VwGH 83/17/0225

VwGH83/17/022516.12.1983

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Würth und Dr. Puck als Richter, im Beisein der Schriftführdrin Dr. Füszl, über die durch den Vizebürgermeister der Landeshauptstadt Linz in Vertretung des Stadtsenates namens der Landeshauptstadt Linz erhobene Beschwerde gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 20. September 1983, Zl. BauR‑8425/2‑1983 See/Ha, betreffend Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten der Fahrbahn- und Gehsteigherstellung (mitbeteiligte Parteien: AB und CE), den Beschluß gefaßt:

Normen

VwGG §23 Abs2
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1983:1983170225.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Die namens der Landeshauptstadt Linz eingebrachte Beschwerde ist gezeichnet „Für den Stadtsenat: RE, Vizebürgermeister“.

Zu den formellen Voraussetzungen wird in der Beschwerde ausgeführt, gemäß § 44 Abs. 3 lit. k des Statutes für die Landeshauptstadt Linz 1980 - StL. 1980, Anlage zur Wiederverlautbarungskundmachung LGBl. für Oberösterreich Nr. 10/1980, sei dem Stadtsenat u. a. die Einbringung von Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof vorbehalten. Gemäß § 31 Abs. 6 und 7 StL. 1980 seien mit Verordnung des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 27. Oktober 1980, ABl. der Landeshauptstadt Linz Nr. 20/1980 in der Fassung der Verordnung vom 28. Februar 1983, ABl. Nr. 4/1983, eine Geschäftseinteilung für den Stadtsenat festgelegt und in der Anlage II taxativ jene Angelegenheiten bezeichnet worden, die der kollegialen Beratung und Beschlußfassung des Stadtsenates bedürfen. Die Einbringung von Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof sei in dieser taxativen Aufzählung nicht enthalten.

Gemäß § 31 Abs. 8 StL. 1980 seien jene in die Zuständigkeit des Stadtsenates fallenden Angelegenheiten, die nach der Geschäftseinteilung nicht der kollegialen Beratung und Beschlußfassung bedürften, von dem nach der Geschäftseinteilung zuständigen Mitglied des Stadtsenates namens des Stadtsenates zu besorgen.

Gemäß Anlage I der zitierten Verordnung des Stadtsenates umfasse der Geschäftsbereich des Vizebürgermeisters RE u. a. die Baurechtsangelegenheiten sowie die Bau- und Feuerpolizei. Die Zuständigkeit zur Einbringung der Beschwerde durch Vizebürgermeisters RE sei daher gegeben.

2.0. Gemäß § 23 Abs. 2 VwGG 1965 werden der Bund, die Länder, die Gemeinden und die anderen Selbstverwaltungskörper vor dem Gerichtshof durch ihre vertretungsbefugten oder bevollmächtigten Organe vertreten.

Gemäß § 44 Abs. 3 lit. k StL. 1980 sind dem Stadtsenat außer den ihm von diesem Gesetz und in anderen gesetzlichen Vorschriften zugewiesenen Aufgaben folgende Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches vorbehalten: die Einbringung von Beschwerden und Klagen an den Verfassungsgerichtshof und an den Verwaltungsgerichtshof ......, soweit nicht nach anderen Gesetzen der Gemeinderat zuständig ist. Gemäß § 46 Abs. 1 StL. 1980 vertritt der Bürgermeister die Stadt nach außen.

2.1. Nach der früheren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wurde bei der Beschwerdeführung durch juristische Personen des öffentlichen Rechts verlangt, daß nicht nur die Erteilung der Vollmacht an einen Rechtsanwalt oder die eigenhändige Unterfertigung der Beschwerde durch das nach außen vertretungsbefugte Organ, sondern auch die auf die Beschwerdeerhebung gerichtete Willensbildung des zuständigen Organes dem Gerichtshof nachgewiesen werde. Diese Rechtsansicht hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner jüngeren Rechtsprechung (Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 29. Mai 1980, Zl. 2671/78, Slg. N. F. Nr. 10147/A = ZfVB 1981/3/922) nicht mehr aufrechterhalten, sondern ausgesprochen, daß ordnungsgemäß kundgemachte Organisationsnormen für juristische Personen auch des öffentlichen Rechts zwar nach außen Handlungsbeschränkungen der zur Vertretung berufenen Organe vorsehen können; sprechen die Normen jedoch von einer Vertretung nach außen schlechthin, so kann nicht auf anderweitige, bloß die Willensbildung im Innenverhältnis behandelnde Normen zurückgegriffen werden. (vgl. ferner die hg. Erkenntnisse vom 9. September 1980, Zlen. 22, 172/80 = ZfVB 1981/4/1113, vom 11. Juni 1981, Z1. 684/80 = ZfVB 1982/5/1574, vom 20. Jänner 1982, Zl. 81/03/0200 = ZfVB 1983/2/524, und vom 15. März 1982, Zlen. 81/10/0147, 0148 = ZfVB 1983/3/1446).

Dies trifft auch nach der oben wiedergegebenen Rechtslage für die Organzuständigkeiten im Bereich der Landeshauptstadt Linz zu. Die Beschwerde wäre somit rechtens vom Bürgermeister der beschwerdeführenden Gemeinde zu fertigen gewesen (§ 46 Abs. 1 StL. 1980).

2.2. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluß vom 26. Jänner 1982, Zl. 11/0577/80 = ZfVB 1983/2/647, ausgeführt hat, vermag der Umstand, daß im Falle einer fristgebundenen Verfahrenshandlung erst nach Ablauf der Frist zwischen dem die Verfahrenshandlung Vornehmenden und der Person, für die diese vorgenommen werden soll, ein Vollmachtsverhältnis begründet (und nicht bloß ein schon früher - nämlich zum Zeitpunkt der Parteihandlung - bestehendes Vollmachtsverhältnis nur nachträglich beurkundet) wird, auch wenn damit die nachträgliche Genehmigung der gesetzten Verfahrenshandlung bezweckt werden sollte, deren Rechtswirksamkeit nicht zu begründen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 14. Juni 1955, Slg. N. F. Nr. 3781/A, vom 10. November 1964, Slg. N. F. Nr. 6482/A, und die weitere im oben genannten Beschluß vom 26. Jänner 1982 zitierte Vorjudikatur des Gerichtshofes).

Diese Überlegungen treffen auch für eine Parteihandlung eines Organs einer juristischen Person des öffentlichen Rechts zu, dem nach dem Gesetz Vertretungsmacht nicht zukam.

Da somit auch im vorliegenden Beschwerdefall eine Sanierung der vom Vizebürgermeisters namens des Stadtsenates ohne Vertretungsmacht (dieser beiden genannten Organe der Landeshauptstadt Linz) vorgenommenen Beschwerdeerhebung durch den Bürgermeister als zuständiges Organ nach Ablauf der Beschwerdefrist nicht in Betracht kam, und auch nicht hervorgekommen ist, daß ein Vertretungsfall des Bürgermeisters vorgelegen wäre, war die Erteilung eines Mängelbehebungsauftrages im Sinne des § 34 Abs. 2 VwGG 1965 ausgeschlossen.

Aus diesen Erwägungen folgt, daß die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG 1965 mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung durch Beschluß zurückgewiesen werden mußte.

2.3. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 16. Dezember 1983

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