VwGH 81/06/0041

VwGH81/06/004116.12.1982

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Straßmann, DDr. Hauer, Dr. Würth und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein des Schriftführers Richter Mag. Dr. Walter, über die Beschwerde der Marktgemeinde S, vertreten durch Dr. Erika Crailsheim, Rechtsanwalt in Stainz, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 6. Februar 1981, Zl. 3-328 Sta 51/1-1980, betreffend die Erklärung einer Verkehrsfläche zum öffentlichen Weg (mitbeteiligte Parteien: 1.) Dr. MT, Rechtsanwalt in G, 2.) und

  1. 3.) LB und GO, beide vertreten durch Dr. MT, Rechtsanwalt in G,
  2. 4.) RK, vertreten durch RA in F), zu Recht erkannt:

Normen

EisbEG 1954 §4 Abs2;
LStVwG Stmk 1964 §50;
LStVwG Stmk 1964 §6;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1982:1981060041.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich des Spruches I (Aufhebung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg vom 24. Juli 1980, Zl. 3 St 59/1980) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben; hinsichtlich des Spruches II (Aufhebung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg vom 25. Juli 1980, Zl. 3 St 59/1980) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das Land Steiermark hat der beschwerdeführenden Gemeinde Aufwendungen in der Höhe von S 8.710,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin beantragte am 5. November 1979 bei der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg, den sogenannten "K-Weg" über die Grundstücke Nr. nn1 und nn2, KG G, gemäß § 6 des Steiermärkischen Landes-Straßenverwaltungsgesetzes 1964 (LStVG 1964) als öffentlich zu erklären sowie, Organen der Gemeinde bzw. den Bediensteten der agrartechnischen Abteilung die Bewilligung zur Durchführung von Vorarbeiten für die Planerstellung zu erteilen. Der Antrag wurde auf den Beschluß des Gemeinderates der Gemeinde S vom 21. Mai 1979 gestützt, wobei ausgeführt wurde, daß dieser Weg durch den Ablauf des Verkehrsgeschehens wichtig und für die Erschließung eines Siedlungsgebietes dienlich sei, daß im gegenständlichen Bereich nicht beabsichtigt sei, eine weitere Verbauung hintanzuhalten, und daß im Entwurf des Flächenwidmungsplanes der gegenständliche Bereich für eine weitere Verbauung bestimmt sei, welche im dringenden Interesse einer geordneten und geplanten Gestaltung des Gemeindegebietes liege.

Mit Kundmachung der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg vom 24. Juni 1980 wurde gemäß § 6 LStVG 1964 eine örtliche Erhebung und mündliche Verhandlung angeordnet.

Am Tage vor der für 17. Juli 1980 anberaumten mündlichen Verhandlung langte bei der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg eine Eingabe von Dr. MT ein, worin er sich als "Liegenschaftseigentümer der EZ. nn3, KG G", zu welcher das Grundstück Nr. nn2 gehört, bezeichnete und eine Reihe von Einwendungen gegen das Vorhaben erhob.

Nach Einsichtnahme in das Grundbuch wies die Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg die Einwendungen der mitbeteiligten Partei Dr. MT mit Bescheid vom 24. Juli 1980, GZ.: 3 St 59/1980, als unzulässig zurück, dies mit der Begründung, daß er nicht Eigentümer der Liegenschaft sei, sondern diese lediglich mit Kaufvertrag vom 6. Juni 1980 erworben habe, ohne daß der Vertrag bereits im Grundbuch durchgeführt sei, in einem Verfahren nach § 6 Abs. 1 LStVG 1964 aber nur der betroffene Grundeigentümer Parteistellung habe. Gegen diesen Bescheid berief Dr. MT, wobei er im wesentlichen den Standpunkt vertrat, als Erwerber der Liegenschaft "bisher Berechtigter" im Sinne des § 6 Abs. 1 LStVG 1964 zu sein.

Die Eigentümer des Grundstückes Nr. nn4, AN und EN, erklärten im Zuge des Verfahrens, mit der Öffentlicherklärung einverstanden zu sein.

