ApG 1907 §10 Abs4
ApG 1907 §10 Abs5
European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGKA:2021:KLVwG.959.20.2020
Das Landesverwaltungsgericht Kärnten hat durch xxx über die Beschwerde der xxx, Konzessionärin der öffentlichen „xxx“, xxx, xxx, vertreten durch die Rechtsanwälte xxx, xxx, xxx, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft xxx vom 26. Mai 2020, Zahl: xxx, mit welchem der xxx (im Beschwerdeverfahren vertreten durch die Rechtsanwälte xxx, xxx, xxx) die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke mit dem Standort „Gebiet der Stadtgemeinde xxx“ gemäß § 10 Apothekengesetz erteilt wurde, nach Durchführung von öffentlichen mündlichen Verhandlungen am 12. November 2020 und am 27. Jänner 2021, gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird
i n s o f e r n F o l g e g e g e b e n ,
als der Standort wie folgt festgelegt wird:
„Beginnend am Kreisverkehr zwischen der xxxstraße (xxx) und der xxx Straße (xxx) – der xxx Straße in Richtung Norden folgend bis zum Übergang in die xxx Straße/ xxxstraße – der xxx Straße/xxxstraße in Richtung Osten folgend bis zur Kreuzung mit der xxxstraße – der xxxstraße in südöstlicher Richtung folgend, die Kreuzung mit dem xxxweg passierend und weiter bis zur Kreuzung mit der xxx Straße – der xxxstraße Richtung Westen folgend bis zum Ausgangspunkt zurück; sämtliche Straßenzüge beidseitig“.
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet
a b g e w i e s e n .
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG
z u l ä s s i g .
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1. Verfahrensgang:
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft xxx vom 26. Mai 2020, Zahl: xxx, wurde xxx die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke mit dem Standort „Gebiet der Stadtgemeinde xxx“ erteilt; die in Aussicht genommene Betriebsstätte befindet sich an der Adresse xxx Straße xxx, xxx. Gleichzeitig wurde der Einspruch von xxx („xxx-Apotheke“ xxx) als unbegründet abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde der Konzessionärin der öffentlichen „xxx Apotheke“.
In der Beschwerde wird bezugnehmend auf das Gutachten der Apothekerkammer ausgeführt, dass lediglich 1.579 ständige Einwohner, die im Umkreis von 4 km zur bestehenden Betriebsstätte wohnhaft sind, der xxx Apotheke zuzurechnen sind; die Zahl von über 5.500 zu versorgenden Personen wird fast ausschließlich aufgrund der Berücksichtigung der Touristen bzw. des Camping-Tourismus erreicht. Aus § 10 Abs. 4 und Abs. 5 Apothekengesetz ergibt sich jedoch, dass sich die Bedarfsprüfung – wie auch in der Judikatur des VwGH festgehalten – primär an der Wohnbevölkerung zu orientieren hat, sodass der Großteil der den Bedarf begründenden zu versorgenden Personen einer bestehenden öffentlichen Apotheke im 4 km Umkreis der in Frage stehenden Betriebsstätte ansässig (wohnhaft) sein muss; dies ist im vorliegenden Fall nicht gegeben.
Ein weiterer Beschwerdepunkt betrifft die Studie der TU Wien, welche dem Gutachten der Apothekerkammer hinsichtlich der Berechnung der Einwohnergleichwerte „Tourismus“ zugrunde gelegt wurde. Mit näherer Begründung wird dargelegt, dass die statistischen Annahmen in der TU-Studie grundsätzlich nicht die Realität wiederspiegeln; sie liefert lediglich ein theoretisches Modell, welches aber keinen Zusammenhang mit dem tatsächlichen Verhalten der Einfluter aufweist. Weiters wird in unzulässiger Weise eine Zusammenziehung von Nebenwohnsitzbesitzern und Fremdennächtigungen in eine einzige Gruppe der „nicht ständigen Einwohner“ vorgenommen.
Nach Ansicht der Beschwerdeführerin ist bei der Ermittlung der Relevanz von Touristen/Campinggäste im Einzelfall genau zu prüfen, in welchem Ausmaß die Fremden im Hinblick auf ihre Aufenthaltsdauer und ihre besonderen Lebensgewohnheiten eine Arzneimittelversorgung in Anspruch nehmen – dies hat die belangte Behörde unterlassen.
Abschließend wird in der Beschwerde gerügt, dass die belangte Behörde sich mit dem Einwand der ungerechtfertigten Berücksichtigung der Einwohner sowie des Tourismus aus der Gemeinde xxx nicht auseinandergesetzt hat.
Daher wird beantragt, den Antrag der Konzessionswerberin abzuweisen.
Die belangte Behörde hat mit der Beschwerde den bezughabenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Kärnten zur Entscheidung vorgelegt.
In der gegenständlichen Angelegenheit fanden am 12. November 2020 und am 27. Jänner 2021 öffentlich mündliche Verhandlungen statt; in den Verhandlungen wurde auch ein Vertreter der Österreichischen Apothekerkammer hinsichtlich des erstatteten Gutachtens befragt. Aufgrund des umfangreichen Beschwerdevorbringens und der Vorlage eines Rechtsgutachtens vor der letzten Verhandlung konnte von der mündlichen Verkündung abgesehen werden.
2. Das Landesverwaltungsgericht Kärnten hat über die zulässige Beschwerde wie folgt erwogen:
Mit Schreiben vom 15. Dezember 2017 hat xxx um die Bewilligung der Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in xxx, xxx Straße xxx, bei der Bezirkshauptmannschaft xxx angesucht; der Standort wurde letztlich mit dem Gebiet der Stadtgemeinde xxx angegeben. In der Kärntner Landeszeitung vom xxx. xxx 2017 wurde das gegenständliche Ansuchen kundgemacht.
xxx (Konzessionärin der öffentlichen „xxx Apotheke“ in xxx) hat mit Schreiben vom 25. Jänner 2018 einen Einspruch gegen das gegenständliche Ansuchen erhoben; ein weiterer Einspruch ist von xxx (Konzessionär der öffentlichen xxxapotheke in xxx) bei der belangten Behörde eingelangt.
Von der belangten Behörde wurde ein Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer eingeholt. Im mit 6. Juni 2019 datierten Gutachten ist zusammenfassend folgendes Versorgungspotential der bestehenden öffentlichen „xxx Apotheke“ in xxx festgehalten:
Dem Gutachten war auch die Studie der TU Wien hinsichtlich der Ermittlung der Einwohnergleichwerte angeschlossen; im Punkt 5.3. wird der Tourismus behandelt und dazu folgendes ausgeführt:
„5.3. Tourismus
Derzeit werden Daten zu Fremdennächtigungen in Österreich nicht auf der Ebene regionalstatistischer Rastereinheiten 100 x 100m veröffentlicht. Vor diesem Hintergrund kann die Bedeutung des Fremdenverkehrs in Bezug auf die Frage potenziell zusätzlicher Nachfrage an Apotheken infolge touristischer Nutzung in unmittelbarer Standortumgebung nur näherungsweise aus bestehenden Daten abgeleitet werden. Für sogenannte Berichtsgemeinden (jene ca. 1.500 Gemeinden mit mehr als 1.000 Gästenächtigungen pro Jahr: siehe Krajasits et al. 2008) werden Nächtigungszahlen und andere statistische Merkmale zum Nächtigungs-Tourismus gemeindeweise veröffentlicht. Gästezahlen zum Tagestourismus sind in dieser Statistik explizit nicht enthalten. Da zum Tagestourismus kein flächendeckender und laufend erfasster Datenbestand existiert, musste diese potenziell relevante Nachfrage daher im Rahmen dieser Studie ausgeklammert werden.
Zielsetzung
Das Ziel der Datenaufbereitung bestand daher darin, die nicht explizit ausgewiesene räumliche Verteilung von Übernachtungszahlen (aus der Gemeindestatistik) anhand folgender ergänzender Geodaten plausibel zu modellieren.
