VwGH 82/07/0235

VwGH82/07/023519.4.1983

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Fürnsinn und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zepharovich, über die Beschwerde des Dipl.-Ing. FM in S, vertreten durch Dr. Gerhard Kaspar Rechtsanwalt in Villach, Rathausplatz, Khevenhüllergasse 1, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Kärntner Landesregierung vom 20. September 1982, Zl. Agrar 11-503/6/82, betreffend Aberkennung eines Gehrechtes (mitbeteiligte Partei: TL in S), zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §477;
WWSLG Krnt 1920 §33;
WWSLG Krnt 1920 §38;
ABGB §477;
WWSLG Krnt 1920 §33;
WWSLG Krnt 1920 §38;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 8.060,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei stellte mit Eingabe vom 6. Juni 1980 bei der Agrarbezirksbehörde Villach den Antrag auf Aberkennung der auf den ihr gehörigen Grundstücken 247 Garten, 652/2 Acker und 653/2 Wiese zugunsten der jeweiligen Eigentümer des auf dem Grundstück 38/1 Bauarea stehenden "X-hauses Nr. 20 und Stadels in E" - derzeit der Beschwerdeführer - lastenden Dienstbarkeit des Gehweges nach Inhalt des - dem Antrag abschriftlich beigeschlossenen - vor dem Bezirksgericht Hermagor am 27. Juni 1929 zu GZ C 144/29 abgeschlossenen Vergleiches. Der zwischen den Rechtsvorgängern der mitbeteiligten Partei und des Beschwerdeführers abgeschlossene gerichtliche Vergleich, aus dem sich das Ausmaß der Dienstbarkeit ergibt, hat - soweit für den gegenständlichen Beschwerdefall von Bedeutung folgenden Wortlaut:

"Herr VL räumt dem jeweiligen Eigentümer des auf Bauparzelle Nr. 38/1 StG S stehenden X-hauses Nr. 20 und Stadels in E als des herrschenden Gutes die Dienstbarkeit des Gehrechtes ein, von den dienenden Grundstücken, nämlich der Parzelle 248/1 Garten auf dem schon bestehenden Steige längs der Grenze der Parzellen Nr. 247 Garten und 652/2 Acker und dann über die Parzelle Nr. 653/2 Wiese und Parzelle 653/1 (angebl. der UW) und von da zur Parzelle 1484 öffentlicher Weg und umgekehrt ungehindert zugehen und seine Hausgenossen darauf gehen, oder andere Menschen zu sich kommen zu lassen.

…..

Herr VL räumt dem jeweiligen Eigentümer des auf Bauparzelle 38/1 STG. S stehenden X-hauses Nr. 20 und Stadels in E als herrschenden Gutes weiters das Recht ein, auf dem schon bestehenden Gehsteige von der Bauparzelle Nr. 37/1 in EZ. 63 STG. S des Herrn VL über die Parzelle Nr. 247 Garten in EZ. 63 STG. S des Herrn VL als das dienende Grundstück zur Parzelle Nr. 653/2 Wiese in EZ. 63 STG. S des Herrn VL und über diese Parzelle als weiterem dienenden Gut zur Parzelle 653/1 (angebl. der UW) und umgekehrt ungehindert zu gehen und seine Hausgenossen darauf gehen, oder andere Menschen zu sich kommen zu lassen. Wenn der Verpflichtete über den Gehsteig einen Bau errichten sollte, hat er dem Berechtigten dem bequemsten Umweg um den Bau zu gestatten."

Die mitbeteiligte Partei begründete ihren Antrag auf Aberkennung der Dienstbarkeit im wesentlichen damit, daß das "Xhaus" nicht mehr bewirtschaftet werde. Das Wohnhaus werde von im Betrieb des Beschwerdeführers beschäftigten Gastarbeitern bewohnt; die Nebengebäude des Anwesens würden zur Lagerung von Baumaterial und zum Abstellen von Kraftfahrzeugen benützt. Außerdem führe am "X-haus" ein asphaltierter öffentlicher Weg vorbei, der vom Beschwerdeführer sogar mit dem Auto befahren werden könne. Unter Berücksichtigung der seit dem Vergleichsabschluß wesentlich geänderten Lebensverhältnisse erscheine ein Aufrechterhalten der Servitut nicht gerechtfertigt.

In dem daraufhin von der Agrarbezirksbehörde Villach eingeleiteten Verfahren sprach sich der Beschwerdeführer gegen eine Aberkennung der Dienstbarkeit aus (schriftliche Stellungnahme vom 18. August 1980). Alle Grundstücke seines Anwesens, das im übrigen im Laufe der Jahre vergrößert worden sei, würden nach wie vor landwirtschaftlich und forstwirtschaftlich genutzt, weshalb er von dem Gehweg in dem ihm rechtlich zustehenden Ausmaß und nach der sich jeweils ergebenden Notwendigkeit Gebrauch mache. Das im Vergleichsweg von den Besitzvorgängern der Parteien des gegenständlichen Verfahrens einvernehmlich begründete und grundbücherlich verankerte Gehrecht werde von ihm weiterhin beansprucht. In der am 7. Mai 1981 an Ort und Stelle mit den Verfahrensbeteiligten durchgeführten mündlichen Verhandlung schlug der Versuch einer einvernehmlichen Regelung fehl. Die mitbeteiligte Partei und der Beschwerdeführer hielten ihre jeweiligen Standpunkte aufrecht, wobei der Beschwerdeführer unter anderem geltend machte, daß es sich im Gegenstand um eine zivilrechtlich vereinbarte Dienstbarkeit des Gehens handle, für deren Aberkennung die Agrarbezirksbehörde Villach nicht zuständig sei; überdies verlaufe die Dienstbarkeitstrasse nicht über landwirtschaftlich genutzte Flächen. Demgegenüber hielt die mitbeteiligte Partei unter Hinweis darauf, daß die Dienstbarkeit auf landwirtschaftlich genutzten Flächen ausgeübt werde, die Zuständigkeit der Agrarbezirksbehörde für gegeben. Der Sachverständige der Agrarbezirksbehörde Villach wies in seinem Gutachten vom 4. Juni 1981 zunächst darauf hin, daß die von der Servitut belasteten Grundstücke landwirtschaftlich genutzt und von der mitbeteiligten Partei zum Teil selbst bewirtschaftet würden, weiters, daß der daraus gezogene Ertrag durch den Gehweg vermindert sowie durch diesen eine einheitliche Bewirtschaftung der Grundstücke - eine Nutzung als Dreischnittwiese wäre möglich - behindert werde. Er kam zusammenfassend zu dem Ergebnis, daß die durch die Benützung des Gehweges anstelle des öffentlichen Weges für den Beschwerdeführer erreichte Abkürzung zu seinen östlich gelegenen Grundstücken lediglich 25 m betrage, und daß der öffentliche Weg für den Beschwerdeführer frei zugänglich und sowohl zum Begehen als auch zum Befahren mit Fahrzeugen geeignet sei. In seiner zu diesem Gutachten erstatteten Stellungnahme vom 9. Juli 1981 wandte sich der Beschwerdeführer vorweg gegen die Ausführungen des Sachverständigen über die Nutzungsmöglichkeiten der servitutsbelasteten Grundstücke und wies darauf hin, daß das Grundstück 247 einen Obstgarten und das Grundstück 653/2 im Bereich des Servitutsweges einen Wiesenrain darstelle, sodaß eine Nutzung als Dreischnittwiese nicht erfolge und auch nicht zu erwarten sei. Derzeit würden nach Bedarf Teilabmähungen durchgeführt. Von einer einheitlichen Bewirtschaftung der belasteten Grundstücke bzw. von deren Behinderung durch die Servitut könne demnach keine Rede sein. Ferner hielt der Beschwerdeführer dem Gutachten entgegen, daß der Servitutsweg nicht nur als besserer Zugang zum (Abgang vom) "X-haus", sondern auch als Verbindungsweg zwischen den westlich und östlich der Liegenschaft gelegenen Feldern von Bedeutung sei. Die Wegersparnis, die sich durch die Benützung des Servitutsweges ergebe, sei aber diesfalls nicht 25 m, vielmehr "bis zu 140 m".

Mit Bescheid der Agrarbezirksbehörde Villach vom 5. Jänner 1982 wurde dem Antrag der mitbeteiligten Partei stattgegeben und die zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Grundstückes 38/1 Baufläche, KG S ("X-haus" Nr. 20 und Stadel in E) samt Hausgenossen oder anderen Menschen bestehende Dienstbarkeit des Gehrechtes, verlaufend auf den im Eigentum der mitbeteiligten Partei stehenden Grundstücken 247 Garten, 652/2 Acker, 653/2 Wiese, je KG S (Variante I) und vom im Eigentum der mitbeteiligten Partei stehenden Grundstück 37/1 Baufläche über die Grundstücke 247 Garten, 653/2 Wiese, je KG S (Variante II) gemäß § 38 des Gesetzes vom 10. März 1920, LGBl. für Kärnten Nr. 41, betreffend die Ablösung, Regelung und Neuregelung der Wald-, Weide- und Felddienstbarkeiten (im folgenden: ARLG) mangels schützenswerten Interesses ohne Entschädigung aberkannt. Die Behörde erster Instanz führte hiezu nach Wiedergabe der §§ 33 und 38 ARLG sowie des Ermittlungsergebnisses begründend aus, bei Gegenüberstellung der Benützung der Dienstbarkeitstrassen I und II (das sind die vorstehend dargestellten Varianten I und II) zu der bestehenden Geh- und Fahrmöglichkeit über die Grundstücke 1484 und 1485 (je öffentlicher Weg) ergebe sich ein Mehrweg zugunsten der verfahrensgegenständlichen Dienstbarkeitstrasse im Ausmaß von 25 m. Der Weg über die Grundstücke 1485 bzw. 1484 stelle sich als nahezu ebene asphaltierte Fahrbahn dar und sei daher auch für Lastkraftwagen befahrbar. Daraus lasse sich unschwer erkennen, daß ein schützenswertes Interesse an der Ausübung der Dienstbarkeit weder hinsichtlich der Variante I noch hinsichtlich der Variante II gegeben sei. Dem Argument des Beschwerdeführers, die Dienstbarkeit diene nicht allein als Zugang zum "X-haus", sondern wäre auch - durch das Herstellen einer direkten Verbindung von den Grundstücken 249 und 652/1, ohne die Hofstelle passieren zu müssen - für eine bessere Bewirtschaftung der in Streulage befindlichen, östlich des "X-hauses" gelegenen Grundstücke erforderlich, sei entgegenzuhalten, daß - auf Grund der räumlichen Entfernung dieser Grundstücke von der Hofstelle - diese Bewirtschaftungsvariante zwar denkmöglich sei, in der Praxis aber selten vorkommen dürfte. Hiefür spreche auch, daß die verfahrensgegenständliche Dienstbarkeit lediglich im Recht des Begehens bestehe. Es sei daher verfehlt, in dieser Hinsicht von einem Nachteil zu sprechen. Ein schützenswertes Interesse des Beschwerdeführers sei demnach auch unter diesem Blickwinkel zu verneinen. Schließlich könne auch in dem Umstand, daß das Gehrecht auch Drittpersonen zustehe, kein schützenswertes Interesse an der Aufrechterhaltung der gegenständlichen Dienstbarkeit erblickt werden, da die Besonderheit dieser Servitut darin bestehe, daß sie lediglich durch die Bezeichnung des berechtigten Gutes bestimmt worden sei.