Bei der Verhandlung erhoben neben Dr. MT auch die bücherlichen Grundeigentümer des Grundstückes Nr. nn2, KG G, LB und GO, sowie der Grundeigentümer RK (Grundstücke Nr. nn1 und nn5) Einwendungen. Über die Frage eines dringenden Verkehrsbedürfnisses wurde das Gutachten eines straßenbautechnischen Amtssachverständigen eingeholt. Überdies wurden der örtliche Raumplaner der Marktgemeinde S sowie die agrartechnische Abteilung angehört.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg vom 25. Juli 1980, GZ.: 3 St 59/1980, wurde gemäß § 6 LStVG 1964 festgestellt, daß an der Erklärung der bestehenden Privatstraße auf den Gst. nn1 und nn5, EZ nn6, nn2, EZ nn3, und nn4, je KG G, sogenannter K-Weg, als öffentlich ein unabweisliches Bedürfnis bestehe. Den Einwendungen von RK und seinen Beweisanträgen wurde keine Folge gegeben. In der Begründung wurde auf das örtliche Entwicklungskonzept der Marktgemeinde S und einen Entwurf zum Flächenwidmungsplan sowie auf die bei der Verhandlung abgegebenen Äußerungen des straßenbautechnischen Amtssachverständigen und des örtlichen Raumplaners bezug genommen und, zusammengefaßt, der Standpunkt vertreten, daß an der Öffentlicherklärung ein unabweisliches Bedürfnis bestehe, andere Trassenvarianten aber, wie sie von den Antragsgegnern vorgeschlagen worden seien, ungeeignet wären.

Gegen diesen Bescheid beriefen RK, Dr. MT sowie LB und GO.

Mit dem nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 6. Februar 1981 wurde mit "Spruch I" gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 der Berufung des Dr. MT Folge gegeben und der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg vom 24. Juli 1980, GZ.: 3 St 59/1980, aufgehoben, ferner mit "Spruch II" gemäß § 66 Abs. 2 AVG 1950 der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg vom 25. Juli 1980, GZ.: 3 St 59/1980, aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg verwiesen.

In der Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt:

Aufgrund des § 6 LStVG 1964 fänden die Bestimmungen des § 50 dieses Gesetzes Anwendung, welchem zufolge die Rechtsgrundsätze und Bestimmungen des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954 sinngemäß anzuwenden seien. Daraus ergebe sich, daß auch im Verfahren nach § 6 LStVG 1964 der Parteibegriff des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954 maßgeblich sei. Danach sei Partei in diesem Verfahren derjenige, dem der Gegenstand der Enteignung gehöre. Ein bücherliches Eigentum sei für den Begriff der Parteistellung grundsätzlich im Enteignungsverfahren nicht erforderlich. Es sei daher, wie im "Spruch I" geschehen, zu entscheiden gewesen.

