VwGH 81/03/0284

VwGH81/03/028412.5.1982

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leibrecht und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissär Dr. Forster, über die Beschwerde des Dr. EW, Rechtsanwalt in Wien I, Domgasse 6, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 14. September 1981, Zl. MA 70‑IX/W 257/80/Str., betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Normen

KFG 1967 §102 Abs1
KFG 1967 §103 Abs1
KFG 1967 §36 lite
KFG 1967 §57a Abs1
KFG 1967 §57a Abs3

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1982:1981030284.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Ein Beamter der Bundespolizeidirektion Wien erstattete am 22. Mai 1980 die Anzeige, er habe auf Grund eigener dienstlicher Wahrnehmung am 17. April 1980 um 22,45 Uhr festgestellt, daß ein dem Kennzeichen nach bestimmter Pkw in Wien I, Postgasse gegenüber Nr. 2, mit einer abgelaufenen Begutachtungsplakette - sie habe die Lochung 8/79 getragen - abgestellt gewesen sei.

Gegen die von der Bundespolizeidirektion Wien gegen den Beschwerdeführer als Zulassungsbesitzer wegen der Verwaltungsübertretung nach § 36 lit. e in Verbindung mit § 57 a Abs. 3 und § 103 Abs. 1 KFG erlassene Strafverfügung vom 9. Juni 1980 erhob dieser rechtzeitig Einspruch.

In seiner schriftlichen Stellungnahme gab der Beschwerdeführer an, es sei richtig, daß sein Fahrzeug keine gültige Begutachtungsplakette aufgewiesen habe. Es werde von seiner Gattin und seinen Dienstnehmern für berufliche Zwecke verwendet. Er habe daher bereits anfangs 1980 einem namentlich genannten Mitarbeiter den Auftrag erteilt, das Fahrzeug begutachten zu lassen und die Plakette zu erneuern. Da sein Mitarbeiter verläßlich und gewissenhaft sei, habe er mit der ordnungsgemäßen Durchführung des Auftrages gerechnet. Es treffe ihn daher kein Verschulden.

Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien vom 30. Oktober 1980 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 17. April 1980 um 22,45 Uhr am genannten Ort den Pkw auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr abgestellt, obwohl am Fahrzeug keine den Vorschriften entsprechende Begutachtungsplakette angebracht gewesen sei, und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 36 lit. e in Verbindung mit § 103 Abs. 1 KFG begangen. Gemäß § 134 KFG wurde über ihn eine Geldstrafe von S 400,-- (Ersatzarreststrafe von 24 Stunden) verhängt. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, die Verantwortung des Beschwerdeführers sei nicht ge-eignet, ihn zu entschuldigen.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Berufung, in der er vor allem auf seine bisherige Verantwortung verwies.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 14. September 1981 wurde unter Anwendung des § 66 Abs. 4 AVG das erstinstanzliche Straferkenntnis bestätigt. Zur Begründung wurde im wesentlichen unter Wiederholung der Verantwortung des Beschwerdeführers ausgeführt, daß der zu einer Leistung Verpflichtete für das Verschulden seines Beauftragten wie für sein eigenes hafte (vgl. § 1313a ABGB). Der Beschwerdeführer habe nicht dargelegt, was er unternommen habe, um die Einhaltung seines Auftrages an die Kanzleikraft zu überwachen bzw. welche Umstände ihm eine Kontrolle der Ausführung nicht ermöglicht hätten. Sein Vorbringen vermöge ihn daher nicht zu entlasten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Anwendung des § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG 1965 erwogen:

Gemäß § 36 lit. e KFG in der maßgebenden Fassung dürfen Kraftfahrzeuge unbeschadet weiterer Bestimmungen über die Verwendung von Kraftfahrzeugen auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur verwendet werden, wenn bei im § 57 a Abs. 1 lit. a bis g angeführten zum Verkehr zugelassenen Fahrzeugen - das gegenständliche Fahrzeug fällt unter die lit. b -, soweit sie nicht unter § 57 a Abs. 1 letzter Satz fallen - das trifft vorliegend nicht zu -, eine den Vorschriften entsprechende Begutachtungsplakette am Fahrzeug angebracht ist.

