BVwG W228 1433746-1

BVwGW228 1433746-124.9.2014

AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2
AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2014:W228.1433746.1.00

 

Spruch:

W228 1433746-1/5E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald WÖGERBAUER über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 05.03.2013, Aktenzahl XXXX, beschlossen:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

1. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Der Beschwerdeführer (in der Folge: BF) reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 24.02.2013 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 des Asylgesetzes 2005 (in der Folge: AsylG).

Am 25.02.2013 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des BF statt. Der BF gab dabei an, dass er Afghanistan vor ca. drei Jahren verlassen habe und in den Iran gereist sei. Dort habe er sich ein Jahr lang aufgehalten, bevor er weiter über die Türkei nach Griechenland gereist sei, wo er sich schließlich eineinhalb Jahre lang aufgehalten habe. In der Folge sei der BF weiter über ihm unbekannte Länder kommend bis nach Österreich gereist. Auf die Frage, warum er seinen Herkunftsstaat verlassen habe (Fluchtgrund), antwortete der BF, dass er in XXXX eine Autowerkstatt gehabt habe und dort für die Amerikaner Autos repariert und lackiert habe. Die Taliban hätten nicht gewollt, dass der BF dies mache; weil er mit dieser Arbeit jedoch nicht aufgehört habe, hätten sie schließlich die Werkstatt angezündet. Der BF habe sich zu diesem Zeitpunkt in der Werkstatt befunden und habe Brandverletzungen am Gesicht, an den Händen und an den Beinen davongetragen. Befragt, was der BF im Falle der Rückkehr in seine Heimat zu befürchten hätte, gab er an, dass er Angst hätte, von den Taliban getötet zu werden.

In der Einvernahme vor dem Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen (im Folgenden: BAT), am 04.03.2013 führte der BF aus, dass er in Kabul geboren und aufgewachsen sei. Zu seinen Lebensumständen im Herkunftsstaat befragt, gab der BF an, dass seine Eltern bereits tot seien. Der BF habe in seiner Heimat in einer Werkstätte, die einem Paschtunen gehört habe und in welcher die Fahrzeuge der Ausländer repariert und lackiert worden seien, gearbeitet. Die beiden Brüder des BF würden nach wie vor in Kabul leben und seien in derselben Autowerkstätte, in der auch der BF gearbeitet habe, beschäftigt. Eine Schwester des BF lebe mit ihrer Familie im Iran. Der BF führte weiters aus, dass er Afghanistan vor ca. vier Jahren verlassen habe. Zu den Gründen für das Verlassen seines Herkunftsstaates befragt, brachte der BF vor, dass die Autowerkstatt, in der er beschäftigt gewesen sei, vor drei Jahren von den Taliban in Brand gesteckt worden sei. Der BF habe gerade noch fliehen können, habe aber Brandverletzungen an den Armen erlitten. Er sei in der Folge zu seiner Schwester in den Iran gegangen. Der Besitzer der Werkstätte habe herumerzählt, dass der BF selbst die Werkstätte in Brand gesteckt hätte. Die Polizei habe den BF befragt, man habe ihm aber nichts beweisen können und er sei auch von Zeugen entlastet worden. Aus diesem Grund habe der BF kein Verfahren zu erwarten gehabt. Auf die Frage, ob der BF wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit Probleme gehabt habe, führte er aus, dass das nicht der Fall gewesen sei. In dem Stadtteil Kabuls, in welchem der BF gelebt habe, würden viele Hazara leben und es sei nicht so, dass die Hazara einer armen oder diskriminierten Volksgruppe angehören würden.

2. Das Bundesasylamt hat mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid, zugestellt am 06.03.2013, den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.), den Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.) und den BF gemäß § 10 Abs. 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

Im angefochtenen Bescheid wurde ausgeführt, dass der BF eine Verfolgungsgefahr in der Heimat nicht glaubwürdig darzulegen vermocht habe. So sei zu bemerken, dass sich die Angaben, die der BF bei der Erstbefragung getätigt habe, nicht mit jenen, welcher er vor dem BAT gemacht habe, decken würden. Zudem sei der BF erst 15 Jahre alt gewesen, als er die Heimat verlassen habe und sei es aus diesem Grunde gar nicht möglich, dass er Inhaber einer Autowerkstätte gewesen sei. Zudem sei es völlig unglaubwürdig, dass die Taliban einen 15-jährigen Jugendlichen zur Verantwortung ziehen hätten sollen. In einer Gesamtschau habe der BF keine Verfolgung im Sinne der GFK glaubhaft machen können. Es seien auch keine Gründe hervorgekommen, die eine Gewährung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würden. Der BF sei ein arbeitsfähiger Mann, dem es zugemutet werden könne, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Zudem verfüge der BF über familiäre Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat. Es habe nicht festgestellt werden können, dass der BF im Falle einer Rückkehr einer realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2, Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre.

3. Mit dem am 19.03.2013 beim Bundesasylamt eingebrachten und mit 18.03.2013 datierten Schriftsatz erhob der BF Beschwerde gegen den oben genannten Bescheid. Darin wurde beantragt, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, der Beschwerde stattzugeben und den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass dem BF Asyl gewährt oder in eventu der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt oder in eventu der Bescheid behoben und zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die erste Instanz zurückverwiesen werde oder allenfalls die ausgesprochene Ausweisung aufgehoben werde.

In der Beschwerde führte der BF eingangs aus, dass er den Bescheid gesamtinhaltlich wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und Rechtswidrigkeit des Inhalts anfechte. Auch im Asylverfahren würden die AVG-Prinzipien der amtswegigen Erforschung des maßgeblichen Sachverhalts und der Wahrung des Parteiengehörs gelten. Diesen Anforderungen habe die belangte Behörde nicht genügt. Das Recht des BF auf Parteiengehör sei insofern verletzt worden, als dem BF nicht ausreichend Gelegenheit geboten worden sei, sich zu seiner speziellen Situation sowie zu seinen Fluchtgründen zu äußern. Der belangten Behörde wäre es zudem möglich gewesen, konkrete Nachforschungen im Hinblick auf den BF und sein Heimatland durchzuführen. Die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen sowie die Beweiswürdigung seien mangelhaft. Der BF wolle darauf hinweisen, dass sich die Länderfeststellungen nicht auf seine persönliche Situation beziehen würden, sondern ausschließlich allgemein gehalten seien. Zudem habe sich die belangte Behörde keineswegs mit der Problematik der Volksgruppe der Hazara, welcher der BF angehöre, auseinandergesetzt und habe es sohin verabsäumt, alle für den Sachverhalt erheblichen Tatsachen zu ermitteln. Hazara würden in Afghanistan nach wie vor verfolgt und diskriminiert werden. Der BF führte weiters aus, dass er seine Heimat aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung verlassen habe und ihm daher Asyl zu gewähren sei. Er wiederholte in der Folge sein bereits vor der belangten Behörde erstattetes Vorbringen und führte aus, dass er aufgrund seiner Angst vor den Taliban sowie aufgrund der Verleumdungen durch seinen Chef als einzigen Ausweg die Flucht gesehen habe. Zur Beurteilung des Vorbringens des BF lege die belangte Behörde einen ungleich strengeren Beurteilungsmaßstab an und stelle sie das Vorbringen als gänzlich unglaubwürdig dar, ohne in ausreichender Art und Weise auf das Vorbringen des BF einzugehen. Auch habe es die belangte Behörde verabsäumt, sich näher mit den örtlichen und kulturellen Gegebenheiten auseinanderzusetzen. Die Verfolgung des BF stehe in kausalem Zusammenhang zu einem Konventionsgrund, nämlich zu seiner Zugehörigkeit zu den Hazara. Dem BF wäre sohin Asyl zu gewähren gewesen. Jedenfalls hätte dem BF jedoch der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt werden müssen. Der BF habe sich seit seinem 15. Lebensjahr nicht mehr in Afghanistan aufgehalten und habe er keinen Kontakt zu seinen dort lebenden Brüdern. Es wäre ihm daher nicht möglich, sich im Falle einer Rückkehr in einen Familienverband einzugliedern. Im Falle einer Abschiebung des BF nach Afghanistan würde somit eine reale und massive Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK drohen.

Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem Asylgerichtshof am 26.03.2013 vom Bundesasylamt vorgelegt.

4. Mit der am 18.07.2014 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangten und mit 18.07.2014 datierten Eingabe übermittelte der BF einen Dienstzettel vom 25.09.2013.

5. Mit der am 11.08.2014 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangten und mit 05.08.2014 datierten Eingabe übermittelte der BF eine Deutschkursteilnahmebestätigung vom August 2014.

2. Rechtliche Beurteilung und Beweiswürdigung:

2.1. Anzuwendendes Recht:

Mit 01.01.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der geltenden Fassung) und ist auf die ab diesem Zeitpunkt gestellten Anträge auf internationalen Schutz, sohin auch auf den vorliegenden, anzuwenden.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBL I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes - AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 28 VwGVG lautet:

(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

§ 1 BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 in der Fassung BGBl. I Nr. 144/2013, bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG 2005 und Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG bleiben unberührt.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 in der geltenden Fassung, entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA das BVwG.

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Gemäß § 75 Abs. 17 AsylG sind alle mit Ablauf des 31.12.2013 beim Bundesasylamt anhängigen Verfahren ab 01.01.2014 vom BFA zu Ende zu führen.

Gemäß § 75 Abs. 19 AsylG sind alle mit Ablauf des 31.12.2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren ab 01.01.2014 vom BVwG nach Maßgabe des Abs. 20 zu Ende zu führen.

Gemäß § 15 AsylG hat der Asylwerber am Verfahren nach diesem Bundesgesetz mitzuwirken und insbesondere ohne unnötigen Aufschub seinen Antrag zu begründen und alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen.

Gemäß § 18 AsylG hat die Behörde in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Bescheinigungsmittel für die Angaben bezeichnet oder die angebotenen Bescheinigungsmittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Bescheinigungsmittel auch von Amts wegen beizuschaffen.

2.2. Rechtlich folgt daraus:

Die gegenständliche Beschwerde wurde am 19.03.2013 beim Bundesasylamt eingebracht und ist beim Asylgerichtshof am 26.03.2013 eingelangt. Da sie sich gegen einen Bescheid des Bundesasylamtes richtet, der vor dem 31.12.2013 erlassen wurde, ist der erkennende Einzelrichter des BVwG für die Entscheidung zuständig.

Zu Spruchpunkt A):

Der Verwaltungsgerichtshof hat nun zusammengefasst in verschiedenen Erkenntnissen betont, dass eine umfangreiche und detaillierte Erhebung des relevanten Sachverhaltes durch die Behörde erster Instanz durchzuführen ist. Im vorliegenden Fall ist dies in qualifizierter Weise unterlassen worden.

Im vorliegenden Fall war es die Aufgabe der belangten Behörde zu klären, ob der BF zum Einen eine asylrelevante Verfolgung glaubhaft machen konnte, und zum Anderen, ob darüber hinaus menschen- bzw. asylrechtliche Gründe einer Rücküberstellung bzw. Ausweisung in seinen Herkunftsstaat entgegenstehen würden und ihm der Status als subsidiär Schutzberechtigter zu gewähren wäre.

Wie in der gegenständlichen Beschwerde zu Recht vorgebracht wird, erweist sich das von der belangten Behörde durchgeführte Ermittlungsverfahren in wesentlichen Punkten als mangelhaft.