In der Sache selbst sei von folgenden Überlegungen auszugehen gewesen: Bei der Ortsverhandlung habe ein technischer Amtssachverständiger Befund und Gutachten erstattet. Weiters sei vom Verhandlungsleiter der örtliche Raumplaner hinsichtlich eines Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes bzw. eines örtlichen, Entwicklungskonzeptes der Gemeinde befragt worden, welcher angegeben habe, daß für das gegenständliche Gebiet, welches durch diesen Weg aufgeschlossen werde, ein Ferienwohngebiet vorgesehen sei. Es werde eine Reihe von Grundstücken genannt, welche in dieses künftige Verbauungsgebiet fielen. Der Bürgermeister habe angegeben, daß die Grundbesitzer RK, N und A in Zukunft ihre Flächen einer Verbauung zuführen wollten. Es sei der Gemeinde bekannt, daß die Besitzer der an diesem Weg liegenden Anwesen nicht jederzeit die Möglichkeit zur Bringung von Wirtschaftsgütern hätten. Darüber hinaus sei auch zeitweise der Personenverkehr eingeschränkt worden. Der Liegenschaftsbesitzer Dr. MT habe u. a. angegeben, daß alle drei eventuell interessierten Liegenschaftseigentümer an diesem Weg über ein ausreichende Zufahrt verfügten und habe auf den gerichtlichen Vergleich vom 8. April 1976 sowie einen Notariatsakt vom 17. Oktober 1960 verwiesen. Gemäß § 6 Abs. 1 LStVG 1964 könne die Bezirksverwaltungsbehörde eine bestehende Privatstraße auf Antrag einer oder mehrerer Gemeinden nach Anhören der bisher Berechtigten und Feststellung eines unabweislichen Bedürfnisses aufgrund eines Augenscheines durch Enteignung als öffentlich erklären, sofern sich ein dringendes Verkehrsbedürfnis in anderer Weise ohne unverhältnismäßige Kosten nicht befriedigen lasse. Bei dieser Entscheidung habe die Bezirksverwaltungsbehörde die Vorschriften dieses Gesetzes über die Entschädigung nach § 50 entsprechend anzuwenden. Das dringende Verkehrsbedürfnis müsse bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung konkret gegeben sein. Für die Konkretisierung des Bedürfnisses genüge es daher nicht, wenn der Entwurf eines Flächenwidmungsplanes ein bestimmtes Gebiet für die Verbauung vorsehe, da ja dieses Verkehrsbedürfnis erst in Zukunft geschaffen werden solle. Der gegenständliche Privatweg diene derzeit der Erschließung verschiedener Liegenschaften und es werde die Nutzungsmöglichkeit desselben durch zivilrechtliche Verträge und gerichtliche Vergleiche eingeschränkt. Die Auslegung dieser Verträge und Vergleiche obliege jedoch nicht der Verwaltungsbehörde, sondern den Parteien und, so sich diese nicht einigten, den ordentlichen Gerichten. Der angefochtene Bescheid sei weiters ein Feststellungsbescheid. Das Gesetz fordere jedoch keine Feststellung, sondern eine meritorische Entscheidung. Darüber hinaus hätte die Bezirksverwaltungsbehörde in Entsprechung des § 50 LStVG 1964 gleichzeitig über die Höhe der Enteignungsentschädigung absprechen müssen. über diese Tatsachen sei auch kein Ermittlungsverfahren durchgeführt worden, worin gleichfalls eine Mangelhaftigkeit zu erblicken sei. Die Feststellung, ob ein dringendes Verkehrsbedürfnis am Bestand einer öffentlichen Straße bestehe, sei durch die Bezirksverwaltungsbehörde von Amts wegen durchzuführen und es hätten die vom Liegenschaftsbesitzer Dr. MT angebotenen Beweise und Beweismittel geprüft werden müssen. Das gegenständliche Ermittlungsverfahren sei daher so mangelhaft, daß, wie im "Spruch II" geschehen, zu entscheiden gewesen sei. Somit sei auf das Vorbringen der Berufungswerber nicht näher einzugehen gewesen.

In der sowohl gegen Spruch I als auch gegen Spruch II dieses Bescheides gerichteten Beschwerde wird dessen Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes beantragt.

Die belangte Behörde beantragt unter Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens die Abweisung der Beschwerde. Auch die mitbeteiligte Partei Dr. MT hat eine Gegenschrift eingebracht und beantragt darin, die Beschwerde abzuweisen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vor Eingehen in die Sache selbst waren die von der erstmitbeteiligten Partei in ihrer Gegenschrift aufgezeigten formalen Umstände, welche einer Behandlung der Beschwerde entgegenstünden, zu untersuchen. Soweit behauptet wird, die beschwerdeführende Gemeinde habe das verletzte Recht nicht ausreichend bezeichnet, ist dem entgegenzuhalten, daß das gesamte Beschwerdevorbringen sehr wohl erkennen läßt, die Beschwerdeführerin erachte sich in ihrem Recht auf antragsgemäße Erledigung gemäß § 6 LStVG 1964 unter Beachtung der geltenden Verfahrensbestimmungen verletzt. Auch die Beschwerdelegitimation ist entgegen der Auffassung der erstmitbeteiligten Partei gegeben, weil die Antragslegitimation im Verwaltungsverfahren in § 6 Abs. 1 LStVG 1964 den Ortsgemeinden ausdrücklich zuerkannt ist und diese demnach in dem betreffenden Verfahren nicht als Behörde, sondern als Parteien im Sinne des § 8 AVG 1950 einschreiten. Es besteht daher auch ein Rechtschutzinteresse daran, daß über den Antrag unter Beachtung der formalrechtlichen und materiellrechtlichen gesetzlichen Bestimmungen entschieden werde. Dazu gehört auch, daß dem Verfahren niemand als Partei zugezogen werde, dem eine Parteistellung mangelt. Da im vorliegenden Falle über die Rechtswidrigkeit des mit Beschwerde angefochtenen Bescheides der belangten Behörde zu erkennen ist, kann eine spätere Sachverhaltsänderung, wie die behauptete nachträgliche Anerkennung der Parteistellung der erstmitbeteiligten Partei in einem späteren Verfahren, nicht beachtet werden. Der Beschwerde ist aber auch eindeutig zu entnehmen, daß als belangte Behörde die Steiermärkische Landesregierung anzusehen ist, weil sie in der Beschwerde ausdrücklich als die bescheiderlassende Behörde oberster Instanz genannt wird. Die Beschwerde ist somit zulässig.

Bezüglich des "Spruches I" wird in der Beschwerde vorgebracht, daß die erstmitbeteiligte Partei von der belangten Behörde zu Unrecht als Partei des Verwaltungsverfahrens anerkannt worden sei, obwohl sie nicht grundbücherliche Eigentümerin einer betroffenen Liegenschaft gewesen sei. Der Verwaltungsgerichtshof hält die Beschwerde in diesem Punkte für begründet. Die in den Gegenschriften der belangten Behörde und der erstmitbeteiligten Partei enthaltenen Ausführungen, daß § 4 Abs. 2 des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954, welches gemäß §§ 6 und 50 LStVG 1964 Anwendung zu finden habe, auch den sogenannten "außerbücherlichen Eigentümer" (richtig: den Käufer) einer Liegenschaft als Enteigneten bezeichne, weil als Enteigneter jeder anzusehen sei, dem der Gegenstand der Enteignung gehöre oder dem an einem Gegenstand der Enteignung ein mit dem Eigentum eines anderen Gegenstandes verbundenes dingliches Recht zustehe, vermögen nicht zu überzeugen. Zweck der Enteignung ist es ja, das Eigentum an einer bestimmten Sache im öffentlichen Interesse auf eine andere Person zu übertragen oder dieser an der Sache ein anderes dingliches Recht einzuräumen. Der Käufer einer Liegenschaft, dessen Eigentumserwerb im Grundbuch noch nicht durchgeführt ist, hat jedoch gemäß § 431 ABGB noch kein Recht an der Sache, sondern lediglich ein Recht auf die Sache. Als der, dem im Sinne des § 4 Abs. 2 des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954 der Gegenstand der Enteignung "gehört", kann somit nur der Eigentümer angesehen werden. So hat auch der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 27. September 1979, Slg. Nr. 8620, ausgesprochen, daß im Enteignungsverfahren als Parteien nur der Eigentümer des enteigneten Gegenstandes oder Personen in Betracht kommen, denen als Eigentümern eines anderen Gegenstandes dingliche Rechte am enteigneten Gegenstand zustehen. Der Verwaltungsgerichtshof schließt sich dieser Rechtsauffassung an. Die in der Gegenschrift der erstmitbeteiligten Partei enthaltenen Hinweise auf die Lehre und Rechtsprechung zum ABGB sind nicht geeignet, die Unrichtigkeit dieser Auffassung darzutun, weil sich diese Ausführungen nicht auf einen Eigentumserwerb durch Abschluß eines Kaufvertrages und Übergabe der gekauften Liegenschaft beziehen, sondern lediglich auf sonstige zivilrechtliche Auswirkungen eines solchen Vorganges gegenüber dritten Personen. Der Einschreiter vermengt nämlich den Erwerb eines dinglichen Rechts mit dem Schutz des (obligatorischen) Anspruches auf diesen Erwerb.

