VwGH 82/13/0239

VwGH82/13/023911.5.1983

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Iro, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Sperlich, über die Beschwerde der prot. Fa. E in W, vertreten durch Dr. Udo Kaiser, Rechtsanwalt in Wien 19., Weimarer Straße 100, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 20. September 1982, Zl. GZ 6/1‑1204/24/80, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften ausGewerbebetrieb für die Jahre 1973 und 1975, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §21 Abs1
BAO §22
EStG 1972 §11 Abs6

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1983:1982130239.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Kommanditgesellschaft (in der Folge kurz: Beschwerdeführerin) betreibt den Handel mit Maschinen und Maschinenersatzteilen und ermittelt ihren Gewinn nach § 5 EStG 1972, wobei der Gewinnermittlung ein jeweils am 1. April beginnendes und am 31. März endendes Wirtschaftsjahr zu Grunde liegt. Im Zuge einer die Jahre 1973 bis 1977 umfassenden Betriebsprüfung stellte der Betriebsprüfer, so weit dies für das vorliegende verwaltungsgerichtliche Verfahren von Bedeutung ist, zu den Rücklagen für entnommene Gewinne folgendes fest:

Tz 28 Einlagen 1973:

Im März 1973 tätigten die Kommanditisten Einlagen in Höhe von S 2,300.000,-- und zwar Ing. EE am 12. März S 1,500.000,-- HE am 9. März S 800.000,--. Das Geld dafür stammt aus einer dafür getätigten Kreditaufnahme bei der X Bank. Diese Gelder wurden in gleicher Höhe von Ing. EE und HE am 21. April 1973 wieder entnommen, und der Kredit bei der X Bank wieder zurückgezahlt. Die Einlagen wurden mit den Entnahmen saldiert, waren also aus der gelegten Bilanz für 1973 nicht ersichtlich.

Da für die Durchführung dieser Transaktionen keine zwingenden wirtschaftlichen Gründe bestanden - was vom geprüften Unternehmen nicht bestritten wurde - und die Einlagen bzw. Entnahmen der Gelder kurz vor bzw. nach dem Bilanzstichtag 31. März 1973 erfolgten, sieht die Betriebsprüfung darin eine Umgehung der Bestimmungen des § 11 EStG. Die Umgehung besteht nach Ansicht der Betriebsprüfung darin, daß das Unternehmen durch diese kurz vor dem Bilanzstichtag verdeckt getätigte Einlage versuchte, die Entnahmen zu senken, sodaß es nicht zu einer Auflösung der vorhandenen Rücklagen im Sinne des § 11 (6) EStG 1972 kommt. Da die Gelder kurz nach dem Bilanzstichtag wieder entnommen wurden, ist die getätigte Einlage außerdem als kurzfristig zu betrachten, und im Sinne der EStR (58/2) nicht gegen die Entnahmen aufzurechnen.

Es wird auch auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. November 1978 Zahlen 1763, 2136/1978 verwiesen. Durch die Betriebsprüfung bleiben diese „Einlagen“ bei der Beurteilung der Entnahmen im Sinne des § 11 (6) EStG 1972 außer Ansatz.

Tz 29 Einlage von Firmengeldern 1975:

Im Jahre 1975 wurden S 1,650.000,-- von der KG über Verrechnungskonto an die Komplementär‑GesmbH transferiert. Bei dieser nahmen nun die Kommanditisten Ing. EE und HE, die zugleich Stammanteilinhaber und Angestellte (Geschäftsführer) der GesmbH sind, einen verzinsten Angestelltenkredit in gleicher Höhe auf (Ing. EE S 1,000.000,--, HE S 650.000,--), und brachten das Geld über ihre Privatkonten als Einlage bei der KG ein. Im Jahre 1977 wurde das Geld entnommen, der Kredit bei der GesmbH zurückgezahlt, welche das Geld wieder an die KG rückführte. Es wird festgestellt, daß die Einlagen der Kommanditisten mit ihren Entnahmen saldiert wurden, also in der für 1975 gelegten Bilanz nicht ersichtlich waren. Die Betriebsprüfung sieht in o. a. Vorgängen einen Mißbrauch der Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts, da die durchgeführte Geldtransaktion keinen anderen Zweck verfolgte, die Entnahmen der Kommanditisten so zu senken, daß es zu keiner Auflösung der vorhandenen Rücklagen für nicht entnommenen Gewinn kommen kann. Es liegt dieser Herumführung firmeneigenen Kapitals kein irgendwie wirtschaftlich gearteter Sinn zu Grunde, sondern nur der der Steuerersparnis. Außerdem sind zwar die Rücklagen und hiermit die Privatkonten jedes Gesellschafters für sich zu betrachten, doch ist das Gesamtbündel der Einzelbilanzen nicht ganz außer Acht zu lassen, da zur Kapitalbildung bei der KG steuerfreie Rücklagen gebildet wurden, die Gesellschafter jedoch überhöhte Entnahmen tätigten, welche den Effekt der dauernden, zumindest langfristigen, Kapitalstärkung hindern.

