 ASVG haftet der Betriebsnachfolger für die Beiträge, die sein Vorgänger im Betrieb zu zahlen gehabt hätte, unbeschadet der fortdauernden Haftung des Vorgängers und unbeschadet der Haftung des Betriebsnachfolgers nach § 1409 ABGB, für die Zeit von höchstens zwölf Monaten, vom Tage des Erwerbes zurückgerechnet, im Falle einer Anfrage beim Versicherungsträger jedoch nur mit dem Betrag, der ihm als Rückstand ausgewiesen worden ist.

Im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 30. November 1983, Zl. 82/08/0021, auf das gemäß Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, verwiesen wird, hat der Verwaltungsgerichtshof ausführlich dargelegt, daß - abweichend von der bisherigen Rechtsprechung - als „Betriebsnachfolger“ gemäß § 67 Abs. 4 ASVG (unter dem Gesichtspunkt der Nachfolge unter Lebenden) jene Person zu verstehen ist, die den Betrieb oder einen organisatorisch selbständigen Teilbetrieb des Betriebsvorgängers (Beitragsschuldners) auf Grund eines Veräußerungsgeschäftes (von Veräußerungsgeschäften) mit diesem erworben hat. Der Erwerbsvorgang muß sich auf einen lebenden bzw. lebensfähigen (aktivierbaren oder reaktivierbaren) Betrieb (Unternehmen), d.h., auf eine organisierte Erwerbsgelegenheit als Objekt im Rechtsverkehr, in der die durch die Betriebsart und den Betriebsgegenstand bestimmten personellen, sachlichen und ideellen Werte (Betriebsmittel) zusammengefaßt sind, beziehen. Der Erwerb bloßer (nicht zur Organisationseinheit Betrieb aktivierbarer oder reaktivierbarer) Betriebsmittel genügt nicht. Unter der Voraussetzung einer „selbständigen Betriebsmöglichkeit“ (im Sinne des Erkenntnisses vom 20. März 1975, Slg. N.F. Nr. 8790/A) ist auch ein haftungsauslösender Teilbetriebserwerb möglich, bei dem sich die Haftung freilich nur auf jene Beitragsschulden beziehen kann, die in diesem Teilbetrieb angefallen sind. Im Einklang mit der bisherigen Judikatur ist allerdings zum Betriebserwerb nicht erforderlich, daß alle Betriebsmittel erworben werden; es genügt der Erwerb jener Betriebsmittel, die nach der Betriebsart und dem Betriebsgegenstand die wesentliche Grundlage des Betriebes des Betriebsvorgängers gebildet haben und denErwerber mit ihrem Erwerb in die Lage versetzen, den Betrieb fortzuführen. Daß nicht an allen Betriebsmitteln Eigentum erworben werden kann und erworben wird, schadet nicht. Der Erwerb einzelner, nicht die wesentliche Grundlage des Betriebes darstellenden Betriebsmittel von einem Dritten schließt die Betriebsnachfolge nicht aus. Es ist auch nicht entscheidend, ob der Betrieb tatsächlich fortgeführt wird und - entgegen der bisherigen Rechtsprechung - ob im Falle der Fortführung der Betriebsgegenstand und die Betriebsart gleich bleibt.

Bei des Beurteilung der Frage, ob die Beschwerdeführerin als Betriebsnachfolgerin der K. GmbH anzusehen ist, kann somit nicht ausschlaggebend sein, ob sie einen dem Betriebsgegenstand und der Betriebsart nach mit dem Betrieb der K. GmbH identen Betrieb führte. Wesentlich ist vielmehr, ob sie einen lebenden bzw. lebensfähigen Betrieb der K. GmbH (jene Betriebsmittel, die die wesentliche Grundlage des Betriebes der K. GmbH gebildet haben und die Beschwerdeführerin mit ihrem Erwerb in die Lage versetzten, den Betrieb der K. GmbH fortzuführen) auf Grund eines Veräußerungsgeschäftes (von Veräußerungsgeschäften) mit der K. GmbH erworben hat.