Da die belangte Behörde somit im "Spruch I" die Beschwerdeführerin im Beschwerdepunkt aufgrund einer unzutreffenden Rechtsauffassung in ihren Rechten verletzt hat, war der angefochtene Bescheid in diesem Umfange gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 316/1976, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Bezüglich des "Spruches II" wird vorerst die Auffassung der belangten Behörde bekämpft, das Vorliegen des Entwurfes eines Flächenwidmungsplanes reiche nicht aus, um ein dringendes Verkehrsbedürfnis hinlänglich zu konkretisieren. Die Beschwerdeführerin führt in diesem Zusammenhang aus, daß die Erstinstanz auch darauf hingewiesen habe, es seien im Bereich dieses Flächenwidmungsplanes bereits bestimmte Grundstücke angeführt und es erlägen bei der zuständigen Baubehörde zahlreiche Widmungs- und Bauansuchen, die Realisierung eines Ferienwohngebietes sei aber nur dann möglich, wenn eine öffentliche Straße in diesem Bereich bestehe. Entsprechendes habe auch der örtliche Raumplaner im Verfahren deponiert. Dem kann der Gerichtshof nicht beipflichten, weil es im vorliegenden Verfahren, wie die belangte Behörde richtig erkannt hat, einer genaueren Untersuchung darüber bedurft hätte, wann mit der Realisierung solcher Projekte zu rechnen ist, um welche Projekte es sich im einzelnen handelt und inwieweit sie nur durch die Öffentlicherklärung der bestehenden Privatstraße eine ausreichende Verkehrsverbindung erhalten könnten. Somit ist aber das erstinstanzliche Verfahren in wesentlichen Punkten mangelhaft geblieben. Schon im Hinblick auf § 6 Abs. 1 LStVG 1964, der zwingend einen Augenschein vorsieht, erweist sich daher die Ansicht der belangten Behörde, es sei eine neuerliche Verhandlung nach § 66 Abs. 2 AVG 1950 durchzuführen, als nicht rechtswidrig. Dem steht nicht entgegen, daß die belangte Behörde, wie sich aus den Ausführungen zu Spruch I ergibt, zu Unrecht den Standpunkt vertreten hat, es müßten auch die Einwendungen und Beweisanträge der erstmitbeteiligten Partei in das Verfahren einbezogen werden. Eine Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin ist insoweit nicht eingetreten.

Der Gerichtshof kann aber auch der von der Beschwerdeführerin vertretenen Auffassung nicht beipflichten, die belangte Behörde habe zu Unrecht den Standpunkt vertreten, eine gesonderte bescheidmäßige Feststellung des unabweislichen Bedürfnisses an der Öffentlicherklärung einer Privatstraße ohne gleichzeitige Enteignung und Festsetzung der Entschädigung entspreche nicht dem Gesetz. § 6 Abs. 1 LStVG 1964 lautet:

"(1) Läßt sich ein dringendes Verkehrsbedürfnis in anderer Weise ohne unverhältnismäßige Kosten nicht befriedigen oder wird die Umlegung einer öffentlichen Straße aus triftigen Gründen notwendig, so kann auch eine bestehende Privatstraße auf Antrag einer oder mehrerer Ortsgemeinden oder der Landesregierung von der Bezirksverwaltungsbehörde oder, wenn sich die Straße auf mehrere politische Bezirke erstreckt, von der Landesregierung nach Anhören der bisher Berechtigten und Feststellung des unabweislichen Bedürfnisses auf Grund eines Augenscheines durch Enteignung als öffentlich erklärt werden. Dabei sind die Vorschriften dieses Gesetzes über die Entschädigung (§ 50) und über Vorarbeiten (51) entsprechend anzuwenden."

Nach Auffassung des Gerichtshofes ist das Wort "Feststellung" in der zitierten Gesetzesstelle im Zusammenhang mit den Worten "auf Grund eines Augenscheines" zu lesen; es wird daher durch diese Worte nur ausgesprochen, daß vor der Enteignung zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes ein Augenschein durchzuführen ist. Gegen die von der Beschwerdeführerin vertretene Auffassung spricht nämlich der Umstand, daß diese Gesetzesstelle die Öffentlicherklärung einer Privatstraße als Enteignung erklärt, der von der Enteignung handelnde § 50 LStVG 1964 aber auf das Eisenbahnenteignungsgesetz 1954 verweist, welchem ein gesondertes Feststellungsverfahren über das öffentliche Interesse an der Enteignung fremd ist. Es läge auch nicht im Sinne der Verfahrensökonomie, in Fällen eines dringenden Verkehrsbedürfnisses vorerst im Instanzenzug die sachverhaltsmäßigen Voraussetzungen festzustellen und erst hernach mit dem Enteignungsverfahren zu beginnen. Die belangte Behörde hat somit nach Ansicht des Gerichtshofes mit Recht die Auffassung der Erstinstanz, es genüge vorerst die bescheidmäßige Feststellung des unabweislichen Bedürfnisses, verworfen. Somit wurde die Beschwerdeführerin auch insoweit durch "Spruch II" des angefochtenen Bescheides in ihren Rechten nicht verletzt. In diesem Umfange war die Beschwerde daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 316/1976, als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über die Kosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 und die Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.

Wien, am 16. Dezember 1982

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