So ist dem BF beizupflichten, wenn er vorbringt, dass ihm von der belangten Behörde nicht ausreichend Gelegenheit eingeräumt wurde, sich zu seinen Fluchtgründen zu äußern. Es ist festzuhalten, dass sich die Einvernahme des BF vor dem BAT äußerst kurz gestaltete und der BF keineswegs ausreichend und detailliert genug zu seinen Fluchtgründen bzw. zu jenen Vorfällen, welche ihn schließlich zum Verlassen seines Herkunftsstaates bewogen hätten, befragt worden ist. So beschränkt sich in der Einvernahme vor dem BAT die Befragung des BF zu seinem Fluchtgrund auf lediglich ca. eine halbe Seite der Niederschrift. Der BF hat die Gründe für seine Ausreise aus Afghanistan lediglich im Rahmen der freien Erzählung grob geschildert, die belangte Behörde hat es jedoch unterlassen, durch konkretes Nachfragen, nähere, für das Vorbringen durchaus relevante Details zu klären und den BF zur Konkretisierung seiner Angaben aufzufordern. Vertiefungsfragen oder Aufforderungen, einzelne Geschehnisse genauer zu schildern oder zu präzisieren, erfolgten überhaupt nicht. Aus dem Vorbringen des BF geht nicht einmal klar hervor, von wem im Konkreten er bedroht bzw. verfolgt worden sei bzw. was der konkrete Auslöser für seine Ausreise gewesen sei. Der BF führte des Weiteren beispielsweise aus, dass seine beiden Brüder nach wie vor in Kabul leben und in derselben Autowerkstätte, in der auch der BF beschäftigt gewesen sei, arbeiten würden. Die belangte Behörde hat es jedoch unterlassen, den BF zu befragen, wieso es diesen möglich ist, nach wir vor dort zu leben und zu arbeiten, er selbst jedoch aufgrund seiner Tätigkeit in dieser Werkstätte Probleme mit den Taliban bekommen habe.

Es ist dem weiteren Einwand in der Beschwerde zu folgen, wonach sich die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung als mangelhaft erweist. So kann im gegenständlichen Fall eine Würdigung des Vorbringens des BF nicht ausreichend erkannt werden. Die belangte Behörde setzt sich in ihrer knapp gehaltenen Beweiswürdigung unzureichend mit der Frage der Glaubhaftigkeit des individuellen Fluchtvorbringens des BF auseinander. So beschränkte sich die belangte Behörde im Wesentlichen darauf, die Angaben des BF in der Erstbefragung und in der Einvernahme vor dem BAT zu vergleichen und stützte sich in ihrer Beweiswürdigung hauptsächlich auf sich daraus ergebende Unstimmigkeiten. Es ist allerdings zu bemerken, dass Widersprüche, die sich aus unterschiedlichen Angaben in der Erstbefragung und der Einvernahme vor der belangten Behörde ergeben, nicht geeignet sind, dem BF ausschließlich aus diesem Grund die Glaubwürdigkeit gänzlich abzusprechen, zumal sich die Erstbefragung gemäß § 19 AsylG nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat. Abgesehen davon, hat es die belangte Behörde zudem unterlassen, dem BF diese unterschiedlichen Angaben, auf welche sie die Unglaubhaftigkeit seines Vorbringens stützt, vorzuhalten und ihm die Möglichkeit zu geben, diesen Unstimmigkeiten entgegenzutreten. Die belangte Behörde hat durch dieses Vorgehen das Recht des BF auf Wahrung des Parteiengehörs verletzt.

Wenn von der belangten Behörde als weiteres Argument für die Unglaubhaftigkeit seines Vorbringens angeführt wird, dass der BF zum Ausreisezeitpunkt erst 15 Jahre alt gewesen sei und er aus diesem Grunde nicht Inhaber einer Autowerkstätte sein habe können, so kann dieses Argument nicht nachvollzogen werden. Der BF gab zwar in der Erstbefragung wörtlich an: "Ich hatte eine Autowerkstatt in XXXX, wo ich für die Amerikaner die Autos reparierte und lackierte." In der Einvernahme vor dem BAT sprach der BF jedoch stets davon, dass er in einer Autowerkstatt beschäftigt war, die einem anderen Mann gehört habe und er für diesen Mann gearbeitet habe. Wie die belangte Behörde dennoch den Schluss ziehen konnte, dass der BF selbst der Inhaber gewesen sei, ist nicht nachvollziehbar. Vielmehr ist davon auszugehen, dass es sich bei der Angabe bei der Erstbefragung um eine unrichtige bzw. ungenaue Formulierung bzw. Übersetzung handelte.

Zusammengefasst ist festzustellen, dass das Bundesasylamt in Bezug auf die Ermittlung der Sachlage bezüglich der Frage des Vorliegens asylrelevanter Verfolgung nicht mit der ihm gebotenen Genauigkeit und Sorgfalt vorgegangen ist und die Sachlage nicht ausreichend erhoben bzw. sich nur mangelhaft mit den Angaben des BF und den Beweisergebnissen auseinandergesetzt hat.

Der Verwaltungsgerichtshof verlangt in seiner Rechtsprechung eine ganzheitliche Würdigung des individuellen Vorbringens eines Asylwerbers unter dem Gesichtspunkt der Konsistenz der Angaben, der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers und der objektiven Wahrscheinlichkeit seines Vorbringens, wobei Letzteres eine Auseinandersetzung mit (aktuellen) Länderberichten verlangt (VwGH vom 26.11.2003, Zahl 2003/20/0389). Aufgrund des mangelnden Ermittlungsverfahrens hat die belangte Behörde jedenfalls eine solche ganzheitliche Würdigung des individuellen Vorbringens nicht vorgenommen, da die belangte Behörde dieses offensichtlich nicht anhand der konkret entscheidungsrelevanten aktuellen Situation gewürdigt hat.

Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes verstößt das Prozedere der Erstbehörde daher gegen die in § 18 Abs. 1 AsylG 2005 normierten Ermittlungspflichten. Die Asylbehörden haben in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen durch Fragestellung oder in anderer geeigneter Weise darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Beweismittel für diese Angaben bezeichnet oder die angebotenen Beweismittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Beweismittel auch von Amts wegen beizuschaffen. Diese Rechtsnorm hat die Erstbehörde in diesem Verfahren missachtet. Im gegenständlichen Fall ist der angefochtene Bescheid des Bundesasylamtes und das diesem zugrunde liegende Verfahren im Ergebnis so mangelhaft, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Weder erweist sich der Sachverhalt in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt, noch ergibt sich aus den bisherigen Ermittlungen sonst zweifelfrei, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspräche. Im Gegenteil ist das Verfahren des Bundesasylamtes mit den oben dargestellten Mängeln behaftet. Eine Heranziehung des § 28 Abs. 2 VwGVG (und somit die Vornahme der angeführten Feststellungen und Erhebungen durch das Bundesverwaltungsgericht) verbietet sich unter Berücksichtigung der oben dargestellten Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes und unter Effizienzgesichtspunkten, zumal diese grundsätzlich vom Bundesasylamt durchzuführen sind.

Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde die dargestellten Mängel zu verbessern und in Wahrung des Grundsatzes des Parteiengehörs dem BF die Ermittlungsergebnisse zur Kenntnis zu bringen haben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

In der rechtlichen Beurteilung (Punkt 2.) wurde unter Bezugnahme auf die Judikatur des VwGH ausgeführt, dass im erstbehördlichen Verfahren notwendige Ermittlungen unterlassen wurden. Betreffend die Anwendbarkeit des § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG im gegenständlichen Fall liegt keine grundsätzliche Rechtsfrage vor, weil § 28 Abs. 3 2. Satz inhaltlich § 66 Abs. 2 AVG (mit Ausnahme des Wegfalls des Erfordernisses der Durchführung einer mündlichen Verhandlung) entspricht, sodass die Judikatur des VwGH betreffend die Zurückverweisung wegen mangelhafter Sachverhaltsermittlungen heranzuziehen ist. Im Übrigen trifft § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG eine klare Regelung (im Sinne der Entscheidung des OGH vom 22.03.1992, 5Ob105/90), weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte