LVwG Wien VGW-102/013/24669/2014

LVwG WienVGW-102/013/24669/201425.9.2014

B-VG Art 130 Abs1 Z2
SPG §38a Abs2
B-VG Art 130 Abs1 Z2
SPG §38a Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGWI:2014:VGW.102.013.24669.2014

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch den Richter Dr. Helm über die Beschwerde des Herrn S. N., vertreten durch Rechtsanwalt, gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt gegen die Landespolizeidirektion Wien als belangte Behörde, soweit die Verhängung eines Betretungsverbotes gegen den Beschwerdeführer am 05.04.2014 in Wien bekämpft wird, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 25.09.2014 zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird stattgegeben und das angefochtene Betretungsverbot (§38a Abs. 2 SPG) wird für rechtswidrig erklärt.

Eine Entscheidung über die gleichzeitig angefochtene Vorführung zur Polizeiinspektion B. vom selben Tage ergeht zu gesonderter Zahl

(GZ.: VGW-102/13/31311/2014).

Der Rechtsträger der belangten Behörde (Bund) hat dem Beschwerdeführer 737,60 Euro für Schriftsatzaufwand und 922,00 Euro für Verhandlungsaufwand, insgesamt sohin 1.659,90 Euro an Aufwandersatz, binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu leisten.

Die Revision ist unzulässig.

B E G R Ü N D U N G

1. Mit Schriftsatz vom 10.04.2014, zur Post gegeben am folgenden Tag und sohin rechtzeitig, erhob der Einschreiter durch seinen Rechtsfreund Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG, worin er zum Sachverhalt vorbringt:

„Der Einschreiter ist Eigentümer des Hauses K.-gasse in Wien und hat als Hauseigentümer sich zum gegenständlichen Zeitpunkt im Hofe des Hauses befunden und Müll umgeschlichtet, als er von einer unbekannten weiblichen Person verbal angegriffen und belästigt wurde.

Er kam zu einer Schreierei. Die Unbekannte verschwand in einer Wohnung, die von einem Mieter (Herrn E. K.) bewohnt wird und entspann sich nach kurzer Zeit, als dieser Mieter die Wohnung öffnete, erneut ein Streit, der allerdings lediglich verbal ablief.

Der Einschreiter verließ sein Haus und begab sich in seine Wohnung.

Nachdem der Zeuge K. den Einschreiter kannte und ihm offenbar auch die Wohnadresse des Einschreiters bekannt war, erfolgte eine völlig unangemessene Belästigung des Einschreiters durch die Exekutive an seinem Wohnort nach 21.00 Uhr und wurde er – obwohl seine Personalien feststanden und es keinerlei Anlass für eine sofortige Vernehmung auf dem Polizeikommissariat gab – auf das Wachzimmer B. eskortiert und dort vernommen.

In Anbetracht der Geringfügigkeit des Vorfalles hätte eine Vorladung für einen Werktag, zu einer angemessenen Zeit, ausgereicht um den Sachverhalt zu klären.

Bei der nächtlichen Einvernahme wurde dem Einschreiter, offenbar lediglich aufgrund der verleumderischen Angaben einer ihm unbekannten Hausbewohnerin – es wurde dem Einschreiter leidglich der Name der Dame bekannt gegeben mit „A. I“ (ob sie polizeilich gemeldet ist, ist ihm unbekannt, da es vom ihm bzw. der Vermieterin – seiner Gattin – keinen entsprechenden Meldezettel gibt – eine diesbezügliche ZMR-Abfrage lege ich in Kopie bei) – ein Betretungsverbot ausgesprochen, das ihn hindert seine Rechte und Pflichten als Hauseigentümer wahrzunehmen und sich um sein Eigentum zu kümmern.“

Darüber hinaus sind in der Beschwerde keinerlei rechtliche Ausführungen enthalten; wie jedoch der wiedergegebenen Sachverhaltsdarstellung zu entnehmen ist, erachtet der Beschwerdeführer seine Eskortierung zur sofortigen Vernehmung auf das Polizeikommissariat als unangemessen. Ferner wird das Betretungsverbot für rechtswidrig erachtet, zumal es offenbar lediglich auf einer völlig unsachlichen und einseitigen Aussage einer Beteiligten ohne Einvernahme weiterer Zeugen beruhe.

Es wird beantragt, beide Maßnahmen für rechtswidrig zu erklären. Der Antrag auf Kostenersatz wurde in der öffentlichen mündlichen Verhandlung gestellt.

2. Mit Schriftsatz vom 06.06.2014 legte die belangte Behörde auftragsgemäß den von ihrem Polizeikommissariat ... zu AZ: B6/119459/2014 geführten Verwaltungsakt in Ablichtung vor und gab bekannt, dass das Original am 09.04.2014 der Staatsanwaltschaft Wien übermittelt worden sei.

2.1. Unter einem erstattete die belangte Behörde zu ihrer GZ: P1/135481/1/2014 eine Gegenschrift, worin sie zum Sachverhalt auf dem im vorgelegten Akt enthaltenen Bericht vom 05.04.2014 über die Verhängung eines Betretungsverbots verweist und ergänzt, dass während der niederschriftlichen Einvernahme des Opfers durch Insp. F. versucht worden sei, einen weiteren möglichen Zeugen zum Erscheinen auf der PI zu bewegen. Dieser sei jedoch dazu nicht bereit gewesen (und habe erklärt, keine Wahrnehmung gemacht zu haben).

Da der Beschwerdeführer für die einschreitenden Beamten wiederholt nicht erreichbar gewesen sei, sei RvI. So. um ca. 20:15 Uhr zu dessen Wohnadresse entsandt worden, wo er den Gesuchten angetroffen und informiert habe, dass er zur Einvernahme in der PI B. benötigt werden würde. Der Beschwerdeführer habe sich freiwillig mit dem Beamten zur PI B. begeben.

In rechtlicher Hinsicht wird auf § 38a Abs. 1 SPG verwiesen. Wie sich aus dem vorgelegten Akt ergebe, sei der Beschwerdeführer von einer Hausbewohnerin und einer Zeugin beschuldigt worden, ihr wiederholt das Versetzen von Schlägen angedroht zu haben. Lediglich durch das Dazwischengehen unter anderem der Zeugin seien Tätlichkeiten gegen die gefährdete Person verhindert worden. Da als bestimmte Tatsache im Sinne von § 38a Abs. 1 SPG sogar unter der Schwelle des gefährlichen Angriffs gelegene Handlungen des Gefährders anzusehen seien, stelle umso mehr ein bereits erfolgter gefährlicher Angriff, von dem die Beamten im vorliegenden Fall haben ausgehen müssen, eine bestimmte Tatsache dar. Solche bestimmten Tatsachen ermächtigen Sicherheitsorgane in Verbindung mit einer positiven Gefährlichkeitsprognose zur Verhängung eines Betretungsverbotes. Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage 1996 seien für diese Gefährlichkeitsprognose insbesondere auch die Aussagen des Opfers maßgeblich. Da sich das Einschreiten der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes in solchen Fällen an den im Zeitpunkt des Einschreitens vorliegenden Umständen, die den Beamten bekannt gewesen seien, zu orientieren haben, sei die Verhängung eines Betretungsverbots nicht rechtswidrig gewesen.

Zur Unangemessenheit der Einvernahme des Beschwerdeführers in den Abendstunden wird ausgeführt, laut Sachverhaltsdarstellung sei der Beschwerdeführer freiwillig bereit gewesen, sich zum Zwecke seiner Einvernahme zur PI B. zu begeben.

Es wird daher beantragt, die Beschwerde jeweils kostenpflichtig im Punkt Betretungsverbot abzuweisen und im weiteren Punkt zurückzuweisen.

2.2. Mit Schriftsatz vom 25.06.2014 erstattete der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsfreund dazu eine Äußerung, in welcher er darauf hinweist, der einschreitende Beamte habe zwei Mal beim Beschwerdeführer angerufen, es jedoch nicht der Mühe für wert befunden, am Anrufbeantworter irgendeine Information zu hinterlassen. Als der Beamte zur Wohnung des Einschreiters gekommen sei, habe sich dieser bereits im Nachtgewand befunden und sich zur Ruhe gelegt gehabt. Es sei nicht erforderlich gewesen, ihn sofort zu einer Einvernahme mitzunehmen, zumal er 75 Jahre alt sei und eine Gefahr von ihm nicht ausgehe. Die sogenannte Freiwilligkeit sei vom Beamten mit der Drohung erzwungen worden, er müsse den Beschwerdeführer zwangsvorführen, wenn sich dieser nicht sofort anziehe und mitkomme. Aufgrund dieser Amtshandlung habe der Einschreiter der Aufforderung Folge geleistet, sich angekleidet und den Beamten zur Vernehmung begleitet.