Datengrundlagen
• Herold Firmendaten Österreich / WIGeoGIS - Unternehmensdaten mit Koordinaten (Stand 2014)
• Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen (BEV): Adresse Relationale Tabellen - Stichtagsdaten / Gebäudeebene (Stichtag 15.07.2015):
http://www.bev.gv.at/portal/page?_pageid=713 ,2168079&_ dad=portal&_schema=PORTAL
• Statistik Austria - Beherbergungsstatistik: Monatliche Nächtigungsstatistik, Jährliche Bestandsstatistik (Berichtsjahr 2014): https://www.wien.gv.at/statistik/wirtschaft/tabellen/uebern-bezirk-zr.html
• Wien - Magistratsabteilung 23 / Wirtschaft, Arbeit und Statistik: Gästenächtigungen nach Bezirken (Berichtsjahr 2014): http://statistik.at/web_de/statistiken/wirtschaft/tourismus/beherbergung/ankuenfte_naechtig
ungen/index.html
Methode
Nächtigungszahlen werden von Statistik Austria jährlich auf Ebene der Gemeinden für die sogenannten Berichtsgemeinden veröffentlicht. Als Berichtsgemeinden werden Gemeinden mit mindestens 1.000 Gästenächtigungen pro Jahr geführt. Für die administrative Einheit Wien erfolgt in der Nächtigungsstatistik von Statistik Austria keine Unterscheidung nach statistischen Untereinheiten. Plausible räumlich differenzierte Aussagen sind auf dieser Grundlage für Apotheken innerhalb Wiens und in dessen Nahbereich nicht möglich. Räumlich differenziertere Aussagen zu Gästenächtigungen werden seitens der „Magistratsabteilung 23 / Statistik" jeweils für die Wiener Gemeindebezirke veröffentlicht. Die beide Datenquellen wurden zusammengefasst und bildeten die Datengrundlage für die kleinräumig differenzierte Modellierung der Nächtigungszahlen innerhalb der politischen Gemeinden auf 100 x 100m Rasterzellen. Die Modellierung der Nächtigungszahlen auf Rasterebene erfolgte anhand der räumlichen Verteilung der Beherbergungsbetriebe und ging damit von der Annahme aus, dass
• Nächtigungen größtenteils in Betrieben des Beherbergungswesens stattfinden (jene, die in der Nächtigungsstatistik aufscheinen),
• die Dichte der Beherbergungsbetriebe mit der Dichte der Nächtigungen korreliert.
Die zweite Annahme war notwendig, da die zur Verfügung stehenden adressgenauen Daten zu bestehenden Beherbergungsbetrieben keine Information über Bettenkapazität und Bettenauslastung enthielten. In der Studie wurden zur Verortung von Beherbergungsbetrieben folgende beiden Datenquellen komplementär genutzt:
• Herold Firmendaten Österreich / WIGeoGIS
Die Auswahl relevanter Betriebskategorien aus dem Bereich Beherbergung und Gaststätten erfolgt anhand der Gewichtung der OENACE-Kategorien.
• Adresse Relationale Tabellen - Stichtagsdaten/BEV
Der unentgeltlich vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen veröffentlichte Datensatz stellt einen Auszug aus dem Adressregister und Variablen aus dem Gebäude- und Wohnungsregister (AGWR 11) dar. Er beschreibt den gesamten Gebäudebestand Österreichs anhand einer Vielzahl von Merkmalen, von denen im Rahmen dieser Analyse die Koordinaten und die sogenannte Gebäudeeigenschaft relevant sind. Dabei werden 9 Gebäudeeigenschaften unterschieden. Laut Regelung zur EU‑Gebäudeklassifikation erfolgt im AGWR II die Klassifikation von Gebäuden anhand der Flächenangaben der Nutzungseinheiten. Um ein Wohngebäude handelt es sich demzufolge dann, wenn mindestens 50% der Fläche für Wohnen genutzt wird. Ist das nicht der Fall, wird zwischen den übrigen Kategorien anhand des dominanten Flächenanteils unterschieden. Analog werden bei der Klassifikation der Kategorie 2Hotels und ähnliche Gebäude" (Klasse 04) all jene Gebäude nicht miteinbezogen, die nicht dominant als Hotel genutzt werden. Dazu zählen z.B. Privatpensionen mit einigen wenigen vermieteten Zimmern, deren Gesamtfläche unter jener des privat genutzten Wohnbereichs liegt.
Da beide Quellen den Bestand an Beherbergungsbetrieben unvollständig und nicht deckungsgleich abbilden, bietet die Nutzung beider Datensätze zwar keine Garantie dafür, die Betriebe in ihrer räumlichen Verteilung vollständig abzubilden, stellt aber einen pragmatischen Zugang zur Lösung des Problems dar. Ziel einer Kombination beider Datenbestände muss es dabei sein, Doppelerfassungen soweit wie möglich zu vermeiden.
Mittels Kernel-Density-Analyse und sogenannter Fuzzy-Set-Verfahren (siehe Groot-Wilken et al. 2016, Petry et al. 2005) wurden die punktförmig verorteten Adressdaten aus beiden beschriebenen Datensätzen in flächenbezogene Dichteaussagen transformiert, um auf diesem Weg die Grundlage für die räumliche Verknüpfung von rasterbasierten Dichtewerten und den Betriebsstandorten der Arzeimittelabgabestellen im Interaktionsmodell zu schaffen.
Kernel-Density-Analysen sind Verfahren zur Schätzung einer unbekannten Verteilung, wobei die zugrundeliegenden Algorithmen gewährleisten, dass eine zu verteilende Größe (wie hier die Zahl der Beherbergungsbetriebe) in ihrer Dimension auch nach der Verteilung in die Fläche erhalten bleibt. Hier wurde also die Verteilung der Beherbergungsbetriebe mittels Kernel-Density-Verfahren so in die Fläche übertragen, dass die Gesamtanzahl der Adresspunkte erhalten blieb und die Summe der Adresspunkte in einem durch den Kernel-Density-Parameter „Suchradius" definierten Radius ermittelt wurde. Ergebnis dieses Analyseschrittes ist jeweils ein Dichtedatensatz für die beiden Ausgangsdatensätze 2Herold Firmendaten Österreich / WIGeoGIS" und „Adresse Relationale Tabellen - Stichtagsdaten/BEV".
Nachdem die beiden Ausgangsdatensätze mutmaßlich jeweils nur eine Teilmenge der tatsächlich vorhandenen Beherbergungsbetriebe umfassen, waren in einem zweiten Analyseschritt die beiden daraus abgeleiteten Kernel-Density-Datenschichten so zu verknüpfen, dass ein möglichst umfassendes Bild der realen räumlichen Verteilung der Beherbergungsbetriebe entstand, ohne dabei doppelt erfasste Standorte mehrfach zu berücksichtigen. Für diesen Schritt wurden „Fuzzy-Set-Verfahren" (siehe Kurtener 2000) eingesetzt. Diese erlauben anhand zweier Schwellwerte und einer zu definierenden Übergangsfunktion eine mathematisch eindeutige Transformation eines Sets von (Eingangs-)Werten in einen (Ergebnis-)Wertebereich zwischen 0 und 1. Die transformierten Ergebniswerte bilden das Ausmaß der Zugehörigkeit der Objekte des Ausgangsdatensatzes zu einer Auswahlmenge ab.