In seiner gegen diesen Bescheid gerichteten Berufung machte der Beschwerdeführer geltend, daß die Behörde erster Instanz dem in seiner Stellungnahme zum Sachverständigengutachten geäußerten Umstand, daß die Dienstbarkeitswege nicht nur dem Zugang zum Wohn- bzw. Wirtschaftsgebäude des "X-hauses" dienten, sondern die Verbindung zwischen den westlich und östlich davon befindlichen Liegenschaftsteilen darstellten, zu wenig Beachtung geschenkt habe. Bei Aberkennung der Servitut müßte er für den letztgenannten Fall einen Umweg von 140 m in Kauf nehmen. Die Behörde habe dies auch nicht in Abrede stellen können, sei aber aus unerklärlichen Gründen davon ausgegangen, daß ein Überwechsel von den im Westen gelegenen Grundstücken zu den östlichen Grundstücken ohne Passieren der Hofstelle einen Sonderfall darstelle, der zur Begründung eines schützenswerten Interesses nicht ausreiche. Diese Ansicht, so führt der Beschwerdeführer weiter aus, sei sicherlich unrichtig. Eine derartige Vorgangsweise stelle auf Grund der Kleinheit seiner Liegenschaft vielmehr den Regelfall dar, wozu komme, daß die Bearbeitung händisch vorgenommen werden müsse, da eine maschinelle Bewirtschaftung aus Rentabilitätsgründen ausgeschlossen sei. Daraus ergebe sich auch, daß die Entfernung zwischen den Liegenschaftsteilen zu Fuß zu überwinden sei. Die Wegdienstbarkeit habe daher für ihn nach wie vor die gleiche Bedeutung wie zur Zeit ihrer Begründung. Die mitbeteiligte Partei trat in ihrer schriftlichen Äußerung zur Berufung allen darin vom Beschwerdeführer gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Einwendungen entgegen und beantragte die Abweisung der Berufung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 20. September 1982 hat der Landesagrarsenat beim Amt der Kärntner Landesregierung (in der Folge: belangte Behörde) nach Vornahme eines Ortsaugenscheines und Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in welcher die Parteien im wesentlichen ihre bereits im erstinstanzlichen Verfahren eingenommenen Standpunkte erneuerten, die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 1 Agrarverfahrensgesetz als unbegründet abgewiesen. In der Begründung führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, das Gutachten des agrartechnischen Mitgliedes des Landesagrarsenates sei zu dem Ergebnis gelangt, daß dem Beschwerdeführer die - übrigens schwach frequentierten - öffentlichen Wege (Grundstücke 1484 und 1485) zur Verfügung stünden und er durch die Benützung derselben anstatt der Servitutswege einen Umweg von 23 m in Kauf zu nehmen hätte. Dieser Umweg scheine der belangten Behörde nicht so groß und bedeutend zu sein, daß von einem schützenswerten Interesse an der Aufrechterhaltung der gegenständlichen Dienstbarkeit gesprochen werden könne. In Übereinstimmung mit der Behörde erster Instanz vertrat die belangte Behörde weiters die Ansicht, daß der vom Beschwerdeführer genannte Umweg von 140 m nur in jenen seltenen Fällen zum Tragen kommen werde, in denen man vom hofnahen Grundstückskomplex, ohne Passieren der Hofstelle, direkt zu den östlich davon gelegenen Grundstücken gelangen wolle. Die überwiegend maschinelle Bearbeitung der Grundstücke und der Umstand, daß der südöstlich gelegene Grundstückskomplex ein Wald sei, würden dazu beitragen, daß derartige Umwege nicht häufig vorkämen. Das Gutachten des Sachverständigen habe ferner zutreffend darauf hingewiesen, daß der Beschwerdeführer zu seinem hofnahen Grundstückskomplex über Eigengrund gelangen könne und er, um seine weiter entfernt gelegenen Grundstücke zu erreichen, auf jeden Fall - auch bei Benützung der Servitutswege - die öffentlichen Wege (Grundstücke 1484 und 1485) in Anspruch nehmen müsse. Wenn man des weiteren bedenke, daß die in Betracht kommenden (östliche der Hofstelle gelegenen) Grundstücke nur verhältnismäßig selten zu Fuß erreicht werden müßten, da die Feldarbeiten überwiegend maschinell durchgeführt würden, dann werde vollends klar, daß