VwGH 82/07/0024

VwGH82/07/002415.6.1982

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hinterauer und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Hnatek und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Davy, über die Beschwerde des 1) LP in D, 2) des JP in D und 3) der AP in D, sämtliche vertreten durch Dr. Erich Proksch, Rechtsanwalt in Wien III, Untere Viaduktgasse 55/11, gegen den Bescheid des Obersten Agrarsenates beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft vom 4. November 1981, Zl. 710.035/02-OAS/81, betreffend Abweisung eines Devolutionsantrages, zu Recht erkannt:

Normen

AgrVG §1;
AgrVG §7a Abs4;
AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs2;
AgrVG §1;
AgrVG §7a Abs4;
AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 8.060,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Zusammenlegungsplan im Zusammenlegungsverfahren D wurde am 1. September 1965 von der Agrarbezirksbehörde erlassen. Dagegen von den Beschwerdeführern erhobenen Berufungen gaben in der Folge der Landesagrarsenat mit Bescheid vom 9. Juli 1968 und der Oberste Agrarsenat (die belangte Behörde) mit Bescheid vom 5. Mai 1971 nicht Folge. Die belangte Behörde ging in dem zuletzt genannten Bescheid unter anderem davon aus, daß bestimmte Altgrundstücke der Beschwerdeführer im Ried "Triften" nicht als Bauhoffnungsland anzusehen, sondern ausschließlich der landwirtschaftlichen Nutzung gewidmet seien.

Mit Bescheid vom 1. Oktober 1975 gab die belangte Behörde dann einem Antrag der Beschwerdeführer auf Wiederaufnahme des mit Bescheid vom 5. Mai 1971 geschlossenen Verfahrens statt und behob diesen Bescheid. Der Berufung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Landesagrarsenates vom 9. Juli 1968 wurde nunmehr gemäß §§ 1 AgrVG 1950, 66 Abs. 2 AVG 1950 und 18 Abs. 1 des Niederösterreichischen Flurverfassungs-Landesgesetzes (FLG) stattgegeben, auch dieser Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Ergänzung des Verfahrens und Erlassung eines neuen Bescheides an die Agrarbehörde erster Instanz verwiesen. Begründend führte die belangte Behörde dazu aus, daß es den Beschwerdeführern ohne ihr Verschulden in dem mit Bescheid vom 5. Mai 1971 abgeschlossenen Verfahren nicht möglich gewesen sei, sich auf die Widmung der fraglichen Grundstücke als Bauland im provisorischen Flächenwidmungsplan der Gemeinde zu berufen. Die Beschwerdeführer hätten daher Anspruch darauf, hinsichtlich der strittigen Altgrundstücke mit Grundstücken abgefunden zu werden, die im Flächenwidmungsplan als Bauland ausgewiesen seien. Da diese Änderungen auch andere Parteien beträfen und eine Neuberechnung und Neueinteilung der Gesamtabfindung der Beschwerdeführer mit sich brächten, müsse das Ermittlungsverfahren ergänzt und ein neuer Bescheid erlassen werden.

Die Agrarbezirksbehörde erließ hierauf am 5. April 1976 neuerlich den Zusammenlegungsplan, und zwar hinsichtlich der Beschwerdeführer mit dem gleichen Inhalt wie am 1. September 1965, wobei sie entgegen der von der belangten Behörde vertretenen Rechtsansicht die Auffassung vertrat, es handle sich bei den strittigen Grundstücken nicht um solche von besonderem Wert.

Da der Landesagrarsenat über die dagegen von den Beschwerdeführern erhobene Berufung nicht rechtzeitig entschied, nahm die belangte Behörde auf Grund eines Devolutionsantrages der Beschwerdeführer mit Bescheid vom 6. Juli 1977 ihre Zuständigkeit gemäß § 73 Abs. 2 AVG 1950 in Anspruch und gab mit diesem Bescheid der Berufung der Beschwerdeführer gemäß §§ 1 AgrVG 1950 und 66 Abs. 2 AVG 1950 statt. Die Angelegenheit wurde wiederum an die Agrarbezirksbehörde zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides zurückverwiesen. In der Begründung dieses Bescheides wies die belangte Behörde darauf hin, daß die Unterbehörden an die von ihr in der Frage der Beurteilung der strittigen Grundstücke als solcher von besonderem Wert vertretene Rechtsauffassung gebunden seien. Die Agrarbezirksbehörde wäre daher verpflichtet gewesen, mit den ihr zu Gebote stehenden Mitteln den von der belangten Behörde vorgezeichneten Rechtszustand herbeizuführen.

Mit Bescheid vom 23. August 1978 setzte hierauf die Agrarbezirksbehörde nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens das Verfahren zur Erlassung eines neuen Bescheides bis zum Vorliegen eines rechtswirksamen Flächenwidmungsplanes der Gemeinde D gemäß § 38 AVG 1950 aus. Der dagegen von den Beschwerdeführern erhobenen Berufung gab der Landesagrarsenat mit Bescheid vom 6. April 1979 statt. Obwohl damit der Aussetzungsbescheid behoben worden war, erhoben die Beschwerdeführer auch gegen diesen Bescheid des Landesagrarsenates Berufung an die belangte Behörde, in welcher sie die Zuteilung einer gesetzmäßigen Abfindung begehrten. Dieser Berufung gab die belangte Behörde mit ihrem Bescheid vom 7. Mai 1980 nicht Folge, weil es in diesem Berufungsverfahren nur um die verfahrensrechtliche Frage der Aussetzung des Verfahrens gehe und bereits der Landesagrarsenat den Beschwerdeführern in diesem Punkt Recht gegeben habe. Die belangte Behörde stimmte in der Begründung dieses Bescheides dem Landesagrarsenat zu, daß die erstinstanzliche Behörde anzuweisen sei, ihre Entscheidung, ohne Verzug und ohne die Entscheidung einer anderen Behörde abzuwarten, selbst zu treffen. In der Frage der Beurteilung der strittigen Grundstücke hielt die belangte Behörde auch in ihrem Bescheid vom 7. Mai 1980 ihre Ansicht aufrecht, daß im vorliegenden Verfahren bereits geprüft und festgestellt sei, daß es sich um solche von besonderem Wert handle, wobei dieser Feststellung das Fehlen eines vorläufigen oder endgültigen Flächenwidmungsplanes nicht entgegenstehe. Schon aus diesem Grunde bestehe weder die rechtliche Möglichkeit noch ein Anlaß dafür, die Entscheidung einer Vorfrage durch eine andere Behörde abzuwarten und das Verfahren gemäß § 38 AVG 1950 auszusetzen. Die Agrarbezirksbehörde werde daher unter Beachtung der Rechtsauffassung der belangten Behörde unverzüglich das Verfahren fortzusetzen und mit einem Bescheid abzuschließen haben.

Diese Entscheidung der belangten Behörde langte am 30. Mai 1980 bei der Agrarbezirksbehörde ein.

Am 22. Jänner 1981 stellten die Beschwerdeführer beim Landesagrarsenat gemäß § 73 AVG 1950 den Antrag auf Übergang der Zuständigkeit, weil die Agrarbezirksbehörde bisher die ihr "unverzüglich" aufgetragene Entscheidung nicht gefällt habe, und die Einschreiter an dieser Verzögerung kein Verschulden treffe. In der über diesen Antrag am 20. Mai 1981 abgehaltenen mündlichen Verhandlung brachten die Beschwerdeführer dazu ergänzend vor, daß seit der Entscheidung der belangten Behörde vom 7. Mai 1980 an sie in dieser Sache keine Verständigung ergangen sei; es wäre nunmehr an der Zeit, den neuen Zusammenlegungsplan zu erlassen.