Hier wurde die in der Kernel-Density-Analyse ermittelte Dichte der Beherbergungsbetriebe mittels einer „Fuzzy-Membership-Function" graduell einer Auswahlmenge zugeordnet. Die Auswahlmenge umfasst dabei jene Dichtewerte, die im Hinblick auf Nachfragepotenziale für Arzneimittel als relevant eingestuften werden. Dabei dient die beobachtete Verteilung der Dichtewerte als Relevanzkriterium, d.h. die Definition der Schwellwerte erfolgt auf Basis der beobachteten Daten. Die Auswahl relevanter Zellen erfolgte für beide Datenquellen vorerst unabhängig voneinander, erst in einem zweiten Schritt werden beide Auswahlmengen so kombiniert, dass hohe Werte in einem der beiden Eingangsdatensätze zu hohen Werten im kombinierten Ergebnisdatenset führen, ohne damit dort, wo beide Datensätze Beherbergungsbetriebe ausweisen, Verzerrungen hervorzurufen. Dieser letzte Schritt gewährleistet, dass Doppelzählungen vermieden werden.
Sowohl für die Dichte der Übernachtungsstandorte (Datenquelle HEROLD) als auch für die Dichte der BEV-Standorte (Typ „Hotels und ähnliche Gebäude") wurden folgende Parameter der Fuzzy Membership Funktion (FMF) gewählt:
• bis zum Dichtewert der unteren 80% der Dichteverteilung besteht keine Zugehörigkeit zur Auswahlmenge
• ab dem Dichtewert der höchsten 5% der Dichteverteilung besteht volle Zugehörigkeit zur Auswahlmenge
• für sämtliche Werte dazwischen wird linear zwischen 0 und 1 interpoliert
In die Auswahl der touristisch relevanten Zellen gelangten nur jene Rasterelemente, die zu den etwa 15% der (in einer der beiden Dimensionen) am höchsten bewerteten zählen.
Ausgehend von den Ergebnissen der Dichtebewertung erfolgte die räumliche Verteilung der Gemeindeergebnisse der Nächtigungsstatistik. Dabei wurden die Nächtigungszahlen gemeindeweise aliquot zum relativen Dichteanteil einer Zelle am Gesamtvolumen der Dichteverteilung zugeordnet.“
Im Zuge des Ermittlungsverfahrens wurde von der belangten Behörde eine mit 24. Februar 2020 ergänzende Stellungnahme der Österreichischen Apothekerkammer eingeholt; zur TU Studie wird darin folgendes ausgeführt:
„Bezugnehmend auf das Schreiben der Bezirkshauptmannschaft xxx vom 23.09.2019 nimmt die Österreichische Apothekerkammer (Landesgeschäftsstelle Kärnten) wie folgt ergänzend Stellung.
Nachdem der VwGH die von der Österreichischen Apothekerkammer verwendeten GfK Studien aufgrund ihrer Methodik der bloßen Befragung von Personen verworfen hat (VwGH 22.04.2015, Zl. Ro 2015/10/0004), beauftragte die Österreichische Apothekerkammer die Technische Universität (TU) Wien mit der Erstellung einer auf einer anderweitigen Methode aufbauenden Studie zur Ermittlung von Einwoh- nergleichwerten unter Berücksichtigung des ApG und der geltenden Judikatur. Die von der TU Wien erstellte Studie beruht - im Gegensatz zur GfK-Studie - auf einem statistischen Modell. Aufgrund der unterschiedlichen Methodik, die den Studien zugrunde liegt, können die Ergebnisse der ermittelten Einwohnergleichwerte nicht verglichen werden.
Die von der TU Wien verfasste Studie stellt eine Grundlagenstudie dar, im Zuge derer mittels statistischer Standardverfahren Versorgungsäquivalente erhoben wurden. Bei diesen handelt es sich um allgemein gültige Faktoren, die für die Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer als Basis dienen, um eine Umrechnung von zusätzlich zu versorgenden Personen in Einwohnergleichwerte - die sich an der Maßstabsfigur des ständigen Einwohners orientiert - zu ermöglichen (siehe TU-Studie, Seite 6 ff.).
In die Studie sind alle Daten eingeflossen, die aktuell (im Hinblick auf den zeitlichen Abstand der Daten untereinander), vollständig, raumbezogen und flächendeckend für ganz Österreich verfügbar waren. Aufgrund des Anwendungsraumes für ganz Österreich stellt diese Studie eine Durchschnittsbetrachtung dar. Als Grundlage zur Abbildung der Inanspruchnahme der Apotheken wurde ein Regressionsmodell gewählt, welches die Beiträge zum bereinigten Umsatz - d.h. Umsätze für hochpreisige Produkte (Arzneimittel, die mehr als € 200 im Einkauf kosten) bleiben mangels nachvollziehbarer Logik hinsichtlich ihrer räumlichen Verteilung, die zu einer Schwächung des Modells führen würden, außer Ansatz - der Apotheken in Österreich (1.328, Stand 31.12.2014) durch die unabhängige Variablen „ständige Einwohner", „Kaufkraftindex", „Nebenwohnsitz & Touristen (nicht ständige Einwohner)", „Beschäftigte und Einzelhandelsdichte", „Patientenfrequenz-Ambulanzen", „Verkehrsknoten" sowie „Hausapotheken" bestmöglich erklärt. Am Durchschnittsbedarf des ständigen Einwohners werden auch die anderen Koeffizienten gemessen. Die methodischen Grundlagen des Modells werden in der TU Studie, Seite 7 ff. dargestellt. Bei den verwendeten Methoden handelt es sich um allgemein anerkannte statistische Verfahren. Ergebnis der Studie sind also allgemein gültige Kennzahlen, die auf empirischen Untersuchungen mit statistischen Methoden beruhen und im Vergleich zum ständigen Einwohner als Maßstabsfigur betrachtet werden. Doppelzählungen sind auf Basis dieses Modells - Ermittlung des Einflusses der jeweiligen Variablen auf den Umsatz - ausgeschlossen.
Hinsichtlich der Berücksichtigung des Fremdenverkehrs vertritt der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung, dass „Fremdennächtigungen bei der Bedarfsbeurteilung grundsätzlich nicht heranzuziehen sind. Ausgenommen sind jene Fälle, in denen es sich um ausgesprochene Fremdenverkehrszentren handelt." Im Falle der Gemeinden xxx und xxx kann aus Sicht der Österreichischen Apothekerkammer bei einer Gesamteinwohnerzahl von 5.831 (xxx) und 2.156 (xxx) und einer Jahresnächtigungszahl von 388.502 (xxx) und 35.458 (xxx) im Jahr 2017 (Quelle: Statistik Austria Jahresnächtigungszahlen auf Basis der Gemeindegrenzen) wohl eindeutig von Fremdenverkehrszentren gesprochen werden.
Aufgrund der vorliegenden Daten erfolgte die räumliche Verteilung der Fremdermächtigungen der Gemeinde mittels statistischer Methoden zur Dichtebewertung (siehe TU-Studie, Seite 16 ff.). Hierbei wurden die beiden zu diesem Thema vorhandenen Datenquellen betreffend die einschlägigen Betriebe von Herold Firmendaten Österreich und des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen (siehe TU Studie, Seite 17) statistisch zusammengefasst, um eine bestmögliche Datenqualität zu erzielen. Die Nächtigungszahlen, die österreichweit nur auf Gemeindeebene zur Verfügung stehen, wurden im Zuge der Erstellung der Studie aufgrund der Lage von Hotels, Pensionen etc. auf einen kleinräumigen Raster umgelegt, um eine genauere Zuordnung zu den Versorgungsgebieten der geprüften Apotheken zu ermöglichen. Mangels konkreten und vollständig verfügbaren Informationen betreffend die einzelnen Betriebe wurde aus der Art des Beherbergungsbetriebes (Hotel, Pension, etc.) ein Rückschluss auf die Bettenkapazität abgeleitet. Plakativ gesprochen, bedeutet das, dass einer Pension weniger Nächtigungen zugerechnet werden als einem Hotel beispielsweise. Dass ein Hotel mehr Betten hat, als eine Pension ist nach Ansicht der Österreichischen Apothekerkammer eine schlüssige Annahme. Jedem Raster wird dementsprechend eine bestimmte Anzahl an Nächtigungen zugeordnet. Befinden sich im Polygon einer geprüften Apotheke solche „befüllten" Rasterzellen und handelt es sich bei der jeweiligen Gemeinde um eine ausgesprochene Fremdenverkehrsgemeinde gemäß Rechtsprechung, können diese Fremdermächtigungen dem Versorgungspotential hinzugerechnet werden.
Regressionsanalysen funktionieren dann besonders gut, wenn sich die einbezogenen erklärenden Variablen deutlich voneinander unterscheiden. Da im Rahmen der Modellerstellung von den Experten der TU Wien festgestellt wurde, dass die Nebenwohnsitze und die verorteten Touristennächtigungen nicht ausreichend gut differieren, sondern laut den Verfassern der TU-Studie stark korrelieren und einen engen inhaltlichen Bezug aufweisen, wurden sie zu den „nicht ständigen Einwohnern" zusammengefasst. Als Dimension dieser Variablen wurde die Zahl der Nächtigungen definiert, für die bei den Nebenwohnsitzen von einer durchschnittlichen Aufenthaltsdauer von 47,1 Tagen im Jahr ausgegangen wurde (siehe TU-Studie, Seite 27f.). Dadurch wurde ein besserer Erklärungswert im Rahmen des statistischen Einwohnergleichwertemodells erzielt.
Ziel und Aufgabe der Studie war es den Einfluss der signifikanten Variablen auf den Umsatz der Apotheken zu erklären bzw. den Effekt der ständigen Einwohner in Beziehung zu den anderen erklärenden Variablen zu setzen. Der aus dem Modell resultierende Regressionskoeffizient dient der Umrechnung der zusätzlich zu versorgenden Personen im Sinne des § 10 Abs. 5 ApG in Einwohnergleichwerte.
Diese Studie der TU Wien stellt aktuell den „State of the Art" der Einwohnergleichwerteermittlung im Zuge der Bedarfsprüfung dar und wird demnach von der Österreichischen Apothekerkammer in ihren Bedarfsgutachten zur Erhebung des zusätzlichen Versorgungspotentiales herangezogen. Die Österreichische Apo- thekerkammer (Landesgeschäftsstelle Kärnten) hält fest, dass die Studie der Technischen Universität Wien eine geeignete - und derzeit auch die einzige - Grundlage darstellt, um das zusätzliche Versorgungspotential gemäß § 10 Abs. 5 ApG in Einwohnergleichwerte umzurechnen. Sie wurde von Experten des Fachbereichs Stadt- und Regionalforschung der TU Wien auf wissenschaftlicher Basis, unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung und der Realität verfasst. Die Österreichische Apothekerkammer sieht keinen Anlass gegeben, die Studie der TU Wien bei der Bedarfsermittlung nicht anzuwenden. Die TU-Studie wurde bereits in mehreren Verfahren vor den Landesverwaltungsgerichten als Basis zur Ermittlung von Einwohnergleichwerten im Sinne des § 10 Abs. 5 ApG zugrunde gelegt. Trotz zahlreicher Vorbringen wurde die Studie der TU Wien vom VwGH weder verworfen noch liegt eine alternative Studie zur Ermittlung von Einwohnergleichwerten auf gleicher fachlicher Ebene vor. In diesem Zusammenhang verweist die Österreichische Apothekerkammer (Landesgeschäftsstelle Kärnten) auf die Entscheidung des VwGH vom 30.01.2019, Zl. 2019/10/0004.“
Mit Bescheid vom 26. Mai 2020, Zahl: xxx, wurde der Konzessionswerberin die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke mit dem Standort „Gebiet der Stadtgemeinde xxx“ erteilt; die in Aussicht genommene Betriebsstätte befindet sich an der Adresse xxx Straße xxx, xxx.
Gegen diesen Bescheid hat die Konzessionärin der öffentlichen „xxx Apotheke“ in xxx eine Beschwerde mit näherer Begründung eingebracht (siehe Punkt 1 der Entscheidung).
Im Beschwerdeverfahren hat die Konzessionswerberin eine „Stellungnahme“ von xxx vorgelegt; der Autor kommt bei der Berechnung des Versorgungspotentiales der öffentlichen „xxx Apotheke“ in xxx zu einem annähernd gleichen Ergebnis wie die Österreichische Apothekerkammer.
Aufgrund des Vorbringens der Beschwerdeführerin in der Verhandlung am 12. November 2020 wurde eine ergänzende Stellungnahme der Apothekerkammer mit dem Auftrag, die aktuellen Daten heranzuziehen, eingeholt; darin wird folgende Berechnung dargestellt (Stellungnahme vom 22. Dezember 2020):
„Bezugnehmend auf das Schreiben des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 15.11.2020 nimmt die Österreichische Apothekerkammer (Landesgeschäftsstelle Kärnten) wie folgt ergänzend Stellung.
Unter Zugrundelegung der aktuellsten verfügbaren Straßen- und Einwohnerdaten stellt sich das Versorgungspotential der bestehenden öffentlichen xxx-Apotheke in xxx wie folgt dar:
Die Filialapotheke in xxx wurde bei der Ermittlung der Versorgungspolygone nicht berücksichtigt, da diese lediglich in den Sommermonaten geöffnet hat.
Für den Fall der Neuerrichtung der angesuchten öffentlichen Apotheke werden nach den ho. vorliegenden Ermittlungsergebnissen und ergänzenden Erhebungen in der Versorgung aus der bestehenden öffentlichen xxx-Apotheke in xxx ständige Einwohner aus einem Umkreis von 4 Straßenkilometern aufgrund der örtlichen Verhältnisse weiterhin verbleiben.
Hierbei wurden die 1.578 ständigen Einwohner (lt. Statistik Austria vom 26. November 2020; vgl. Anlage 1) des roten Polygons (vgl. Anlage 2) berücksichtigt.
Die Zuteilung der Personen erfolgte unter Berücksichtigung sämtlicher maßgeblicher örtlicher Verhältnisse. Im konkreten Fall waren keine geographischen oder verkehrstechnischen Besonderheiten zu beachten, sodass bei der Zuteilung die Entfernung, die von den zu versorgenden Personen zur jeweils nächstliegenden öffentlichen Apotheke zurückzulegen sein wird, ausschlaggebend war.
Da die Zahl der weiterhin in der Versorgung aus der bestehenden öffentlichen Apotheke verbleibenden "ständigen Einwohner" 5.500 unterschreitet, sind im konkreten Fall weitere Ermittlungen hinsichtlich zusätzlich zu versorgender Personen gemäß § 10 Abs. 5 ApG erforderlich:
Hier sind zunächst die 1.368 ständigen Einwohner (lt. Statistik Austria vom 26. November 2020; vgl. Anlage 1) des blauen Polygons (vgl. Anlage 2) zu berücksichtigen, da für diese Personen die bestehende öffentliche xxx-Apotheke in xxx – obwohl außerhalb des 4-km-Polygons - die nächstgelegene Arzneimittelabgabestelle ist.
Weiters sind die 106 ständigen Einwohner (lt. Statistik Austria vom 26. November 2020; vgl. Anlage 1) des grünen Polygons (vgl. Anlage 2) trotz der bestehen bleibenden ärztlichen Hausapotheke in xxx teilweise zu berücksichtigen, da für diese Personen die bestehende öffentliche xxx-Apotheke in xxx – obwohl außerhalb des 4‑km-Polygons - die nächstgelegene öffentliche Apotheke ist.
Hinsichtlich der Berücksichtigung von ständigen Einwohnern aus Gemeinden, die auch nach Errichtung einer neuen öffentlichen Apotheke von ärztlichen Hausapotheken versorgt werden, führt der Verwaltungsgerichtshof aus, dass „Feststellungen zu der Frage, in welchem Ausmaß die Bewohner eines Gebietes ihren Arzneimittelbedarf schon bisher bei einer ärztlichen Hausapotheke gedeckt haben, soweit auf den Einzelfall bezogene Ermittlungen nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand möglich sind, auch auf allgemeine, für den jeweiligen Fall repräsentative Untersuchungsergebnisse gestützt werden können.“ (VwGH 2001/10/0135 vom 14. Mai 2002).
Da Ermittlungen im Einzelfall tatsächlich nur mit unvertretbarem Aufwand (Einzelbefragungen hinsichtlich des Arzneimittelbezuges beim Arzt und/oder in der nächstliegenden öffentlichen Apotheke) möglich sind, hat die Österreichische Apothekerkammer diesbezüglich eine empirische repräsentative Studie durchgeführt
(vgl. Beilage).
Grundlage dieser Studie war das tatsächliche Verhalten der ständigen Einwohner aus 30 Gemeinden, die von ärztlichen Hausapotheken versorgt sind. Anhand einer Analyse der Rezepte in den jeweils nächstliegenden öffentlichen Apotheken konnte festgestellt werden, dass sich 22 % der untersuchten Personen trotz einer vorhandenen ärztlichen Hausapotheke in der nächstliegenden öffentlichen Apotheke mit Arzneimitteln versorgen. Dies ist im Einzelfall auf jeweils einige der folgenden Ursachen zurückzuführen:
Mehr als 6 % aller in öffentlichen Apotheken eingelösten Verordnungen sind magistrale Verordnungen (Individualzubereitungen des Apothekers). Erfahrungsgemäß werden auch von hausapothekenführenden Ärzten derartige Rezepte gleichermaßen ausgestellt, welche dann aber teilweise in öffentlichen Apotheken eingelöst werden.
Bei ärztlichen Hausapotheken gibt es Urlaubssperren sowie Sperren aufgrund der Erkrankung des hausapothekenführenden Arztes. Geht man nur von einer fünf- bis sechswöchigen Abwesenheit des hausapothekenführenden Arztes aus, so entspricht dies ca. 10 % eines Kalenderjahres. In dieser Zeit sind die Patienten gezwungen, andere Ärzte (ohne ärztliche Hausapotheke) aufzusuchen, deren Verschreibungen dann in einer öffentlichen Apotheke einzulösen sind.
Ein weiteres Argument, das den Bedarf nach einer öffentlichen Apotheke untermauert, sind die günstigeren Öffnungszeiten einer öffentlichen Apotheke, denn dadurch ist man nicht an die meist nur kurzen Ordinationszeiten des hausapothekenführenden Arztes gebunden.
Weiters ist festzustellen, dass auch während der Zeit, in der sich der hausapothekenführende Arzt bei Hausbesuchen befindet, keine Abgabe von Medikamenten aus der Ordination des hausapothekenführenden Arztes erfolgen darf.
Nach Facharztbesuchen werden häufig öffentliche Apotheken aufgesucht.
Ebenso spricht der steigende Anteil der Selbstmedikation für eine verstärkte Inanspruchnahme der öffentlichen Apotheke auch von Personen, in deren Wohnsitzgemeinde eine ärztliche Hausapotheke besteht.
Darüber hinaus verfügen öffentliche Apotheken im Normalfall über ein wesentlich breiteres Sortiment, insbesondere auch im Bereich der nicht rezeptpflichtigen Arzneimittel.
Der in dieser Studie ermittelte Prozentsatz gilt nach ho. Auffassung für ganz Österreich, da in der Untersuchung 7 von 8 relevanten Bundesländern (in Wien bestehen keine ärztlichen Hausapotheken) berücksichtigt waren. Die Tatsache, dass die Abweichungen der Einzelergebnisse in den in der Studie jeweils untersuchten Fällen nur gering waren und nicht auf regionale Besonderheiten, sondern auf subjektive Verhaltensweisen der Bevölkerung zurückzuführen waren, spricht für die Anwendung des ermittelten Gesamtprozentsatzes auch für den konkreten Einzelfall.
Die 106 ständigen Einwohner des grünen Polygons sind demnach – trotz der bestehen bleibenden ärztlichen Hausapotheke in xxx – zu 22 % (= 23 Personen) dem Versorgungspotential der bestehenden öffentlichen xxx-Apotheke in xxx zuzurechnen.
Die Ermittlung, in welchem Umfang zusätzlich zu versorgende Personen den Bedarf an einer öffentlichen Apotheke mitbegründen, ist im Einzelfall mangels vorhandener Daten nur mit unvertretbarem Aufwand möglich (Einzelbefragungen). Daher zieht die Österreichische Apothekerkammer zur Ermittlung von Einwohnergleichwerten aus zusätzlich zu versorgenden Personen – wie bereits oben ausgeführt – eine Studie der Technischen Universität Wien heran, die die wesentlichen Einflüsse der jeweiligen Nachfragefaktoren auf den Apothekenumsatz mithilfe eines Regressionsmodells herausgearbeitet hat, welche der Berechnung von Einwohnergleichwerten zugrunde gelegt wird (vgl. beiliegende Studie). Im konkreten Fall ist der Einfluss folgender Faktoren für das Versorgungspotential der bestehenden öffentlichen xxx-Apotheke in xxx relevant.
Im oben umschriebenen Versorgungsgebiet haben 353 Personen ihren Nebenwohnsitz (rotes Polygon: 144 Personen mit Nebenwohnsitz; blaues Polygon: = 209 Personen mit Nebenwohnsitz; grünes Polygon: = keine zurechenbaren Personen mit Nebenwohnsitz (hier wurde aus datenschutzrechtlichen Gründen von einem „Minimalwert“ von 1 Person ausgegangen, da Statistik Austria Werte, die kleiner oder gleich 30 Personen sind, nicht bekannt geben darf und aufgrund der bestehen bleibenden ärztlichen Hausapotheke in xxx werden die Personen mit Nebenwohnsitz im grünen Polygon zu 22 % berücksichtigt – diese 1 Person ergibt unter Zugrundelegung der Hausapothekenstudie keine zurechenbaren Personen mit Nebenwohnsitz); lt. Statistik Austria vom 26. November 2020; vgl. Anlage 1).
Die Ermittlung der Einwohnergleichwerte aufgrund von Nebenwohnsitzen (NWS) erfolgt lt. der Studie der Technischen Universität Wien (siehe beiliegende Studie) aufgrund der dort ermittelten Regressionskoeffizienten (RK; siehe Seite 31 der Studie) und der Anzahl der Tage, an denen sich eine Person durchschnittlich am Nebenwohnsitz aufhält (siehe Seite 28 der Studie) im Vergleich zum Regressionskoeffizienten eines ständigen Einwohners mittels folgender Formel:
Unter Zugrundelegung der oben angeführten Studie der Technischen Universität Wien ergeben die 353 Personen mit Nebenwohnsitz des oben umschriebenen Versorgungsgebietes 158 zusätzlich zu versorgende Personen.
Ebenso sind die im oben umschriebenen Versorgungsgebiet ausgewiesenen 1.414 Beschäftigten (rotes Polygon: = 1.053 beschäftigte Personen; blaues Polygon: = 361 beschäftigte Personen; grünes Polygon: = keine zurechenbaren Beschäftigten (hier wurde wiederum aus datenschutzrechtlichen Gründen von einem „Minimalwert“ von 1 Person ausgegangen, da Statistik Austria Werte, die kleiner oder gleich 30 Personen sind, nicht bekannt geben darf und aufgrund der bestehen bleibenden ärztlichen Hausapotheke in xxx werden Beschäftigte im grünen Polygon zu 22 % berücksichtigt - diese 1 beschäftigte Person ergibt unter Zugrundelegung der Hausapothekenstudie keine zurechenbaren Beschäftigten); lt. Statistik Austria vom
26. November 2020; vgl. Anlage 1) zu berücksichtigen.
Die Ermittlung der Einwohnergleichwerte aufgrund von Beschäftigung erfolgt lt. der Studie der Technischen Universität Wien (siehe beiliegende Studie) aufgrund der dort ermittelten Regressionskoeffizienten (RK; siehe Seite 31 der Studie) und der von der Technischen Universität Wien ermittelten Gewichtung für Beschäftigte (siehe Seite 28 der Studie) im Vergleich zum Regressionskoeffizienten eines ständigen Einwohners mittels folgender Formel:
Unter Zugrundelegung der oben angeführten Studie der Technischen Universität Wien entsprechen die 1.414 Beschäftigten des oben umschriebenen Versorgungsgebietes 407 „Einwohnergleichwerten“.