Zum Betretungsverbot wird vorgebracht, die dem Einschreiter nicht bekannte Hausbewohnerin, die die Aktion ausgelöst habe, habe sich hysterisch gebärdet und den Einschreiter, welcher der Hauseigentümer sei, daran hindern wollen, die vorgeschriebene Mülltrennung zu kontrollieren, was in der Feststellung gegipfelt habe, es handle sich bei dem Müll um ihren Müll und ihr Eigentum. Die in der Äußerung der Landespolizeidirektion Wien angesprochene Gefährlichkeitsprognose sei offensichtlich auf eine krasse Fehleinschätzung der Situation durch die einschreitenden Beamten zurückzuführen. Der Antrag laut Beschwerde werde daher aufrecht gehalten.

3. Am 25.09.2014 fand die öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien statt, zu der der Beschwerdeführer, nunmehr jedoch unvertreten, sowie die Zeuginnen E. N.,I. A., Insp. F. und die Zeugen Insp. R. und RvI. So. ladungsgemäß erschienen sind. Die belangte Behörde war durch Herrn Dr. W. vertreten. Nach Durchführung des Beweisverfahrens, in welchem sich herausstellte, dass die in der Beschwerde als „unangemessene Amtshandlung“ bezeichnete Vorführung des Einschreiters kriminalpolizeilich motiviert war, wurde das diesen Beschwerdepunkt betreffende Verfahren ausgeschieden und zur gesonderter Geschäftszahl (VGW-102/013/31311/2014) protokolliert. Über den verbleibenden Beschwerdepunkt (Betretungsverbot) wurde das Erkenntnis verkündet.

3.1. Aufgrund des vorgelegten Verwaltungsaktes und der Einvernahme der genannten Zeugen hat das Verwaltungsgericht Wien folgenden Sachverhalt festgestellt und als erwiesen angenommen:

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des Hauses in Wien, K.-gasse. Die Zeugin I. A. war zur Tatzeit Mitbewohnerin einer unter anderem von K. in diesem Hause gemieteten Wohnung. Da die Mieter des Wohnhauses seit wenigen Monaten mit den vorhandenen Mülltonnen nicht mehr das Auslangen fanden und unter ihnen daher die Befürchtung bestand, die Magistratsabteilung 48 werde weitere Mülltonnen vorschreiben und die dadurch erhöhten Kosten werden von den Mietern zu tragen sein, wurde der Beschwerdeführer als Hauseigentümer auf diesen Umstand aufmerksam gemacht. Der Beschwerdeführer begann daher, am Samstag oder Sonntag die Mülltonnen zu kontrollieren, zumal die Müllabfuhr regelmäßig am Montag stattfand. Tatsächlich fand er in beträchtlichen Mengen Karton, Getränkedosen und Plastikflaschen in den Restmülltonnen vor, obwohl sich Papiercontainer an Ort und Stelle und Metall- sowie Plastikcontainer etwa 60 Meter entfernt befanden. Der Beschwerdeführer führte diese Gegenstände daher eigenhändig der getrennten Sammlung zu und drückte den restlichen Müll zusammen, damit dieser in den Restmülltonnen Platz fand.

Als er dies am 05.04.2014 wieder tat, schrie ihn die – ihm persönlich unbekannte – Zeugin A. vom Fenster der Wohnung des Herrn K. heraus an, das sei ihr Müll, was er da tue, sei illegal und sei eine Frechheit. Sie wiederholte diese Beschimpfungen und Beschuldigungen. Der Beschwerdeführer begab sich daher im Anschluss zu der Wohnung und sprach mit dem Mieter K. sowie mit der weiteren dort anwesenden Frau St. über den Vorfall. Als im Zuge der Diskussion die Zeugin A. hinzutrat, kam es zu der in der Folge aktenkundig gewordenen, verbalen Auseinandersetzung (deren genauer Verlauf hier keiner Feststellung bedarf, zumal die belangte Behörde von den ihr diesbezüglich vorliegenden Aussagen auszugehen hatte).

Der Beschwerdeführer begab sich daraufhin nach Hause und ging bereits gegen 20:00 Uhr zu Bett, während die Zeugin A. mit ihrer Freundin Frau St. in die Polizeiinspektion B. kam, um Rat zu suchen. Dabei gab sie an, der Beschwerdeführer habe sie zu schlagen versucht, was nur durch ihren Mitbewohner habe abgewehrt haben können. Sie räumte zwar ein, die Auseinandersetzung dadurch begonnen zu haben, dass sie den, den Müll durchsuchenden Beschwerdeführer angeschrieen habe, was er da mache und was das solle. Er habe ihr schon als Antwort auf ihre Vorhaltungen Schläge angedroht und habe dies auch getan, als Herr K. die Türe geöffnet habe und sie sich außer Sichtweite in ihrem Zimmer befunden habe. Da das Gespräch zwischen dem Beschwerdeführer einerseits und Herrn K. sowie Frau St. andererseits nicht gut verlaufen sei und er weiterhin auf sie geschimpft habe, sei die Zeugin A. nach vorne gegangen und habe nachdrücklich gesagt, dass er sie in Ruhe lassen solle. Daraufhin habe er ihr wieder Schläge angedroht. Da sie bereits so gereizt von der vorherrschenden Situation gewesen sei, sei sie einen Schritt in seine Richtung getreten und habe gesagt, dass er sie schlagen solle. Daraufhin sei der Beschwerdeführer so wütend geworden, dass er mit der Hand ausgeholt habe, um sie zu schlagen. Wäre ihr Mitbewohner nicht dazwischen gegangen, hätte er das nach ihrer Einschätzung auch getan. Anschließend habe er geschrien, dass er sich erkundigen werde, was sie für eine Mitbewohnerin sei, und habe jedoch anschließend das Weite gesucht.

Die vor der belangten Behörde ebenfalls als Zeugin einvernommene Frau St. gab dazu an, der Beschwerdeführer habe sich auf das Gespräch mit ihr und Herrn K. einigermaßen eingelassen, habe jedoch ihre Freundin weiterhin mit diversen Ausdrücken beschimpft. Da sie dies gehört habe, sei sie auch schnell zur Türe gekommen. Der Beschwerdeführer sei definitiv böse geworden, als er sie erblickt habe. Frau A. sei natürlich auch aufgebracht gewesen. Es sei ein Wortgefecht entstanden und sie habe hören können, dass der Beschwerdeführer ihre Freundin gefragt habe, ob er sie schlagen solle, was diese zwei Mal bejaht habe. Der Mitbewohner (K.) und sie haben sich anschließend zwischen die beiden gestellt und sie habe lediglich versucht, ihre Freundin (die Zeugin A.) an ihrer Hand zurückzuziehen. Dadurch sei es schlussendlich nicht zu Handgreiflichkeiten gekommen und der Beschwerdeführer habe die Örtlichkeit verlassen.

Frau Insp. F., die diese Einvernahme durchgeführt hatte, rief dann in der Polizeiinspektion H. an, dass die dortigen Kollegen den Beschwerdeführer aufsuchen und ein Betretungsverbot verhängen mögen. Dies wurde von dort jedoch abgelehnt, da die Beamten die Meinung vertraten, jene Dienststelle, die die Amtshandlung geführt habe, möge das Betretungsverbot selbst verhängen, zumal sie sich ebenfalls in der Nähe befinde. Man einigte sich letztlich darauf, dass die Beamten vom H. den Beschwerdeführer in die PI B. zur Einvernahme bringen sollten. Bereits vor der Ankunft des Beschwerdeführers bereitete Insp. F. nicht nur die Unterlagen für ein Betretungsverbot vor, sondern einigte sich mit ihrem Kollegen Insp. R. auch darauf, dass dieser den Beschwerdeführer einvernehmen und das Betretungsverbot verhängen solle.

RvI. So. von der PI H. rief den Beschwerdeführer erfolglos an, ohne eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter zu hinterlassen. Daraufhin begab er sich mit einer Kollegin zur Adresse des Beschwerdeführers und läutete an der Wohnungstüre. Zuvor war er (von seiner Kollegin Insp. F. im ... Bezirk) telefonisch lediglich informiert worden, dass es um eine gefährliche Drohung gehe, welche Anlass für ein Betretungsverbot sein solle. Er ging daher davon aus, dass er den Beschwerdeführer auf jeden Fall zur Polizeiinspektion B. mitzubringen habe, notfalls unter Berufung auf § 153 Abs. 3 StPO. Der Beschwerdeführer, der RvI. So. und der weiteren Beamtin die Tür öffnete, erhielt dementsprechend – mag das auch nicht ausdrücklich angedroht worden sein – den Eindruck vermittelt, dass er jedenfalls unverzüglich mitzukommen habe, obwohl er sich bereits im Nachtgewand befand, sonst werde er von den Beamten zwangsweise vorgeführt. Nähere Feststellungen zu diesem Faktum erübrigen sich unter Hinweis auf die Ausscheidung dieses Verfahrens im Hinblick auf § 106 StPO (dessen Prüfung durch den Verfassungsgerichtshof zu beantragen sein wird).

Ergänzend ist festzuhalten, dass die Zeugin A. gegenüber der Polizei zu Protokoll gegeben hatte, sie fürchte um ihr Leben, welches durch den Beschwerdeführer bedroht sei. Bei ihren Aussagen von der Polizei waren sowohl der Zeugin A. als auch Frau St. bereits bekannt, dass es sich bei dem Beschwerdeführer um den Hauseigentümer handelt.

3.2. Diese Feststellungen gründen sich auf folgende Beweisergebnisse:

Die zitierten und inhaltlich wiedergegebenen Angaben der Zeugin A. und von Frau St. vor der Polizei ergeben sich aus den Niederschriften über die Vernehmung der beiden Frauen. Die Zeugin A. bestritt zwar, der Zeugin F. gesagt zu haben, sie fürchte um ihr Leben. Jene beharrte aber darauf, dass sie das sonst nicht geschrieben hätte; dafür spricht auch, dass die Zeugin A. ihre Aussage vor der Polizei unterschrieben hat.

Dass die beiden Frauen die Polizei nicht in der Absicht aufsuchten, eine Anzeige zu erstatten, sondern um vorerst Rat zu suchen, ergibt sich sowohl aus der niederschriftlichen Aussage von Frau St. als auch aus dem Amtsvermerk der Zeugin F. vom 05.04.2014.

Die als gefährdete Person geführte Zeugin A. gibt in ihrer Aussage selbst an, sie habe einen Schritt auf den Beschwerdeführer zu gemacht und ihn aufgefordert, sie zu schlagen, worauf jener mit der Hand ausgeholt habe. Frau St. schildert diesen Sachverhalt in ihrer niederschriftlichen Einvernahme etwas abweichend, nämlich Frau A. habe zwei Mal bejaht, dass er sie schlagen solle. Sie gibt in der Folge an, der Mitbewohner und sie haben sich anschließend zwischen die beiden gestellt, schwächt dies aber bezüglich ihrer Person dann ab, sie habe lediglich versucht, ihre Freundin an ihrer Hand zurückzuziehen.

Der offenkundige Widerspruch, dass das vermeintliche Opfer wegen bloß angedrohter Schläge Angst um ihr Leben habe, aber dennoch in der fraglichen Situation einen Schritt auf den Beschwerdeführer zu gemacht habe und ihn aufgefordert habe, sie zu schlagen, wird von der einvernehmenden Beamtin F. in keiner Weise thematisiert. Den Akten ist auch keine Überlegung dazu entnehmen, dass das Androhen eines Schlages oder selbst das Ausführen einer Ohrfeige ohne gesundheitliche Folgen bloß als Beleidigung zu werten ist, welche im Hinblick auf das unmittelbar vorangegangene Verhalten des solcherart Beleidigten sogar straflos sein kann.

Die Version des erst zwischen 21:12 Uhr und 21:40 Uhr einvernommenen Beschwerdeführers: „Die stärkere Dame kam dann aus der Wohnung in den Gang heraus und stellte sich knapp vor mich hin und forderte mich zwei Mal lautstark auf, dass ich ihr doch eine runterhauen soll damit sie Schmerzensgeld bekommt“ fand überhaupt keinen Eingang in die Überlegungen.

