VwGH 81/03/0191

VwGH81/03/01919.12.1981

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leibrecht und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein der Schriftführers Richter Mag. Dr. Walter, über die Beschwerde des EF in L, vertreten durch Dr. Harry Zamponi, Rechtsanwalt in Linz, Kaisergasse 17, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 21. April 1981, Zl. VerkR-16846/1-1981-II/G, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

KFG 1967 §103 Abs2;
KFG 1967 §103 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.425,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Ein Beamter der Bundespolizeidirektion Linz erstattete am 22. Februar 1980 die Anzeige, der Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws habe am 10. Februar 1980 um 15,44 Uhr in Linz auf der A 7 nächst Posseltbrücke stadteinwärts fahrend die durch Beschilderung festgesetzte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h überschritten und sei 103 km/h gefahren.

Die gegen den Beschwerdeführer als Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges von der Bundespolizeidirektion Linz wegen der Verwaltungsübertretung nach § 52 lit. a Z. 10a StVO erlassenen Strafverfügung vom 6. März 1980 trat zufolge eines rechtzeitig erhobenen Einspruches des anwaltlich vertretenen Beschwerdeführers außer Kraft.

In seiner Rechtfertigung als Beschuldigter im Verwaltungsstrafverfahren (nach § 52 lit. a Z. 10a StVO) brachte der Beschwerdeführer mit schriftlicher Stellungnahme vom 12. Mai 1980 u. a. vor, zur Tatzeit mit Sicherheit nicht der Lenker gewesen zu sein, sondern das Fahrzeug zwei Bekannten zur Verfügung gestellt zu haben.

Daraufhin erging an den Beschwerdeführer zu Handen seines ausgewiesenen anwaltlichen Vertreters folgendes Schreiben der Bundespolizeidirektion Linz vom 22. Mai 1980:

"Sie werden gemäß § 103/2 KFG als Zulassungsbesitzer des Pkw's L ... aufgefordert, der Behörde binnen zwei Wochen Frist bekanntzugeben, wer am 10. 2. 80 um 15.44 Uhr, auf der A 7 gegenständlichen Pkw gelenkt hat."

Mit Schriftsatz vom 12. Juni 1980 gab der anwaltliche Vertreter u. a. bekannt, daß sich der Beschwerdeführer bis 22. Juni 1980 auf Urlaub befinde und daher die Auskunft erst am 23. Juni 1980 erteilt werden könne, weshalb um Fristverlängerung bis dahin ersucht werde.

Laut eines Aktenvermerkes wurde eine Fristverlängerung bis 20. August 1980 genehmigt.

Eine Auskunftserteilung durch den Beschwerdeführer erfolgte jedoch bis 20. August 1980 nicht.

Erst nach einer weiteren niederschriftlichen Beschuldigtenvernehmung am 29. September 1980, bei der die Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme zugesagt wurde, gab der Beschwerdeführer am 13. Oktober 1980 bekannt, daß der Pkw zur Tatzeit von "M... L..., D-4500 Osnabrück" gelenkt worden sei.

Gegen die von der Bundespolizeidirektion Linz wegen der Übertretung nach § 103 Abs. 2 zweiter Satz KFG erlassene Strafverfügung vom 21. Oktober 1980 erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Einspruch.

Bei der Beschuldigtenvernehmung vom 9. Dezember 1980 schritt abermals der anwaltliche Vertreter ein, der eine schriftliche Stellungnahme binnen 14 Tagen zusagte, jedoch dann fernmündlich am 23. Jänner 1981 die Erklärung abgab, von einer solchen abzusehen.

Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 28. Jänner 1981 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als Zulassungsbesitzer des genannten Pkws auf Grund der behördlichen Aufforderung vom 22. Mai 1980 nicht ausreichend bekanntgegeben, wem er dieses Fahrzeug am 10. Februar 1980 um 15,44 Uhr in Linz am angegebenen Ort zur Lenkung überlassen habe, und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 2 zweiter Satz KFG begangen. Gemäß § 134 Abs. 1 KFG wurde über ihn eine Geldstrafe von S 1.000,-- (Ersatzarreststrafe von 12 Stunden) verhängt. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, daß die vom Beschwerdeführer mit Schreiben vom 13. Oktober 1980 erteilte Auskunft nicht ausreichend im Sinne des § 103 Abs. 2 KFG sei, da sie insbesondere die nähere Adresse des angeblichen Lenkers (Straßenbezeichnung und Hausnummer) nicht enthalte.

In der dagegen rechtzeitig erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor allem vor, daß die gegenständliche Aufforderung nicht geeignet sei, die im § 103 Abs. 2 KFG normierte Verpflichtung auszulösen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 21. April 1981 wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG (§ 24 VStG) abgewiesen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, daß die Verpflichtung zur Auskunftserteilung im Sinne des § 103 Abs. 2 KFG durch die an den Beschwerdeführer als Zulassungsbesitzer zu Handen seines ausgewiesenen anwaltlichen Vertreters gerichtete Aufforderung vom 22. Mai 1980 ausgelöst worden sei, da der Beschwerdeführer dem Rechtsanwalt eine allgemeine und uneingeschränkte Vollmacht zur Vertretung in allen Rechts- und in allen sonstigen Angelegenheiten erteilt habe. Eine Auskunft müsse alle Angaben enthalten, auf Grund deren die Behörde ohne großen Aufwand in der Lage sei, den Lenker zu eruieren. Dazu gehörten außer dem Namen auch die Anschrift des Lenkers. Dem habe der Beschwerdeführer jedoch mit der Auskunft vom 13. Oktober 1980 nicht entsprochen. Eine nicht vollständige Erteilung sei einer Nichterteilung gleichzuhalten. Es sei richtig, daß der Beschwerdeführer im (ursprünglichen) Verwaltungsstrafverfahren, ohne gegen die Bestimmung des § 103 Abs. 2 KFG zu verstoßen, auch wahrheitswidrige Angaben machen könne. Im gegenständlichen Fall sei jedoch mit Schreiben vom 22. Mai 1980 ein Administrativverfahren eingeleitet worden. In diesem hätte er seiner Verpflichtung vollständig nachkommen müssen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich nach dem gesamten Vorbringen in dem Recht verletzt, nicht wegen der Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 2 zweiter Satz KFG schuldig erkannt und bestraft zu werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Anwendung des § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG 1965 erwogen:

Der Beschwerdeführer vertritt u. a. die Meinung, daß die gegenständliche Aufforderung durch die Behörde vom 22. Mai 1980 nicht als Verlangen um Auskunftserteilung im Sinne des § 103 Abs. 2 KFG anzusehen sei. Dieser Ansicht kommt im Ergebnis Berechtigung zu.

Gemäß § 103 Abs. 2 zweiter Satz KFG in der Fassung der 4. Novelle BGBl. Nr. 615/1977 hat der Zulassungsbesitzer der Behörde auf Verlangen unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung, Auskunft darüber zu erteilen, wem er jeweils das Lenken seines Kraftfahrzeuges oder die Verwendung seines Anhängers überlassen habe, ...; nach dem letzten Halbsatz dieser Gesetzesstelle gilt dies sinngemäß, wenn ein Zulassungsbesitzer selbst das Kraftfahrzeug

gelenkt ... hat. Der Verwaltungsgerichtshof hatte im vorliegenden

Fall den letzten (durch die genannte 4. Novelle) angefügten Halbsatz nicht anzuwenden, weil sich das von der belangte Behörde bestätigte Straferkenntnis im Abspruch nach § 44 alit. a VStG nur auf das Überlassen des Pkws an eine andere Person, nicht aber auf ein sonstiges, den Pkw betreffendes Verhalten des Beschwerdeführers bezog.

Voraussetzung dafür, daß der Zulassungsbesitzer eines Kraftfahrzeuges einer Übertretung nach der genannten, vorliegend zur Anwendung gelangenden Gesetzesstelle (der zweite Halbsatz hat, wie bereits oben dargelegt wurde, außer Betracht zu bleiben) schuldig erkannt werden darf, ist demnach, daß die Behörde an den Zulassungsbesitzer ein konkretes Verlangen darüber gerichtet hat, darüber Auskunft zu geben, wem er zu einem bestimmten Zeitpunkt das Lenken seines Kraftfahrzeuges überlassen hat. Die Frage nach dem Lenker zur fraglichen Tatzeit allein genügt nicht, da die genannte Gesetzesstelle nicht die Handhabe gibt, unter Strafsanktion die Auskunft darüber zu verlangen, wer das Kraftfahrzeug gelenkt hat. (Vgl. z. B. die hg. Erkenntnisse vom 16. Februar 1976, Zl. 1277/74, vom 25. April 1977, Zl. 1247/76, und vom 10. April 1978, Zl. 2050/77, auf welche unter Erinnerung an Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes BGBl. Nr. 45/1965 verwiesen wird.)

Wie der bereits in der Sachverhaltsdarstellung wiedergegebene Wortlaut der an den Beschwerdeführer gerichteten Aufforderung vom 22. Mai 1980 zeigt, ist diese durch das Gesetz nicht gedeckt, da an den Beschwerdeführer nicht das Verlangen um Bekanntgabe, wem er zur fraglichen Zeit das Lenken seines Fahrzeuges überlassen, sondern wer dieses gelenkt habe, gestellt wurde. War aber die Auskunft nicht dem Gesetz entsprechend verlangt worden, so war auch eine etwaige unrichtige (unvollständige) Auskunft durch den Beschwerdeführer nicht strafbar. (Vgl. z. B. abermals das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 25. April 1977, Zl. 1247/76.)

Da demnach von der belangten Behörde das Gesetz unrichtig angewendet wurde, fehlte es doch aus den angeführten Gründen an der Strafbarkeit des Beschwerdeführers, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben. Es hatte daher ein Eingehen auf die weiteren Beschwerdeausführungen zu unterbleiben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981. Wien, am 9. Dezember 1981

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