die gegenständliche Felddienstbarkeit für das berechtigte Gut völlig bedeutungslos sei. Das Vorbringen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, ein auf privatrechtlicher Vereinbarung beruhendes Recht könne nicht im Wege eines Aberkennungsantrages "hinweggefegt" werden, gehe an der klaren Aussage des Gesetzes vorbei, derzufolge es auch für die Aberkennung einer Felddienstbarkeit keinen Unterschied mache, auf welchem Rechtstitel sie beruhe. Schließlich sei auch der Hinweis des Beschwerdeführers, daß er die derzeit verpachtete Liegenschaft in Zukunft möglicherweise wieder selbst bewirtschaften könnte, für den vorliegenden Fall ohne Bedeutung, da es hier nur darauf ankomme, ob das berechtigte Gut an der konkreten Dienstbarkeit ein schützenswertes Interesse haben könne oder nicht; dies aber sei zu verneinen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behauptende Beschwerde. Dem gesamten Beschwerdevorbringen nach erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht verletzt, daß ihm die zugunsten des derzeit in seinem Eigentum stehenden Grundstückes 38/1 Bauarea bestehende Dienstbarkeit des Gehrechtes auf Grundstücken der mitbeteiligten Partei nicht entschädigungslos aberkannt werde. In Ausführung der Beschwerde bringt der Beschwerdeführer vor, Gegenstand des Verfahrens sei nicht eine Felddienstbarkeit, sondern ein Gehrecht für den jeweiligen Eigentümer eines Bauwerkes, das laut dem vor dem Bezirksgericht Hermagor im Jahre 1929 geschlossenen Vergleich außer diesem auch seinen Hausgenossen und anderen Menschen, die zu ihm kämen, zustehe. Es handle sich um keine Felddienstbarkeit, da sich dieses Gehrecht nicht auf die Landwirtschaft erstrecke und auch keine landwirtschaftlich genutzten Flächen der mitbeteiligten Partei vorlägen. Der erwähnte gerichtliche Vergleich sei auf Grund eines Prozesses geschlossen worden, und zwar zu einem Zeitpunkt, zu dem das ARLG bereits in Geltung gestanden sei. Hätte der Rechtsvorgänger der mitbeteiligten Partei das Vorliegen einer Felddienstbarkeit behauptet, hätte dies zur Abweisung seiner Klage führen müssen, da das Gericht hiefür nicht zuständig gewesen wäre. Daß es dazu nicht gekommen sei, zeige, daß es sich bei der vorliegenden Servitut nicht um eine Felddienstbarkeit handle und die belangte Behörde für das gegenständliche Dienstbarkeitsverfahren nicht zuständig sei. Ferner habe der angefochtene Bescheid einräumen müssen, daß der Umweg, den der Beschwerdeführer bei Aberkennung des Gehrechtes in Kauf zu nehmen hätte, 140 m betrage. Solche Umwege seien zweifellos eine Erschwernis, weshalb das Vorliegen eines schützenswerten Interesses an der Dienstbarkeit zu Unrecht verneint worden sei. Schließlich habe der angefochtene Bescheid übersehen, daß in dem genannten gerichtlichen Vergleich auch mit dem Gehrecht verbundene Verpflichtungen zur Erhaltung und Ausbesserung von Zäunen enthalten seien.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie ebenso wie die mitbeteiligte Partei in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Frage, ob im gegenständlichen Fall der Instanzenzug erschöpft und damit die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes gegeben ist, ist zu bejahen: Keine der beiden im § 7 Abs. 2 Agrarbehördengesetz 1950, BGBl. Nr. 1/1951 in der Fassung der Agrarbehördengesetz-Novelle 1974, BGBl. Nr. 476, genannten Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Anrufung des Obersten Agrarsenates, nämlich das Vorliegen einer der in Z. 1 bis Z. 5 angeführten Tatbestände und ein abänderndes Erkenntnis des Landesagrarsenates, liegen vor. (Zur näheren Begründung dafür, daß ein Aberkennungsantrag wie der vorliegende, der - wie noch darzulegen sein wird - unter die Bestimmungen der §§ 33 bis 40 ARLG fällt, keinem der im § 7 Abs. 2 Z. 1 bis Z. 5 leg. cit. angeführten Tatbestände zu subsumieren ist, wird auf das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. März 1977, Slg. Nr. 9275/A, verwiesen.)

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, es handle sich bei der ihm aberkannten Servitut nicht um eine Felddienstbarkeit, weshalb die Aberkennung durch die belangte Behörde inhaltlich rechtswidrig sei, kann nicht gefolgt werden.

Die im ARLG geregelten Angelegenheiten sind zu jenen Angelegenheiten der Bodenreform zu zählen, die im Grundsatzgesetz 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, Anlage 3 zur Kundmachung BGBl. Nr. 103/1951, geregelt sind. Für das Bundesland Kärnten wurde bisher zu diesem Grundsatzgesetz kein Ausführungsgesetz erlassen, sodaß die Materie weiterhin im ARLG, das gemäß § 3 des Übergangsgesetzes 1920 in der Fassung des Art. X der Bundes-Verfassungsgesetz-Novelle 1974, BGBl. Nr. 444, als Landesgesetz in Geltung blieb, geregelt ist. Dieses Gesetz betrifft - inhaltlich im wesentlichen übereinstimmend mit dem genannten, in Kärnten nicht durch die Erlassung eines Ausführungsgesetzes in Geltung getretenen Bundesgrundsatzgesetz - die Ablösung, Regelung und Neuregelung der Holz- und Forstproduktenbezugs- und Weiderechte auf fremden Grund und aller übrigen Felddienstbarkeiten auf Wald-, Acker- und Wiesengrund, soweit die Regelung oder Aufhebung der letzteren nicht dem § 12 des Kärntner Gesetzes vom 1. Juli 1969, LGBl. Nr. 46, betreffend land- und forstwirtschaftliche Bringungsrechte (Güter- und Seilwege-Landesgesetz 1969) unterliegt. Ein nach § 12 leg. cit. zu beurteilender Fall liegt nicht vor; dies wurde auch im Verfahren nicht behauptet. Die Beschwerde vermeint vielmehr das Nichtvorliegen einer Felddienstbarkeit mit dem Hinweis dartun zu können, daß Gegenstand der Dienstbarkeit ein Gehrecht zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines Bauwerkes (einer Bauparzelle) sowie dritter Personen sei. Die rechtliche Qualifikation der verfahrensgegenständlichen Servitut als Gehrecht ist zutreffend. Gleichwohl ist damit für den Standpunkt des Beschwerdeführers nichts gewonnen.

Nach § 33 ARLG können die Felddienstbarkeiten auf Wald-, Acker-, Wiesen- und Weidegrund abgelöst, aberkannt oder geregelt werden. Hiebei macht es keinen Unterschied, auf welchem Rechtstitel (Vertrag, Ersitzung usw.) die Felddienstbarkeiten beruhen. § 38 leg. cit. sieht die entschädigungslose Aberkennung einer Dienstbarkeit vor, wenn an ihr kein schützenswertes Interesse des berechtigten Gutes besteht. Der Verwaltungsgerichtshof stimmt der von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift vertretenen Ansicht zu, daß zu den Felddienstbarkeiten im Sinne der vorzitierten Bestimmungen vor allem die Wegerechte gemäß § 477 ABGB gehören (vgl. auch Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts II6, 1982, S. 128). Dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 33 erster Satz ARLG (".... Felddienstbarkeiten auf Wald-, Acker-, Wiesen- und Weidegrund ...") ist zu entnehmen, daß es für die Anwendbarkeit dieser Bestimmung unerheblich ist, ob das "herrschende Grundstück" zur Landwirtschaft oder zu einem anderen Gebrauch bestimmt ist (§ 474 ABGB). Daß das gegenständliche Gehrecht außer dem jewelligen Eigentümer des "herrschenden Grundstückes" auch Dritten eingeräumt wurde, ändert nichts an seiner rechtlichen Einordnung als Felddienstbarkeit; das Gehrecht ist, woran der Rechtstitel des gerichtlichen Vergleiches vom 27. Juli 1929 keinen Zweifel läßt, mit dem "herrschenden Grundstück" verknüpft und ist nicht als bloß zugunsten einer bestimmten Person oder Personenmehrheit begründet anzusehen. Aber selbst wenn letzteres zuträfe, würde dies zu keinem anderen Ergebnis führen, da diesfalls gemäß § 40 ARLG die "vorstehenden Bestimmungen" (das sind die §§ 33 bis 39 leg. cit.) "sinngemäß anzuwenden" wären.