Durch die Betriebsprüfung bleiben diese „Einlagen“ bei der Beurteilung der Entnahmen im Sinne des § 11 (6) EStG 1972 außer Ansatz.

Das Finanzamt schloß sich diesen Auffassungen des Betriebsprüfers vollinhaltlich an und erließ auf Grund des Betriebsprüfungsberichtes nach Wiederaufnahme des Verfahrens entsprechende Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für die Jahre 1973 und 1975.

Die Beschwerdeführerin bekämpfte mit ihrer Berufung u.a. die unter Hinweis auf die Tz 28 und 29 des Betriebsprüfungsberichtes erfolgte Nichtanerkennung von Einlagen in den Jahren 1973 und 1975.

Die belangte Behörde, welche in derselben Entscheidung der Berufung der Beschwerdeführerin in anderen Punkten teilweise Folge gab, wies sie in den allein noch vor dem Verwaltungsgerichtshof strittigen beiden Punkten hinsichtlich der Nichtanerkennung von Einlagen 1973 und 1975 ab, und führte dazu nach Wiedergabe der Bestimmungen des § 11 Abs. 1 bis 7 EStG 1972 begründend aus:

1.) Nichtanerkennung von im Wirtschaftsjahr 1972/1973 vorgenommenen Einlagen: Unter Bedachtnahme auf die §§ 5 EStG 1972, 38 Abs. 1 HGB sowie 21 und 22 BAO könnten die von den Kommanditisten der Beschwerdeführerin im Jahre 1973 aus von diesen Gesellschaftern aufgenommenen Bankkrediten finanzierten der Beschwerdeführerin zugeführten Mittel in wirtschaftlicher Betrachtungsweise nur als betriebliche Darlehen und nicht als Einlagen angesehen und verbucht werden. Da für die gewählte Vorgangsweise andere Gründe als solche der Steuerersparnis (Minderung der Entnahmen im Sinne des § 11 Abs. 4 EStG 1972) nicht ersichtlich seien und von der Beschwerdeführerin auch gar nicht behauptet würden, liege überdies ein Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes vor, weshalb die Abgaben so zu erheben seien, wie sie bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu erheben gewesen wären. Eine Saldierung dieser Einlagen mit den Entnahmen der Wirtschaftsjahre 1972/1973 sei aber auch unabhängig von diesen Überlegungen schon im Hinblick auf ihre kurze Dauer und auf ihre Vornahme zur Zeit des Bilanzstichtages unzulässig gewesen. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt entschieden habe, komme einer durch nur wenige Tage getätigten Einlage, für die ein betrieblicher Zwang nicht nachgewiesen sei, nicht die Rechtswirkung zu, die ohne sie eintretende Konsequenz der Nachversteuerung nach § 11 Abs. 6 EStG 1972 hintanzuhalten, weil sie in ihren wirtschaftlichen Auswirkungen die sonst eingetretene Beseitigung des vom Gesetzgeber allein begünstigten Effekts einer dauernden Verstärkung des Betriebskapitals nicht aufhebe. Auch im Beschwerdefall sei der Zeitraum, über welchen die Einlagen getätigt worden seien (knapp sieben Wochen), als zu kurz anzusehen. Die belangte Behörde könne in diesem Zusammenhang der in der Berufung vertretenen Auffassung nicht folgen, daß sich bereits aus dem Wortlaut des § 11 EStG 1972 ergebe, daß kurzfristige Einlagen die Sanktion des § 11 Abs. 6 EStG 1972 verhindern könnten, und daß daher durch solche kurzfristige Einlagen ein Mißbrauch im Sinne des § 22 BAO überhaupt nicht in Betracht komme. Zu den in der Berufung geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken verwies die belangte Behörde auf Art. 18 Abs. 1 B‑VG, aber auch darauf, daß der Gesetzgeber die Eigenkapitalbildung der Betriebe nicht nur durch Bildung steuerfreier Rücklagen, sondern auch durch die Bildung von versteuertem Eigenkapital fördern wolle. Die Nachversteuerung gemäß § 11 Abs. 6 EStG 1972 könne demnach nur so verstanden werden, daß durch sie auch ein Anreiz zur Eigenkapitalbildung aus versteuerten Mitteln durch das Niedrighalten der Entnahmen in den Folgejahren geschaffen werden sollte. Der Gleichheitsgrundsatz werde daher durch die Bestimmungen des § 11 EStG 1972 nicht verletzt.