Mit Bescheid vom 29. Mai 1981 wies der Landesagrarsenat den Devolutionsantrag der Beschwerdeführer gemäß § 1 AgrVG 1950 sowie § 73 Abs. 2 AVG 1950 ab. Begründend ging der Landesagrarsenat davon aus, daß die Frist nach § 73 Abs. 1 AVG 1950 am Tag der Zustellung des Devolutionsantrages zwar bereits abgelaufen gewesen sei, daß jedoch im vorliegenden Fall keine verschuldete Nichterfüllung der Entscheidungspflicht durch die Agrarbezirksbehörde vorliege. Die Verzögerung der Entscheidung sei auf ein Verschulden der Behörde dann zurückzuführen, wenn sie nicht durch ein Verschulden der Partei oder durch unüberwindliche Hindernisse herbeigeführt worden sei. Ein Verschulden der Partei liege im Beschwerdefall zweifellos nicht vor, doch seien einer fristgerechten Entscheidung durch die Agrarbezirksbehörde unüberwindliche Hindernisse entgegengestanden. Die Agrarbezirksbehörde sei seit der Übermittlung der Entscheidung der belangten Behörde vom 7. Mai 1980 bemüht gewesen, eine Sachentscheidung herbeizuführen. Zu diesem Zwecke sei zunächst versucht worden, eine Anregung des Bürgermeisters von D zu analysieren, inwieweit der zuständige Gemeinderat bereit wäre, in Form eines Tauschübereinkommens mit den Beschwerdeführern deren Baulandansprüche zu befriedigen. In diesen Zeitraum sei auch die Zustellung eines versagenden Bescheides der Landesregierung an die Gemeinde bezüglich ihres Raumordnungsprogrammes gefallen. Eine definitive Lösung sei daran gescheitert, daß die Gemeinde sich außerstande erklärt habe, den Baulandanspruch der Beschwerdeführer zu befriedigen. Da weitere Verhandlungen mit der Gemeinde zu keiner befriedigenden Lösung geführt hätten, sei ein entsprechendes Konzept zur planlichen Änderung des Zusammenlegungsplanes erstellt und am 8. Jänner 1981 ein Bediensteter mit der rechnerischen und planlichen Ausarbeitung beauftragt worden. Konkreten Verhandlungen mit den Beschwerdeführern und den anderen heranzuziehenden Parteien sei der Devolutionsantrag der Beschwerdeführer zuvorgekommen, durch den der Agrarbezirksbehörde die Zuständigkeit zu einer Sachentscheidung entzogen worden sei. Im Hinblick darauf, daß die Auflage des Zusammenlegungsplanes in dieser Sache bereits 1965 erfolgt sei, erscheine auch ein länger als sechs Monate dauerndes Ermittlungsverfahren deshalb noch vertretbar, weil ein Tauschübereinkommen allenfalls eine zwangsweise Änderung des Zusammenlegungsplanes hinsichtlich dritter Parteien, die ihre Abfindungen bereits vor fast zwei Jahrzehnten zugeteilt erhalten hätten, möglicherweise verhindern hätte können.

Die gegen diesen Bescheid von den Beschwerdeführern erhobene Berufung wurde von der belangten Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 4. November 1981 gemäß § 1 AgrVG 1950 und § 66 Abs. 4 AVG 1950 im Zusammenhalt mit § 73 Abs. 2 AVG 1950 als unbegründet abgewiesen. Begründend ging auch die belangte Behörde davon aus, daß die Frist nach § 73 Abs. 1 AVG 1950 im Zeitpunkt der Stellung des Devolutionsantrages bereits abgelaufen war und daß ein Verschulden der Parteien an der Verzögerung nicht vorliege. Die belangte Behörde schloß sich der Ansicht des Landesagrarsenates an, daß der rechtzeitigen Entscheidung der Agrarbezirksbehörde unüberwindliche Hindernisse entgegengestanden seien. Mit ihrer Entscheidung hätte die Agrarbezirksbehörde den Beschwerdeführern Grundstücke von besonderem Wert im Sinne des § 18 Abs. 1 FLG zuweisen müssen. Da ein rechtsgültiger Flächenwidmungsplan nicht vorliege, bedeute dies, daß zuerst zu erheben gewesen sei, in welchem Umfang Grundstücke der Beschwerdeführer mit den Eigenschaften nach § 18 Abs. 1 FLG vorhanden gewesen seien. Eine Änderung der Einteilung im Bereich der strittigen Grundstücke bedeute weiters zwangsläufig, daß die Abfindungen weiterer, bisher nicht betroffener Parteien herangezogen werden müßten. Um zu vermeiden, daß durch Eingriffe in die Abfindung anderer Parteien womöglich deren Anspruch auf gesetzliche Abfindung verletzt werde, sei es durchaus zielführend gewesen, die Angelegenheit allenfalls im Wege eines Übereinkommens zu bereinigen. Diese Vorgangsweise entspreche letztlich auch der Bestimmung des § 43 Abs. 6 AVG 1950. Ein länger dauerndes Ermittlungsverfahren, wie es demnach der Entscheidung der Agrarbezirksbehörde habe vorangehen müssen, stelle aber zweifellos ein unüberwindliches Hindernis im Sinne des § 73 Abs. 2 AVG 1950 dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der beantragt wird, diesen Bescheid wegen Gesetzwidrigkeit kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 73 Abs. 1 AVG 1950 sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Diese Bestimmung findet gemäß § 1 AgrVG 1950 in den Angelegenheiten der Bodenreform für die Agrarbezirksbehörden mit den in den weiteren Bestimmungen des AgrVG 1950 angeführten Änderungen und Ergänzungen Anwendung. Eine solche Änderung sieht § 7a Abs. 4 AgrVG 1950, allerdings nur für die erstmalige Erlassung des Zusammenlegungsplanes, insofern vor, als im Falle einer vorläufigen Übernahme der Grundabfindungen der Zusammenlegungsplan spätestens drei Jahre nach Eintritt der Rechtskraft des Bescheides, mit dem die vorläufige Übernahme angeordnet wurde, zu erlassen ist. Diese dreijährige Frist ist im Beschwerdefall nicht mehr von Bedeutung, da der Zusammenlegungsplan nach der bereits im Jahre 1963 erfolgten vorläufigen Übernahme von der Agrarbezirksbehörde erstmalig am 1. September 1965 erlassen wurde.

Für die Begründung der Entscheidungspflicht kommt es nicht darauf an, ob das Verfahren, in welchem ein Antrag gestellt wurde, von Amts wegen einzuleiten und fortzuführen ist, wie dies etwa für das Zusammenlegungsverfahren zutrifft. Auch dann, wenn eine Partei einen Antrag stellt, obzwar die Behörde auch von Amts wegen vorzugehen hätte, liegt ein Antrag im Sinne des § 73 Abs. 1 AVG 1950 vor (vgl. Walter-Mayer, Verwaltungsverfahren 2, S 201). In einem von Amts wegen eröffneten Verfahren spielt es auch keine Rolle, ob der Antrag der Anlaß zur Verfahrenseinleitung war oder ob er im Zuge des vom Amts wegen eingeleiteten Verfahrens gestellt worden ist. Zu solchen Anträgen gehören insbesondere auch Berufungen, die gleichwohl im Gesetz noch ausdrücklich genannt werden (vgl. Hellbling, Kommentar zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen, Wien 1953, I. Band, S 489/490). Es steht daher Antragstellungen der Parteien im Zusammenlegungsverfahren und der Bejahung der damit ausgelösten Entscheidungspflicht der Agrarbehörden in diesem Zusammenhang entgegen den von Denk (Rechtliche Probleme bei der Zusammenlegung von landwirtschaftlichen Grundstücken, Österreichische Gemeindezeitung 1978, S 26) erörterten Bedenken nichts im Wege. Nur auf diese Weise ist auch das in Art. 6 Abs. 1 MRK, BGBl. Nr. 210/1958, verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht der Parteien, in bezug auf das schon ab der Einleitung des Verfahrens ihre "civil rights" in mehrfacher Weise berührende Zusammenlegungsverfahren innerhalb einer angemessenen Frist gehört zu werden, gesichert.

Die Beschwerdeführer haben in ihrer gegen den Zusammenlegungsplan vom 5. April 1976 gerichteten Berufung vom 3. Mai 1976 den Sachantrag gestellt, anders als dort (bzw. bereits im Zusammenlegungsplan vom 1. September 1965) von der Behörde vorgesehen, abgefunden zu werden. Zu einer Entscheidung über diesen Antrag ist es im nachfolgenden Verwaltungsverfahren bisher nicht gekommen, weil die belangte Behörde in ihrer Entscheidung vom 6. Juli 1977 zwar der Berufung stattgegeben, den Bescheid der Agrarbezirksbehörde jedoch wiederum gemäß § 66 Abs. 2 AVG 1950 aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an die erste Instanz zurückverwiesen hat. Auch in den nachfolgenden Entscheidungen der belangten Behörde vom 7. Mai 1980 und vom 4. November 1981 blieb der Sachantrag aus der Berufung der Beschwerdeführer vom 3. Mai 1976 unerledigt, weil es in den beiden späteren Berufungsverfahren nur um die "Sache" der Aussetzung bzw. der Devolution ging.

Im Beschwerdefall ist somit zwar keine Berufung unerledigt geblieben, wohl aber der in der Berufung der Beschwerdeführer vom 3. Mai 1976 gestellte Antrag auf Abänderung der ihnen zugewiesenen Abfindung. Durch die Zurückverweisung dieser Angelegenheit an die Agrarbezirksbehörde gemäß § 66 Abs. 2 AVG 1950 durch die belangte Behörde im Bescheid vom 6. Juli 1977 wurde eine Norm geschaffen, die den Beschwerdeführern das Recht auf eine Sacherledigung innerhalb der Frist des § 73 Abs. 1 AVG 1950 rechtskräftig zuerkannte, ohne daß es hiezu noch einer weiteren Antragstellung durch die Beschwerdeführer bei der mit dieser Sacherledigung betrauten Agrarbezirksbehörde bedurfte. Daß diese sechsmonatige Frist im Zeitpunkt der Stellung des Devolutionsantrages durch die Beschwerdeführer bereits abgelaufen war, ist im Beschwerdefall unbestritten. Die belangte Behörde hat daher den vorliegenden Devolutionsantrag mit Recht als zulässig behandelt.

Gemäß § 73 Abs. 2 AVG 1950 geht auf das schriftliche Verlangen der Partei, der der Bescheid nicht innerhalb der Frist des Abs. 1 zugestellt wurde, die Zuständigkeit zur Entscheidung an die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde über, die das Verlangen jedoch abzuweisen hat, wenn die Verzögerung nicht ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt ein ausschließliches Verschulden der Behörde dann vor, wenn die Verzögerung weder durch das Verschulden der Partei - das im vorliegenden Beschwerdefall unbestritten nicht vorliegt - noch durch unüberwindliche Hindernisse verursacht wurde (vgl. etwa die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. Juni 1973, Slg. Nr. 8426/A, und vom 29. September 1979, Zl. 1565/77).

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren strittig ist, ob die Säumnis der Agrarbezirksbehörde durch unüberwindliche Hindernisse herbeigeführt wurde. Die den für die Beurteilung dieser Frage entscheidenden Zeitabschnitt begrenzenden Tage sind der 30. Mai 1980, an dem der Bescheid der belangten Behörde vom 7. Mai 1980 bei der Agrarbezirksbehörde eingelangt ist, einerseits, und der 22. Jänner 1981, der Tag des Einlangens des Devolutionsantrages der Beschwerdeführer beim Landesagrarsenat, andererseits.

Betrachtet man den Verlauf des Verfahrens vor der säumigen Behörde während dieses Zeitraumes, dann ergibt sich, daß der einzige aktenkundige Vorgang der Agrarbezirksbehörde darin bestand, am 8. Jänner 1981, nach einer Intervention eines Landesrates, einen Beamten mit der "Ausarbeitung eines Änderungsvorschlages im Sinne der Besprechung vom 5.11.1980 in D" nach vorheriger Rücksprache zu beauftragen. Aus einer Stellungnahme der Agrarbezirksbehörde vom 16. Februar 1981 zum Devolutionsantrag der Beschwerdeführer geht dazu hervor, daß es sich bei der genannten Besprechung vom 5. November 1980 um ein "nicht aktenkundiges Informationsgespräch zwischen Behördenvertretern und dem Herrn Bürgermeister" gehandelt habe, in welchem versucht worden sei, "eine Anregung des Herrn Bürgermeisters zu analysieren, inwieweit der Gemeinderat bereit sei, in Form eines Tauschübereinkommens mit der Partei P deren Ansprüche zu befriedigen." Dieser Versuch sei jedoch an der flächenmäßigen Größe des Baulandanspruches der Beschwerdeführer gescheitert. In dieser Stellungnahme wies die Agrarbezirksbehörde ferner darauf hin, daß "ein Konzept zur Planänderung in den Grundzügen gedanklich" vorliege, mit dessen rechnerischer und planlicher Ausarbeitung ein geeigneter Bediensteter am 8. Jänner 1981 beauftragt worden sei. Es trifft daher die auch in der Gegenschrift der belangten Behörde nicht bestrittene Behauptung der Beschwerdeführer zu, daß die Agrarbezirksbehörde während des gesamten ihr zur Verfügung gestandenen Zeitraumes keinen Versuch unternommen hat, unter Zuziehung der von einer Änderung der Flureinteilung auf Grund der vorangegangenen Bescheide der belangten Behörde betroffenen Parteien den von ihr "unverzüglich" herbeizuführenden geänderten Zusammenlegungsplan zu erarbeiten.

Nun ist zwar der belangten Behörde darin Recht zu geben, daß es sinnvoll und zweckmäßig war, die Herbeiführung eines gütlichen Interessenausgleiches anzustreben, wie dies auch § 43 Abs. 6 AVG 1950 vorsieht. Derartige Versuche entheben die Behörde jedoch nicht der Pflicht, ohne unnötigen Aufschub an einer bescheidmäßigen Lösung zu arbeiten, zu der es im Falle des Scheiterns des angestrebten Ausgleiches ja doch kommen muß. Da die Agrarbezirksbehörde es jedoch unterlassen hat, neben ihren nicht aktenkundigen und jedenfalls ohne Zuziehung der betroffenen Parteien vorgenommenen Bestrebungen nach einem Übereinkommen zielführende Ermittlungen im Sinne des aufhebenden Bescheides der belangten Behörde einzuleiten, entspricht die von der belangten Behörde im nunmehr angefochtenen Bescheid vertretene Auffassung, der Entscheidung der Agrarbezirksbehörde habe ein länger dauerndes Ermittlungsverfahren vorangehen müssen, welches zweifellos als unüberwindliches Hindernis im Sinne des § 73 Abs. 2 AVG 1950 anzusehen sei, nicht dem Gesetz. Gewiß läßt sich nicht mit Sicherheit absehen, ob das Verfahren bei regulärem Fortgang innerhalb des fraglichen Zeitraumes von der Agrarbezirksbehörde tatsächlich beendet hätte werden können; entscheidend für die hier zu lösende Rechtsfrage ist jedoch, ob die tatsächlich eingetretene Verzögerung ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen ist (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. September 1979, Zl. 1565/77). Diese Frage muß aber im Beschwerdefall umso mehr bejaht werden, als der Agrarbezirksbehörde die von der belangten Behörde in der Frage der Grundstücke der Beschwerdeführerin als solcher von besonderem Wert vertretene Rechtsansicht längst bekannt war, und ihr im aufhebenden Bescheid der belangten Behörde vom 7. Mai 1980 ausdrücklich aufgetragen worden war, das Verfahren unter Beachtung dieser Rechtsauffassung unverzüglich fortzusetzen und mit einem Bescheid abzuschließen.

Die belangte Behörde hat daher im angefochtenen Bescheid die Rechtslage insofern verkannt, als sie vom Vorliegen eines unüberwindlichen Hindernisses ausging, welches die Agrarbezirksbehörde vom Vorwurf der Säumnis im Sinne des § 73 AVG 1950 entlasten könne. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 lit. b VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221/1981. Das auf Ersatz eines höheren Pauschbetrages gerichtete Mehrbegehren war hingegen als im Gesetz nicht gedeckt abzuweisen.

Wien, am 15. Juni 1982

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte