Normen
ABGB §431;
AVG §63 Abs1 impl;
BauRallg impl;
FlVfGG §13 Abs1 impl;
FlVfLG Tir 1978 §74 Abs1;
FlVfLG Tir 1978 §74 Abs4;
GBG §4;
GewO 1973 §356 Abs3 impl;
GewO 1973 §75 Abs2 impl;
VwGG §34 Abs1 impl;
ABGB §431;
AVG §63 Abs1 impl;
BauRallg impl;
FlVfGG §13 Abs1 impl;
FlVfLG Tir 1978 §74 Abs1;
FlVfLG Tir 1978 §74 Abs4;
GBG §4;
GewO 1973 §356 Abs3 impl;
GewO 1973 §75 Abs2 impl;
VwGG §34 Abs1 impl;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Tirol hat dem Zweitbeschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.560,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Bp. 28 Wohn- und Wirtschaftsgebäude Haus Nr. 70 samt Hofraum und Schupfen einerseits sowie die Bp. 31 Hofraum und Gp. 45 (Garten) waren dem Verfahren über die Zusammenlegung der landwirtschaftlichen Grundstücke in T unterzogene Grundstücke. Die Haupturkunde über die Zusammenlegung der landwirtschaftlichen Grundstücke in T sprach aus, daß alle außerbücherlichen Dienstbarkeiten des Geh- und Fahrrechtes als erloschen gelten, soweit sie nachfolgend nicht ausdrücklich aufrecht erhalten werden. Eine solche Aufrechterhaltung ist hinsichtlich einer Dienstbarkeit des Fahrtrechtes über Bp. 31 und Gp. 45 zugunsten der jeweiligen Eigentümer des Hauses Nr. 70 in T und der Bp. 28 als herrschendes Gut nicht vorgesehen. Im Zusammenlegungsplan wurde eine solche Dienstbarkeit auch nicht neu begründet. Der Zusammenlegungsplan der landwirtschaftlichen Grundstücke des Zusammenlegungsgebietes T wurde ab 18. September 1978 durch zwei Wochen im Gemeindeamt T zur allgemeinen Einsichtnahme aufgelegt. Die Erstbeschwerdeführerin erhob gegen diesen Zusammenlegungsplan die am 13. Oktober 1978 beim Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz überreichte Berufung. In dieser Berufung machte sie unter Hinweis auf ihre Stellung als bücherliche Eigentümerin der Liegenschaft EZ. 2 I der Katastralgemeinde T, zu welcher die oben erwähnten Grundstücke Bp. 28 mit Haus Nr. 70 gehören, geltend, daß die Aufrechterhaltung oder Neubegründung einer Dienstbarkeit über die im Eigentum des Mitbeteiligten stehenden Grundstücke Bp. 31 und Gp. 45 zu Unrecht unterblieben sei. In dem vom Landesagrarsenat beim Amt der Tiroler Landesregierung (in der Folge: belangte Behörde) über diese Berufung durchgeführten Verfahren machte der Mitbeteiligte geltend, daß der Erstbeschwerdeführerin infolge Übergabe ihrer Liegenschaft an den Zweitbeschwerdeführer die Legitimation zur Erhebung der Berufung gefehlt habe. Am 12. März 1981 führte die belangte Behörde in der Berufungssache einen Augenschein unter Beiziehung des Zweitbeschwerdeführers als Rechtsnachfolger der Erstbeschwerdeführerin durch, in dessen Verlauf der Zweitbeschwerdeführer erklärte, die von der Erstbeschwerdeführerin, seiner Mutter, gegen den Zusammenlegungsplan mit Schriftsatz vom 12. Oktober 1978 eingebrachte Berufung für die Liegenschaft "K" gutzuheißen, die Übergabe der Liegenschaft sei am 10. Mai 1977 erfolgt.
Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Erkenntnis wies die belangte Behörde die Berufung der Erstbeschwerdeführerin als unzulässig mit der Begründung zurück, die Erstbeschwerdeführerin habe mit Übergabsvertrag vom 10. Mai 1977 ihre Liegenschaft, zu welcher auch die angeblich herrschenden Grundstücke gehörten, an den Zweitbeschwerdeführer übergeben. Mit diesem Zeitpunkt sei der Zweitbeschwerdeführer ermächtigt gewesen, alle wirtschaftlichen und rechtlichen Interessen der übergebenen Liegenschaft zu vertreten. Zum Zeitpunkt der Einbringung der vorliegenden Berufung sei die Erstbeschwerdeführerin nicht mehr Partei des Zusammenlegungsverfahrens gewesen, weil zu diesem Zeitpunkt durch Einverleibung des Eigentumsrechtes schon ihr Rechtsnachfolger, der Zweitbeschwerdeführer, das Eigentum an der Liegenschaft erworben gehabt habe; dies ergebe sich durch Einsichtnahme in das Grundbuch sowie in den Grundbuchsbeschluß des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 11. Oktober 1978, 8366/78. Dieser Bescheid wurde der Erstbeschwerdeführerin zu Handen ihres Rechtsvertreters zugestellt.
Die Beschwerdeführer erachten sich durch diesen Bescheid in ihrem Recht auf eine inhaltliche Erledigung der Berufung verletzt. Sie behaupten Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und beantragen deshalb dessen Aufhebung.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Mitbeteiligte beantragt in seiner Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde, hilfsweise die Zurückweisung der Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 74 Abs. 1 des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes 1978, BGBl. Nr. 54 (in der Folge: TFLG 1978) sind, abgesehen von der Zusammenlegungs- oder Flurbereinigungsgemeinschaft, von Gebietskörperschaften und Unternehmen sowie von Siedlungsträgern nach dem Tiroler landwirtschaftlichen Siedlungsgesetz 1969, Parteien des Zusammenlegungs- oder Flurbereinigungsverfahrens die Eigentümer der Grundstücke, die der Zusammenlegung bzw. Flurbereinigung unterzogen werden. Im übrigen kommt gemäß § 74 Abs. 4 TFLG 1978 Personen eine Parteistellung nur insoweit zu, als ihnen in diesem Gesetz Rechte eingeräumt oder Pflichten auferlegt sind. Für die Parteistellung der Erstbeschwerdeführerin im Zusammenlegungsverfahren kam nur ihre Stellung als Eigentümer von Grundstücken in Betracht, die der Zusammenlegung unterzogen wurden. Mit dem Verlust ihres Eigentums an solchen Grundstücken verlor die Erstbeschwerdeführerin aber nicht nur ihre Stellung als Partei des Zusammenlegungsverfahrens, sondern auch ihren in der Berufung geltend gemachten Rechtsanspruch auf Aufrechterhaltung oder Neubegründung einer Dienstbarkeit zugunsten ihrer ehemaligen Grundstücke. Daß die Erstbeschwerdeführerin im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht mehr Eigentümerin der betreffenden Grundstücke war, ist unbestritten. Durch den angefochtenen Bescheid konnte die Erstbeschwerdeführerin daher in ihren in ihrer Berufung geltend gemachten Rechten nicht verletzt werden, weshalb ihre Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG 1965 zurückzuweisen war (Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. März 1962, Slg. 5741/A).
Der Spruch über die Aufwandersatzpflicht der Erstbeschwerdeführerin gründet sich auf § 47 Abs. 1, Abs. 2 lit. b, Abs. 3, 48 Abs. 2 und 3, 49 Abs. 1 und Abs. 2, sowie 51 VwGG 1965 (vgl. den Beschluß eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. September 1967, Slg. 7175/A), in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.
Der angefochtene Bescheid wurde zwar dem Zweitbeschwerdeführer nicht zugestellt, er wurde jedoch durch Zustellung an die Erstbeschwerdeführerin erlassen. Vom Zweitbeschwerdeführer konnte die Beschwerde daher gemäß § 26 Abs. 2 VwGG 1965 auch noch vor Zustellung des Bescheides an ihn erhoben werden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes geht das Eigentumsrecht an einer unbeweglichen Sache im Hinblick auf den in § 431 ABGB, § 4 GBG normierten Eintragungsgrundsatz wohl erst mit der bücherlichen Einverleibung über, jedoch treten im Hinblick auf die verfahrensrechtlichen Bestimmungen des Grundbuchsgesetzes über den Vorgang bei der Eigentumseinverleibung (§§ 29, 93, 128 GBG) deren Rechtswirkungen nicht erst mit dem Vollzug (Eintragung im Hauptbuch), sondern wenn die Bewilligung vollzogen wird, schon im Zeitpunkt des Einlangens des Grundbuchsgesuches ein (Oberster Gerichtshof 16. Oktober 1975, Evidenzblatt 1976, Nr. 1031 und die dort zitierte Lehre und Rechtsprechung). Der Verwaltungsgerichtshof schließt sich dieser Meinung an.
Daraus folgt, daß die Vollziehung der Eintragung auf den Zeitpunkt des Einlangens des Gesuches zurückwirkt und daher zwischen Einlangen des Grundbuchsgesuches und dem Vollzug der Eintragung ein Schwebezustand besteht.
Die belangte Behörde hat zwar in das Grundbuch und in eine Ausfertigung des Grundbuchsbeschlusses vom 11. Oktober 1978 Einsicht genommen, jedoch keine Feststellungen darüber getroffen, wann der Grundbuchsbeschluß vollzogen und damit die Eintragung im Grundbuch vorgenommen wurde.
Die Einbringung von Berufungen im Agrarverfahren gemäß § 7 Abs. 3 AgrVG 1950 ist an eine Frist von zwei Wochen gebunden. Fällt in den Lauf dieser Rechtsmittelfrist zwar die Einbringung des Grundbuchsgesuches, nicht aber auch die dem Gesuch entsprechende Einverleibung des Eigentumsrechtes durch Eintragung im Grundbuch, so ist während des Laufes der Berufungsfrist im Hinblick auf den Eintragungsgrundsatz noch derjenige als Eigentümer der Liegenschaft anzusehen, der im Grundbuch als solcher eingetragen ist. Der Umstand, daß die spätere Vollziehung des Grundbuchsbeschlusses auf den Zeitpunkt der Überreichung des Grundbuchsgesuches zurückwirkt, vermag an der Zulässigkeit der Prozeßhandlung nichts mehr zu ändern. Für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Verfahrenshandlung ist, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt, der Sachverhalt im Zeitpunkt ihrer Erhebung entscheidend.
Die belangte Behörde hätte daher zu ermitteln gehabt, ob noch vor der jedenfalls nicht außerhalb der gesetzlichen Rechtsmittelfrist erfolgten Einbringung der Berufung durch die Erstbeschwerdeführerin die Eintragung des Eigentumsrechtes im Grundbuch erfolgt ist. Dann hätte sich nämlich, wie sich einer vom Verwaltungsgerichtshof eingeholten Auskunft des Grundbuchsgerichtes entnehmen ließ, herausstellen können, daß der Vollzug des Grundbuchsbeschlusses und damit die Eintragung des Eigentumsrechtes des Zweitbeschwerdeführers erst geraume Zeit nach Erhebung der Berufung der Erstbeschwerdeführerin erfolgte. Erst mit diesem Zeitpunkt wurde rückwirkend auf den Tag der Einbringung des Grundbuchsgesuches am 11. Oktober 1978 der Zweitbeschwerdeführer Eigentümer der Liegenschaft, was jedoch an der Zulässigkeit der Einbringung der Berufung durch die Erstbeschwerdeführerin am 13. Oktober 1978 nichts mehr zu ändern vermochte. Durch die eingetretene Rechtsnachfolge im Liegenschaftseigentum ist der Zweitbeschwerdeführer in die Rechte der Erstbeschwerdeführerin als Berufungswerber vor der belangten Behörde eingetreten, so daß er durch eine zu Unrecht erfolgte Zurückweisung der Berufung der Erstbeschwerdeführerin in seinen Rechten als Partei des Zusammenlegungsverfahrens verletzt sein kann.
Der Sachverhalt wurde daher von der belangten Behörde in einem wesentlichen Punkt ergänzungsbedürftig gelassen, weshalb der angefochtene Bescheid an einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften leidet, die zu seiner Aufhebung gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 VwGG 1965 führen mußte.
Hinzuweisen ist darauf, daß es die Zulässigkeit und Rechtzeitigkeit der Berufung der Erstbeschwerdeführerin nicht zu beeinträchtigen vermochte, daß diese nach Kenntnis vom Inhalt des Bescheides die Berufung erhob, ohne zuvor die Zustellung der Kundmachung über die Auflage des Zusammenlegungsplanes an sie zu verlangen (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. November 1952, Slg. Nr. 2728/A, und vom 15. März 1961, Slg. Nr. 5522/A).
Der Spruch über den Aufwandersatz hinsichtlich des Zweitbeschwerdeführers gründet sich auf die §§ 47 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a, 48 Abs. 1, 49 Abs. 1 VwGG 1965 in Verbindung mit der bereits oben zitierten Verordnung des Bundeskanzlers über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof.
Wien, am 20. Oktober 1981
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