Normen
B-VG Art144 Abs1 / Anlassfall
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2020:E554.2019
Spruch:
I. Der Beschwerdeführer ist durch das angefochtene Erkenntnis wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt worden.
Das Erkenntnis wird aufgehoben.
II. Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.856,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe
1. Mit Mandatsbescheid vom 5. Juni untersagte die Bezirkshauptmannschaft Baden dem Beschwerdeführer die Abhaltung einer für den 9. Juni 2018 von 9 bis 20 Uhr angezeigten Versammlung. Nach Vorstellung des Beschwerdeführers bestätigte die Bezirkshauptmannschaft Baden diesen Mandatsbescheid mit Bescheid vom 6. Juli 2018 vollinhaltlich. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der vom Beschwerdeführer gewählte Versammlungsstandort innerhalb des durch die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 24. Mai 2018 betreffend die Versammlung "Pro Milch – Warum Milch ein wichtiges Nahrungsmittel ist" festgelegten Schutzbereichs liege.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit Erkenntnis vom 29. Dezember 2018 im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass die dem untersagenden Bescheid zugrunde liegende Verordnung nicht auf Basis einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage (§7a Versammlungsgesetz 1953) erlassen worden sei.
2. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B‑VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten sowie in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beantragt wird.
3. Aus Anlass dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof gemäß Art139 Abs1 Z2 B‑VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 24. Mai 2018 betreffend die Versammlung "Pro Milch – Warum Milch ein wichtiges Nahrungsmittel ist" ein.
4. Mit Erkenntnis vom 18. Juni 2020, V91/2019, hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 24. Mai 2018 betreffend die Versammlung "Pro Milch – Warum Milch ein wichtiges Nahrungsmittel ist" gesetzwidrig war.
5. Die – zulässige – Beschwerde ist begründet.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat eine gesetzwidrige Verordnung angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass ihre Anwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war.
6. Der Beschwerdeführer wurde also durch das angefochtene Erkenntnis wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt (zB VfSlg 10.303/1984, 10.515/1985).
Das Erkenntnis ist daher aufzuheben.
7. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
8. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 436,– sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 240,– enthalten.
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