Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Tirol zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Das Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz hat nach Anhörung der Parteien, der Landeslandwirtschaftskammer für Tirol, des Zusammenlegungsausschusses und des Operationsleiters im Zusammenlegungsverfahren S mit mündlich verkündetem Bescheid vom 30. April 1982 die vorläufige Übernahme der Grundabfindungen "wie sie im Plan III d 3 - 1008/676 vom 19. 4. 1982 ausgewiesen sind", sowie die dafür erforderlichen Übergangsverfügungen angeordnet.
In ihrer dagegen erhobenen Berufung machten die Beschwerdeführer geltend, es sei unterlassen worden, die Abfindung der Zweitbeschwerdeführerin in der Natur abzustecken. Außerdem mangle es hinsichtlich beider Beschwerdeführer an der Gleichwertigkeit der Abfindungen mit dem Altbestand, wobei die Beschwerdeführer als praktizierende Landwirte keinen Wert auf Geldabfindungen legten. Die Agrarbehörde habe auch nicht bedacht, daß die Höfe beider Beschwerdeführer auf einen Übernehmer übergehen würden, weshalb sie zwecks künftiger rationeller Bewirtschaftung zu einer Einheit hätten zusammengelegt werden müssen. Ferner sei seitens der Beschwerdeführer einer Grundabtretung für den sogenannten Huckepackweg nur auf Grund von Zusicherungen zugestimmt worden, welche die Agrarbehörde bei der Zuteilung der Abfindungen nicht berücksichtigt habe.
Die belangte Behörde führte über die Berufung nach Einholung einer ergänzenden Stellungnahme des Operationsleiters eine Berufungsverhandlung durch, in welcher nach Erörterung der Verfahrensergebnisse, insbesondere auch der Stellungnahmen des Operationsleiters, der Vertreter der Beschwerdeführer ergänzend vorbrachte, die Abfindungen der Beschwerdeführer seien gegenüber dem Altbestand schlechter bewirtschaftbar, weil sie weiter entfernt lägen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 31. März 1983 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 24 des Tiroler Flurverfassungs-Landesgesetzes, LGBl. Nr. 54/1978 (FLG), als unbegründet ab. Begründend führte die belangte Behörde dazu aus, daß sie im gegebenen Verfahrensstadium über die Gesetzmäßigkeit der Abfindungen nicht zu entscheiden habe, weil diese Frage erst im Zusammenlegungsplan bzw. bei der Entscheidung über ein allfälliges Rechtsmittel gegen den Zusammenlegungsplan zu erörtern sein werde. Sämtliche gemäß § 24 FLG erforderlichen Voraussetzungen für die Anordnung der vorläufigen Übernahme der neueingeteilten Feldflur seien, wie sich aus den Ergebnissen des erstinstanzlichen Verfahrens ableiten lasse, im Beschwerdefall gegeben. Wenn die Zweitbeschwerdeführerin behaupte, ihre Grundabfindung sei in der Natur nicht abgesteckt, entspreche dies nicht den Tatsachen. Durch die Stellungnahmen des Operationsleiters sei klargestellt, daß auch die Abfindung Nr. 58 der Zweitbeschwerdeführerin in der Natur abgesteckt sei und ihr daher auch bekannt sein müsse. Dies ergebe sich auch aus der Niederschrift über die vor der Anordnung der vorläufigen Übernahme erfolgte Anhörung der Parteien. Die Beschwerdeführer hätten ihre diesbezügliche Behauptung auch in der Berufungsverhandlung nicht mehr aufgestellt. Zu den weiteren Berufungsausführungen führt die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführer hätten zwar behauptet, daß sich die Bewirtschaftung ihrer Abfindungen gegenüber jener ihres Altbestandes verschlechtert habe, nicht aber, daß sie unmöglich sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Einleitend bringen die Beschwerdeführer vor, daß sie "glaublich den einzigen geschlossenen Hof in S betreiben" und daß deshalb eine Konzentrierung des Besitzes um diesen Hof in der Ortsmitte erfolgen hätte sollen; nur so hätte dem Ziel des FLG, einen gesunden Bauernstand zu schaffen und zu erhalten, Genüge getan werden können. Auch im Wege der vorläufigen Übernahme dürfe ein diesem Ziel entgegenstehendes "vorläufiges" Ergebnis nicht erzielt werden. Gegen die angeordnete vorläufige Übernahme sei ferner einzuwenden, daß die Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 Z. 3 und 4 FLG nicht vorlägen. Es komme nicht auf die technische Bewirtschaftbarkeit der Abfindungen an, eine Bewirtschaftung sei vielmehr schon dann nach dem Gesetz unmöglich, wenn gegenüber dem Zustand vor der vorläufigen Übernahme eine wesentliche Verschlechterung der Bewirtschaftungsmöglichkeit und der Ertragslage eintrete. Im Beschwerdefall sei aber unter Umgehung des Höfegesetzes eine Erweiterung des Splitterbesitzes erfolgt, außerdem müsse zur Bewirtschaftung einzelner Grundstücke ein sehr großer Umweg mit dem Traktor gefahren werden. Die zu übernehmenden Grundabfindungen seien auch nicht in der Natur abgesteckt und erläutert worden, weil die belangte Behörde am letzten Tag der Frist zur Erhebung von Einwendungen gegen die vorläufige Übernahme eine Niederschrift aufgenommen habe, in welcher Veränderungen vorgesehen seien, die unklar formuliert und in der Natur nicht abgesteckt worden seien.
Die damals getroffenen, Abfindungen beider Beschwerdeführer betreffenden Vereinbarungen seien völlig unklar, auch habe sich die Behörde selbst nicht an diese Vereinbarungen gehalten. Schließlich wird in der Beschwerde noch vorgebracht, daß die Abfindungen der Beschwerdeführer zum Teil erheblich weniger wert seien als dies nach den darauf entfallenden Wertpunkten der Fall sein müßte.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 24 Abs. 1 FLG kann die Agrarbehörde nach der Erlassung des Plans der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen und vor der Erlassung des Zusammenlegungsplanes, unbeschadet des Rechtes zur Berufung gegen diese Bescheide, die vorläufige Übernahme von Grundabfindungen anordnen, wenn 1.) dies zur zweckmäßigen Bewirtschaftung des Zusammenlegungsgebietes erforderlich ist, 2.) der Besitzstandsausweis und der Bewertungsplan bereits in Rechtskraft erwachsen sind, 3.) die Bewirtschaftung der zu übernehmenden Grundabfindungen möglich ist, 4.) die Agrarbehörde die zu übernehmenden Grundabfindungen in der Natur absteckt, jeder Partei erläutert und auf deren Verlangen anhand eines Lageplanes (Luftbildes) und in der Natur vorzeigt sowie der Partei und dem Ausschuß der Zusammenlegungsgemeinschaft Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat und 5.) mindestens zwei Drittel der Parteien, die Grundabfindungen übernehmen sollen, der vorläufigen Übernahme zugestimmt haben; wer keine Erklärung abgibt, hat als zustimmend zu gelten.
Die Anordnung der vorläufigen Übernahme nimmt in rechtlicher Hinsicht nicht den erst zu erlassenden Zusammenlegungsplan vorweg, sie erfolgt vielmehr unbeschadet des Rechtes der Parteien, allfällige Gesetzwidrigkeiten des Zusammenlegungsplanes im Rechtsmittelwege zu bekämpfen. Sämtliche Beschwerdeausführungen, die sich nicht mit der rechtlichen Zulässigkeit der Anordnung der vorläufigen Übernahme, sondern bereits jetzt mit einer allfälligen Gesetzwidrigkeit der erst im Zusammenlegungsplan definitiv zuzuweisenden Abfindungen befassen, gehen daher im derzeitigen Verfahrensstadium ins Leere. Dazu kommt, daß der Behauptung einer unrichtigen Bewertung der Abfindungen die Rechtskraft des Bewertungsplanes entgegensteht, ferner daß - abgesehen davon, daß die Beschwerdeführer ein diesbezügliches Vorbringen im Verwaltungsverfahren nicht erstattet haben - das FLG Sonderbestimmungen für geschlossene Höfe im Zusammenlegungsverfahren ebensowenig vorsieht wie das Tiroler Höfegesetz, LGBl. Nr. 47/1900, sowie schließlich, daß die Beschwerdebehauptung, die vorläufige Übernahme habe eine "Erweiterung des Splitterbesitzes" mit sich gebracht, mit dem Akteninhalt nicht im Einklang steht.
Unbestritten ist, daß im Beschwerdefall die Voraussetzungen für die vorläufige Übernahme gemäß den oben angeführten Z. 1, 2 und 5 des § 24 Abs. 1 FLG erfüllt sind, sodaß es sich erübrigt, auf diese Fragen näher einzugehen.
Eine Behauptung des Inhaltes, daß die Bewirtschaftung der von den Beschwerdeführern zu übernehmenden Abfindungen in wirtschaftlich vertretbarer Weise nicht möglich sei, wird in der Beschwerde nicht aufgestellt; denn die Auffassung der Beschwerdeführer, schon die vorläufige Übernahme müsse eine Verbesserung der Bewirtschaftungsmöglichkeit gegenüber dem vorigen Besitzstand ermöglichen, zumindest dürfe keine Verschlechterung eintreten, weil anderenfalls eine Bewirtschaftung bereits "unmöglich" wäre, findet im Gesetz keine Deckung. Gleichwohl ist den Beschwerdeführern einzuräumen, daß die vorläufige Übernahme zweckmäßigerweise nur auf eine Weise anzuordnen ist, die spätere Veränderungen auf Grund des Zusammenlegungsplanes möglichst hintanhält. Die allfällige spätere Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit solcher Veränderungen ist jedoch keinesfalls geeignet, für sich allein eine Gesetzwidrigkeit der Anordnung der vorläufigen Übernahme wegen eines Verstoßes gegen § 24 Abs. 1 Z. 3 FLG zu begründen.
Ein Verstoß gegen § 24 Abs. 1 Z. 4 FLG wird von der Beschwerde nur mehr darin erblickt, daß die Agrarbehörde erster Instanz in einer Niederschrift vom 28. April 1982 Grenzverschiebungen auf Grund von Parteienvereinbarungen vorgesehen habe, die in der Natur vor Anordnung der vorläufigen Übernahme noch nicht ausgesteckt bzw. erläutert worden seien. Die Beschwerdeführer übersehen bei diesem Vorbringen jedoch, daß die im angefochtenen Bescheid bestätigte Anordnung der vorläufigen Übernahme durch die Agrarbehörde erster Instanz diese Änderungen noch nicht berücksichtigt, sondern sich eindeutig auf den in der Natur abgesteckten Lageplan vom 19. April 1982 bezieht. Alle in der Beschwerde aufgezeigten Unklarheiten bezüglich dieser Vereinbarungen laut Niederschrift vom 28. April 1982 belasten daher den angefochtenen Bescheid nicht mit der behaupteten Rechtswidrigkeit. Ob und inwieweit allenfalls noch vor oder bei Erlassung des Zusammenlegungsplanes verbindliche Änderungen hinsichtlich einzelner Abfindungen vorzunehmen sein werden, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, in welchem nur die Gesetzmäßigkeit der mit dem angefochtenen Bescheid unter Bezugnahme auf den genannten Lageplan angeordneten vorläufigen Übernahme zu prüfen ist.
Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren sind daher keine Umstände vorgebracht worden oder zutage getreten, die zu einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides führten könnten. Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 2 lit. a und b sowie § 53 Abs. 1 VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.
Wien, am 14. Februar 1984
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