LVwG Vorarlberg LVwG-323-1/2019-R1

LVwG VorarlbergLVwG-323-1/2019-R122.10.2019

FPolO Vlbg 1949 §6 Abs2
FPolO Vlbg 1949 §7 Abs2
FPolO Vlbg 1949 §9 Abs2
FPolO Vlbg 1949 §17 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGVO:2019:LVwG.323.1.2019.R1

 

 

 

 

 

ImNamenderRepublik!

 

 

 

Erkenntnis

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch sein Mitglied Mag. Nikolaus Brandtner über die Beschwerde der G I GmbH, B, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt B vom 08.04.2019 betreffend die Behebung feuerpolizeilicher Mängel, zu Recht erkannt:

 

Gemäß § 28 Abs 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG)wird der Beschwerde insoweitFolge gegeben, als die in Spruchpunkt I. angeordneten Maßnahmen 1. bis 11. zu entfallen haben. Im Übrigen wird der der Beschwerde keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruchpunkt I. wie folgt zu lauten hat:

 

„Den Miteigentümern des Wohn- und Geschäftsgebäudes Fstraße, B, wird gemäß § 17 Abs 3 Gesetz über das Feuerpolizeiwesen im Lande Vorarlberg (Feuerpolizeiordnung), LGBl Nr 16/1949, idF LGBl Nr 78/2017, beim Wohn- und Geschäftsgebäude Fstraße auf GST-NR XXX, GB B, die Umsetzung folgender Maßnahmenaufgetragen:

 

1. Innerhalb des Treppenhauses ist eine trockene Steigleitung in Anlehnung an die technische Richtlinie vorbeugender Brandschutz „TRVB F 128“ bis 31.12.2021 zu installieren.

2. Für die erste Löschhilfe sind an folgenden Orten tragbare Feuerlöscher bereit zu halten, wobei die Standorte normgerecht gekennzeichnet sind:

 Hauptgebäude-Treppenhaus: je Geschoss 1 Stück Nass- oder Schaumlöscher (Mindestfüllinhalt 6 l)

 Nebengebäude-UG: 2 Stück Nass- oder Schaumlöscher (Mindestfüllinhalt 6 l)

 Nebengebäude-EG: je Garagenabschnitt 2 Stück (Mindestfüllinhalt 6 l oder 6 kg)

Die Anbringung der Feuerlöscher hat binnen einer Frist von drei Monaten ab Rechtskraft dieses Erkenntnisses zu erfolgen.“

 

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.

 

 

Begründung

 

1. Mit angefochtenem Bescheid wurde den Miteigentümern des Wohn- und Geschäftsgebäudes Fstraße, B, nach Maßgabe eines näher bezeichneten Sachverhaltes gemäß § 9 Abs 2 des Gesetzes über das Feuerpolizeiwesen im Lande Vorarlberg, LGBl Nr 16/1949, idgF, aufgetragen, die beim Wohn- und Geschäftsgebäude Fstraße auf GST-NR XXX, GB B, festgestellten feuerpolizeilichen Mängel durch die Umsetzung der nachangeführten Maßnahmen zu beheben und diese entsprechend dem Sanierungsplan von BM DI R D vom 03.10.2017, ehestmöglich, längstens jedoch bis zum 31.12.2021, umzusetzen:

 

1. Im Hauptgebäude seien sämtliche in das Treppenhaus führenden Türen als Feuerschutztüren EI 30-C auszuführen.

 

2. Im Hauptgebäude sei das Untergeschoss gegenüber dem Treppenhaus in der Feuerwiderstandsklasse REI/EI 90 abzutrennen. Allfällige Türen, welche dabei ins Treppenhaus führten, seien als Feuerschutztüren EI 30-C auszuführen.

 

3. Die Zugangstüre zum Heizraum im Untergeschoss des Hauptgebäudes sei als Feuerschutztüre EI 30-C auszuführen.

 

4. Im Untergeschoss des Nebengebäudes sei die Verbindungstüre zum Hauptgebäude als Feuerschutztüre EI 30-C auszuführen.

 

5. Allfällige Wand- und Deckendurchbrüche in Trennbauteilen seien brandschutztechnisch abzuschotten.

 

6. Im Hauptgebäude sei im Treppenhaus an oberster Stelle eine Rauchabzugsöffnung mit einem freien geometrischen Lüftungsquerschnitt von mindestens 1 m² einzubauen. Die Rauchabzugsöffnung sei derart einzurichten, dass diese netzunabhängig mittels Handtaster von der Zugangsebene der Feuerwehr (Erdgeschoss) und vom obersten Podest aus geöffnet werden könne.

 

7. In sämtlichen Wohneinheiten sei in Aufenthaltsräumen sowie in Gängen, über die Fluchtwege von Aufenthaltsräumen führen, jeweils mindestens ein Rauchwarnmelder zu installieren. Die Rauchwarnmelder seien derart einzubauen, dass Brandrauch frühzeitig erkannt und gemeldetwerde.

 

8. Im Treppenhaus des Hauptgebäudes und im untergeschossigen Gang des Nebengebäudes sei eine Fluchtweg-Orientierungsbeleuchtung gemäß der technischen Richtlinie vorbeugender Brandschutz „TRVB E 102“ zu installieren.

 

9. Beim Hauptgebäude seien die Hauseingangstüre, die Windfangtüre sowie die untergeschossigen Gittertüren im Verlauf des Fluchtweges mit Notausgangsfunktionen auszustatten, wobei die Hauseingangstüre bei einem Austausch in Fluchtrichtung aufschlagend einzurichten sei.

 

10. Beim Nebengebäude seien die vom Untergeschoss ins Freie führenden Türen mit einer Notausgangsfunktion auszustatten.

 

11. Die bestehenden Fußbodenbeläge innerhalb des Treppenhauses und der Gangbereiche seien gegen nicht brennbare Bodenbeläge auszutauschen.

 

12. Innerhalb des Treppenhauses sei eine trockene Steigleitung in Anlehnung an die technische Richtlinie vorbeugender Brandschutz „TRVB F 128“ zu installieren.

 

13. Für die erste Löschhilfe seien an folgenden Orten tragbare Feuerlöscher bereit zu halten, wobei die Standorte normgerecht zu kennzeichnen seien:

- Hauptgebäude - Treppenhaus: je Geschoss ein Stück Nass- oder Schaumlöscher (Mindestfüllinhalt 6 l)

- Nebengebäude - UG: zwei Stück Nass- oder Schaumlöscher (Mindestfüllinhalt 6 l)

- Nebengebäude – EG: je Garagenabschnitt zwei Stück (Mindestfüllinhalt 6 l oder 6 kg)

 

Gemäß § 13 Abs 2 Verwaltungsverfahrensgerichtsgesetz, BGBl I Nr 33/2013, idgF, hat der Bürgermeister die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Beschwerde gegen den Bescheid ausgeschlossen.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin rechtzeitig Beschwerde erhoben. In dieser bringt sie im Wesentlichen vor, es sei festzuhalten, dass kein gültiges und von den Wohnungseigentümern genehmigtes Sanierungskonzept vorliege. Das im Bescheid immer wieder ins Spiel gebrachte Sanierungskonzept sei eigenmächtig und ohne Auftrag der Eigentümer sowie ohne Ausschreibung von der Hausverwaltung PI in Auftrag gegeben worden. Daher könne dieses in Ermangelung einer Genehmigung durch die Eigentümer auch nicht als gültiges und stimmiges Sanierungskonzept (ca 1,8 Mio Euro, davon betrage allein für die Beschwerdeführerin ein Anteil von ca 320.000 Euro) erachtet werden. Auch das Privatgutachten des Herrn DI A sei ohne Auftrag der Eigentümer erfolgt. Zudem sei das Ansuchen der damaligen Hausverwaltung beim Bauamt B auf Überprüfung der Brandschutzmaßnahmen wiederholt ohne Auftrag der Eigentümer erfolgt. Eben jene eigenmächtige Vorgangsweise der damaligen Hausverwaltung und der daraus resultierende Vertrauensverlust habe zu einer Abwahl eben jener Hausverwaltung am 10.09.2018 durch einen mehrheitlichen Umlaufbeschluss der Eigentümer geführt. Da alle bisher durchgeführten Brandschutzmaßnahmen ohne Beschluss nur unter dem Deckmantel der Brandverhütung sowie Gefahr in Verzug ausgeführt worden seien, würden sich die Eigentümer der Immobilie weitere rechtliche Schritte insbesondere die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen vorbehalten.

 

Das Sanierungskonzept, das Privatgutachten sowie die Brandschutzgutachten würden sich allesamt auf die ÖNORM B 1300 und B 1301 beziehen. Die ÖNORMEN seien aber nicht im behördlichen Verfahren anzuwenden. Die Baubehörde habe es unterlassen genauer zu prüfen, welche Mängel in einzelnen Gefahren darstellen würden, die unter § 6 und § 7 Feuerpolizeiordnung fallen würden. Die §§ 6 und 7 würden Vorschriften nur im Bereich der Feuerungsanlagen ermöglichen, wenn diese Anlagen Rettungsmaßnahmen erheblich erschweren würden und bei elektrischen Haus- und Betriebseinrichtungen. Zudem sei nie eindeutig festgestellt worden, welche Standards die derzeitigen Bauteile wie zB die Wohnungstüren hätten bzw ob diese den Standard EI-30 erfüllen würden. Dasselbe gelte für den Bodenbelag im gesamten Stiegenhaus. Außerdem habe die Stadt B beim neuen Bescheid die alte Begründung ungeprüft übernommen. Obwohl „nur“ 13 Punkte vorgeschrieben worden seien, seien in der Begründung insgesamt 16 Punkte erwähnt. Es sei ihnen nicht bekannt, dass diese ÖNORMEN verpflichtend zur Nachrüstung für ältere Gebäude zu Anwendung kommen würden. Das Hochhaus sei 1965, das Nebengebäude 1987 baubewilligt worden und seit 54 Jahren habe es noch keinen einzigen Unfall gegeben. Diese ÖNORMEN würden sich auf neue Gebäude beziehen. Auch sei bisweilen kein Bauantrag bzw Bauanzeige beim Bauamt B gestellt worden.

 

§ 6 und § 7 der Feuerpolizeiordnung des Landes Vorarlberg bezögen sich im Wesentlichen auf Feuerungsanlagen. Diese bestehe aus einer Gasheizung im Hauptgebäude und sei im Jahr 2009 komplett erneuert worden (vorher Ölheizung). Im Nebengebäude befinde sich keine Feuerstelle. Das EG des Hauptgebäudes (Büro) sowie das OG (Büro) im Nebengebäude hätten zudem jeweils einen eigenen Eingang und keine Verbindung zum Stiegenhaus des Hauptgebäudes. Ihnen sei kein einziger Fall in der Judikatur bekannt, wo dieser § 9 Abs 2 je zur Anwendung gekommen sei. Zudem würden sich in der Region B zahlreiche ähnliche Immobilien befinden, die einen identischen baulichen Charakter aufweisen würden. Hier stelle sich die grundsätzliche Frage, warum hier nicht eingegriffen werden und nur bei der gegenständlichen Immobilie umfangreiche Brandschutzmaßnahmen vorgeschrieben würden. Es dürfe hier auf den Gleichheitsgrundsatz verwiesen werden.

 

Bei der Feuerbeschau, die alle sechs Jahre durchgeführt worden sei, seien bisher keine brandschutztechnischen Missstände festgestellt worden. Es sei daher nicht nachvollziehbar, dass nunmehr nach einer Anzeige der Hausverwaltung gravierende Mängel der Behörde festgestellt worden seien.

 

Die Brandverhütungsstelle sowie das Bauamt Bwürden sich fälschlicherweise immer noch auf das vermeintlich vorliegende Sanierungskonzept beziehen. Hier sei nochmals darauf hinzuweisen, dass kein gültiges Konzept vorliege.

 

Durch die vorgeschriebenen Sanierungsarbeiten für den Brandschutz würden unverhältnismäßig hohe Kosten von rund 1 Mio Euro entstehen. Dies liege sicher nicht iSd Gesetzes, dass die Eigentümer wegen nicht möglicher Finanzierung gezwungen würden die Wohnungen zu verkaufen. Dies betreffe im Besonderen auch die Beschwerdeführerin.

 

Zu Punkt 6. der Auflagen habe die Beschwerdeführerin auf Anfrage bei einem Architekten die Auskunft erhalten, dass die Öffnung des Daches für den Rauchabzug aus statischen Gründen ohnehin fraglich wäre und auch durch eine automatische Fensteröffnung im obersten Stockwerk (Treppenhaus) zu lösen wäre.

 

Zu Punkt 12. der Auflagen werde ausgeführt, dass die Öffnung im Gangbereich lediglich zur Reparatur der Elektroleitungen erfolgt sei. Die vorgeschriebene Verlegung einer Trockensteigleitung „TRVB F 128“ sei von den Eigentümern nicht beschlossen worden. Die Vorschreibung einer Trockensteigleitung falle nicht unter die Sanierung bzw Reparatur der elektrischen Leitungen.

 

Darüber hinaus verwies die Beschwerdeführerin auf die bisher im Verfahren abgegebenen Stellungnahmen.

 

3. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt B vom 08.09.1965 wurde die Errichtung des Hochhauses Fstraße auf der Liegenschaft GST-NR XXX, GB B, bewilligt.In den Folgejahren erfolgten verschiedene Um- und Zubauten unter anderem im Erd- und Kellergeschoss sowie beim östlich gelegenen Garagentrakt. Diesbezüglich sind insbesondere die Bescheide des Bürgermeisters der Stadt B vom 16.07.1970 vom 28.08.1987, vom 27.03.1990, vom 19.11.1990, maßgeblich.

 

Entsprechend den vorliegenden Bewilligungsbescheiden wird das Gebäude zu Wohn- und Geschäftszwecken verwendet. Insgesamt sind im Erd- und den zehn weiteren Obergeschossen sowie in der Aufstockung des Garagentraktes 33 Einheiten vorhanden, wovon drei als Geschäftseinheiten (Büro) genutzt werden.Im Kellergeschoss befinden sich Lagerflächen und Technikräume. Das Hauptgebäude verfügt über ein zentrales Treppenhaus, welches vom Kellergeschoss bis ins 10. Obergeschoss führt.

 

Südöstlich des Hauptgebäudes befindet sich ein direkt angebautes Nebengebäude, welches aus einem Untergeschoss, einem Erdgeschoss und einem Obergeschoss besteht. Das Untergeschoss war zum Zeitpunkt der Begehung nicht genutzt. Im Erdgeschoss befinden sich Garagenstellplätze. Im Obergeschoss befinden sich verschiedene Geschäfts- und Büroräumlichkeiten.

 

Im Zuge von geplanten Sanierungsmaßnahmen im Jahr 2017 wurde am 13.07.2017 ein Orts-augenschein durchgeführt um die bestehenden brandschutztechnischen Gegebenheiten beim Bestandsgebäude zu erheben. Aufgrund dieses Ortsaugenscheines erstattete die Brandverhütungsstelle eine brandschutztechnische Stellungnahme mit der sie 16 Maßnahmen zur brandschutztechnischen Verbesserung des Hauptgebäudesvorgeschlagen hat.

 

Aufgrund des durchgeführten Ortsaugenscheines bestand bei der belangten Behörde der Verdacht, dass hinsichtlich des Wohn- und Geschäftsgebäudes Färberstraße 10 gravierende brandschutztechnische Mängel bestehen würden. Es wurde aus diesem Grund am 29.11.2017 ein weiterer Ortsaugenschein durchgeführt. In der Folge wurde die Brandverhütungsstelle um brandschutztechnische Begutachtung des Gebäudes ersucht.

 

Mit Schreiben vom 28.03.2018 erstattete die Brandverhütungsstelle eine brandschutztechnische Stellungnahme, in der sie zahlreiche brandschutztechnische Mängel des gegenständlichen Gebäudes feststellte und dieselben 16 Maßnahmen zur brandschutztechnischen Verbesserung anführte, welche bereits in der vorhergehenden Stellungnahme vorgeschlagen worden waren. Im Übrigen verwies die Brandverhütungsstelle auf ein im Auftrag der Hausverwaltung ausgearbeitetes Sanierungskonzept, in dem die Verbesserungsmaßnahmen bereits berücksichtigt worden seien. Der Zeitrahmen zur Ausführung innerhalb dieses Sanierungskonzeptes könne akzeptiert werden.

 

Auch im Zuge eines von der Hausverwaltung eingeholten Privatgutachtens wurde festgestellt, dass wesentliche Bauteile nicht dem brandschutz- und sicherheitstechnischen Stand der Technik entsprechen würden.

 

Aufgrund von Einwendungen der Parteien des Verfahrens gegen das Gutachten wurde der Brandverhütungsstelle die Ergänzung des Gutachtens aufgetragen. Darin führte die Brandverhütungsstelle aus, dass die im Gutachten vom 28.03.2018 angeführten Maßnahmen jedenfalls allesamt für erforderlich erachtet würden. Die Umsetzung der Maßnahmen 1 bis 5, 7 bis 11 sowie 14 bis 16 stelle sich aus Sicht der Brandverhütungsstelle als unvermeidbar dar.

 

Mit Bescheid vom 20.11.2018 hat die Behörde der Eigentümergemeinschaft Fstraße gemäß § 68 Abs 3 AVG in Abänderung der ergangenen Baubewilligungsbescheide die unter Pkt 1 aufgezählten Aufträge für das Wohn- und Geschäftsgebäude Färberstraße 10 erteilt. Dieser Bescheid wurde mit Bescheid der Berufungskommission der Stadt B vom 09.01.2019 bestätigt. Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes vom 11.03.2019, Zl LVwG-318-21/2019-R8, wurde der Berufungsbescheid dahingehend abgeändert, dass der Berufung Folge gegeben und der angefochtene Bescheid des Bürgermeisters der Stadt B behoben wurde. Begründend wurde ausgeführt, dass die Rechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft auf Angelegenheiten der Liegenschaftsverwaltung beschränkt sei und dieser darüber hinaus keine Eigentümerrechte zugeordnet seien. Der Bescheid hätte daher gegenüber den Miteigentümernerlassen werden müssen.

 

In der Folge erging der verfahrensgegenständliche Bescheid, mit dem die Behörde die unter Pkt 1. angeführten Maßnahmen gemäß § 9 Abs 2 des Gesetzes über das Feuerpolizeiwesen im Lande Vorarlberg, LGBl Nr 16/1949, idgF, aufgetragen hat.

 

4. Dieser Sachverhalt wird aufgrund der Aktenlage als erwiesen angenommen und ist unbestritten.

 

5. Die maßgeblichen Bestimmungen des Gesetzes über das Feuerpolizeiwesen im Lande Vorarlberg (Feuerpolizeiordnung), LGBl Nr 16/1949, idF LGBl Nr 78/2017, lauten wie folgt:

 

„§ 6

 

(1) Der Rauchfangkehrer hat im Rahmen der Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit auch darauf zu achten, ob insbesondere die Feuerungsanlagen augenscheinliche grobe feuerpolizeiliche Mängel aufweisen.

(2) Wahrgenommene Mängel hat er dem Eigentümer oder Verfügungsberechtigten mündlich zur sofortigen Behebung, und soweit sie nicht sofort an Ort und Stelle behoben werden können, dem Bürgermeister schriftlich zur Kenntnis zu bringen.

 

§ 7

 

(1) Bei Gebäuden ist nach den folgenden Bestimmungen dieses Abschnittes eine Feuerbeschau durchzuführen.

(2) Bei der Feuerbeschau ist zu überprüfen, ob die Feuerungsanlagen oder der Zustand der sonstigen baulichen Anlagen, insbesondere der Dachböden, Keller, Garagen, Betriebs- und Lagerräume, augenscheinliche grobe feuerpolizeiliche Mängel aufweisen.

(3) Die allgemeine Feuerbeschau ist, soweit es sich nicht um Gebäude nach Abs. 4 handelt oder sich aus den Abs. 5 und 6 nichts anderes ergibt, spätestens alle sechs Jahre durchzuführen.

(4) Von der allgemeinen, alle sechs Jahre durchzuführenden Feuerbeschau sind ausgenommen:

a) Gebäude oder Gebäudekomplexe, die

1. nur zu Wohnzwecken oder Nutzungen mit nicht wesentlich höherer Brandgefahr dienen,

2. freistehend sind,

3. nicht mehr als drei Obergeschosse aufweisen, wobei Erd-, Hang- oder ausbaubare Dachgeschosse als Obergeschosse gelten und

4. eine Geschoßflächensumme von nicht mehr als 800 m² aufweisen;

b) freistehende Gebäude, in denen weder Feuerungsanlagen vorhanden sind, noch auf andere Art eine Brandgefahr begründet ist.

(5) Wenn dem Bürgermeister besondere Umstände bekannt werden, die eine erhebliche Verkürzung der sechsjährigen Frist für die Feuerbeschau (Abs. 3) erfordern, wie

a) der besondere Zustand des Gebäudes, der Feuerungsanlagen oder der elektrischen Einrichtungen oder

b) die besondere Art der Benützung des Gebäudes,hat der Bürgermeister die entsprechende Verkürzung der Frist für die Feuerbeschau mit Bescheid anzuordnen. Dies gilt sinngemäß für die Einbeziehung von Gebäuden, die von der Feuerbeschau nach Abs. 4 ausgenommen sind, in die Feuerbeschau und die Festsetzung der nötigen Frist.

(6) Eine Feuerbeschau ist unverzüglich durchzuführen, wenn dem Bürgermeister hinsichtlich einzelner Gebäude eine offensichtliche wesentliche Erhöhung der Brandgefahr durch auftretende Baumängel oder durch eine Änderung in der Art der Benützung zur Kenntnis kommt.

(7) Der Bürgermeister hat, wenn auf Grund besonderer ihm zur Kenntnis gelangter Umstände Veranlassung besteht, hinsichtlich einzelner Gebäude auch außerhalb einer Feuerbeschau gemäß Abs. 3, 5 oder 6, überprüfen zu lassen, ob

a) der Zustand der im Abs. 2 genannten Anlagen offenkundig Rettungsmaßnahmen erheblich erschweren oder verhindern kann,

b) für die Feuerwehr die erforderliche Zufahrts- und Einsatzmöglichkeit besteht,

c) die elektrischen Haus- und Betriebseinrichtungen sowie die Blitzschutzanlagen für die Brandsicherheit bedeutsame Mängel aufwiesen.

 

§ 8

 

(1) Die Feuerbeschau ist durch geeignete Personen durchzuführen. Der Bürgermeister hat diese zu bestellen. Er kann auch besondere Sachverständige, insbesondere solche, die der Landesfeuerwehrverband zur Verfügung stellt, bestellen.

(2) Die Eigentümer der Gebäude oder sonst darüber Verfügungsberechtigten haben die Räume für die Feuerbeschau zugänglich zu machen und die erforderlichen Auskünfte zu erteilen.

(3) Den Eigentümern oder Verfügungsberechtigten ist Gelegenheit zu geben, bei der Feuerbeschau anwesend zu sein und zum Ergebnis Stellung zu nehmen. In Betrieben mit Betriebsfeuerwehr hat deren Kommandant an der Feuerbeschau teilzunehmen.

 

§ 9

 

(1) Über das Ergebnis der Feuerbeschau ist dem Bürgermeister schriftlich zu berichten. Der Bericht hat die Anträge betreffend die Behebung jener Mängel zu enthalten, die nicht schon anlässlich der Feuerbeschau beseitigt werden konnten.

(2) Der Bürgermeister hat den Eigentümer oder Verfügungsberechtigten mit schriftlichem Bescheid anzuweisen, die feuerpolizeilichen Mängel im Sinne des § 6 Abs. 2 oder des § 7 Abs. 2 und 7 binnen einer zu bestimmenden angemessenen Frist zu beheben oder beheben zu lassen. Der Bürgermeister hat die Behebung der Mängel durch eine Nachbeschau überprüfen zu lassen, soweit die Behebung der Mängel nicht in anderer Weise, insbesondere durch eine Bestätigung eines dazu befugten Gewerbetreibenden nachgewiesen ist. Zum Nachweis des ordnungsgemäßen und einsatzbereiten Zustandes von Brandmeldeeinrichtungen oder Brandschutzanlagen sowie der elektrischen Einrichtungen kann der Bürgermeister die Vorlage eines Prüfbefundes eines dazu befugten Gewerbetreibenden verlangen. Mängel, die baurechtlichen Bestimmungen widersprechen, sind nach diesen zu beheben.

(3) Wenn die Mängel nicht ordnungsgemäß behoben werden oder ein Prüfbefund nach Abs. 2 nicht vorgelegt wird, hat der Bürgermeister Anzeige wegen Nichtbeachtung feuerpolizeilicher Anordnungen an die Bezirksverwaltungsbehörde zu erstatten und die Verwaltungsvollstreckung einzuleiten. Der Bürgermeister kann die Behebung der Mängel durch eine weitere Nachbeschau überprüfen lassen.

 

§ 17

 

(1) Jeder Hausbesitzer hat die für eine sofortige Brandbekämpfung erforderlichen Mittel nach Maßgabe der Gemeindebrandschutzordnung bereitzuhalten.

(2) Sofern Wasser nicht aus natürlichen Gerinnen oder Wasserleitungen leicht erreichbar ist, muss es für die erste Brandbekämpfung gespeichert bereitgehalten werden.

(3) Den Besitzern ausgedehnter Gebäude oder Anlagen können von der Gemeinde weiter gehende Vorkehrungen entsprechend den besonderen Verhältnissen aufgetragen werden.“

 

Nach § 7 Abs 5 und 6 Feuerpolizeiordnung ist der Bürgermeister befugt eine Feuerbeschau bzw entsprechende Erhebungen von Amts wegen anzuordnen, wenn ihm bestimmte Umstände zur Kenntnis kommen. Der Bürgermeister war daher befugt, eine entsprechende Begutachtung des gegenständlichen Gebäudes durch die Brandschutzstelle, welche eine besondere Einrichtung des Landesfeuerwehrverbandes darstellt, von Amts wegen anzuordnen.

 

Sowohl § 6 Abs 1 als auch § 7 Abs 2 Feuerpolizeiordnung stellen auf den Begriff des „augenscheinlich groben feuerpolizeilichen Mangels“ ab. Zur Bestimmung des § 6 Abs 1 Feuerpolizeiordnung wird in den Materialien ausgeführt, dass der Feuerbeschau bei der Brandverhütung, dazu zählen auch Vorkehrungen für die Brandbekämpfung, eine zentrale Bedeutung zukomme. Dementsprechend solle neben der Überprüfung der Feuerungsanlagen auch geachtet werden auf

- brandgefährliche Bauschäden und andere brandgefährliche Missstände, insbesondere die fachgerechte Lagerung und Verwahrung von Brennstoffen und leicht brennbaren Sachen, die Einhaltung von Schutzabständen, die Entrümpelung von Dachböden, Kellern, Schuppen und Garagenräumen oder die Freihaltung von Fluchtwegen,

- jedermann ohne weiteres erkennbare Mängel der elektrischen Einrichtungen sowie der Blitzschutzeinrichtungen,

- das Vorhandensein, die einwandfreie Beschaffung und die Zugänglichkeit der erforderlichen Löschmittel und Löschgeräte, insbesondere von Löschwasserentnahmestellen sowie die Gewähr für die nötigen Zufahrts- und Anwendungsmöglichkeiten für Löschgeräte der Feuerwehr (ErläutRV 37 BlgVbgLT 25. GP).

 

Zu § 7 Abs 2 Feuerpolizeiordnung wird in den Materialien ausgeführt, dass auch eine Feuerbeschau, die von entsprechend ausgebildeten Personen durchgeführt wird, nicht alle erdenklichen Zustände erfassen kann, die eine Brandgefahr begründen oder möglicherweise erwarten lassen. Die in Abs 2 vorgesehene Änderung beschränke den Prüfungsumfang und Maßstab auf Mängel, die auffälliger und typischer Weise eine erhebliche Brandgefahr darstellen (vgl ErläutRV 18 BlgVlbgLT 26. GP).

 

Aus den Erläuterungen und dem Gesetzestext lässt sich daher schließen, dass lediglichgravierende feuerpolizeiliche Mängel Gegenstand eines Auftrages nach § 9 Abs 2 Feuerpolizeiordnung seien können. Als grobe feuerpolizeiliche Mängel sind insbesondere jene anzusehen, welche in den erläuternden Bemerkungen beispielhaft aufgezählt werden.Sowohl aus dem Gesetzestext als auch aus den erläuternden Bemerkungen lässt sich entnehmen, dass sich die feuerpolizeilichen Mängel nicht notwendigerweise auf eine Feuerungsanlage beziehen müssen, sondern auch sonstige bauliche Anlagen im Zuge der Feuerbeschau überprüft werden dürfen.

 

Beim Großteil der von der Behörde angeführten Maßnahmen handelt es sich um solche Maßnahmen, welche nach der Bautechnikverordnung und den entsprechenden OIB-Richtlinien für ein neu zu erbauendes Gebäude als Auflagen vorgeschrieben werden müssten. Diese Maßnahmen entsprechen dem aktuellen Stand der Technik in Hinblick auf den Brandschutz innerhalb von Gebäuden und sind geeignet die Sicherheit von Personen im Falle eines Brandes zu erhöhen. Sie können allerdings nicht mit einemaugenscheinlich groben feuerpolizeilichen Mangel iSd Feuerpolizeiordnung gleichgesetzt werden, etwa der nicht fachgerechten Lagerung oder Verwahrung von Brennstoffen oder leicht brennbaren Sachen. Auch kann der Feuerpolizeiordnung keine Intention des Gesetzgebers dahingehend entnommen werden, dass mit den genannten Regelungen eine brandschutztechnische Aufrüstung von konsensgemäß errichteten Gebäuden bewirkt werden sollte. Der Baukonsens für das Hauptgebäude und die jeweiligen Um- und Zubauten richten sich nach der Rechtslage zum jeweiligen Bewilligungszeitpunkt.

 

Wie bereits ausgeführt, handelt es sich bei diesen Maßnahmen um solche Maßnahmen, welche nach der Bautechnikverordnung und den entsprechenden OIB-Richtlinien für neu zu erbauende Gebäude vorzuschreiben wären. Würden diese auch für das gegenständliche Gebäude gelten, so wären die beanstandeten Mängel als Mängel zu sehen, die den baurechtlichen Vorschriften widersprechen und wären diese nach § 9 Abs 2 letzter Satz Feuerpolizeiordnung nach diesen zu beheben. Gemäß § 49 Abs 1 Baugesetz hat die Baubehörde allerdings nur unter sehr eingeschränkten Bedingungen die Möglichkeit nachträgliche Aufträge hinsichtlich des Brandschutzes für ein konsensgemäß errichtetes Gebäude zu erteilen. Dies ist insbesondere nur für bestimmte Kategorien von Gebäuden bzw allgemein zugänglich Bauwerke, die für mehr als 75 Besucher oder Kunden ausgelegt sind, vorgesehen.

 

Aus diesen Gründen haben die vorgeschriebenen Maßnahmen 1. bis 11. zu entfallen.

 

Den erläuternden Bemerkungen lässt sich allerdings auch entnehmen, dass im Zuge der Feuerbeschau das Vorhandensein, die einwandfreie Beschaffenheit und die Zugänglichkeit der erforderlichen Löschmittel und Löschgeräte, insbesondere von Löschwasserentnahmestellen sowie die Gewähr für die nötige Zufahrts- und Anwendungsmöglichkeit für Löschgeräte der Feuerwehr zu beachten ist. Erforderliche Löschmittel und Löschgeräte können nur solche sein, zu deren Bereithaltung der Eigentümer oder Verfügungsberechtigte nach Gesetz oder Verordnung verhalten werden kann.

 

Die Feuerpolizeiordnung regelt im zweiten Abschnitt unter anderem die Pflichten des Einzelnen in Hinblick auf die Brandbekämpfung. Nach § 17 Abs 3 Feuerpolizeiordnung können Besitzern ausgedehnter Gebäude oder Anlagen von der Gemeinde weitergehende Vorkehrungen entsprechen der besonderen Verhältnisse aufgetragen werden. Da in Abs 1 leg cit die Bereithaltung der erforderlichen Mittel für eine sofortige Brandbekämpfung nach Maßgabe der Gemeindebrandschutzordnung und Abs 2 leg cit die Verfügbarkeit bzw Bereithaltung von Wasser für die erste Brandbekämpfung regelt, ist davon auszugehen, dass auch nach Abs 3 Anordnungen hinsichtlich der Verfügbarkeit von Löschmitteln getroffen werden können. Die nach Pkt 12. zu installierende trockene Steigleitung erleichtert die Brandbekämpfung für die Feuerwehr, da bereits ein Schlauchsystem innerhalb des Hauses vorhanden ist, welches im Brandfall geflutet und über Anschlussstellen Löschwasser entnommen werden kann. Es liegt in der Natur eines Hochhauses, dass nicht nur die Fluchtwege länger sind, sondern auch das Löschwasser mitunter über eine längere Strecke transportiert werden muss, um am Brandort zu Einsatz zu kommen. Die Anordnung zur Installation einer trockenen Steigleitung stellt daher eine Maßnahme dar, welche nach § 17 Abs 3 Feuerpolizeigesetz dem Verpflichteten aufgetragen werden kann. Gleiches gilt für die unter Pkt 13. angeordnete Bereithaltung von Feuerlöschern. Da sowohl die Fluchtsituation als auch die Brandbekämpfung in einem Hochhaus naturgemäß erschwert ist, kommt den Einrichtungen für die erste Löschhilfe große Bedeutung zu, da mit ihrer Hilfe die Ausbreitung eines Brandes mitunter bereits im Anfangsstadium verhindert werden kann.

 

Der Spruchpunkt I. war daher in Hinblick auf diese Maßnahmen unter Abänderung der Rechtsgrundlage zu bestätigen. Die von der Behörde gesetzte Frist zur Installation der trockenen Steigleitung bis zum 31.12.2021 erscheint jedenfalls ausreichend. Da für das Anbringen der Feuerlöscher keine größeren baulichen Maßnahmen erforderlich sind, war hierfür eine Frist von drei Monaten festzusetzen. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

6. Die Beschwerdeführerin hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt und war aufgrund der Aktenlage erkennbar, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, da lediglich Rechtsfragen zu klären waren. Es konnte daher von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

7. Die Revision ist zulässig, da im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im konkreten Fall fehlt.Soweit ersichtlich hat sich der Verwaltungsgerichtshof bislang weder zu der Frage geäußert, wann ein augenscheinlich grob feuerpolizeilicher Mangel vorliegt, noch dazu, welche Maßnahmen gemäß § 17 Abs 3 Feuerpolizeiordnung angeordnet werden können.

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