Geht man vom Beschwerdevorbringen aus, wonach die K. GmbH eine kleine Baugesellschaft ohne besondere geschäftliche Chancen, Erfahrungen und sonstige ideelle Werte war, die ihre Tätigkeit mit Hilfe von zehn bis fünfzehn Hilfsarbeitern unter Aufsicht und Leitung des Geschäftsführers, eines Baumeisters, an verschiedenen Baustellen abwickelte, so könnten die von der Beschwerdeführerin am 26. Februar 1979 gekauften Baugeräte und Fahrzeuge der K. GmbH - unabhängig von der Höhe des Verkehrswertes derselben - die wesentliche Grundlage der K. GmbH im oben dargestellten Sinn gebildet haben. Ob sie allerdings die Beschwerdeführerin in die Lage versetzen, mit ihrem Erwerb den Betrieb der K. GmbH (in dem Umfang, mit dem Betriebsgegenstand und der Betriebsart wie sie) ‑ unter Einsatz von Hilfsarbeitern und einer sie beaufsichtigenden und kontrollierenden Fachkraft - fortzuführen, kann deshalb nicht abschließend beurteilt werden, weil sich die belangte Behörde - ausgehend von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - nicht mit den diesbezüglichen Einwänden der Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme vom 28. Oktober 1980 und im Einspruch auseinandergesetzt hat, es hätte mit diesen sachlichen Betriebsmitteln kein ordentlicher Geschäftsbetrieb mehr aufgenommen werden können, die Beschwerdeführerin habe vielmehr den Großteil der für einen ordentlichen Geschäftsbetrieb notwendigen Betriebsmittel anderweitig hinzukaufen müssen. Dieser Einwand wäre nämlich dann von Belang, wenn die K. GmbH selbst nicht in der Lage gewesen wäre, mit diesen sachlichen Betriebsmitteln unter Einsatz des genannten Personals eine, wenn auch umfangmäßig bescheidene, so doch noch wirtschaftlich werthafte Bautätigkeit zu entfalten. Hingegen vermochte die in der Beschwerde aufgezeigte Notwendigkeit der Ersetzung des HK durch eine andere fachlich befähigte Aufsichts- und Kontrollperson nicht die Annahme einer Betriebsnachfolge auszuschließen. Denn der Wegfall des Betriebsinhabers oder eines besonders befähigten Beschäftigten allein kann nur in jenen seltenen Ausnahmefällen die Qualifizierung des Erwerbs von Betriebsmitteln als Betriebsnachfolge ausschließen, in denen mit dieser Person der für die Organisation des „Vorgängerbetriebes“ tragende, ausschließlich von ihr selbst erfüllbare und daher nicht substituierbare Leistungsfaktor wegfällt, so daß der Erwerber der übrigen Betriebsmittel mit deren Erwerb wegen der Nichtsubstuierbarkeit des wesentlichen personellen Betriebsmittels nicht in die Lage versetzt wird, den Betrieb des „Vorgängers“ fortzuführen (vgl. dazu beschränkt auf den Wegfall des Betriebsinhabers: Krejci, Das Sozialversicherungsverhältnis, Seite 220). Ein solcher Ausnahmefall lag aber ‑ ausgehend von der in der Beschwerde skizzierten, oben wiedergegebenen Art des Betriebes der K. GmbH - nicht vor.

Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides kann aber auch in bezug auf den betragsmäßigen Umfang der ausgesprochenen Haftung nicht überprüft werden. Nach § 67 Abs. 4 in Verbindung mit § 83 ASVG haftet nämlich der Betriebsnachfolger - sieht man vom Fall der Anfrage beim Versicherungsträger ab - nur für die Beiträge und Nebengebühren nach § 83 leg. cit., die sein Vorgänger im Betrieb zu zahlen gehabt hätte, für die Zeit von höchstens zwölf Monaten, vom Tage des Erwerbes zurückgerechnet. Zur Feststellung des Umfanges der Haftung nach § 67 Abs. 4 ASVG bedarf es daher der Ermittlung des Tages des Erwerbes. Die mitbeteiligte Partei hat in ihrem Bescheid - allerdings ohne jede Begründung - den 1. Juli 1979 als Tag des Erwerbes angenommen. Die belangte Behörde stellte fest, daß die K. GmbH ihren Betrieb endgültig im März 1979 eingestellt und daraufhin die Beschwerdeführerin ebenfalls in Wien, M‑Gasse 37, ein Bauunternehmen begonnen habe. Eine Feststellung darüber, welcher Tag als Tag des Erwerbes anzusehen ist, fehlt. Ohne begründete Feststellungen des Tages des Erwerbes kann aber die Höhe des Haftungsbetrages nach § 67 Abs. 4 in Verbindung mit § 83 leg. cit. nicht beurteilt werden.

Aus den aufgezeigten Gründen war daher der Bescheid des Landeshauptmannes von Wien im angefochtenen Umstand wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben. Da die Rechtsmeinung eines verstärkten Senates der Entwicklung einer ständigen Rechtsprechung im Sinn des § 39 Abs. 2 lit. d VwGG 1965 gleichzuhalten ist (vgl. unter anderem Erkenntnis vom 24. Oktober 1974, Slg. N.F. Nr. 8692/A), konnte von der beantragten mündlichen Verhandlung nach der eben zitierten Gesetzesstelle abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Hinblick auf die bestehende sachliche Abgabenfreiheit nach § 110 Abs. 1 ASVG Stempelgebühren nicht zu entrichten sind.

Wien, am 19. Jänner 1984

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