Gemäß § 57 a Abs. 1 KFG hat der Zulassungsbesitzer eines Fahrzeuges der in lit. a bis d angeführten Arten dieses innerhalb der im Abs. 3 festgesetzten Fristen ... wiederkehrend begutachten zu lassen, ob es den Erfordernissen der Verkehrs- und Betriebssicherheit entspricht (wiederkehrende Begutachtung).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in diesem Zusammenhang § 36 lit. e KFG die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist. (Vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 12. März 1980, Zl. 249/80, auf welches wie hinsichtlich der weiteren zitierten, nichtveröffentlichten Entscheidungen unter Erinnerung an Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes BGBl. Nr. 45/1965 verwiesen wird.) Wenn zur Verdeutlichung dazu noch andere damit in Zusammenhang stehende Bestimmungen, wie etwa § 57 a Abs. 1 und 3 oder § 102 Abs. 1 oder § 103 Abs. 1 KFG, zitiert werden, so schadet dies einer zutreffenden Subsumtion nicht. (Vgl. in diesem Zusammenhang das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 12. März 1980 sowie das hg. Erkenntnis vom 18. November 1981, Zl. 81/03/0152.)

Unbestritten steht fest, daß zum Tatzeitpunkt (17. April 1980) am Fahrzeug eine bereits ungültige Begutachtungsplakette (mit der Lochung 8/79) angebracht war.

Der Beschwerdeführer vermeint, wie schon im Verwaltungsstrafverfahren, es treffe ihn kein Verschulden, da er ohnedies einen äußerst verläßlichen und gewissenhaften Mitarbeiter delegiert habe, die termingerechte Erneuerung der Begutachtungsplakette zu veranlassen. Auf Grund der bisher mit diesem Mitarbeiter gemachten Erfahrungen habe er keinen Anlaß zu Zweifeln gehabt, daß dieser den ihm erteilten Auftrag ordnungsgemäß durchführen werde. Es hätte daher auch der Vernehmung dieses Mitarbeiters als Zeugen betreffend die erfolgte Delegierung bedurft.

Die im Kraftfahrgesetz dem Zulassungsbesitzer auferlegten Pflichten, z. B. die oben zitierte nach § 57 a im Zusammenhalt mit § 36 lit. e, aber auch die im § 103 Abs. 1 dieses Gesetzes genannten Pflichten, können nicht schlechthin auf andere Personen mit der Wirkung übertragen werden, daß damit die öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen nur mehr die andere Person treffen, nicht aber den Zulassungsbesitzer. Die Abwälzung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit auf andere Personen ist ohne gesetzliche Grundlage nicht möglich. Wenn der Zulassungsbesitzer gewisse Verpflichtungen auf andere Personen übertragen hat, so trifft ihn nur dann kein Verschulden an der Nichteinhaltung kraftfahrrechtlicher Vorschriften, wenn er sowohl bei der Auswahl der von ihm beauftragten Personen als auch bei deren Überwachung alles vorgekehrt hat, wodurch er bei pflichtgemäßer Aufmerksamkeit den gesetzwidrigen Erfolg hätte verhindern können. (Vgl. neuerlich das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 12. März 1980, Zl. 249/80, und die dort zitierte weitere Judikatur.) Daß der Beschwerdeführer in bezug auf den von ihm seinem Mitarbeiter erteilten Auftrag einer solchen Überwachungspflicht nachgekommen ist, hat er weder im Verwaltungsstrafverfahren, worauf schon die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend verwiesen hat, noch in der Beschwerde behauptet. Auch in der Beschwerde findet sich nicht einmal ein Hinweis darauf, daß er das Bestehen einer solchen Überwachungspflicht überhaupt erkannt habe. Dies beweist auch der Umstand, daß zur Tatzeit die im § 57 a Abs. 3 KFG eingeräumte Toleranzfrist von sechs Monaten, innerhalb der die Begutachtung auch noch nach dem gesetzlich festgelegten Begutachtungstermin vorgenommen werden kann, schon über 1 1/2 Monate abgelaufen war, also ein Zeitraum vergangen war, in dem es dem Beschwerdeführer möglich gewesen wäre, sich von der Durchführung seines Auftrages zu überzeugen. Bei dieser Sach- und Rechtslage bedurfte es nicht der Vernehmung des beauftragten Mitarbeiters.

Der belangten Behörde unterlief daher keine Rechtswidrigkeit, wenn sie den Beschwerdeführer der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung in subjektiver und objektiver Richtung für schuldig erkannte.

Da es dem Beschwerdeführer somit nicht gelungen ist, die behauptete Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften darzutun, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 2 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981.

Wien, am 12. Mai 1982

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