Dem Beschwerdeeinwand, die belangte Behörde sei im Hinblick auf den das Gehrecht begründenden gerichtlichen Vergleich als einer privatrechtlichen Vereinbarung zur Aberkennung dieser Servitut nicht zuständig, ist der zweite Satz des § 33 ARLG entgegenzuhalten. Dessen umfassende Formulierung schließt es aus, einzelne Rechtstitel, wie etwa im vorliegenden Fall den zwischen den Rechtsvorgängern des Beschwerdeführers und der mitbeteiligten Partei gerichtlich geschlossenen Vergleich, von seinem Anwendungsbereich auszunehmen. Die unmittelbare Bezugnahme des zweiten Satzes auf den Inhalt des ersten Satzes des § 33 leg. cit. stellt klar, daß sich jener ohne Einschränkung auch auf die Aberkennung einer Felddienstbarkeit erstreckt. Die vom Beschwerdeführer behauptete Unzuständigkeit der Agrarbehörden liegt demnach nicht vor.

Die vom Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt inhaltlicher Rechtswidrigkeit vorgebrachte Rüge, das Gehrecht erstrecke sich nicht auf landwirtschaftlich genutzte Flächen der mitbeteiligten Partei, ist im gegebenen Zusammenhang als Verfahrensrüge zu verstehen, und zwar in der Richtung, daß es die belangte Behörde unterlassen habe, die diesbezüglichen Feststellungen zu treffen. Wie bereits erwähnt, hängt die Anwendbarkeit des § 33 erster Satz ARLG nicht von der Art der Nutzung des "herrschenden Grundstückes" ab. Maßgeblich hiefür ist zufolge des Wortlautes dieser Bestimmung allein der Umstand, ob das "dienende Grundstück" Wald-, Acker-, Wiesen- oder Weidegrund darstellt, wobei nach den Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Juni 1977, Slg. Nr. 9356/A, und vom 8. September 1977, Zl. 1059/75, aus der Anführung der Felddienstbarkeiten auf Acker-, Wiesen- und Weidegrundstücken zu schließen ist, daß damit der Landesgesetzgeber sämtliche in Kärnten zum Gebrauch der Landwirtschaft dienende Güter (§ 474 ABGB), somit sämtliche landwirtschaftlich genutzten Grundstücke erfaßt hat. Dem Beschwerdeführer ist sohin einzuräumen, daß die Feststellung, auf welche Art das servitutsbelastete Grundstück genutzt wird, von entscheidungswesentlicher Bedeutung ist; der Verwaltungsgerichtshof kann indes nicht finden, daß das Verwaltungsverfahren insoweit mangelhaft geblieben ist.

Nachdem der Beschwerdeführer zunächst anläßlich der von der Agrarbezirksbehörde Villach durchgeführten Verhandlung die landwirtschaftliche Nutzung der Grundflächen, auf denen die Servitut verläuft, bestritten hat, stellte das Gutachten des Amtssachverständigen der Behörde erster Instanz ausdrücklich fest, daß es sich bei den mit dem Gehrecht belasteten Grundstücken um landwirtschaftlich genutzte Flächen handle, mit dem zusätzlichen Hinweis, daß diese zum Teil "selbst" (d.h. von der mitbeteiligten Partei) bewirtschaftet würden. In der dazu erstatteten Äußerung wandte sich der Beschwerdeführer zwar gegen die Ausführungen des Gutachtens zu den Nutzungsmöglichkeiten dieser Grundstücke, räumte aber ein, daß es sich bei ihnen um einen Obstgarten und einen Wiesenrain handle, deren Nutzung in "Teilabmähungen" bestehe. Der Bescheid der Behörde erster Instanz hielt in seiner Begründung unter Zugrundelegung des Sachverständigengutachtens als maßgeblichen Sachverhalt unter anderem die landwirtschaftliche Nutzung der belasteten Grundstücke fest. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid eine ausdrückliche Feststellung dieses Inhaltes nicht getroffen. Diese Unterlassung stellt jedoch keinen wesentlichen Verfahrensmangel dar: Da die belangte Behörde den erstinstanzlichen Bescheid vollinhaltlich bestätigte, ist davon auszugehen, daß sie die betreffende - im übrigen vom Beschwerdeführer in seiner Berufung unbekämpft gelassene - Feststellung der ersten Instanz einschränkungslos übernahm und ihrer Entscheidung zugrunde legte. Hinzu kommt, daß die belangte Behörde zur Feststellung des ihr wesentlich erschienenen Sachverhaltes ein Gutachten des agrartechnischen Mitgliedes des Landesagrarsenates einholte und dieses das Gehrecht als über Wiesengrundstücke der mitbeteiligten Partei führend bezeichnete. Auch gegen diese Feststellung erhob der Beschwerdeführer, dem das Gutachten zur Kenntnis und allfälligen Äußerung übermittelt wurde, keinen Einwand. Die belangte Behörde hat nicht rechtswidrig gehandelt, wenn sie unter Zugrundelegung des auf die dargestellte Weise ermittelten und vom Beschwerdeführer nicht bestrittenen Sachverhaltes die landwirtschaftliche Nutzung der servitutsbelasteten Grundstücke als erwiesen annahm.

Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, die belangte Behörde habe zugegeben, daß der Umweg, den er bei Aberkennung des Gehrechtes in Kauf nehmen müßte, 140 m betrage, und damit der belangten Behörde vorwirft, sie habe das Bestehen eines schützenswerten Interesses des herrschenden Gutes an der Dienstbarkeit im Sinne des § 38 ARLG zu Unrecht verneint, ist auf die Begründung des angefochtenen Bescheides zu verweisen, in der in schlüssiger und die Lebenserfahrung einbeziehender Weise dargelegt wurde, daß ein Umweg von 140 m nur in äußerst seltenen Fällen eintreten werde; in der weitaus überwiegenden Zahl der Fälle werde der Beschwerdeführer hingegen - bei Benützung der Grundstücke 1484 und 1485 (je öffentlicher Weg) - einen Umweg von lediglich 23 m auf sich zu nehmen haben. Bei dieser Sachlage hat die belangte Behörde das gegenständliche Gehrecht zutreffend als für das berechtigte Gut wirtschaftlich bedeutungslos qualifiziert und die Voraussetzungen des § 38 ARLG für die Aberkennung der Dienstbarkeit zu Recht als gegeben angesehen.

Was schließlich das Vorbringen des Beschwerdeführers anlangt, die belangte Behörde hätte bei ihrer Entscheidung zu berücksichtigen gehabt, daß in dem das Gehrecht begründenden gerichtlichen Vergleich auch Verpflichtungen zur Errichtung und Erhaltung eines Zaunes und eines Fallgatters enthalten seien, so ist darauf hinzuweisen, daß dieser Umstand aus dem Blickwinkel des für die Aberkennung des Gehrechtes allein maßgebenden § 38 ARLG rechtlich irrelevant ist, da Gegenstand der Dienstbarkeit, in bezug auf die das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen eines schützenswerten Interesses des "herrschenden Gutes" zu beurteilen ist, hier ausschließlich das Recht ist, über Grundstücke der mitbeteiligten Partei zu gehen. Die Frage der Erhaltung eines Zaunes zwischen dem Beschwerdeführer einerseits und der mitbeteiligten Partei andererseits gehörigen Grundstücken sowie eines an einer bestimmten Stelle des Gehweges befindlichen Gatters hat somit für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für eine Entscheidung nach § 38 ARLG vorliegen, außer Betracht zu bleiben. Auch in diesem Punkt ist die belangte Behörde einem Rechtsirrtum nicht unterlegen.

Da sohin dem angefochtenen Bescheid die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Soweit in den Entscheidungsgründen auf in der Amtlichen Sammlung nicht veröffentlichte Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen wird, wird Art. 14 Abs. 4 der hg. Geschäftsordnung, BGBl. Nr. 45/1965, in Erinnerung gebracht.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 und 3 VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.

Wien, am 19. April 1983

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