Hinsichtlich der Berücksichtigung des Fremdenverkehrs vertritt der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung, dass „Fremdennächtigungen bei der Bedarfsbeurteilung grundsätzlich nicht heranzuziehen sind. Ausgenommen sind jene Fälle, in denen es sich um ausgesprochene Fremdenverkehrszentren handelt.“ Im Falle der Gemeinden xxx und xxx kann aus Sicht der Österreichischen Apothekerkammer bei einer Gesamteinwohnerzahl von 5.782 (xxx) bzw. 2.088 (xxx) und einer Jahresnächtigungszahl von 399.920 (xxx) bzw. 36.882 (xxx) im Jahr 2019 (Quelle: Statistik Austria Jahresnächtigungszahlen auf Basis der Gemeindegrenzen) wohl eindeutig von Fremdenverkehrszentren gesprochen werden.
Aufgrund der vorliegenden Daten erfolgte die räumliche Verteilung der Fremdennächtigungen der Gemeinde mittels statistischer Methoden zur Dichtebewertung (siehe Seite 16 ff. der TU-Studie). Hierbei wurden die Nächtigungszahlen, die österreichweit nur auf Gemeindeebene zur Verfügung stehen, im Zuge der Erstellung der Studie aufgrund der Lage von Hotels, Pensionen etc. auf einen kleinräumigen Raster umgelegt, um eine genauere Zuordnung zu den Versorgungsgebieten der geprüften Apotheken zu ermöglichen. Im Versorgungsgebiet der xxx-Apotheke in xxx sind daher 302.421 (xxx) bzw. 31.403 (xxx) Fremdennächtigungen zu verzeichnen. Die in der Studie der Technischen Universität Wien herangezogenen Nächtigungszahlen beziehen sich auf das Jahr 2014. Da aber bereits Nächtigungszahlen von 2019 verfügbar sind, wird die Entwicklung dieser Werte in der Gemeinde xxx (2014: 357.000 in xxx bzw. 33.314 in xxx) berücksichtigt. Für die weitere Berechnung wird daher von 373.545 Fremdennächtigungen im Versorgungsgebiet der xxx-Apotheke in xxx ausgegangen.
Hochrechnung Tourismus:
Aus der Regressionsanalyse resultiert für die Fremdennächtigungen (FN) ein Regressionskoeffizient (RK, siehe Studie Seite 31) von 1,671. Als Vergleichswert wird der Regressionskoeffizient eines ständigen Einwohners herangezogen.
Aufgrund der im oben angeführten Versorgungsgebiet vorliegenden Fremdennächtigungen sind der bestehenden öffentlichen xxx-Apotheke in xxx – unter Zugrundelegung der Studie der Technischen Universität Wien weitere 3.552 zusätzlich zu versorgende Personen zuzurechnen.
Aufgrund des o.a. Befundes wird die bestehende öffentliche xxx-Apotheke in xxx im Falle der Neuerrichtung der angesuchten öffentlichen Apotheke in xxx über 5.500 Personen aufgrund der örtlichen Verhältnisse weiterhin zu versorgen haben, bestehend aus 1.578 ständigen Einwohnern innerhalb des 4-km-Polygons sowie 5.508 zusätzlich zu versorgenden Personen im Sinne des § 10 Abs. 5 ApG. Da auch die Entfernung zwischen der xxx-Apotheke in xxx und der angegebenen Betriebsstätte der neu angesuchten Apotheke mehr als 500 m beträgt, ist der Bedarf an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke im Sinne der apothekengesetzlichen Vorschriften gegeben.
Unter Zugrundelegung der aktuelleren Daten ergeben sich keine signifikanten Veränderungen im Hinblick auf das Ergebnis der Bedarfsbeurteilung.“
Vor der Fortsetzung der Verhandlung wurde von der Beschwerdeführerin ein Rechtsgutachten von xxx zur Auslegung des § 10 Abs 2 Z 3 iVm Abs 4 und 5 Apothekengesetz vorgelegt.
Am 27. Jänner 2021 wurde die Verhandlung fortgesetzt; nach Erörterung der eingeholten bzw vorgelegten Beweismittel und des übrigen Beschwerdevorbringens wurde das Ermittlungsverfahren geschlossen.
Diese Feststellungen stützen sich auf den Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes und auf die im Beschwerdeverfahren aufgenommenen Beweise.
Die Ausführungen in den Gutachten der Apothekerkammer unter Zugrundelegung der TU Studie sind schlüssig und nachvollziehbar; im Beschwerdeverfahren wurden die Berechnungen auch aktualisiert. Von der Apothekerkammer wurden – wie vom Vertreter der Apothekerkammer in der Verhandlung am 27. Jänner 2021 ausgeführt wurde - hinsichtlich der Nächtigungen die aktuellsten verfügbaren Daten der Statistik Austria herangezogen (Jahr 2019), sodass das Ergebnis der Bedarfsprüfung den aktuellen Stand darstellt. Dem Antrag der Beschwerdeführerin in der fortgesetzten Verhandlung, aktuellere Daten aus anderen Quellen zu ermitteln, war nicht zu folgen, da – wie der Vertreter der Apothekerkammer ausgeführt hat – die Verarbeitung von Daten aus anderen Quellen Probleme bereiten; weiters ist zu berücksichtigen, dass das Mindestversorgungspotenzial für die bestehende Apotheke nach den Berechnungen der Apothekerkammer deutlich überschritten wird, sodass eine Veränderung der Nächtigungszahlen von etwa 12% keine Auswirkungen auf das gegenständliche Verfahren haben.
Nach der Judikatur des VwGH (vgl. zB VwGH 14.12.2007, Zahl 2005/10/0228; VwGH 21.10.2010, Zahl 2008/10/0199; VwGH 12.8.2014, 2012/10/0181) ist es zulässig, dass dann, wenn die erforderlichen einzelfallbezogenen Ermittlungen nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand möglich sind, auf allgemeine für den jeweiligen Fall repräsentative Untersuchungsergebnisse zurückzugreifen und auf diesem Weg Ausmaß und Verhältnis, in dem die Inanspruchnahme der Apotheke zu jener eines ständigen Einwohners steht, aufzuzeigen.
Im vorliegenden Fall wären Einzelfallerhebung mit erheblichem (unvertretbarem) Zeitaufwand verbunden, sodass die Heranziehung der TU Studie zur Feststellung der Einwohnergleichwerte im Bereich Tourismus und Nebenwohnsitze zulässig ist; in der TU Studie werden auch örtliche Verhältnisse berücksichtigt und objektive statistische Daten herangezogen (siehe Seite 6/7 der Studie). Daher sind Ermittlungen über das konkrete Arzneimittelkonsumverhalten von Touristen/Campinggästen im Bereich xxx – wie in der Beschwerde gefordert - nicht erforderlich.
Dem Gutachten der Apothekerkammer war die Studie der TU angeschlossen und wird im Punkt 5.3. der Studie (der Text wurde oben wiedergegeben) ausführlich die Methode zur Ermittlung der Einwohnergleichwerte im Bereich Tourismus dargelegt, sodass hinreichend Transparenz hinsichtlich der Berechnung gegeben ist; weiters wird in der ober wiedergegebenen Stellungnahme der Apothekerkammer vom 24. Februar 2020 die TU Studie erläutert. Die von der Beschwerdeführerin beantragte Einvernahme von xxx (Mitautor der TU Studie), konnte unterbleiben, da in der vorgelegten Studie ausführlich die Überlegungen der Studienautoren dargelegt sind.
Das Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, die plausiblen Darlegungen in der TU Studie (Seite 27 f), dass die Nebenwohnsitze und die verorteten Touristennächtigungen zu den „nicht-ständigen Einwohnern“ zusammengefasst werden, zweifelhaft erscheinen zu lassen.
Auch hat der VwGH bisher die TU Studie als geeignete Grundlage für Berechnungen bei der Bedarfsprüfung angesehen (vgl. VwGH 29.9.2017, Ra 2017/10/0128; VwGH 30.1.2019, Ra 2019/10/0004).
Daher bestehen keine Bedenken an der Verwendung der TU Studie im Zusammenhang mit der Ermittlung der Einwohnergleichwerte.
Dass ein kleiner Teil der Gemeinde xxx aufgrund der örtlichen Verhältnisse dem Versorgungspolygon der „xxx Apotheke“ zugerechnet wurden, konnten die Vertreter der Apothekerkammer in den Verhandlungen schlüssig und nachvollziehbar darlegen.
Somit werden dieser Entscheidung die im aktualisierten Gutachten der Apothekerkammer ermittelten Zahlen zugrunde gelegt.
Rechtliche Beurteilung:
Der maßgebliche § 10 Apothekengesetz hat folgenden Wortlaut:
„§ 10. (1) Die Konzession für eine neu zu errichtende öffentliche Apotheke ist zu erteilen, wenn
1. in der Gemeinde des Standortes der öffentlichen Apotheke ein Arzt seinen ständigen Berufssitz hat und
2. ein Bedarf an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke besteht.
(2) Ein Bedarf besteht nicht, wenn
1. sich zum Zeitpunkt der Antragstellung in der Gemeinde der in Aussicht genommenen Betriebsstätte eine ärztliche Hausapotheke befindet und weniger als zwei Vertragsstellen nach § 342 Abs. 1 ASVG (volle Planstellen) von Ärzten für Allgemeinmedizin besetzt sind, oder
2. die Entfernung zwischen der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke und der Betriebsstätte der nächstgelegenen bestehenden öffentlichen Apotheke weniger als 500 m beträgt oder
3. die Zahl der von der Betriebsstätte einer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken aus weiterhin zu versorgenden Personen sich in Folge der Neuerrichtung verringert und weniger als 5 500 betragen wird.
(3) Ein Bedarf gemäß Abs. 2 Z 1 besteht auch dann nicht, wenn sich zum Zeitpunkt der Antragstellung in der Gemeinde der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke
1. eine ärztliche Hausapotheke und
2. eine Vertragsgruppenpraxis befindet, die versorgungswirksam höchstens eineinhalb besetzten Vertragsstellen nach Abs. 2 Z 1 entspricht und in der Gemeinde keine weitere Vertragsstelle nach § 342 Abs. 1 ASVG von einem Arzt für Allgemeinmedizin besetzt ist.
(3a) In einem Zeitraum, während dessen ein Gesamtvertrag gemäß § 341 ASVG nicht besteht, besteht ein Bedarf gemäß Abs. 2 Z 1 dann nicht, wenn in der Gemeinde der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke weniger als zwei Ärzte für Allgemeinmedizin zum Zeitpunkt der Antragstellung ihren ständigen Berufssitz haben und sich dort eine ärztliche Hausapotheke befindet.
(3b) Bei der Prüfung gemäß Abs. 2 Z 1 sind bloß vorübergehende Vertragsstellen, die einmalig und auf höchstens 3 Jahre befristet sind, nicht zu berücksichtigen.
(4) Zu versorgende Personen gemäß Abs. 2 Z 3 sind die ständigen Einwohner aus einem Umkreis von vier Straßenkilometern von der Betriebsstätte der bestehenden öffentlichen Apotheke, die auf Grund der örtlichen Verhältnisse aus dieser bestehenden öffentlichen Apotheke weiterhin zu versorgen sein werden.
(5) Beträgt die Zahl der ständigen Einwohner im Sinne des Abs. 4 weniger als 5 500, so sind die auf Grund der Beschäftigung, der Inanspruchnahme von Einrichtungen und des Verkehrs in diesem Gebiet zu versorgenden Personen bei der Bedarfsfeststellung zu berücksichtigten.
(6) Die Entfernung gemäß Abs. 2 Z 2 darf ausnahmsweise unterschritten werden, wenn es besondere örtliche Verhältnisse im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung dringend gebieten.
(6a) Die Zahl der von der Betriebsstätte einer oder mehrerer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken aus weiterhin zu versorgenden Personen gemäß Abs. 2 Z 3 ist zu unterschreiten, wenn es auf Grund besonderer örtlicher Verhältnisse im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung unter Berücksichtigung des Versorgungsangebots durch bestehende Apotheken einschließlich Filialapotheken und ärztlichen Hausapotheken geboten ist.
(7) Zur Frage des Bedarfes an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke ist ein Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer einzuholen. Soweit gemäß § 29 Abs. 3 und 4 Ärzte betroffen sind, ist auch ein Gutachten der Österreichischen Ärztekammer einzuholen.
(8) Als bestehende Apotheken im Sinne des Abs. 2 Z 2 und 3 gelten auch alle nach der Kundmachung BGBl. I Nr. 53/1998 rechtskräftig erteilten Konzessionen zur Errichtung einer öffentlichen Apotheke.“
Aus dieser gesetzlichen Bestimmung ergibt sich, dass ein Bedarf an einer neu zu errichtenden Apotheke dann nicht gegeben ist, wenn die Zahl der von der Betriebsstätte einer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken aus weiterhin zu versorgenden Personen sich infolge der Neuerrichtung verringert und weniger als 5.500 betragen wird (§ 10 Abs. 2 Z 3 leg. cit.), sodass in einem derartigen Fall die Konzession nicht zu erteilen ist.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 19.3.2002, Zl. 2001/10/0069, VwGH 26.9.2011, Zl. 2009/10/0261) hat sich die gemäß § 10 ApG durchzuführende Bedarfsprüfung auf eine – auf entsprechende Ermittlungsergebnisse gestützte – prognostische Zuordnung konkreter Kunden-potentiale zu den beteiligten Apotheken zu gründen. Es ist festzustellen, wie viele der ständigen Einwohner im Umkreis von 4 km um die Betriebsstätte der bestehenden öffentlichen Apotheke nach Errichtung der geplanten Apotheke ihren Arzneimittelbedarf aufgrund der örtlichen Verhältnisse weiterhin aus der bestehenden öffentlichen Apotheke decken werden. Diese unter dem Gesichtspunkt der leichteren Erreichbarkeit vorzunehmende Zuordnung hat in erster Linie anhand der Straßenentfernungen zu der bestehenden öffentlichen Apotheke im Vergleich zur beantragten Apotheke zu erfolgen.
Weiters hält der VwGH in seiner Rechtsprechung fest, dass es nicht entscheidend ist, ob und gegebenenfalls aus welchen Gründen Personen, die unter den Gesichtspunkten der räumlichen Nähe und Erreichbarkeit dem Versorgungspotential einer bestimmten Apotheke zuzuordnen sind, ihren Arzneimittelbedarf tatsächlich in dieser Apotheke oder aber in einer anderen Apotheke decken werden; im Rahmen der Prognose kommt es vielmehr ausschließlich auf das nach den dargelegten Gesichtspunkten „objektivierte Kundenverhalten“ an (vgl. VwGH 21.10.2009, Zl. 2008/10/0173; VwGH 26.3.2007, Zl. 2005/10/0049).
Im Bedarfsprüfungsverfahren sind zunächst die zu versorgenden Personen aus einem Umkreis von vier Straßenkilometer von der Betriebsstätte der bestehenden Apotheke zu ermitteln (§ 10 Abs. 4 ApG). Die im aktualisierten Gutachten der Apothekerkammer angeführten 1.578 ständigen Einwohner im Versorgungspolygon der „xxx Apotheke“ aus einem Umkreis von vier Straßenkilometer werden auch von der Beschwerdeführerin nicht bestritten.
Da die Zahl der zu versorgenden Personen unter 5.500 liegt, ist gemäß § 10 Abs 5 ApG zusätzlich das Versorgungspotenzial von Personen, die aufgrund der Beschäftigung, der Inanspruchnahme von Einrichtungen und des Verkehrs Leistungen der „xxx Apotheke“ in Anspruch nehmen könnten, zu ermitteln. Im aktualisierten Gutachten der Apothekerkammer sind dazu folgende Zahlen festgehalten: 1.391 ständige Einwohner außerhalb des 4 km Umkreises; 158 Einwohnergleichwerte – Personen mit Nebenwohnsitz; 407 Einwohnergleichwerte – Beschäftigung.
Nach der Judikatur des VwGH (vgl. zB 14.12.2007, Zahl 2005/10/0228) sind Nächtigungen von Touristen grundsätzlich nicht zu berücksichtigen, ausgenommen es handle sich um ausgesprochene Fremdenverkehrszentren.
In der Stadtgemeinde xxx mit einer Einwohnerzahl von 5.782 beträgt die Jahresnächtigungszahl 399.920; in der Gemeinde xxx (2.088 Einwohner) haben im Jahr 2019 insgesamt 36.882 Personen genächtigt (Quelle Statistik Austria 2019). Aufgrund dieser Relation von Einwohnern zu Nächtigungen von Touristen handelt es sich bei diesen Gemeinden eindeutig um Fremdenverkehrszentren, sodass dieser Umstand bei der Bedarfsprüfung zu berücksichtigen ist.
Im Gutachten der Apothekerkammer wurden basierend auf der Studie der TU Wien Einwohnergleichwerte für das Versorgungspolygon der „xxx Apotheke“ ermittelt; das Ergebnis beträgt 3.552 Einwohnergleichwerte.
Somit ergibt sich in Summe für die bestehende „xxx Apotheke“ eine verbleibendes Versorgungspotential von 7.086 zu versorgenden Personen, sodass das gemäß § 10 ApG festgelegte Mindestversorgungspotenzial für bestehende Apotheken von 5.500 zu versorgenden Personen deutlich überschritten wird.
Zum Beschwerdevorbringen, dass die überwiegende Zahl der potentiellen Kunden im 4-Kilometer Umkreis (§ 10 Abs. 4 ApG) von der „xxx Apotheke“ wohnen müssen, ist folgendes auszuführen:
Dem Gesetzeswortlaut kann ein derartiger Inhalt nicht entnommen werden. Aus der Zusammenschau von § 10 Abs. 4 und Abs. 5 ApG ergibt sich lediglich, dass zunächst die ständigen Einwohner aus dem Umkreis von 4 km zu ermitteln sind und dann erst – falls diese Berechnung nicht schon 5.500 zu versorgende Personen ergibt – das zusätzliche Versorgungspotenzial aufgrund der Beschäftigung, der Inanspruchnahme von Einrichtungen und des Verkehrs festzustellen ist. Dass die Prüfung nach § 10 Abs. 4 ApG mindestens 2.751 weiterhin zu versorgende Personen (überwiegende Zahl der potentiellen Kunden ausgehend vom Mindestversorgungspotenzial von 5.500 Personen) ergeben muss, damit eine weitere Prüfung nach § 10 Abs. 5 ApG überhaupt vorgenommen werden darf, ist in diesen gesetzlichen Bestimmungen nicht explizit geregelt.
Die in der Beschwerde und im vorgelegten Rechtsgutachten vertretene Rechtsauffassung stützt sich im Wesentlichen auf Entscheidungen des VwGH aus dem Jahr 1993 (zB VwGH 20.12.1993, 92/10/0108; VwGH 20.12.1993, 92/10/0359).
Die zitierten Entscheidungen ergingen zur damals geltenden Rechtslage und bezogen sich auf das Mindestversorgungspotential der neu zu errichtenden Apotheke (diese Bestimmung wurde vom VfGH aufgehoben – VfSlg 15.103/1998). Der im Rechtsgutachten dargelegte Umstand, dass damals die rechtlichen Bestimmungen für die neu zu errichtende Apotheke und für die bestehenden Apotheken hinsichtlich des Bedarfs gleich geregelt waren (die Regelung für die bestehenden Apotheken ist noch immer aufrecht) und sich aus den Gesetzesmaterialien zur Apothekengesetznovelle 1990 eine Gleichbehandlung von neu zu errichtenden und bestehenden Apotheken ergibt, hat in der Judikatur des VwGH keinen Niederschlag gefunden. Es liegt keine Entscheidung des VwGH vor, dass hinsichtlich der bereits bestehenden Apotheken die überwiegende Anzahl der potenziellen Kunden im 4 km-Umkreis zur Betriebsstätte wohnen müssen. Aus der aktuellen Judikatur des VwGH (vgl. zB VwGH 25.4.2014, 2013/10/0022; VwGH 22.4.2015, Ro 2015/10/0004) zur Bedarfsprüfung hat sich vielmehr folgender Rechtssatz herauskristallisiert:
„Die Bedarfsprüfung hat sich primär an der Wohnbevölkerung zu orientieren, im Übrigen ist jedoch auch ein durch andere Umstände als den Wohnsitz begründeter Bedarf an einer öffentlichen Apotheke zu berücksichtigen.“
Aus dem Wort „primär“ im zitierten Rechtssatz kann nicht abgeleitet werden, dass die überwiegende Zahl der potentiellen Kunden im 4-Kilometer Umkreis (§ 10 Abs. 4 ApG) der bestehenden Apotheke wohnen müssen; aus Sicht des Landesverwaltungsgerichtes bedeutet diese Formulierung, dass zuerst das Versorgungspotential von ständigen Einwohner zu ermitteln ist und dann erst andere im Gesetz geregelte Umstände zu berücksichtigen sind. Zum vorliegenden Fall ist anzumerken, dass über 50% des Mindestversorgungspotenziales von 5.500 zu versorgenden Personen sich aus der Wohnbevölkerung errechnet (Gutachten der Apothekerkammer: 2.946 ständige Einwohner aus dem roten, blauen und grünen Polygon).
Aufgrund der dargelegten Erwägungen wird dem Beschwerdevorbringen nicht gefolgt, sodass im vorliegenden Fall die Prüfung des zusätzlichen Versorgungspotenziales nach § 10 Abs. 5 ApG zulässig war.
Im Gutachten der Apothekerkammer vom 6. Juni 2019 ist festgehalten, dass die gegenständliche Bedarfsbeurteilung nur zutrifft, wenn sich die Betriebsstätte innerhalb folgender Grenzen befindet (Standort):
„Beginnend am Kreisverkehr zwischen der xxxstraße (xxx) und der xxx Straße (xxx) – der xxx Straße in Richtung Norden folgend bis zum Übergang in die xxx Straße/xxxstraße – der xxx Straße/xxxstraße in Richtung Osten folgend bis zur Kreuzung mit der xxxstraße – der xxxstraße in südöstlicher Richtung folgend, die Kreuzung mit dem xxxweg passierend und weiter bis zur Kreuzung mit der xxx Straße – der xxxstraße Richtung Westen folgend bis zum Ausgangspunkt zurück; sämtliche Straßenzüge beidseitig“.
In den Verhandlungen wurde dies auch von den Vertretern der Apothekerkammer nochmals bestätigt.
Daher war der Standort iSd Gutachtens einzuschränken und im Übrigen die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Zulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist zulässig, da eine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz – B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Zur verfahrensrelevanten Frage, ob die überwiegende Zahl der potentiellen Kunden im 4-Kilometer Umkreis (§ 10 Abs. 4 ApG) zur Betriebsstätte der bestehenden Apotheke wohnen müssen (ständige Einwohner), fehlt es an einer Rechtsprechung des VwGH.
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