2.) Nichtanerkennung von im Wirtschaftsjahr 1974/1975 vorgenommenen Einlagen: Diese Einlagen erwiesen sich nach den unbestritten gebliebenen Feststellungen der Betriebsprüfung als das Resultat einer bloßen Luftbuchung. Den „Einlagen“ der Kommanditisten der Beschwerdeführerin stehe deren Forderung an den Komplementär und über diesen wiederum an die Kommanditisten gegenüber. Eine Verstärkung des Betriebskapitals hätten solche Transaktionen nicht zur Folge. Da sie jedoch den Anschein der Verstärkung des Eigenkapitals zu erwecken geeignet seien, verstießen derartige Buchungen gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung, wie sie die Beschwerdeführerin als protokollierter Kaufmann zu beachten habe. In wirtschaftlicher Betrachtungsweise sowie infolge des Mißbrauches von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes lägen die von der Beschwerdeführerin reklamierten Einlagen in Wahrheit nicht vor. Auch die Berufung der Beschwerdeführerin auf die Bilanzbündeltheorie vermöge der Berufung nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn abgesehen davon, daß die Bilanzbündeltheorie hinsichtlich § 11 EStG 1972 nicht uneingeschränkt gelte, könne dann, wenn sich aus handelsrechtlichen Vorschriften für die KG die Unzulässigkeit einer Einlagenbuchung ergebe, auch beim einzelnen Gesellschafter eine Einlage nicht vorliegen. Überdies wäre auch im Falle des Absehens vom Vorliegen einer Luftbuchung die vorgenommene Zuführung von S 14,650.000,-- im Jahre 1975 wie jene der Mittel im Jahre 1973 nicht als Einlage, sondern als Darlehensaufnahme anzusehen. Schließlich sei auch die Berufung der Beschwerdeführerin auf das Urteil des Bundesfinanzhofes vom 28. Juni 1978, BStBl. 1978 II S. 669 f, wegen des dort völlig anders gelagerten Sachverhaltes nicht geeignet, ihrem Rechtsmittel zum Erfolg zu verhelfen.

Ausdrücklich nur gegen diese beiden Punkte der Berufungsentscheidung der belangten Behörde richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin fühlt sich, wie den Beschwerdeausführungen zu entnehmen ist, dadurch in ihren Rechten verletzt, daß die belangte Behörde die von den Kommanditisten der Beschwerdeführerin in den Wirtschaftsjahren 1972/1973 bzw. 1974/1975 getätigten Einlagen von insgesamt S 2,300.000,-- und S 1,650.000,-- nicht anerkannt hat und deshalb gemäß § 11 Abs. 6 und 7 EStG 1972 vorgegangen ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 11 Abs. 6 EStG 1972 sind die steuerfrei gebliebenen Rücklagen aus nichtentkommenem Gewinn dann, wenn in einem der auf das Jahr der Bildung der Rücklagen folgenden fünf Wirtschaftsjahre die Entnahmen höher sind als der jeweilige Gewinn des unmittelbar vorangegangenen Wirtschaftsjahres, im Wirtschaftsjahr der Mehrentnahmen aufzulösen und zu versteuern. Um zu den Mehrentnahmen zu gelangen, wird man dann, wenn im selben Wirtschaftsjahr sowohl Entnahmen als auch Einlagen erfolgt sind, diese gegeneinander aufrechnen müssen, weil die Entnahme von im selben Wirtschaftsjahr eingebrachten Werten nicht zu einem Rückgriff führen kann. Das gleiche wird man annehmen müssen, wenn die Entnahmen im selben Wirtschaftsjahr noch durch Einlagen rückgängig gemacht werden. Wie der Verwaltungsgerichtshof jedoch bereits wiederholt ausgesprochen hat, hat die Aufrechnung mit solchen Einlagen aber dann nicht stattzufinden, wenn die Einlage nur für kurze Zeit (um den Bilanzstichtag) dem Betrieb verbleibt, also eine eindeutige Umgehung vorliegt (vgl. Erkenntnisse vom 14. November 1978, Zlen. 1763, 2136/78, und vom 23. Februar 1979, Zl. 951/78).

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich durch die Beschwerdeausführungen nicht veranlaßt, von dieser Judikatur abzugehen. Er kann aber auch nicht finden, daß die belangte Behörde hinsichtlich der im Beschwerdefall strittigen Einlagen das Gesetz dadurch verletzt hätte, daß sie vom Vorliegen einer eindeutigen Umgehung der Nachversteuerungsvorschriften des § 11 Abs. 6 EStG 1972 ausging.

Die Beschwerdeführerin tritt der Feststellung der Abgabenbehörde nicht entgegen, daß die Einlagen der Kommanditisten vom 9. bzw. 12. März 1973 in der Höhe von insgesamt S 2,300.000,-- aus keinem anderen wirtschaftlichen Grund als jenem der Hintanhaltung einer Auflösung von Rücklagen gemäß § 11 EStG 1972 erfolgten und daß die Entnahme dieser Beträge bereits am 21. April 1973 zur Abdeckung der zu diesem Zweck aufgenommenen Bankkredite erfolgte. Dieser Sachverhalt im Beschwerdefall unterscheidet sich daher - mit Ausnahme des rechtlich nicht relevanten Umstandes, daß die der Beschwerdeführerin von ihren Kommanditisten im Beschwerdefall zur Verfügung gestellten Mittel der Beschwerdeführerin um 5 bzw. 7 Tage länger zur Verfügung standen als der Steuerpflichtigen im Falle des Vorerkenntnisses zur Zl. 951/78 - nicht entscheidend von jenem der oben genannten Vorerkenntnisse, in welchen der Verwaltungsgerichtshof das Vorliegen einer Umgehung und damit die Gesetzmäßigkeit der Anwendung des § 11 Abs. 6 und 7 EStG 1972 bejaht hat.

Die gegen diese Rechtsprechung in der Beschwerde vorgetragenen Bedenken vermögen nicht zu überzeugen. So hindert der unbestreitbare Umstand, daß nach den allgemeinen Grundsätzen des Bilanzsteuerrechtes Entnahmen jederzeit durch Einlangen ausgeglichen werden können, keinesfalls die Annahme, daß bestimmte Einlagen nur zum Zwecke der Umgehung einer Nachversteuerung geleistet wurden und infolge dieser Umgehungsabsicht im konkreten rechtlichen Zusammenhang keine Anerkennung finden können. Mit ihren Hinweisen auf Abgrenzungsprobleme für den Fall, daß während des Jahres eine Vielzahl von laufenden Einlagen und Entnahmen vorlägen, geht die Beschwerde an dem hier zu behandelnden Sachverhalt vorbei, wonach die strittigen Einlagen ausschließlich zum Zwecke der Vermeidung einer Nachversteuerung und kurzfristig nur wenige Wochen vor und nach dem Bilanzstichtag erfolgten.

Die Beschwerdeführerin meint ferner, die belangte Behörde hätte im Beschwerdefall einen Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts deshalb nicht annehmen dürfen, weil einerseits die allgemeine Mißbrauchsvorschriften nicht neben der im vorliegenden Fall anzuwendenden Spezialvorschrift des § 11 Abs. 6 EStG 1972 heranzuziehen seien, und weil es sich bei den Begriffen „Einlagen“ und „Entnahmen“ um steuerrechtseigene und nicht um bürgerlichrechtliche Wirtschaftsbegriffe handle. Der Verwaltungsgerichtshof vermag jedoch auch diesen Ausführungen nicht zu folgen. Wie die belangte Behörde zutreffend ausführt, hat die wirtschaftliche Betrachtungsweise ausschließlich im Bereich der Erforschung des Sachverhaltes Bedeutung (vgl. neben anderen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Oktober 1979, Zlen. 2152, 2222/79); erst auf den so ermittelten Sachverhalt sind dann die Regeln des § 11 EStG 1972 anzuwenden. Ebenso zutreffend sind die Ausführungen der belangten Behörde, wonach die Begriffe Einlagen und Entnahmen durchaus nicht „steuerrechtseigen“ sind, sondern aus dem Recht der Handelsgesellschaften stammen und somit bürgerlichrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten umschreiben.

Zuzugeben ist der Beschwerde, daß ein Mißbrauch dann nicht unterstellt werden kann, wenn der Versuch unternommen wird, eine abgabenrechtliche Begünstigung auf einem Weg zu erreichen, den das Gesetz ausdrücklich vorsieht. Dem trägt auch die oben wiedergegebene verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung insofern Rechnung, als sie die grundsätzlich und unabhängig von deren zeitlicher Lagerung vorzunehmende Aufrechnung von Einlagen und Entnahmen desselben Wirtschaftsjahres nur in jenen Ausnahmsfällen ablehnt, in welchen sachverhaltsmäßig eine eindeutige Umgehung vorliegt.

Auch im Rahmen ihrer Ausführungen zur verfassungsrechtlichen Bedenklichkeit des Vorgehens der Finanzbehörden übersieht die Beschwerdeführerin, daß ihr nicht der Zeitpunkt, zu dem die strittige Einlagen getätigt wurden, allein zum Vorwurf gemacht wurde, sondern vielmehr der Umstand, daß diese Einlagen ausschließlich zu dem Zweck der Verschleierung jener Mehrentnahmen erfolgten, die eine Auflösung von Rücklagen aus nichtentnommenem Gewinn nach § 11 EStG 1972 nach sich zu ziehen hätten. Wenn demgegenüber ein Steuerpflichtiger, wie dies in der Beschwerde beispielsweise dargestellt wird, seine Entnahmen drosselt und seine privaten Aufwendungen aus anderen Quellen finanziert, dann ist dieser Fall dem vorliegenden schon deshalb wirtschaftlich nicht gleichgelagert, weil es an zu verschleiernden Mehrentnahmen fehlt. Inwieweit im Folgejahr kräftig erhöhte Entnahmen steuerunschädlich vorgenommen werden können, ist für die Beurteilung des vorangegangenen Wirtschaftsjahres ohne Belang.

Den Ausführungen der Beschwerdeführerin, es werde ihr zu Unrecht vorgeworfen, durch die umstrittenen Einlagen eine Verstärkung des Betriebskapitals vorgetäuscht zu haben, obwohl es in Wahrheit in den vom Gesetzgeber für die Rücklagenbildung nach § 11 EStG 1972 vorgesehenen fünf Wirtschaftsjahren zu einer dauernden Stärkung des Betriebskapitals der Beschwerdeführerin gekommen sei, ist entgegenzuhalten, daß der Beschwerdeführerin die Verschleierung des Eintritts der Voraussetzungen für eine Nachversteuerung in den Streitjahren vorgeworfen wird und nicht die Vortäuschung von unbestrittenermaßen in den Vorjahren erfolgten Rücklagen. Es geht daher auch der in der Beschwerde in diesem Zusammenhang erhobene Vorwurf mangelhafter Sachverhaltserhebungen und einer daraus resultierenden Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften ins Leere.

Zur Frage der Nichtanerkennung der im Wirtschaftsjahr 1974/1975 vorgenommenen Einlagen ist von den unbestritten gebliebenen Sachverhaltsermittlungen der Betriebsprüfung auszugehen, wonach die diesbezüglich nur buchmäßig vorgenommenen Geldtransaktionen keinen anderen wirtschaftlichen Zweck verfolgten als jenen, die Entnahmen der Kommanditisten so zu senken, daß es zu keiner Auflösung der vorhandenen Rücklagen für nichtentnommenen Gewinn kommen konnte. Mit Rücksicht auf diesen Sachverhalt kann der Verwaltungsgerichtshof nicht finden, daß die Abgabenbehörden dadurch, daß sie auch diese „Einlagen“ als sogenannte Luftbuchungen zwecks Umgehung einer Nachversteuerung nicht als zur Verhinderung derselben geeignet ansahen und sie demnach bei der Beurteilung der Entnahmen im Sinne des § 11 Abs. 6 EStG 1972 außer Ansatz ließen, das Gesetz verletzt hätten. Dem kann die Beschwerdeführerin auch durch die Hinweise auf die Bilanzbündeltheorie nicht mit Erfolg entgegentreten. Es ist vielmehr der belangten Behörde Recht zu geben, wenn sie darauf hinweist, die Beschwerdeführerin habe durch diese Buchungsvorgänge den (falschen) Anschein einer Verstärkung ihres Eigenkapitals erweckt und damit die handelsrechtlichen Grundsätze der Bilanzierung verletzt; die Unzulässigkeit der Vorgangsweise bei der Beschwerdeführerin umfasse auch die Unzulässigkeit jener Teilschritte, die die Verrechnungskosten ihrer Gesellschafter berührten. Der belangten Behörde kann daher auch in diesem Zusammenhang eine gesetzwidrige Vorgangsweise nicht mit Erfolg vorgeworfen werden, wenn sie bei der abgabenrechtlichen Beurteilung dieser Buchungsvorgänge deren wahren, ausschließlich in der Umgehung der nach § 11 Abs. 6 EStG 1972 vorgesehenen Nachversteuerung gelegenen wirtschaftlichen Gehalt für maßgebend erachtete.

Die Beschwerdeführerin beruft sich schließlich zur Stützung ihres Standpunktes auf das Urteil des Bundesfinanzhofes vom 28. Juni 1978, BStBl. II S. 669f. Dabei übersieht sie, daß sich jener Fall vom vorliegenden Beschwerdefall vom Sachverhalt her insofern wesentlich unterscheidet, als dort davon auszugehen war, daß der Steuerpflichtige im Festlegungszeitraum Mehrentnahmen nicht getätigt hatte und das ihm von einem Mitgesellschafter gewährte Darlehen nicht für eine Einlage zum Zweck der Aufrechnung mit solchen Mehrentnahmen, sondern zur Abwicklung von privaten Schulden verwendete. Im Gegensatz dazu diente das im Beschwerdefall aus Mitteln der Beschwerdeführerin stammende, den Kommanditisten von der Komplementärgesellschaft im Rahmen bloßer Buchungsvorgänge gewährte Darlehen unbestrittenermaßen ausschließlich einer Saldierung bereits erfolgter Mehrentnahmen, durch die der Eintritt der Voraussetzungen für eine Nachversteuerung verschleiert werden sollte, wobei die dafür erforderlichen Buchungsvorgänge nach Erreichung dieses Zwecks wieder rückgängig gemacht wurden, ohne daß ihnen ein darüber hinausgehender wirtschaftlicher Zweck zuzuordnen war.

Da die belangte Behörde somit in beiden Streitjahren schon aus diesen Gründen dem Gesetz entsprechend vorgegangen ist, wenn sie die strittigen Einlagen als für die Verhinderung des Eintrittes der Folgen nach § 11 Abs. 6 und 7 EStG 1972 nicht geeignet befand, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs.1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen, ohne daß es noch eines Eingehens auf die weitere Argumentation der belangten Behörde und die dagegen erhobenen Einwendungen der Beschwerdeführerin bedurfte, schon die Verbuchung der zu Betriebszwecken aufgenommenen strittigen Darlehen als Eigenkapital (Einlage) und nicht als Fremdkapital (Darlehen) habe gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchhaltung verstoßen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.

Wien, am 11. Mai 1983

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