Das Verwaltungsgericht Wien geht davon aus, dass dies nicht zuletzt deshalb der Fall war, weil die Verhängung eines Betretungsverbotes bereits vor der Einvernahme des Beschwerdeführers beschlossene Sache war. Bei ihrer Einvernahme hat die Zeugin Insp. F. zunächst sogar freimütig zugegeben, sie habe die PI H. um die Verhängung des Betretungsverbotes ersucht. Sie hat sich zwar im Nachhinein korrigiert, doch sodann selbst angegeben, sie habe mit ihrem Kollegen R. vor dessen Einvernahme des Beschwerdeführers gesprochen und sich auf ein Betretungsverbot geeinigt und sie glaube nicht, dass sie mit ihm noch während dieser Einvernahme Kontakt gehabt habe. Der am Nachmittag des Verhandlungstages einvernommene Zeuge Insp. R. behauptet zwar etwas anderes, jedoch musste er zugeben, zwischenzeitlich mit seiner Kollegin Insp. F. über deren Einvernahme telefoniert zu haben, nachdem seine ersten Antworten diesbezüglich bereits auffällig gewesen waren. Das Verwaltungsgericht Wien geht daher davon aus, dass das nur eine Schutzbehauptung war und dass in Wahrheit während oder nach der Einvernahme des Beschwerdeführers kein Kontakt mehr zwischen dem einvernehmenden Beamten Insp. R. und seiner Kollegin Insp. F., welche die Zeuginnen einvernommen hatte, stattfand. Daher muss der gemeinsame Beschluss über die Verhängung eines Betretungsverbotes gegen den Beschwerdeführer bereits vor dessen Einvernahme gefallen sein.

3.3. In rechtlicher Hinsicht wurde erwogen:

Das Verwaltungsgericht Wien – wie schon zuvor der UVS Wien – geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die Verhängung eines Betretungsverbotes zwar kein kontradiktorisches Verfahren voraussetzt, zumal es sich um eine möglichst rasch zu treffende Sicherungsmaßnahme handelt. Als rechtsstaatlicher Mindeststandard ist jedoch das Gebot „audiatur et altera pars“ zu beachten und der mutmaßliche Gefährder vor der Verhängung wenigstens anzuhören, sodass ihm Gelegenheit geboten wird, eine Anschuldigung gegebenenfalls unmittelbar durch ein vorhandenes oder rasch verfügbares Beweismittel zu widerlegen. Dies umso mehr, als das Betretungsverbot ohnehin ihm persönlich gegenüber erlassen werden muss und mit einer Anhörung seiner Version keine erhebliche Zeitverzögerung verbunden ist. Da dies nach den Feststellungen nicht der Fall war, erweist sich die Verhängung des gegenständlichen Betretungsverbots als rechtswidrig.

Im Übrigen wäre auch eine aus den vorhandenen Beweismitteln abgeleitete Gefährdungsprognose nicht nachvollziehbar, zumal schon die Aussagen des vorgeblichen Opfers teilweise widersprüchlich und jedenfalls nicht hinreichend sind; und dies in einer Weise, die nicht erst der Behörde bei ihrer nachträglichen Überprüfung, sondern bereits den einschreitenden Beamten hätte auffallen müssen. So steht die vom vorgeblichen Opfer behauptete, aber nicht nachvollziehbar begründete Furcht um ihr Leben in krassen Widerspruch mit dem von ihr selbst eingeräumten Umstand, dass sie den Streit begonnen hatte und dass sie sich selbst kurz vor der freiwilligen Entfernung des angeblichen Gefährders vor diesen hingestellt hatte und ihn aufgefordert hatte, sie zu schlagen. Unbestritten ist weiters, dass es zu keinen Handgreiflichkeiten gekommen ist. Dass der Beschwerdeführer ohne das Dazwischentreten von Herrn K. einen Schlag ausgeführt hätte, stellt lediglich eine Mutmaßung der beiden Zeuginnen dar. Insgesamt ergab sich schon aus den Schilderungen der beiden Zeuginnen, umso mehr aber im Konnex mit den Angaben des Beschwerdeführers selbst, schon für die einschreitenden Beamten das Bild eines vom vorgeblichen Opfer provozierten, aber völlig glimpflich ausgegangenen Bassenastreits, der sich in dieser Form nicht einmal zu wiederholen drohte, zumal dem vorgeblichen Opfer zum Zeitpunkt seiner provozierenden Einlassung noch nicht bekannt gewesen war, dass es sich bei der Person, die ihren Müll kontrollierte, um den Hauseigentümer handelte.

Auch abgesehen von der am Beschwerdeführer begangenen Rechtsverletzung, weil dieser vor der Verhängung des Betretungsverbotes nicht gehört worden ist, erweist sich somit die getroffene Gefährdungsprognose als nicht nachvollziehbar und somit rechtswidrig.

4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 35 VwGVG in Verbindung mit der VWG-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 517/2013.

5. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte